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Special | Afrika | Global Gateway

Global Gateway in Afrika

Der Bedarf an Infrastruktur ist in vielen afrikanischen Ländern sehr groß. Mit Global Gateway will die EU ihren Partnerländern ein nachhaltiges Angebot machen.  

Afrika nimmt eine zentrale Rolle bei der europäischen Konnektivitätsinitiative Global Gateway ein. Von dem Investitionsziel der Initiative in Höhe von 300 Milliarden Euro (2021 bis 2027) ist mit 150 Milliarden Euro die Hälfte für Afrika vorgesehen. Für den Kontinent hat die EU 2023 und 2024 insgesamt 116 Flagship-Projekte ausgewählt, die sie gemeinsam mit ihren Partnerländern auf den Weg bringen will. Die Europäische Union und die Afrikanische Union stimmen ihre Vorhaben eng miteinander ab.

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  • Ausbau der Lobito-Bahn von Angola zu Kongos Minen gestartet

    In Zentralafrika ist eine strategische Bahnlinie in Betrieb gegangen. Es laufen bereits Arbeiten zur weiteren Modernisierung. Eine milliardenschwere Abzweigung ist aber fraglich.  

    Seit Ende 2023 verkehren Züge zwischen den Bergwerken des Kupfergürtels in der DR Kongo und dem Hafen Lobito in Angola. Bisher transportieren Lkws Kupfer und andere Minenerzeugnisse hauptsächlich nach Durban in Südafrika. Die neue Linie spart zwei Drittel der Strecke und viel Aufwand. Die EU hat das Ausbauvorhaben zur Untermauerung von strategischen Interessen vor allem beim Zugang zu kritischen Rohstoffen in ihre Global-Gateway-Initiative übernommen.  

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    Bahn soll Lkw für Kupfertransporte ersetzen

    Die Lobito-Bahn führt vom gleichnamigen Hafen in Angola bis zur kongolesischen Grenze (1.289 Kilometer) und weitere 427 Kilometer nach Kolwezi in der DR Kongo. Die eingleisige, nicht elektrifizierte Bahn wurde in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts für den Abtransport von Rohstoffen aus dem Südkongo gebaut. Der Zustand der Bahn hatte lange Zeit keine umfangreichen Gütertransporte ermöglicht. 

    Um die Strecke auszubauen und zu betreiben, erging im Juli 2023 eine dreißigjährige Konzession an die Lobito Atlantic Railway (LAR). Die LAR besteht aus dem kleinen belgischen Bahnbetreiber Vecturis (1 Prozent Anteil) sowie dem portugiesischen Bauunternehmen Mota-Engil und dem Rohstoffhändler Trafigura (jeweils 49,5 Prozent). Die Konzessionäre haben sich verpflichtet, 455 Millionen US-Dollar (US$) in Angola und 100 Millionen US$ auf kongolesischer Seite zu investieren. 

    Investitionen bereits angelaufen

    Ein Großteil der geplanten Investitionen steht unmittelbar bevor. In Angola sollen zwischen 2024 und 2026 rund 300 Millionen US$ fließen, sagt Vecturis-Chef Eric Peiffer. Geplant ist unter anderem die Beschaffung von 1.555 Waggons. Die in den veröffentlichten Dokumenten genannten Lokomotiven seien hingegen bereits vorhanden. Angolas Bahngesellschaft hatte laut Peiffer schon in der Vergangenheit 35 Loks beschafft und verleast sie nun an die LAR. 

    Die angolanischen Loks und Waggons befahren laut Peiffer auch den kongolesischen Teil der Strecke. Dort müssten die Konzessionäre lediglich die Bahnlinie verbessern, aber kein rollendes Material beschaffen. Zuständig dafür sei die kongolesische Bahngesellschaft SNCC als Betreiberin. Die Umsetzung von Maßnahmen für zunächst 60 Millionen US$ komme langsam in Gang, mit bislang kleineren Ausschreibungen durch die SNCC. 

    Der kongolesische Teil der Trasse ist laut Peiffer teils noch im Originalzustand, baufällig und wenig leistungsfähig. So vertrage das Gleisbett weniger Gewicht als im angolanischen Teil, weshalb die Waggons hier weniger Material transportierten. Die Betreiber koppelten dort leichtere Lokomotiven an, die sie in Südafrika beschafften und die teils dieselelektrisch fahren. Dadurch könnten die Züge nach Angola - bei derselben Spurbreite (1,067 Meter) - ohne Umladen bis zum Hafen durchfahren. 

