Bericht Wirtschaftsumfeld Ungarn Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Ungarn - EU-Förderung 2014 bis 2020
Budapest muss Brüssel noch überzeugen / Verwaltung der Mittel soll zentralisiert werden / Von Erika Anders-Clever
Budapest (gtai) - EU-Hilfen sind in Ungarn eine äußerst wichtige Investitionsstütze. In der Industrie sind damit Kfz-Zulieferkapazitäten aufgebaut worden. Nun will die Regierung vor allem Unternehmen in der Nahrungsmittelindustrie fördern. Dafür steht sie mit Brüssel noch in harten Verhandlungen. Für Ausländer gelten in der neuen Förderperiode striktere KMU-Regeln. Ungarn setzt dennoch auf Kapital- und Innovations-Input aus dem Ausland, um das Land als Industriestandort zu stärken. (Kontaktanschriften)
18.11.2014
Entscheidungsprozess und erste Projekte
Ungarns Partnerschaftsvereinbarung ist Mitte September von der EU angenommen worden. Sieben Operationelle Programme (OP) für die Umsetzung der Kohäsionspolitik liegen seit Juni 2014 im Entwurf vor, im Spätsommer kam dazu die Stellungnahme der Europäischen Kommission (EK). Bis Ende November 2014 sollen alle zehn OP in Brüssel sein. Ungarns Regierung erwartet, dass der Abstimmungsprozess drei bis vier Monate in Anspruch nimmt. Es gehe noch um ein politisches Tauziehen, heißt es in Budapest.
Die ersten neuen Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen (Calls for Proposals) erfolgten dennoch bereits am 10.10.14 und summierten sich auf ein Gesamtvolumen von 116,7 Mrd. Forint (Ft; rund 376 Mio Euro; durchschnittlicher Wechselkurs im September 2014: 1 Euro = 310,6 Ft). Für die populären Ausrüstungskäufe unter dem OP für Wirtschaftsentwicklung und Innovation (GINOP) sollen 8,5 Mrd. Ft an KMU verteilt werden. Aus dem OP für Umweltschutz und Energieeffizienz (KEHOP) sind 58,7 Mrd. Ft für Trinkwasser- und Abwasserprojekte der Wasserwerke bestimmt. Aus dem Ministerpräsidentenamt verlautete, dass bis zur Annahme aller Operationellen Programme bereits Fördermittel von 500 Mrd. bis 1.000 Mrd. Ft (rund 1,6 Mrd. bis 3,2 Mrd. Euro; Wechselkurs am 7.10.14: 1 Euro = 307,15 Ft) ausgeschrieben werden könnten. Für diese ersten Projekte will die Regierung notfalls mit Staatsmitteln in Vorleistung gehen.
Klar ist, dass Ungarn im neuen Förderzeitraum das Hauptaugenmerk auf Maßnahmen zur Wirtschaftsentwicklung legen wird. Von 2007 bis 2013 hatten Projekte von KMU einen Anteil von 16% am Förderbudget. Das einschlägige OP für Wirtschaftsentwicklung und Innovation (GINOP) will die Regierung jetzt mit einem Förderbetrag von rund 7,68 Mrd. Euro ausstatten, das entspricht 36% der Ungarn zustehenden Gesamtmittel für die Kohäsionspolitik. Noch kein grünes Licht aus Brüssel hat Ungarns Regierung für ihre Pläne, die Masse der GINOP-Mittel kleinen und mittleren Nahrungsmittelherstellern für Kapazitätserweiterungen zukommen zu lassen. Erklärtes Ziel der Regierung ist, insgesamt 60% der Strukturhilfen für die Wirtschaftsentwicklung einzusetzen. Die Förderbeträge aus Regionalem Entwicklungsfonds (EFRE), Kohäsionsfonds (KF) und Sozialfonds (ESF) summieren sich auf rund 21,5 Mrd. Euro (Abweichungen wegen unterschiedlicher Wechselkurse möglich).
