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EU-Global Gateway bietet Chancen für Afrika und deutsche Firmen
Europa will beim EU-Afrika-Gipfel über Finanzierungen etwa für die Infrastruktur reden, nachdem China weniger ausgibt. Das könnte auch deutschen Firmen helfen. (Stand: 10.02.2022)
10.02.2022
Von Ulrich Binkert | Bonn
Als die China Road and Bridge Corporation in Kenia die Bahnlinie von Mombasa nach Nairobi baute, nutzte sie auch 20 Walzen des deutschen Herstellers Bomag und 40 von Hamm. Ansonsten jedoch kommen deutsche Firmen bei den riesigen Bauprojekten der Chinesen in Afrika kaum zum Zuge. Besonders bei chinesisch finanzierten Projekten, wie bei der Bahnlinie in Kenia, ist die Vergabe de facto an chinesische Anbieter gebunden. Die wiederum erledigen die meisten Arbeiten selbst und beschaffen Vorleistungen aus China.
Für chinesische Anbieter war es umgekehrt sehr hilfreich, dass ihr Land Afrika seit der Jahrtausendwende mit Krediten regelrecht geflutet hat. Dies hat sich jedoch geändert. „Chinesen finanzieren nicht mehr“, sagt der Transportminister von Nigeria, Rotimi Amaechi. Auch deswegen hat Afrikas größte Volkswirtschaft Probleme, Großprojekte fertig oder überhaupt in Gang zu bekommen. Nach Berechnungen der China Africa Research Initiative der Johns Hopkins University in Washington erreichten die chinesischen Kredite für Afrika 2019 mit 7,7 Milliarden US-Dollar (US$) noch rund ein Viertel des Wertes von 2016, dem bisherigen Spitzenjahr.
Europas Global Gateway soll Ausbau der Infrastruktur voranbringen
Die chronische Finanzierungslücke in Afrikas Infrastrukturbau, welche die Chinesen ein Stück weit geschlossen hatten, tut sich damit wieder stärker auf. Das Vakuum füllen könnten nun westliche Finanzierungen, die im Gewand der US-initiierten Initiative Build Back Better World daherkommen oder als Global Gateway der Europäischen Union (EU). Die EU-Initiative steht auch im Zentrum des EU-Afrika-Gipfels ab dem 14. Februar 2022. Im Vorfeld der Veranstaltung stellte die EU in Aussicht, 150 Milliarden Euro für Investitionen in Afrika zu mobilisieren.
Mehr westliche Finanzierungen in Afrika könnten auch deutsche Anbieter dort stärken. „Bei der Vergabe der äthiopischen Mobilfunklizenz (2021) sah man einen echten Finanzierungswettbewerb, den es vor fünf Jahren vermutlich nicht gegeben hätte“, sagt Gyude Moore vom US-Center for Global Development. Wobei der Gewinner nicht die südafrikanische Firma MTN mit Geld aus dem chinesischen Silk Road Fund war, sondern ein Konsortium um Vodafone, das eine US-Finanzierung nutzte. „Auch beim Bau von Rechenzentren in Afrika, lange dominiert von Huawei aus China, engagieren sich inzwischen deutlich mehr US-Firmen“, so Moore, der von 2014 bis 2018 Infrastrukturminister von Liberia war.
Westliche Firmen in Afrika könnten von mehr westlichen Finanzierungen profitieren
Besseren Marktzugang versprechen sich westliche Firmen auch durch die komplexeren Finanzierungsmodelle, die nach dem Wegfall einiger der chinesischen Kredite wieder bedeutender werden. Bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften (PPP) zum Beispiel hätten französische Firmen mehr Erfahrung als die chinesische Konkurrenz, sagen französische Diplomaten. So komplettierte der französische Baukonzern Eiffage 2013 in Senegal mit der Autoroute de l´Avenir das nach eigenen Angaben erste PPP-Straßenprojekt in Subsahara-Afrika. Behörden in Uganda beauftragten 2021 die französische Firma Egis mit dem Betrieb eines Mautsystems für den Entebbe Expressway – den zuvor China Communication Construction gebaut hatte.
Allerdings holen die Chinesen auch bei PPP-Projekten auf. China Road and Bridge errichtet unter diesem Modell in Kenias Hauptstadt Nairobi gerade eine über 500 Millionen US$ teure Schnellstraße. Zudem bedeutet eine Finanzierung aus dem Westen noch lange keinen Auftrag für westliche Firmen. Von der Weltbank oder anderen internationalen Gebern finanzierte Infrastrukturprojekte werden häufig an chinesische Bauunternehmen vergeben, moniert Frank Kehlenbach, Auslandsmarktexperte vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.
Europäer oft nur wenig in Afrikas Märkten vertreten
Europäische Firmen sind teils auch zu wenig in Afrika vertreten, um dort Projekte an Land zu ziehen. Der französische Telekomkonzern Orange investiert in Afrika stark in den Netzausbau und in Unterseekabel. Die Technik dafür kommt jedoch, anders als in Europa, nicht von Nokia oder Ericsson, sondern vielfach von Huawei. „Die haben in Afrika investiert, während die europäischen Verkäufer zögern“, wird Stéphane Richard, Geschäftsführer von Orange, in der Presse zitiert. Ein Grund für die Stärke der chinesischen Netzwerkausrüster in Afrika ist auch, dass sie dort, anders als in westlichen Staaten, seitens der Politik auf wenig Ablehnung stoßen.
Außerdem gibt es Zweifel, ob den großmundigen Finanzierungsversprechen des Westens für Afrika auch Taten folgen. Ovigwe Eguegu, Berater bei Development Reimagined in Beijing, vermisst ein echtes Interesse der Europäer an der Entwicklung des Kontinents. Zudem werde sich „Nigeria nicht zurücklehnen und sich von der EU diktieren lassen, ob es seine Öl- und Gasinvestitionen ausweitet“. Eguegu zielt damit ab auf den „demokratischen, wertebasierten“ Ansatz des Global-Gateway-Programms, der in Afrika vielfach auf schwache Institutionen trifft und langwierige Bürokratie bedeuten kann.
Die Chinesen haben in den letzten zwei Jahrzehnten tatsächlich viele Straßen, Bahnlinien, Häfen und Kraftwerke gebaut. Dies ist für den Nigerianer Eguegu ein wesentlicher Beitrag gegen die Unterentwicklung, die zum Beispiel der Hintergrund der Militärputsche jüngst in Westafrika sei.
Nun haben Chinas Kredite die Verschuldung Afrikas massiv gesteigert, und die Intransparenz und Methoden chinesischer Projekte gelten auch in Afrika als fragwürdig. Die riesigen Defizite in der Infrastruktur und das Desinteresse des Westens lassen den Regierungen aber keine Wahl, meint Gyude Moore, der Ex-Minister aus Liberia. „Wenn mein Haus brennt und der Nachbar kommt als einziger zur Hilfe, frage ich ihn nicht, wie dreckig sein Wasser ist.“
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