    Teilfinanzierung durch USA vorgesehen

    Finanziert werden die Investitionen laut Peiffer zur Hälfte durch die LAR-Konsortialpartner und zur Hälfte durch externe Quellen. Für den externen Part hat im Februar 2024 die US-Entwicklungsbank DFC 250 Millionen US$ zugesagt. Allerdings stand Ende März die Zustimmung des US-Kongresses noch aus. Zur Finanzierung des LAR-Anteils macht der Vecturis-Chef keine näheren Angaben. Aktiv sei hier vor allem die Firma Impala des LAR-Partners Trafigura. Die Ausgaben in der DR Kongo leiste das Konsortium aus Eigenmitteln, also ohne Kredite. 

    Die aktuelle Kapazität der Lobito-Bahn auf kongolesischer Seite schätzt Peiffer auf jährlich 1,5 Millionen bis 2,5 Millionen Tonnen pro Richtung. Die in der DR Kongo zunächst vorgesehenen Investitionen von 100 Millionen US$ würden die 2,5 Millionen Tonnen gut absichern. Einen weiteren Kapazitätsausbau der bestehenden Linie in Kongo taxiert der Vecturis-Chef grob mit 700 Millionen US$. Das Gelände stelle relativ wenige Herausforderungen. 

    Ein Ausbau des Lobito-Korridor ist an anderer Stelle bereits geplant. Aus Angola soll eine neu zu bauende Abzweigung zur Grenze mit Sambia und weiter in den sambischen Teil des Kupfergürtels (Karte) führen. Dazu unterzeichneten die USA, die EU sowie die African Development Bank (ADB) und die Africa Finance Corporation im Oktober 2023 eine Absichtserklärung (MoU). Ein unterstützendes MoU gab es im Januar 2024 zwischen den Regierungen von Angola, Sambia und der DR Kongo. Die ADB bezifferte den Finanzbedarf des Projekts auf 1,6 Milliarden US$. Im März 2024 verkündete die Bank, hierfür 0,5 Milliarden US$ bereitgestellt zu haben. 

    Weiterer Ausbau mit Fragezeichen

    Dieses Erweiterungsprojekt steht offenbar erst auf dem Papier. Laut der Lobito Corridor Investment Promotion Authority (LCIPA), die öffentliche und private Stakeholder des Projekts vereint, hätte eine Machbarkeitsstudie Ende 2023 in Auftrag gegeben werden und Mitte 2024 fertig sein sollen. Eric Peiffer weiß hierzu aber von keinen Fortschritten. Bisher existiere lediglich eine kleine Vorstudie. 

    Zudem sieht Peiffer keinen Transportbedarf seitens der sambischen Minen, für welche die Verbindung gedacht ist. Der Vecturis-Chef hält es aber für möglich, dass die Bergwerke in Erwartung der Bahn mehr produzieren. Für den Bau der Linie spreche zudem das gesteigerte strategische Interesse namentlich der USA. Peiffer ist nicht bekannt, wofür genau die im MoU für die Erweiterung genannten 1,6 Milliarden US$ ausgegeben werden sollen. 

    Die angekündigten 1,6 Milliarden US$ dürften außerdem kaum ausreichen für den Bau der Erweiterung. Allein die 259 Kilometer in Angola bis zur sambischen Grenze würden laut LCIPA 1 Milliarde US$ kosten. Die Investitionen für die weiteren 700 Kilometer durch das sambische Bergbaugebiet bis nach Chingola schätzt Peiffer auf 1,5 Milliarden US$ - mindestens: Das Gelände dort sei schwierig. 

    Sinn ergebe das Projekt nur als Gesamtvorhaben, mit einem Bau bis zu den sambischen Minen. Auf dem ersten Teilstück, von der Abzweigung im angolanischen Luacano bis zur sambischen Grenze, gebe es kaum etwas zu transportieren. Die Konzessionäre der LAR haben laut LCIPA die Möglichkeit, dieses Teilstück zu bauen und ihre Konzession dafür um 20 Jahre auszudehnen. 