Tab. 1 Vorgesehene finanzielle Mittel Ungarns nach Zielen (in Mio. Euro)
Priorität | 2014 bis 2020 |
Forschung und Innovation | 2.234 |
Informations- und Kommunikationstechnologien | 689 |
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen | 2.945 |
Unterstützung der Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft | 2.808 |
Insgesamt | 8.676 |
Quelle: Partnerschaftsabkommen
Tab. 2 Vorgesehene finanzielle Mittel Ungarns nach EU-Fonds (in Mio. Euro)
2014 bis 2020 | |
EFRE - Regionalentwicklungsfonds | 10.757 |
KF - Kohäsionsfonds | 6.025 |
ESF - Sozialfonds | 4.712 |
ELER - Entwicklung des ländlichen Raumes | 3.455 |
Territoriale Zusammenarbeit | 362 |
CEF - Connecting Europe Facility | 373 *) |
*) nur für Verkehrsentwicklungen gemäß Regierungsquellen.
Quelle: Partnerschaftsabkommen
Tab. 3 GINOP - Wirtschaftsentwicklung und Innovation *)
Priorität | Förderung insgesamt, Mio. Euro | Anteil an Gesamtförderung, % 1) | EU-Ko-Finanzierung, Mio. Euro | Anteil an EU-Ko-Finanzierung, % |
1. KMU | 1.582 | 17,55 | 1.345 | 17,03 |
2. F&I | 1.688 | 18,73 | 1.435 | 18,17 |
3. IKT | 557 | 6,17 | 473 | 5,99 |
4. Energie | 226 | 2,50 | 192 | 2,43 |
5. Beschäftigung und Ausbildung | 2.100 | 23,30 | 1.785 | 22,61 |
6. Tourismus | 508 | 5,63 | 432 | 5,46 |
7. Finanzierung | 2.353 | 26,11 | 2.236 | 28,3 |
9.013 | 100 | 7.896 | 100 |
*) Ansätze im eingereichten, aber noch nicht genehmigten OP GINOP (Stand: 7.6.14)
Das OP für Regional- und Siedlungsentwicklung (TOP) ist dem Fördervolumen nach das zweitgrößte mit 3.348 Mio. Euro (Anteil: 16%) nach noch vorläufigen Ansätzen. Es setzt ebenfalls einen Schwerpunkt bei der Förderung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung, richtet sich aber vor allem an die Kommunen und sieht mit durchweg 85% auch wesentlich höhere Ko-Finanzierungen der EU vor. Geltung hat es in den sechs weniger entwickelten Regionen.
Tab. 4 TOP - Orts und Gebietsentwicklung 140607 *)
Priorität (EU-Fonds) | EU-Ko-Finanzierung, Mio. Euro | EU-Förderanteil |
1. Regionale Wirtschaftsentwicklung zur Beschäftigungsförderung | 1.301 | 85 |
2. Unternehmensfreundliche und bevölkerungserhaltende Siedlungsentwicklung | 620 | 85 |
3. Übergang zur Wirtschaft mit niedrigem Co2-Ausstoß in städtischen Gebieten | 660 | 85 |
4. Verbesserung lokaler öffentlicher Dienstleistungen und des sozialen Zusammenhalts | 259 | 85 |
5. Örtliche städtische Entwicklungen (EFRE/ESF) | 142 | 65/95 |
6. HR-Entwicklung auf Komitats- und Ortsebene (ESF) | 366 | 85 |
Insgesamt | 3.348 |
*) Ansätze im eingereichten, aber noch nicht genehmigten OP TOP (Stand: 7.6.14).
Quelle: Entwurf für TOP
Eigentliche regionale EU-Förderprogramme wird es für Ungarn zwar nicht geben. Von den sieben NUTS 2-Regionen des Landes ist aber Mittelungarn mit der Hauptstadt Budapest und dem Komitat Pest bereits stärker entwickelt (BIP pro Kopf über 90% des EU-Durchschnitts), hier können Unternehmen grundsätzlich keine EU- oder nationalen Förderungen mehr erhalten. Allerdings sind insgesamt 82 ärmere Gemeinden im Komitat Pest davon ausgenommen. Für sie gelten die maximalen Fördersätze von 35%, für vier weitere von 20%.
Die Region Mittelungarn erhält ein eigenes Förderprogramm, VEKOP, das sich ebenfalls an die Gemeinden richtet. Volumen und Förderanteile sind wesentlich niedriger als im Rest des Landes, wofür das TOP maßgeblich ist.
