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Branchen | Japan | Kunststoff

Bioplastik gewinnt an Bedeutung

Japan kann Kunststoff. Bei Bioplastik als Alternative zu klassischem Kunststoff will das Land seine Innovationskraft zeigen. Klimaschutz und Dekarbonisierung sind hierbei Treiber.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Japan weitet seine Produktion von Bioplastik aus. Seit vielen Jahren entwickeln japanische Firmen und Forschungsinstitute biologisch abbaubare und aus Biomasse bestehende Kunststoffe. Da sich immer mehr Länder Recycling, Klimaschutz und Dekarbonisierung auf ihre Fahnen schreiben, steigt die Nachfrage nach leicht abbaubaren und recycelfähigen Werkstoffen.

Daher intensivieren japanische Unternehmen als wichtige Lieferanten chemischer Materialien ihre Entwicklung und Erzeugung von grünen Kunststoffen. Große Chemiehersteller wie etwa Mitsubishi Chemical, Sumitomo Chemical und Tora erproben Bioplastik, das gänzlich oder zu einem überwiegenden Anteil aus Biomasse besteht. Aber auch kleinere Akteure sind im Wettbewerb aktiv.

Viele Akteure wittern Geschäftschancen

Zu den kleineren Unternehmen gehört beispielsweise der japanische Chemikalienspezialist Kaneka. Das Unternehmen hat im Februar 2022 angekündigt, seine Erzeugung von biologisch abbaubaren Polymeren deutlich auszuweiten. Investitionen von umgerechnet 130 Millionen US-Dollar (US$) hat Kaneka für die Kapazitätserweiterung in seinem Werk in der Präfektur Hyogo eingeplant.

Das Unternehmen will die Kapazität seines biologisch abbaubaren Polymers in einem ersten Schritt auf 20.000 Tonnen pro Jahr vervierfachen. Der Produktionsstart ist für Januar 2024 vorgesehen. Je nach Nachfrage soll die Kapazität bis 2030 auf 100.000 Tonnen bis 200.000 Tonnen pro Jahr steigen.

Mit Green Science Alliance hat ein anderer Chemiehersteller ein Bioplastik entwickelt, das sich gänzlich natürlich abbaut. Hier dient pflanzliche Zellulose als Grundlage. Im Zusammenspiel mit anderen natürlichen Harzen soll ein thermoplastisches Material entstehen, das sich mit Extrudern verarbeiten lässt, so meldet die japanische Fachzeitung "Chemical Daily" vom 8. Februar 2022.

Weites Anwendungsspektrum

Dank gesunkener Material- und Produktionskosten nähert sich Bioplastik als Produkt dem Massenmarkt. Das Chemieunternehmen Toyobo hat Anfang 2022 gemeldet, PET-Flaschen auf 100 Prozent Pflanzenbasis erzeugen zu können. Hierbei wendet Toyobo sein eigenes Polymerisierungsverfahren und eine Technologie der US-Firma Anellotech an. An dem Projekt ist mit der Suntory Group einer der größten Getränkehersteller Japans beteiligt. Suntory will solche Biomasse-PET-Flaschen bald einsetzen.

Bioplastik als Alternative zu Kunststoffen aus fossilen Rohstoffen dürfte schnell an Nachfrage gewinnen. Dabei geht es nicht nur um Strohhalme, Wegwerfverpackungen oder Recyclingflaschen. Die japanisch-deutsche Chemiekooperation Daicel-Evonik kündigte im November 2021 an, in Japan eine Brillenlinse auf den Markt zu bringen. Sie besteht zu 40 Prozent aus Biomasse und wird auch in Europa erhältlich sein.

Die Bandbreite der Anwendungen von Bioplastik steigt. Sie fließt zunehmend auch in hochwertige Erzeugnisse wie Automobile und medizinische Geräte ein. Mitsubishi Chemical vermarktet mit dem Produkt Durabio ein technisches Bioplastik aus einem pflanzenbasierten Rohstoff. Dieser kann sowohl für Teile im Innen- als auch dem Außenbereich von Pkw genutzt werden.