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Mauretanien wird zum Wasserstoff-Hub Westafrikas

    Für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft wird es in Mauretanien 2024 konkret. Technologielieferanten bringen sich in Stellung. (Stand: 7.5.2024)

    Mauretaniens Regierung möchte das Land zu einem Zentrum der Wasserstoffwirtschaft ausbauen. Von den klimatischen, geografischen und topografischen Bedingungen her wären dafür alle Voraussetzungen erfüllt. Was fehlt sind Kapital, Technologie und hochqualifizierte Fachkräfte in ausreichender Anzahl. 

    Die EU und einzelne Mitgliedstaaten wie Spanien, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Deutschland sichern dem Land bei diesem Anliegen finanzielle und technische Unterstützung zu. Dies bekräftigten unter anderem die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez während ihres gemeinsamen Staatsbesuchs in Mauretanien im Februar 2024. 

    Brüsseler Finanzhilfen für grünen Wasserstoff und Eisenschwamm

    Die EU hob Mauretanien in den Rang eines Schlüsselpartners für die EU Global Gateway Initiative, wodurch Finanzhilfen zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft leichter fließen können. Eingeschlossen wäre auch der Ausbau der Strom- und Schienennetze. Darüber hinaus fördert Brüssel Vorhaben in Mauretanien, die der Weiterverarbeitung des heimischen Eisenerzes zu Eisenschwamm (Direct Reduced Iron/DRI) unter Nutzung erneuerbarer Energien dienen. 

    Der hochrangigen politischen Delegation aus Europa im Februar folgte im April eine große Wirtschaftsdelegation: Vertreter von circa 30 Unternehmen und Institutionen waren nach Nouakchott gereist, um sich aus erster Hand über Liefer- und Geschäftsmöglichkeiten beim geplanten Aufbau der Wasserstoffwirtschaft beziehungsweise bei der möglichen Veredlung von Eisenerz zu Eisenschwamm zu informieren. Von Interesse waren darüber hinaus Infrastrukturvorhaben wie der Bau von Straßen, Hafenanlagen, Übertragungs- und Verteilernetzen für Elektroenergie, von Anlagen zur Meerwasserentsalzung und von Schienenwegen. 

    Vertreten waren unter anderem die Stahlkocher ArcelorMittal und Tata Steel, der Werkzeughersteller Tolsen, der Produzent von Membranen De Nora, der Rohrleitungsspezialist Tenaris, der Maschinen- und Anlagenbauer Cockerill Group, die Anbieter von Elektrolysetechnik Topsoe, Nel und Siemens. Ebenso nahmen Unternehmensberatungen, Projektgesellschaften, staatliche Handelsförderagenturen einzelner europäischer Länder, der Verband Hydrogen Europe sowie der Hafen Antwerpen an der Delegation teil.

    Übergang von der Projektplanung zur Implementierung

    Das Interesse der ausländischen Wirtschaft an Mauretanien und an seinem Entwicklungspotenzial für die Wasserstofferzeugung besteht schon länger. Bislang trafen Projektentwickler, Ingenieurbüros und potenzielle Geldgeber in Nouakchott ein. Im Jahr 2024 hat eine neue Phase begonnen: Inzwischen kommen verstärkt Technologielieferanten und Dienstleister nach Mauretanien, darunter Logistik- und Hafenspezialisten, Hersteller von Energie- und Elektrotechnik sowie Maschinen- und Anlagenbauer, um sich für künftige Ausschreibungen in Stellung zu bringen.

    Zwei ehrgeizige Großvorhaben treten gegeneinander an

    Mit Conjuncta hatte sich ein deutscher Projektentwickler zusammen mit der Infinity Power aus Ägypten und Abu Dhabi Future Energy Company (Masdar) zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Das Ziel ist äußerst ehrgeizig: Für insgesamt 34 Milliarden US-Dollar (US$) wollen die Investoren die gesamte Wertschöpfungskette von der Meerwasserentsalzung über die Erzeugung grünen Stroms, die Wasserstoffelektrolyse bis hin zur Herstellung von transportfähigem Ammoniak per Haber-Bosch-Verfahren installieren. Die angestrebte Elektrolysekapazität wird mit 10 Gigawatt beziffert, wovon die ersten 0,4 Gigawatt 2028 betriebsbereit sein sollen.