Tab 5 VEKOP - Wettbewerbsfähiges Mittelungarn *)
Priorität (EU-Fonds) | EU-Fonds, Mio. Euro | EU-Ko-Finanzierungsanteil, % |
1. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Erhöhung der wissensbasierten Wirtschaft (EFRE) | 101 | 21,8 |
2. Entwicklung von Finanzmitteln und Finanzdienstleistungen (EFRE) | 44 | 9,5 |
3. Energieeffizienz, intelligenter Energieverbrauch und EE (EFRE) | 101 | 21,8 |
4. Entwicklung von Ortsumfeldern und öffentlichen Dienstleistungen (EFRE) | 70 | 15,05 |
5. Entwicklung von gesellschaftlicher Zusammenarbeit und Humanressourcen (ESF) | 64 | 13,7 |
6. Programme für die Beschäftigung (ESF) | 84 | 18,15 |
Insgesamt | 464 | 100 |
*) Ansätze im eingereichten, aber noch nicht genehmigten OP VEKOP (Stand: 7.6.14).
Quelle: Entwurf für VEKOP
Für die vier rückständigsten der restlichen sechs NUTS 2-Regionen liegt die maximale Förderintensität noch bei 50%, für Nord-Ungarn, die nördliche Tiefebene, die südliche Tiefebene und das südliche Transdanubien. Im westlichen Transdanubien und in Mittel-Transdanubien gilt ein Maximalsatz von 35%. KMU erhalten in den sechs Regionen Zuschläge von 20 beziehungsweise 10%, je nach dem, ob sie klein oder mittelgroß sind.
Die beiden Operationellen Programme unter dem Kohäsionsfonds, das OP für die integrierte Verkehrsentwicklung (IKOP) und das OP für Umwelt und Energieeffizienz (KEHOP), haben ein Fördervolumen von jeweils rund 3,3 Mrd. Euro. Beim Verkehr steht die Schiene im Mittelpunkt. Für Investitionen in ÖPNV-Netze sowie in Straßen im Zusammenhang mit dem Ausbau der TEN-T-Netze sind es jeweils um die 900 Mio. Euro.
Tab. 6 IKOP - Intelligente Verkehrsentwicklung *)
Priorität | EU-Ko-Finanzierung, Mio. Euro | EU-Förderanteil |
1. Verbesserung der Erreichbarkeit der TEN-T-Straßen | 863 | 26,42 |
2. Verbesserung der Erreichbarkeit der TEN-T-Wasser- und Bahnwege | 1.259 | 38,54 |
3. Nachhaltiger Stadtverkehr und Verbesserung der Erreichbarkeit durch Vorortbahn (KF/EFRE) | 579/165 | 17,71/5,04 |
4. Verbesserung der Energieeffizienz der Verkehrssysteme | 401 | 12,29 |
Insgesamt | 3.267 |
*) Ansätze im eingereichten, aber noch nicht genehmigten OP IKOP (Stand: 7.6.14).
Quelle: Entwurf für IKOP
Als erste Umweltschutzprojekte unter KEHOP wurden noch vor Abstimmung des OPs mit Brüssel (KEHOP) Wasserwerke und Kommunen zur Bewerbung um EU-Ko-Finanzierungen von bis zu 90% für Projekte zur Verbesserung der Trinkwasserqualität aufgefordert (8,7 Mrd. Ft): Für Abwasserentsorgungsprojekte in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern wurden gleichzeitig 50 Mrd. Ft ausgeschrieben bei einer EU-Ko-Finanzierung von bis zu 95%.
Tab. 7 KEHOP - Umwelt und Energieeffizienz OP *)
Priorität (EU-Fonds) | EU-Ko-Finanzierung, Mio. Euro | EU-Förderanteil |
1. Anpassung an den Klimawandel; Vorbeugung von Umweltkatastrophen (KF) | 888 | 27,61 |
2. Investitionen in der Wasserwirtschaft, Anpassung an die EU-Erwartungen (KF) | 1.057 | 32,86 |
3. Investitionen in der Abfallwirtschaft (KF) | 340 | 10,57 |
4. Umweltschutz (EFRE) | 86 | 2,67 |
5. Erneuerbare Energien | 846 | 26,28 |
Insgesamt | 3.217 | 100 |
*) Ansätze im eingereichten, aber noch nicht genehmigten OP KEHOP (Stand: 7.6.14).