Bioplastik hilft beim Klimaschutz

Auf der Basis nachwachsender Pflanzen, natürlicher Abbaufähigkeit und geringem CO2-Fussabdruck kann Bioplastik einen Weg zur Dekarbonisierung ebnen. Zudem hilft es, die ohnehin nicht mehr erlaubten Exporte von Kunststoffen zu vermeiden und die Meeresverschmutzung anzugehen. Davon profitieren nicht nur die chemischen Produzenten, sondern auch die Kunden in den unterschiedlichsten Verarbeitungsbranchen.

Immer mehr Unternehmen streben nachhaltiges Wirtschaften im Sinne von ESG (Environmental, Social and Governance)-Kriterien und von den SDG (Sustainable Development Goals)-Nachhaltigkeitszielen an. Nicht zuletzt sorgen neue regulatorische Bestimmungen für ein Umdenken. Hierzu tragen verschiedene Gesetze bei, die in Japan eine effiziente Kreislaufwirtschaft etablieren sollen. Dazu zählt der Plastics Resource Circulation Act ein, der im April 2022 in Kraft tritt.

Speziell für Bioplastik hat das japanische Umweltministerium gemeinsam mit anderen Ministerien im Januar 2021 eine Roadmap for Bioplastics Introduction vorgestellt. Ziel ist es, die Menge an verwendetem Bioplastik bis zum Jahr 2030 auf circa 2 Millionen Tonnen zu erhöhen. Dabei soll es sich hauptsächlich um Biomasse-basierte biologisch abbaubare Materialien handeln.

Recycling von Plastikmüll in Japan (in 1.000 Tonnen, Recyclingrate in Prozent)

2016

2017

2018

2019

2020

Gesamtaufkommen an Plastikmüll

8.600

8.630

8.610

8.500

8.200

Effektive Verwertung

6.950

7.100

7.200

7.260

7.100

  Materialrecycling

1.740

1.770

1.880

1.860

1.730

  Stoffliche Verwertung

290

270

260

270

270

  Energiegewinnung

4.920

5.060

5.070

5.130

5.090

Effektive Recyclingrate

81

82

84

85

86

Quelle: Plastic Waste Management Institute

Nachfrage und Produktion sollen bald abheben

Gemäß Angaben der Japan BioPlastics Association (JBPA) belief sich die Menge an in Umlauf gebrachtem Bioplastik im Jahr 2018 auf etwa 45.000 Tonnen. Darunter waren ungefähr 41.000 Tonnen nicht biologisch abbaubares Bioplastik. Der Rest war biologisch abbaubar. Um die Kreislaufwirtschaft anzuschieben, soll sich dieses Verhältnis in den nächsten Jahren umkehren.

Einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Yano Research von Ende 2020 zufolge hat der inländische Verbrauch von Bioplastik im Jahr 2018 über 52.000 Tonnen erreicht. Dabei sind Importe von solchen Erzeugnissen mitberücksichtigt. In ihren Vorhersagen rechnen Yano Research und JBPA in den nächsten Jahren mit einem starken Wachstum. Dafür sorgen einschlägige Bestimmungen. So hat die Regierung unter anderem eine Kostenpflicht auf Plastiktüten eingeführt, wenn diese weniger als 25 Prozent an Bioplastik enthalten.

Die weltweite Produktion von biologisch abbaubaren Kunststoffen soll laut dem Branchenverband European Bioplastics zwischen 2021 und 2026 um 240 Prozent auf rund 5,3 Millionen Tonnen steigen. Im gleichen Zeitrahmen schätzt das Marktforschungsinstitut marketsandmarkets, dass der Wert von 7,7 Milliarden US$ auf 23,3 Milliarden US$ zulegt.

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