    Ein zweites Konsortium, bestehend aus der australischen Chariot Ressources Limites und TE H2, ein Joint Venture aus TotalEnergies und der EREN Group, möchte unter dem Projekttitel Nour ebenfalls Elektrolysekapazitäten von 10 Gigawatt errichten. Eine Machbarkeitsstudie hatte Chariot im März 2024 der mauretanischen Regierung vorgelegt. Chariot hat für sein Vorhaben nach eigenen Angaben den Hersteller von Anlagen zur Meerwasserentsalzung, die singapurische Eneo Water, aufgekauft.

    Auch wenn beide Konsortien mit etwa gleichgroßen Elektrolysekapazitäten planen, gibt es für die Verwendung des grünen Wasserstoffs unterschiedliche Ansätze: Das Konsortium aus Conjuncta, Infinity und Masdar setzt auf den Export des Wasserstoffderivats. Dagegen will Chariot zunächst den Inlandsbedarf Mauretaniens decken, darunter den der Energiewirtschaft mit grünem Strom sowie zur Veredelung von Eisenerz. Das mauretanische Bergbauunternehmen Société nationale industrielle et minière (Snim) wäre eingebunden. Erst wenn der Inlandsbedarf gedeckt ist, sollen Wasserstoffderivate nach Europa gehen. Vorgespräche mit dem Hafen Rotterdam hat Chariot dem Vernehmen nach geführt.

    BP prüft sein Engagement in der Wasserstoffwirtschaft

    Eine Absichtserklärung unterzeichnete die mauretanische Regierung gleichfalls mit dem Energiekonzern BP, der Anfang 2024 die Förderung von Erdgas im Offshorefeld Tortue Ahmezim aufgenommen hatte. Der Konzern liefert das Erdgas sowohl an mauretanische Abnehmer als auch an Käufer im Ausland, dort in Form von LNG. Nun prüft BP ein Engagement beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft, wofür eine Machbarkeitsstudie erstellt wird. Sollte BP zu einem positiven Ergebnis kommen, würden sich gleich drei große Wettbewerber mit dem Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Mauretanien beschäftigen. 

    Kontaktadressen

     

    BezeichnungAnmerkung
    Deutsche Botschaft Amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland
    Delegation of the European Union to Mauritania EU-Vertretung in Nouakchott
    WeltbankVertretung der Weltbank in Nouakchott
    Investment Promotion Agency of MauritaniaZentrale Anlaufstelle für Investoren
    Ministère du Pétrole, de l'Energie et des MinesMinisterium für Erdöl, Energie und Bergbau
    Ministere du commerce, de l'industrie, de l'artisanat et du tourismeMinisterium für Handel, Industrie, Handwerk und Tourismus
    Mauritania TendersAusschreibungsportal Mauretaniens
    Office National de la StatistiqueNationales Statistikbüro

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Äthiopien will mit Kühlkette und Zertifizierungen Exporte erhöhen

    Obst und Gemüse aus Äthiopien soll durch den Aufbau einer Kühlkette endlich auf den Weltmarkt gelangen. Der Sektor hat aber noch ganz andere Sorgen. (Stand: 12.4.2024)

    In Äthiopien nimmt der lange geplante Bau des “Cool Port Modjo” Formen an. Das 25 Millionen Euro teure Projekt mit Kühlhäusern bekommt von der niederländischen Regierung einen Zuschuss von 10,6 Millionen Euro. Dies vereinbarten Ende Februar 2024 die niederländische Agentur Invest International und die äthiopische Regierung, die den Rest der Finanzierung beisteuert. 

    Ausschreibungen für Kühlprojekt sollen bald starten

    Die Verantwortlichen werden demnächst Arbeiten ausschreiben, nennen hierfür aber noch keinen Termin. Die Anlage nahe der Hauptstadt Addis Abeba solle spätestens in zwei Jahren fertig gestellt sein. Der Branchenverband Ethiopian Horticulture Producer Exporters Association (EHPEA) hofft auf eine Auftragsvergabe bis in etwa fünf Monaten. Bereits vorhanden ist die Machbarkeitsstudie für das Vorhaben, das die EU als Leuchtturmprojekt in ihre Global-Gateway-Initiative aufgenommen hat. Projektentwickler ist das niederländische Konsortium Flying Swans, das die Investitionen mit 44 Millionen Euro beziffert.