Quelle: Entwurf für KEHOP
Ende August hat die ungarische Regierung ihre langfristige Verkehrsstrategie vorgelegt, die maßgeblich dafür ist, welche Projekte unter der "Connecting Europe Facility" (CEF) und dem IKOP vorgeschlagen werden. Die Abteilung für Verkehr im ungarischen Ministerium für Nationale Entwicklung will die vorläufige Projektliste bis Ende Oktober 2014 aufstellen.
Aus der CEF stehen Ungarn für Verkehrsprojekte - vor allem für Bahnvorhaben - in den drei TEN-T-Hauptverkehrskorridoren, die auch durch Ungarn führen, 373 Mio. Euro zur Verfügung. Im Rhein-Donau-Korridor, der von Wien und Bratislava kommend über Budapest und Bukarest weiter ans Schwarze Meer führt, werden für die ungarischen Streckenabschnitte vorbereitende Untersuchungen für Hochgeschwindigkeitszüge empfohlen sowie für eine Donau-Brücke in der geteilten ungarisch-slowakischen Stadt Komárom/Komárno. Der Korridor Orient-Östliches Mittelmeer verläuft in Ungarn weitgehend parallel mit dem Rhein-Donau-Korridor. In den beiden Trassen des Mittelmeerkorridors in Ungarn geht es zum einen um Streckenmodernisierungen (zwischen der slowenischen und der ukrainischen Grenze) sowie um vorbereitende Untersuchungen für den Ausbau der Strecke zur kroatischen Grenze, die Budapest an den Adriahafen Rijeka anschließen soll.
Ungarn gehört zu den Ländern, die in den transnationalen Programmräumen Donau und Mitteleuropa zusammengefasst sind. Darüber hinaus bemühen sich die Ungarn um eine Beteiligung am adriatisch-ionischen Raum, der ebenso wie der Donau- und der Balkan-Mittelmeer-Raum aus dem Großraum Südosteuropa hervorgegangen ist. Ein eigenes OP für die territoriale Zusammenarbeit hat Ungarn nicht aufgestellt. Wie es im Vorschlag für die Partnerschaftsvereinbarung aber heißt, sollen zum Beispiel die Stromnetzentwicklung und -interkonnektion im Rahmen der Donauraum-Strategie mit CEF-Mitteln verwirklicht werden.
Tab. 8 Geplante Projekte 2014 bis 2020 1)
Projekt | Geschätzte Kosten (in Mio. Euro) |
In der Abfallwirtschaft - KEHOP | |
.Umweltverträgliche Klärschlammentsorgung in Zentralkläranlage in Budapest (Einreichung: 3. Quart. 2014) | k.A. |
.Abfallwirtschaft Mittel-Donau-Gebiete, (3. Quart. 2014) | k.A. |
Verknüpfung der Fernwärmesysteme von Csepel, Kispest und Kelenföld 4/2015 | Circa 55 |
In der Wasserwirtschaft - KEHOP | |
.Erweiterung des Wasserspeichers Mittlere Theiß, 1/2017 | k.A. |
.Hochwasserschutz im Tal der Theiß, 1/2017 | k.A. |
.Sanierung der Theiß-Flussauen, 1/2017 | k.A. |
.Ausbau des Hochwasserschutzsystems an der Theiß, 1/2017 | k.A. |
.Erweiterung des Wasserspeichers an der unteren Theiß, 1/2017 | k.A. |
.Rehabilitierungen der Moson-Donau-Mündung, 1/2017 | k.A. |
.Hochwasserschutz der Nebenflüsse der oberen Donau, 1/2017 | Circa 95 (Schätzung) |
.Im Straßenbau 2) - IKOP | Circa 1.600 3) |
.M4 Fegyvernek - Nagykereki Landesgrenze | k.A. |
.M85 Csorna-Sopron | k.A. |
.M9 Szekszárd - Kaposvár | k.A. |
.M8 Dunavecse - Abony | k.A. |
.M44 Kecskemét-Békéscsaba | k.A. |
.M30 Miskolc - Tornyosnémeti | k.A. |
.M86 Szeleste - Csorna | k.A. |
.M60 Pécs-Landesgrenze | k.A. |
