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Wirtschaftsumfeld | Ägypten | Währung

Ägypten lässt erneut Abwertung der Landeswährung zu

Das ägyptische Pfund verliert 16 Prozent seines Wertes und der Internationale Währungsfonds sagt einen Kredit in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar zu.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Nach monatelangen Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) hat die ägyptische Zentralbank am 27. Oktober 2022 die Freigabe des ägyptischen Pfundes beschlossen. Nur wenige Stunden nach dieser Mitteilung stürzte dessen Umtauschwert gegenüber dem US-Dollar (US$) um 16 Prozent auf 23 Pfund. In den darauffolgenden Tagen hat die ägyptische Landeswährung ihre Talfahrt fortgesetzt und rangiert mittlerweile bei über 24 Pfund. Wiederum nur wenige Stunden nach dem Schritt der Zentralbank verkündete der IWF, sich auf Arbeitsebene mit den Ägyptern auf einen Kredit in Höhe von 3 Milliarden US$ geeinigt zu haben.

Ukrainekrieg und US-Zinspolitik lösen Dollarkrise in Ägypten aus

Die erneute Abwertung war zentrale Bedingung für den IWF-Kredit und wird die importierte Inflation verschärfen. Dies zur Unzeit, da die Teuerungsrate mit 15 Prozent bereits jetzt schon hoch ist. Expertinnen zufolge wird die Inflation noch bis auf 20 Prozent klettern, bevor sie zurückgeht. Neben der Inflation kämpft Ägypten auch mit einem Devisenmangel.

Gründe dafür sind vor allem die Zinspolitik der US-Notenbank und der Krieg in der Ukraine. Gemeinsam mit der Erholung der Weltkonjunktur nach der Coronakrise sorgen diese Faktoren für anhaltend hohe Öl- und Weizenpreise. Als Nettoimporteur dieser Güter belasten derartige Preisanstiege sowohl die ägyptischen Devisenreserven als auch den Staatshaushalt. In der Folge machten sich Investoren Sorgen um die Zahlungsfähigkeit Ägyptens und zogen seit März 2022 schätzungsweise 22 Milliarden US$ aus dem lokalen Markt für Staatsanleihen ab.

Devisenmangel behindert Importe

Bereits im Februar 2022 hatte die ägyptische Zentralbank eine Akkreditivpflicht für Einfuhren verhängt. Ziel der Maßnahme war es, Devisen für essenzielle Importe zu sichern. Zuerst kamen keine Pkw mehr ins Land, dann keine Bekleidung und andere Konsumgüter. Seit Monaten warten in ägyptischen Häfen Waren im Wert von mehreren Millionen Euro auf ihre Abfertigung.

Wer gegenwärtig Supermärkte in Kairo betritt, stößt auf ein dezimiertes Warensortiment. Mittlerweile sind durch die Devisenklemme auch Importe von Grundnahrungsmitteln wie Weizen und Hühnerfutter betroffen. Es geht in Ägypten also nicht mehr nur um den Preis von beispielsweise Mehl, sondern auch darum, ob es überhaupt erhältlich ist. Die Devisenkrise zieht indes ihre Kreise über den Handel hinaus. So berichteten Unternehmensvertreter der Baubranche auf der diesjährigen Fachmesse "The Big 5 Construction" in Kairo von Projektverzögerungen, weil Bauteile und Ausrüstung nicht ins Land gelangen konnten.

Abwertung beendet wirtschaftliche Lähmung

Nach Monaten im Schwebezustand drohte der Wirtschaftsstandort Ägypten nachhaltig Schaden zu nehmen. Zwar wusste der Devisenmarkt nach der vorangegangenen Abwertung im März 2022, dass das Pfund nach wie vor überbewertet war und daher eine weitere Abwertung folgen musste. Unsicherheit bestand allerdings über das "Wann" und "Wie". Bis zur Klärung dieser Fragen haben Unternehmen neue Investitionen aufgeschoben. Denn die anstehende Abwertung machte eine einigermaßen verlässliche Kostenkalkulation unmöglich.

Nur wenige Tage vor der Abwertung sagte der Ägyptenvertreter eines deutschen Anlagebauers, dass ihm mittlerweile egal sei, wie tief das Pfund stürzen würde - selbst wenn es bei einem Kurs von 25 gegenüber dem US-Dollar lande. Hauptsache, es herrsche endlich Klarheit. Diese Klarheit besteht nun seit der Freigabe und die ägyptische Wirtschaft kann ihre verlängerte Sommerpause beenden.  

Die ägyptische Devisensituation wird sich verbessern

Zunächst werden Marktteilnehmer ihre aufgeschobenen Investitionen tätigen. Allen voran dürften die Vermögensfonds von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar nun ihre milliardenschweren Investitionszusagen aus diesem Frühjahr umsetzen - zumal diese angesichts eines kumulierten Wertverlustes von über 50 Prozent im laufenden Jahr einen deutlich besseren Wechselkurs für ihre Petrodollar erhalten.

Die Währung freizugeben bedeutet außerdem, sie nicht mehr zu stützen. Um den Wert aufrechtzuerhalten, hatte die Zentralbank zunächst die staatlichen Geschäftsbanken angewiesen, ihre Dollar in Pfund umzutauschen. Später nutzte sie ihre eigenen Dollarreserven für derartige Stützungskäufe und erhöhte dadurch künstlich die Nachfrage nach dem Pfund. Der Preis für die Währungsstabilität war also ein Rückgang der Dollarreserven.

Neben den 3 Milliarden US$ erwartet der IWF laut seiner Mitteilung vom 27. Oktober 2022, dass Ägypten einen weiteren Kredit in Höhe von 5 Milliarden US$ von internationalen Gebern wie der Weltbank erhalten wird. Aus einem anderen Topf des IWF hat Ägypten schließlich noch einen zusätzlichen Kredit über 1 Milliarde US$ beantragt.

Nach wie vor wenig Vertrauen in Staatsanleihen

Womit nicht zu rechnen ist, sind Deviseneingänge aufgrund von Investitionen in ägyptische Staatsanleihen. Diese sogenannten indirekten Investitionen zählten seit 2017 zu den bedeutendsten Devisen- und Einnahmequellen des Landes. Im direkten Nachgang zur jüngsten Abwertung ist der große Lauf auf ägyptische Schuldpapiere jedoch ausgeblieben. Der Finanznachrichtendienstleister Bloomberg berichtet Anfang November, dass ausländische Vermögensverwalter skeptisch gegenüber ägyptischen Staatsanleihen sind. Und das, obwohl es vor der Zusage hieß, dass ein Kredit des IWF das Vertrauen der Investoren in Ägypten als solider Schuldner wieder herstellen würde. Es scheint, dass die Kreditsumme nicht vertrauenerweckend genug ist - nicht verwunderlich gegenüber einem Finanzierungsbedarf für fällig werdende Schulden in Höhe von 23 Milliarden US$ bis Ende 2023. 

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