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Russlands Krieg in der Ukraine mit Folgen für Škoda Auto

Die tschechische Volkswagentochter stellt alle Aktivitäten auf dem russischen Markt ein. In Tschechien fehlen ihr Bauteile aus der Ukraine. Sie startete humanitäre Hilfsmaßnahmen.

Von Miriam Neubert | Prag

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine und seinen Folgen hat sich der Volkswagen-Konzern entschieden, die Autoproduktion in Russland bis auf Weiteres einzustellen. Mit sofortiger Wirkung betreffe diese Entscheidung die Produktionswerke in Kaluga und Nischni Nowgorod und den Export von Fahrzeugen nach Russland, meldete Škoda Auto am 3. März 2022. Der Automobilhersteller trägt seit Beginn 2022 innerhalb der Volkswagengruppe die volle Verantwortung für die Region Russland.

Russland zweitwichtigster Markt

Škoda Auto ist mit Abstand das umsatzstärkste Unternehmen in Tschechien und wichtigster Steuerzahler. Für den Hersteller hat der russische Markt erhebliches Gewicht. Er kam 2021 nach dem deutschen an zweiter Stelle. Das Unternehmen setzte in Russland 90.400 Autos der Marke Škoda ab. Das entsprach einem Zehntel der weltweit verkauften Fahrzeuge. An den beiden russischen Standorten sind 2021 mehr als 87.000 Fahrzeuge hergestellt worden. Das waren 11 Prozent der weltweiten Produktion von Škoda Auto. In Nischni Nowgorod handelte es sich um die Modellreihen Octavia, Karoq und Kodiaq, im Werk in Kaluga um die exklusiv auf dem russischen Markt angebotene Limousine Škoda Rapid. Hinzu kamen rund 96.000 Motoren.

Lieferkette betroffen

In der Ukraine musste die Produktion von Škoda-Modellen im Werk Solomonovo ausgesetzt werden. Diese montiert der Geschäftspartner Eurocar dort ausschließlich für den ukrainischen Markt. Es handelte sich nach Angaben von Škoda Auto mit einem Absatz von rund 6.000 Fahrzeugen pro Jahr um einen stabilen Markt. Seit 2002 seien in dem Werk in der Ukraine circa 190.000 Autos der Marke Škoda hergestellt worden.

Durch den russischen Angriff auf die Ukraine meldete der tschechische Autohersteller zugleich einen kritischen Mangel an Teilen von mehreren ukrainischen Zulieferern – mit Folgen für die Produktion einiger Modelle. So kann seit dem 3. März 2022 der Enyaq iV nicht mehr hergestellt werden, bis die Beschaffungsspezialisten Alternativen gefunden haben. Als erster vollelektrischer SUV von Škoda Auto hatte der Enyaq iV mit fast 45.000 Auslieferungen 2021 einen erfolgreichen Marktstart hingelegt. Das gefragte Modell trug mit dazu bei, dass Škoda Auto im vergangenen Jahr das CO2-Flottenziel in den Ländern der Europäischen Union (EU) einschließlich Norwegen und Island erfüllte. Der durchschnittliche Emissionswert aller ausgelieferten Modelle lag nach Angaben des Unternehmens bei 114,8 Gramm pro Kilometer und sei damit sogar um 3 Gramm niedriger gewesen als der durch die EU festgelegte Grenzwert. Auch die Modelle Scala und Kamiq sind von den Lieferausfällen bedroht.

Wie die Nachrichtenagentur ČTK unter Berufung auf Gewerkschaftskreise meldete, soll es sich insgesamt um 13 Teilehersteller und Zulieferer in der Ukraine handeln. Es gehe um Komponenten für Kabelbäume und Schaltmodule.

Škoda-Produktion in Tschechien 2021 weiter gesunken

Schon zuvor hatten die Pandemie und der Halbleitermangel Škoda Auto zu schaffen gemacht. Angaben des Verbands der Automobilindustrie AutoSAP zufolge ist die Produktion 2021 in den drei tschechischen Werken des Automobilherstellers gegenüber dem bereits angeschlagenen Jahr 2020 um gut 9 Prozent auf 680.287 Einheiten gesunken. Es liefen fast 69.300 Pkw weniger von den Bändern. Gegenüber dem Rekordergebnis des Jahres 2019, in dem Corona und Chipmangel noch Fremdwörter waren, betrug der Rückgang ein Viertel.   

Tschechiens exportstarke Autoindustrie wird in hohem Maße durch den Produktionstakt von Škoda Auto bestimmt. Er ist der größte der drei Automobilhersteller in Tschechien und stellte trotz der Rückgänge 2021 rund 62 Prozent der Pkw-Produktion.  

Unternehmen setzt humanitäre Hilfsmaßnahmen um

Bei Škoda Auto sind eine ganze Reihe von Maßnahmen angelaufen, um Geflüchteten an der ukrainischen Grenze und tschechischen Partnerstädten bei ihrer Aufnahme zu helfen. Auch unterstützt das Unternehmen seine mehr als 600 ukrainischen Beschäftigten in Tschechien bei der Zusammenführung der Familien. Škoda Auto ist bereit, ihnen dabei zu helfen, ein Leben in der Tschechischen Republik für ihre Familien aufzubauen.

Konkret geht es dabei um Unterbringung, Gesundheitsversorgung, Sprachkurse oder Bildung, wie Tomáš Čáp von Škoda Auto auf einer Veranstaltung der Deutsch-Tschechischen Auslandshandelskammer (AHK Tschechien) berichtete. Diese hatte aus aktuellem Anlass kurzerhand ein am 3. März 2022 geplantes bilaterales Forum zum Thema "Nachhaltigkeit" auf das Thema "Hilfe für die Ukraine" umgestellt. Damit traf sie ins Schwarze, das Interesse war groß. Bei dem zweistündigen Erfahrungsaustausch zeigte sich, dass dieses Anliegen viele Mitgliedsunternehmen der AHK Tschechien umtreibt, die Hilfsprojekte starten und ukrainischen Beschäftigten sowie deren Familien zu helfen versuchen.

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