.Donau-Brücke in ungarisch-slowakischer Grenzstadt Komárom/Komárno - CEF | k.A. |
Im Bahnbau - CEF und IKOP | Circa 3.300 3) |
.Szolnok-Szajol (bis 2015) -Püspökladány-Debrecen (bis 2020), Rekonstruktion | k.A. |
.Rákos-Hatvan Rekonstruktion (CEF) | k.A. |
.Hatvan-Miskolc-Nyíregyháza Modernisierung | k.A. |
.Budapest-Tatabánya (Ermöglichung von schnellerem Verkehr zwischen Wien und Budapest) | k.A. |
.Györ-Sopron/Szombathely 2. Gleis | k.A. |
.Esztergom-Budapest Elektrifizierung | k.A. |
.Békéscsaba-Lökösháza 2. Gleis (CEF) | k.A. |
Grenzüberschreitende Projekte Central Europe Programm | k.A. |
.Ungarn-Serbien: Szeged - Subotica | k.A. |
.Ungarn-Slowakei: Miskolc - Kaschau | k.A. |
.Ungarn-Slowakei: Komárom - Komarno | k.A. |
.Ungarn-Slowakei: Györ - Pressburg | k.A. |
1) Bisher nur Vorschläge; 2) Neue Autobahn- oder autobahnähnliche Strecken; 3) gemäß NFM Mitte Oktober 2014.
Quellen: Für Umweltschutz: Entwurf für KEHOP; für Straßen- und Bahnprojekte: Die noch nicht angenommene Projektliste als Annex zur Entwicklungsstrategie für die Verkehrsinfrastruktur sowie das Ministerium für Nationale Entwicklung
Verwaltungsstruktur und Abläufe
Ungarns Regierung hat die Verwaltung der EU-Fördermittel komplett neu organisiert. Die Zustimmung der Europäischen Kommission steht dazu noch aus. Die frühere Nationale Entwicklungsagentur NFÜ wurde aufgelöst und ihre Kernaufgaben dem Büro des Ministerpräsidenten übertragen. Bei ihr waren die Managing Authorities für die verschiedenen Operationellen Programme angesiedelt. Diese Funktion nehmen nun im Wesentlichen die Fachressorts der Ministerien für Nationale Wirtschaft und für Nationale Entwicklung sowie für Gesellschaftliche Ressourcen wahr. Sie fungieren gleichzeitig - gemäß den vorliegenden Regierungsvorschlägen - auch als Vermittelnde Instanzen (Intermediate Body). So liegen die Aufgaben der früheren MAG, die für das OP zur Wirtschaftsentwicklung (GOP) zuständig war, nun beim Ministerium für die Nationale Wirtschaft. Teile des Personals der MAG wurden übernommen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Expertise aus dem alten System erhalten bleibt.
Tab. 9 Ungarns Operationelle Programme und Zuständigkeiten
Operationelles Programm | Implementierende Behörde (Managing Authorities) und Vermittelnde Instanzen (Intermediate Bodies) 1) | Informationen zu Prozedere, Projekten, neuen Runden |
GINOP - Wirtschaftsentwicklungs- und Innovations-OP | NGM | Erste Ausschreibungen am 10.10.14/unter anderem für Ausrüstungskäufe. Tenderfristen bis 21.12.14 bzw. 30.1.15 2) |
TOP - Orts- und Gebietsentwicklung | NGM | |
KEHOP - Umwelt und Energieeffizienz-OP | NFM | Erste Ausschreibungen am 10.10.14/Trink- und Abwasser |
IKOP - Intelligente Verkehrsentwicklungs-OP | NFM | |
EFOP - OP für Humanressourcen | EMMI | |
VEKOP - Wettbewerbsfähiges Mittelungarn-OP | NGM |
Anm.: NGM - Ministerium für Nationale Wirtschaft; NFM - Ministerium für Nationale Entwicklung; EMMI - Ministerium für gesellschaftliche Ressourcen;
1) Laut Regierungsvorschlag sollen die Vermittelnden Instanzen in die Managing Authorities integriert werden; 2) erste Ausschreibungen, bevor OPs mit der EK abgestimmt sind.
