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Gewährleistungsrecht
24.08.2017
Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)
Die Gewährleistungsrechte (rękojmia za wady) sind in den Artikeln 556-576 des polnischen Zivilgesetzbuches (Ustawa z dnia 23 kwietnia 1964 r. – Kodeks cywilny) normiert. Diese Artikel sind zwar kaufvertragliche Gewährleistungsvorschriften, gelten aber aufgrund des Artikels 638 des polnischen Zivilgesetzbuches in großen Teilen auch für Werkverträge, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgeschrieben ist. Die allgemeinen Haftungsgrundsätze des polnischen Vertragsrechts sehen dabei nach Artikel 471 und 472 des polnischen Zivilgesetzbuches eine verschuldensunabhängige Haftung für Leistungsstörungen vor. Diese Haftungsgrundsätze gelten auch für Dienstleistungsverträge.
Zu beachten ist allerdings, dass nach Artikel 1 Absatz 4 des polnischen Verbrauchsgüterkaufgesetzes (Ustawa z dnia 27 lipca 2002 r. o szczególnych warunkach sprzedaży konsumenckiej oraz o zmianie Kodeksu cywilnego) die Gewährleistungsvorschriften des Zivilgesetzbuches beim Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung finden. Das polnische Verbrauchsgüterkaufgesetz sieht eigene Gewährleistungsvorschriften zum Schutz der Verbraucher vor. Zu den wichtigsten Regelungen zählt hier, dass im Falle des Auftretens eines Mangels:
- innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war (Artikel 4 § 1 des Verbrauchsgüterkaufgesetzes);
- der Verbraucher Nacherfüllung oder Ersatzlieferung verlangen kann, sofern dies nicht mit einem unverhältnismäßig hohen Kosten für den gewerblichen Verkäufer verbunden ist (Artikel 8 § 1 des Verbrauchsgüterkaufgesetzes);
- der Verbraucher Minderung des Kaufpreises verlangen kann, sofern eine Nacherfüllung oder Ersatzlieferung nicht erfolgen kann oder eine überdurchschnittlich lange Zeit in Anspruch nehmen würde (Artikel 8 § 3 des Verbrauchsgüterkaufgesetzes);
- die Verjährungsfrist für die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche zwei Jahre beträgt (Artikel 10 § 1 des Verbrauchsgüterkaufgesetzes).
Wenn ein Verbraucher eine Sache vor dem 25.12.14 gekauft hat, muss er innerhalb von zwei Monaten ab fetsstellung des mangels, diesen bei dem verkäufer anzeigen. Hat der Verbraucher aber am 25.12.14 oder später eine Sache gekauft, dann ist er an keine Frist für Mängelanzeige gebunden.
Eine Kaufsache beziehungsweise das hergestellte Werk gelten nach Artikel 556 § 1 des polnischen Zivilgesetzbuches dann als mangelhaft, wenn ihr Wert oder ihre Brauchbarkeit unter Berücksichtigung des Vertragszwecks oder des Zwecks, der sich aus der Zweckbestimmung der Sache ergibt, gemindert ist, wenn der Sache Eigenschaften fehlen, deren Vorhandensein der Verkäufer/Hersteller dem Käufer/Besteller zugesichert hat oder wenn er die Sache dem Käufer/Besteller in unvollständigem Zustand übergeben hat.
Ein Rechtsmangel liegt nach Artikel 556 § 2 dann vor, wenn die Kaufsache beziehungsweise das Werk Eigentum eines Dritten oder mit dem Recht eines Dritten belastet ist. Bei einem Rechtskauf haftet der Verkäufer für das Bestehen des Rechts.
Liegt ein Sach- oder Rechtsmangel der Kaufsache vor, so stehen dem Käufer folgende Gewährleistungsrechte zu:
- Rücktritt vom Kaufvertrag (Artikel 560 des polnischen Zivilgesetzbuches): Diesen kann der Verkäufer verhindern, indem er unverzüglich die mangelhafte Sache gegen eine mangelfreie austauscht oder den Mangel behebt. Die bloße Ankündigung, dies zu tun, reicht allerdings nicht aus. Diese Verhinderungsmöglichkeit des Verkäufers ist aber dann ausgeschlossen, wenn die Sache von ihm bereits umgetauscht oder nachgebessert wurde. Hiervon gibt es wiederum eine Ausnahme: Ist der Mangel unwesentlich, so kann nochmals ein Umtausch beziehungsweise eine Nachbesserung erfolgen. Erfolgt ein Rücktritt, so sind beide Parteien dazu verpflichtet, die jeweils erhaltene Leistung zurückzugewähren.
