Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsausblick | Bangladesch

Wirtschaft muss weiter auf Wachstumsimpulse warten

Die Konjunkturaussichten für Bangladesch bleiben dieses Finanzjahr wohl hinter den Erwartungen der Regierung zurück. Höhere Infrastrukturausgaben sollen für Schwung sorgen.

Von Boris Alex | New Delhi

Top-Thema: Regierung muss Reformen in die Wege leiten

Das von der Awami Liga angeführte Parteienbündnis ging Januar 2024 zum 4. Mal in Folge als Sieger aus den Unterhauswahlen hervor. Die Regierung will ihren Wirtschaftskurs der letzten Jahre fortführen und bürokratische Hürden für den Privatsektor und für ausländische Investoren abbauen, neue Industriezweige entwickeln und die Infrastruktur modernisieren. Zudem muss sie Reformen umsetzen, zu denen sich Bangladesch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) im Rahmen eines 4,7 Milliarden US-Dollar (US$) schweren Finanz- und Stabilisierungspakets verpflichtet hat.

Risiko durch notleidende Kredite wächst

Der IWF fordert, dass die Banken künftig Informationen zu notleidenden Krediten (Non Performing Loans; NPL) in ihren Bilanzen gemäß den Basel-III-Eigenkapitalvorschriften veröffentlichen. Der Anteil der NPL an der Bilanzsumme der Geschäftsbanken lag Ende 2023 bei 9 Prozent und damit 1 Prozentpunkt über dem Vorjahr, so die Daten der Bangladesh Bank. Insgesamt wurden Kredite mit einem Volumen von 13 Milliarden US$ als NPL eingestuft. Die Regierung will deren Anteil bis 2026 wieder unter 8 Prozent senken.

IWF empfiehlt Abbau von Subventionen

Anfang 2024 hat der IWF die 3. Tranche über 1,2 Milliarden US$ freigegeben, da die Regierung Finanzreformen angestoßen hat. Bangladesch muss aber seine wachsende Staatsverschuldung in den Griff bekommen. Diese könnte im Finanzjahr 2023/2024 (1. Juli bis 30. Juni) auf 42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen, so der IWF. Aufgrund der schwächelnden Konjunktur sinken die Steuereinnahmen und Exporterlöse. 

Auf der Ausgabenseite belasten Subventionen für Strom, Treibstoff und Düngemittel sowie der steigende Schuldendienst für Kredite multi- und bilateraler Geldgeber mit einem Gesamtvolumen von 64 Milliarden US$ den Haushalt. Die Empfehlung des IWF, Subventionen für Energie und Nahrungsmittel zurückzufahren, könnte laut Economist Intelligence Unit (EIU) aber zu Protesten bei der Bevölkerung führen.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum bleibt hinter den Erwartungen zurück

Für das Finanzjahr 2023/2024 gehen die BIP-Prognosen von einem realen Plus um die 6 Prozent aus. In den ersten sechs Monaten legte das BIP nur um 4,8 Prozent zu. Deshalb revidierte der IWF im April 2024 seine Erwartung für das Finanzjahr auf 5,7 Prozent. Damit würde die Wirtschaft langsamer wachsen als in der Vorperiode, in der das BIP um 5,8 Prozent zulegte. 

Die EIU prognostiziert, dass die von der Regierung anvisierten jährlichen Wachstumsraten von 7,5 Prozent auch in den nächsten beiden Finanzjahren nicht erreicht werden. Die Analysten gehen für 2024/2025 von 6,5 Prozent und für 2025/2026 von 6,8 Prozent aus.

Inflation soll erst 2025 sinken

Die hohe Teuerungsrate belastet den Konsum der Privathaushalte. Sie erreichte in den vergangenen zwölf Monaten Werte um die 9 Prozent. Die Zentralbank hat sich zum Ziel gesetzt, die Inflation in der 2. Jahreshälfte 2024 auf 6 Prozent zu senken. Angesichts der erwarteten Preissteigerungen für Strom und Benzin durch den Abbau von Subventionen wird dieses Ziel voraussichtlich verfehlt. Die EIU erwartet erst für 2025 einen spürbaren Rückgang auf durchschnittlich 6,6 Prozent. 

Der private Konsum leidet auch unter der schwachen Entwicklung am Arbeitsmarkt. Statt wie von der Regierung anvisiert zwei Millionen neue Jobs pro Jahr zu schaffen, waren es 2023 nur ein Viertel davon. Von den 32 Millionen 15- bis 24-jährigen befanden sich 2023 fast 41 Prozent nicht in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis, so die Daten des Bangladesh Bureau of Statistics.

Bild vergrößern

Hintergrundinformationen zu Wirtschaftsdaten bietet unsere Reihe "Wirtschaftsdaten kompakt".

Bangladesch will mehr in Infrastruktur investieren

Die Bruttoanlageinvestitionen werden laut Prognose der EIU mit einem realen Plus von 5,8 Prozent im Finanzjahr 2023/2024 mehr als doppelt so stark wachsen wie in der Vorperiode. Die Regierung will weitere Großprojekte im Straßen- und Schienenverkehr sowie im Energiesektor anschieben – vorzugsweise mit dem Privatsektor. In den nächsten zwei Finanzjahren will die Regierung insgesamt 17 Milliarden US$ hierfür bereitstellen. Das ist etwa ein Drittel mehr als in den beiden Vorperioden. Der Nettozufluss von ausländischen Direktinvestitionen ist 2023 um 14 Prozent auf 3 Milliarden US$ gesunken.

Bangladesch steigerte seine Exporte 2022/2023 gegenüber der Vorperiode um rund 6 Prozent auf 52,3 Milliarden US$. Fast 90 Prozent der Ausfuhren entfallen auf Bekleidung (Ready Made Garments). In diesem Segment legten die Exporte um 10 Prozent gegenüber der Vorperiode auf 47 Milliarden US$ zu. Im Gegenzug gingen die Importe um 16 Prozent auf 69,5 Milliarden US$ zurück. 

Im laufenden Finanzjahr zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Die Exporte waren zwischen Juli 2023 und Februar 2024 mit 4 Prozent im Plus, während die Importe um 15 Prozent sanken. Die Bezüge von Vorprodukten für die Bekleidungsindustrie wie Baumwolle und Textilien sowie von Stahl und Kunststoffen waren rückläufig. Der Import von Düngemitteln halbierte sich gegenüber der Vorjahresperiode auf rund 2 Milliarden US$. 

Bild vergrößern

Deutsche Perspektive: Ausbau der Infrastruktur bietet Chancen

Die deutschen Exporte nach Bangladesch verzeichneten 2023 ein Plus von 7 Prozent auf 927 Millionen US$. Die Lieferungen von Arzneimitteln verdreifachten sich auf rund 100 Millionen US$. Auch die Medizintechnik- und Maschinenausfuhren aus der Bundesrepublik legten jeweils um rund 20 Prozent zu. 

Mit den geplanten Infrastrukturinvestitionen eröffnen sich für deutsche Unternehmen neue Lieferchancen, beispielsweise im Energie- und im Transportsektor. Die EU hat Bangladesch im Oktober 2023 einen Rahmenkredit in Höhe von über 350 Millionen Euro für Projekte im Bereich erneuerbare Energien zugesagt. Diese Mittel werden im Rahmen der 300 Milliarden Euro schweren EU-Konnektivitätsinitiative "Global Gateway" bereitgestellt.

Bild vergrößern

Hintergrundinformationen zu Chancen und Herausforderungen bietet unsere Reihe "SWOT-Analyse".

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.