Quelle: Partnerschaftsvereinbarung
Erfahrungsgemäß müssen viele Projekte während der oft langen Umsetzungsfristen einem veränderten Umfeld angepasst werden, betonen Vertreter der Beratungsbranche. Insgesamt dürfte sich die staatliche Bürokratie nun auch stärker bei der Beratung engagieren. Landesweit sind rund 40 öffentliche Beratungsstellen (Széchenyi Programiroda) eingerichtet worden, deren Vorgängerorganisation VÀTI war. Sie sind vor allem Ansprechpartner für inländische KMU sowie bei grenzüberschreitenden Projekten. Deutsche Unternehmen können sich an einige spezialisierte Beratungsfirmen wenden, die bereits seit vielen Jahren im Geschäft sind. Kontakte hierzu vermittelt unter anderem die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (DUIHK) in Budapest.
Klarheit darüber, mit welchen Projekten zu welchen Bedingungen Unternehmen sich an den Aufrufen für Vorschläge beteiligen können, haben bisher in der Regel erst die "Calls" gebracht. Gewöhnlich startete erst rund zwei Wochen vor der Tender-Eröffnung das Hearing. Informationen zu dessen Ergebnissen waren dann meist nicht zugänglich. Hinzu kam, dass Projektvorschläge möglichst umgehend nach Veröffentlichung der Aufrufe eingereicht werden mussten und diese nur eine begrenzte Zeit lang offen war. Schon wenige Stunden nach Tender-Eröffnung waren die Mittel oft überzeichnet. Verteilt wurde nach dem Prinzip "First come - first served".
Der im Ministerium für Nationale Wirtschaft für die entwicklungspolitische Kommunikation zuständige Unterstaatssekretär Nándor Csepreghy räumt ein, dass sich Insider durch diese Regelung Vorteile verschafft hätten und es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Gewonnene Förderzusagen seien später zum Teil verkauft worden. Gemäß EU-Erhebungen waren mit Unionshilfen beschaffte Maschinen rund 20 bis 30% teurer als bei "normalen" Käufen. Csepreghy kündigte deshalb straffere Regulierungen an. So sollen nur noch "echte Preisangebote" bei der Auswahl berücksichtigt werden, für Bauprojekte muss zudem die Baugenehmigung schon vorliegen. Über die zu erwartenden Calls und deren Bedingungen soll schon ein Jahr im Voraus informiert werden. Auf Aufrufe sollen sich Unternehmen erst 30 Tage nach deren Veröffentlichung mit ihren Projekten bewerben können. Die elektronischen Formulare und Unterlagen sollen zehn Tage zuvor bereitgesellt werden.
Bei den ersten Ausschreibungen wurde die 30-Tage-Regelung bereits umgesetzt. Allerdings sind diese durchweg auch nur für einen bestimmten Zeitraum - etwa zwei bis drei Monate - offen.
Anträge sollen künftig elektronisch gestellt und die gesamten Verfahren elektronisch verwaltet werden. Die zentrale Internetplattform, auf der auch die Aufrufe veröffentlicht werden, ist http://www.palyazatok.gov.hu. Zunächst geschieht dies nur probeweise.
Das Antragsprozedere für Unternehmen soll zudem stark gestrafft werden. Grundbuchauszüge, Auszüge aus dem Firmenregister oder Dokumente zu Steuerangelegenheiten werden die staatlichen Stellen künftig selbst einholen. Vereinfachte Verfahren werden für Investitionen unter 300 Mio. Ft. in Aussicht gestellt.
Zudem sollen die Hilfen schneller ausgezahlt werden. Laut Csepreghy muss ein Begünstigter künftig erst dann nachweisen, dass er in der Lage ist, seinen Eigenanteil an einem Projekt bestreiten zu können, wenn er die letzte Rate von 10% abruft. Den Unternehmen stehen gleichzeitig bessere Finanzierungsmöglichkeiten zur Seite, unter anderem aus inländischen und EU-Quellen.