- Minderung des Kaufpreises (Artikel 560 des polnischen Zivilgesetzbuches): Der Minderungsbetrag muss ermittelt werden durch eine Gegenüberstellung des Wertes der mangelhaften Kaufsache und ihres Wertes im mangelfreien Zustand. Die sich hieraus ergebende Differenz stellt den Minderungsbetrag dar.
- Nachlieferung und Nachbesserung bei Kaufverträgen (Artikel 561 des polnischen Zivilgesetzbuches): Hier ist zwischen Gattungsschuld und Stückschuld zu unterscheiden.
Ist der Kaufgegenstand nur eine der Gattung nach bestimmte Sache, kann der Käufer anstelle der mangelhaften Sache die Lieferung einer mangelfreien Sache sowie Ersatz des durch die verspätete (mangelfreie) Lieferung entstandenen Schadens verlangen.
Ist der Kaufgegenstand genau bestimmt und ist ihr Hersteller gleichzeitig der Verkäufer, so kann der Käufer die Beseitigung des Mangels verlangen, wenn er dem Verkäufer zu diesem Zweck eine angemessene Frist mit der Androhung setzt, dass er nach fruchtlosem Fristablauf vom Vertrag zurücktritt. Der Verkäufer kann allerdings die Beseitigung des Mangels ablehnen, wenn dies mit übermäßigen Kosten verbunden wäre.
Der Käufer wiederum hat nach Artikel 563 des polnischen Zivilgesetzbuches die Pflicht, Mängel unverzüglich nach ihrer Entdeckung beziehungsweise der Zeit, in welcher der Käufer bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt den Mangel hätte entdecken können, gegenüber dem Verkäufer anzuzeigen. Die Anzeigepflicht entfällt nur dann, wenn seitens des Verkäufers der Mangel arglistig verschwiegen wurde.
Verkäufer und Käufer können gemäß Artikel 558 des polnischen Zivilgesetzbuches im Einverständnis die Gewährleistungshaftung erweitern, beschränken oder ausschließen. Eine Beschränkung oder ein Ausschluss der Gewährleistungshaftung bei Verbrauchergeschäften ist jedoch nur in ganz bestimmten Fällen vorgesehen.
Die Gewährleistungsansprüche erlöschen gemäß Artikel 568 § 2 i.V.m. Artikel 576 des polnischen Zivilgesetzbuches nach Ablauf eines Jahres gerechnet von dem Zeitpunkt an, an dem der Käufer Kenntnis vom Mangel erlangt hat. Diese Frist betrifft nicht Verbrauchergeschäfte.
Bei Gewährleistungsansprüchen aus Werkverträgen sind folgende Besonderheiten zu beachten:
Rücktritt vom Werkvertrag (Artikel 635, 636 und 637 des polnischen Zivilgesetzbuches): Die Voraussetzungen sind abhängig davon, ob eine Verspätung bei der Herstellung des Werks, eine vertragswidrige Ausführung oder ein Werkmangel vorliegt.
Bei der verspäteten Herstellung im Sinne des Artikels 635 muss die Verspätung so gravierend sein, dass es unwahrscheinlich ist, dass das Werk zum vereinbarten Termin fertiggestellt wird. Der Besteller kann in dieser Situation ohne das Setzen einer Nachfrist und vor Ablauf des ursprünglichen Fertigstellungstermins vom Vertrag zurücktreten.
Bei der vertragswidrigen Ausführung nach Artikel 636 muss der Besteller den Werkunternehmer zunächst auffordern, die Arbeiten vertragsgemäß auszuführen und ihm zu diesem Zweck eine angemessene Frist setzen. Erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kann der Besteller vom Vertrag zurücktreten oder die Ausbesserung wie auch die weitere Ausführung des Werks einem Dritten auf Kosten des Werkunternehmers übertragen.
Ansprüche aus dem Werkvertrag verjähren gemäß Artikel 646 des polnischen Zivilgesetzbuches nach Ablauf von zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt am Tag der Übergabe des Werks und, wenn das Werk nicht übergeben worden ist, an dem Tag, an dem es vertraglich hätte übergeben werden sollen.
Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)