Die nicht unmittelbar zum Projekt gehörenden direkten und indirekten Kosten sollen - so Csepreghy - nur noch begrenzt zum Ansatz kommen können. Vorgesehen ist, dafür insgesamt maximal nur noch 12,5% des Projektwertes zuzulassen. Für die Vorbereitung und Planung von Projekten sind es höchstens 5%. Bei den indirekten Kosten darf das Projektmanagement bis 2,5% kosten, öffentliche Beschaffungen bis zu 1% und technische Kontrolle und Buchhaltung zusammen höchstens 1,5%.
Bei den Projekten zur Wirtschaftsentwicklung kommen nicht nur KMU zum Zuge. Vor allem, wenn es um Vorhaben mit einem hohen Innovationsanteil geht, sind große Unternehmen einschließlich ausländischen gefragt. Beratungsunternehmen erwarten, dass die Pflicht für diese, sich in Ungarn registrieren zu lassen, von Aufruf zu Aufruf geregelt wird. In besonderen Fällen - so die Erwartung - dürfte eine Registrierung im Vorfeld der Abgabe eines Projektvorschlages möglich sein. Ansonsten bleibt es voraussichtlich dabei, dass ein sich bewerbendes Unternehmen seit mindestens zwei Jahren in Ungarn registriert sein muss. Ausländische Unternehmen, die diese Voraussetzungen in Ungarn erfüllen, fallen in der Regel nicht in die KMU-Kategorie, da sie mit ihren ausländischen Müttern als Einheit gesehen werden.
Unternehmenserfahrungen
Nach den anfänglichen Schwierigkeiten bei den Antragsverfahren war gegen Ende des Förderzeitraums 2007 bis 2013 doch eine große Routine eingekehrt. Zu diesem Eindruck dürfte auch beitragen, dass es in der Schlussphase einen wahren Fördersegen gab, als es galt, nicht verbrauchte Mittel zu verteilen. Häufig kamen dann zuvor abschlägig beschiedene Anträge doch noch zum Zug.
Grundsätzlich überwiegt aber bei ausländischen Bewerbern die Erfahrung, dass die Bearbeitung der Anträge durch die Administration sehr zäh verlief. Im Fall eines Unternehmens in der Nahrungsmittelindustrie wurde beispielsweise der Antrag für ein komplexes Projekt unter dem damaligen OP für Wirtschaftsentwicklung (GOP) im März 2012 eingereicht. Die letzte Zahlung (von 10% der Fördersumme) stand im Herbst 2014 immer noch aus.
Als übertrieben bürokratisch wurden die vielen Aufforderungen zum Mangelersatz empfunden. Dabei sei es auch um wenig nachvollziehbare Fragen gegangen, wie das Nachreichen von Originallieferscheinen, die in den eingereichten Dokumenten zwar erwähnt waren, mit dem Projekt aber nicht in Zusammenhang standen. Ein Teil dieser Dokumente musste dabei in kürzester Frist aus dem Ausland von Lieferanten beschafft werden, mit denen keine Geschäftsbeziehungen mehr bestanden. Ein anderes Unternehmen aus dem Bereich der Holzbearbeitung berichtet von rund 200 Dokumenten, die im Verlauf der Projektabwicklung einzureichen waren. Zügig, in nur anderthalb Monaten, sei allerdings der Projektzuschlag erfolgt. Als unproblematisch wird von diesem Unternehmen die Anerkennung von Aufwendungen eingestuft.
Während das eine Unternehmen sich eine erneute Bewerbung wegen des hohen administrativen Aufwandes gründlich überlegen will, hat ein anderes ein neues Projekt bereits in der Schublade. Als Hürde empfinden gerade Unternehmen in ausländischem Eigentum, die meist in die Kategorie größere Unternehmen fallen, dass sie gegenüber KMU nur selten zum Zuge kommen. Das dürfte im neuen Förderzeitraum grundsätzlich noch schwieriger werden. Berater sehen hier allerdings Spielraum für die Regierung. Diese will eine moderne Industriebasis fördern und Ungarn zum EU-Land mit dem höchsten Beitrag von Industrie und Exporten zum BIP machen. Inländische KMU mit entsprechendem Potenzial gibt es aber nur wenige.
Reibungslos verläuft bei Unternehmen mit einem ausländischen Mutterhaus im Hintergrund in der Regel die Vorfinanzierung von Projekten während der zum Teil langen Umsetzungsphasen. Sie fallen deshalb für sie weniger ins Gewicht. Die langen Laufzeiten bringen es aber auch mit sich, dass die Projekte angepasst werden müssen. So haben sich beim genannten Projekt des Nahrungsmittelherstellers die Investitionskosten im Verlauf der Umsetzungsphase deutlich erhöht. Das führte im Ergebnis dazu, dass der Förderanteil, der nicht entsprechend angepasst wurde, letztlich nur noch rund ein Sechstel des Gesamtinvestitionsbetrages ausmachte.
Das Prinzip "First come - first served", das bei den Calls üblich war und bei dem begrenzte Mittel nur während eines recht kurzen Zeitraums zur Verfügung standen, hat ausländische Unternehmen oft benachteiligt. Sie haben gewöhnlich einen Informationsnachteil und legen Wert auf Planbarkeit. Die Zusammenarbeit mit einem guten Berater vor Ort ist für sie besonders wichtig.
Kontaktanschriften:
Lenkungsorgan für die EU-Fonds:
Amt des Ministerpräsidenten
P.O. Box: 1357 Budapest, Pf. 6.
Tel.: 0036 1/795 50 00, Fax: -03 81
E-Mail: titkarsag@me.gov.hu, Internet: http://www.kormany.hu/en/prime-minister-s-office
Internet-Plattform für EU-Fördermittel
Internet: http://www.palyazat.gov.hu
Ansprechpartner für die OPs GINOP, TOP und VEKOP:
Ministerium für Nationale Wirtschaft
József nádor tér 2-4, 1051 Budapest,
P.O. Box: 1369 Budapest Pf.: 481.
Tel.: 0036 1/795 14 00, Fax: -07 16
Internet: http://www.kormany.hu/en/ministry-for-national-economy
Ansprechpartner für die OPs KEHOP und IKOP:
Ministerium für Nationale Entwicklung
Fo utca 44-50, 1011 Budapest
Tel.: 0036 1/795 17 00, Fax: 0036 1/795 06 97
Internet: http://www.kormany.hu/en/ministry-of-national-development
Ansprechpartner für die OPs EFOP:
Ministerium für gesellschaftliche Ressourcen
Akadémia u. 3., 1054 Budapest
Tel.: 0036 1/795 12 00
Internet: http://www.kormany.hu/en/ministry-of-human-resources
Berater:
Öffentliche, landesweite Beratungsstelle
Széchenyi Programiroda
Szép u. 2, 1053 Budapest
Tel.: 0036 1/327 08 30, Fax: -33
E-Mail: info@szechenyiprogramiroda.hu, Internet: http://www.szpi.hu
MAPI Ungarische Entwicklungsagentur Aktiengesellschaft
Pap Károly u. 4-6, 1139 Budapest
Tel.: 0036 1/269 47 77, Fax: -354 09 99
E-Mail: mapi@mapi.hu, Internet: http://www.mapi.hu
Blucron - Internationale Beratungen und Dienstleistungen GmbH
Lövöhaz u. 30, 1024 Budapest
Tel.: 0036 1/457 06 54, Fax: - 55
Pflugacker 13 c., 22523 Hamburg
Tel.: 0049 40/22 61 17 40, Fax: -57 58 59
Internet: http://www.blucron.eu/index.php?page=de_profile
OTP Hungaro-Projekt Kft.
Dévai U. 26-28, 1134 Budapest
Tel.: 0036 1/412 35 20, Fax: -238 09 81
Internet: http://www.otpbank.hu/otphungaroprojekt/en/index
Goodwill Consulting
Timur u. 74, 1162 Budapest
Tel.: 0036 1/321 11 73, Fax: -413 14 61
E-Mail: info@gwconsulting.hu Internet: http://www.gwconsulting.hu/en
PWC Magyarország
Bajcsy-Zsilinszky út 78, 1055 Budapest
Tel.: 0036 1/461 94 59
Internet: http://www.pwc.com/hu/en
Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer
Lövöhaz u. 30, 1024 Budapest
Tel.: 0036 1/3457 600
E-Mail: info@ahkungarn.hu, Internet: http://www.ahkungarn.hu
(E.A.)