    Noch in weiter Ferne scheint eine Ausweitung des Projektes. Es gibt Überlegungen, für eine flächendeckende Kühlkette weitere, kleinere Kühlzentren über Äthiopien verteilt einzurichten. Hinzu kämen Arbeiten im Hafen des benachbarten Dschibuti. Konkrete Pläne für diese Vorhaben lägen aber noch nicht vor.

    Das neue Kühlzentrum in Modjo soll vor allem den Export von äthiopischem Obst und Gemüse ermöglichen. Landwirte bleiben bisher oft auf Produkten wie Erdbeeren oder Avocados sitzen oder bauen sie gar nicht an, weil es keine Kühlkette zu ihren Märkten gibt. Ein Export per Flugzeug wäre zu teuer und ökologisch unsinnnig. Diesen Weg nehmen die Blumenzüchter, die meist in Flughafennähe produzieren. Aber selbst diese meist niederländischen Firmen experimentieren laut EHPEA mit Exporten per Schiff.

    Kühlkette soll bis zum Hafen in Dschibuti reichen

    Modjo ist der wesentliche Güterumschlagplatz der Eisenbahnlinie von Addis Abeba nach Dschibuti. Über den dortigen Hafen wickelt der Binnenstaat Äthiopien rund 95 Prozent seines seegebundenen Außenhandels ab. Mit dem Vorhaben und zusätzlichen Kühlwaggons ließe sich, anders als bisher, eine Kühlkette bis nach Dschibuti einrichten.

    Das Kühlprojekt Modjo war ursprünglich Teil eines geografisch weitaus größer dimensionierten Vorhabens. Letztlich fanden sich aber keine privaten Investoren. Sie haben das Henne-Ei-Problem: Es mangelt an zu kühlenden Agrarerzeugnissen - und die Bauern produzieren nicht, weil Kühlung fehlt. 

    Private Investoren halten sich zurück

    Äthiopische Obst- und Gemüseerzeuger haben laut EHPEA aktuell auch kein Interesse an Investitionen in die Kühllogistik. Dies gilt nach einer anderen Quelle auch für die niederländischen Blumenfarmen. Private Investoren sorgen sich wegen der gewachsenen Unsicherheit im Land. Die Blumenfarmen haben zudem Probleme, ihre Landpachten zu verlängern. Nichts bekannt ist über den Stand eines ebenfalls in Modjo angesiedelten Kühlhausprojektes der Firma WoubGet.

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    Die Logistik ist nicht das einzige Problem der Agrarexporteure. "Die phytosanitären Bedingungen bilden eine der größten Herausforderungen für die Branche", sagt ein Beobachter des Marktes. Ausländische Kunden weisen äthiopische Agrarerzeugnisse immer wieder wegen pilzbedingter Aflatoxine oder anderer Qualitätsmängel ab. Teil des Modjo-Projekts wird deshalb der Bau einer Prüfstelle für die Lebensmittelsicherheit sein.

    Zertifizierungen als weiterer Flaschenhals

    Zu den eigentlichen Qualitätsproblemen kommen Mängel im Zertifizierungswesen Äthiopiens. Diese Branche hat in den letzten vier Jahren zwar Fortschritte gemacht, sagt Yonatan Mengesha. Der technische Leiter von Bless Agri Food Laboratory Service in Addis Abeba begründet dies aber eher damit, dass die Regierung eine nationale Politik der Lebensmittelsicherheit eingerichtet habe. Im Ergebnis lassen sich in Äthiopien nur schlecht jene Zertifizierungen nach internationalem Standard bekommen, die ausländische Abnehmer von ihren Lieferanten verlangen. 

    Pfeffer und andere Gewürze sind die Lebensmittel, die laut Yonatan Mengesha am häufigsten wegen fehlender Zertifizierungen an internationalen Grenzen zurückgewiesen werden. Betroffen seien oft auch Ölsaaten und Hülsenfrüchte, also unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse. Besonders streng prüften die Zollbehörden der EU mit ihrem Europäischen Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF).

    Nur wenige Firmen können Siegel ausstellen

    In Äthiopien gibt es laut Yonatan Mengesha nur zwei Firmen, die akkreditierte Zertifizierungen oder international anerkannte Produktzertifizierungsdienste anbieten: Das staatliche Ethiopian Conformity Assessment Enterprise (ECAE) sowie – seit einem Jahr – Bless. Diese beiden Unternehmen führten auch die zugrunde liegenden Lebensmitteltests durch. Inspektionen, die ebenfalls Teil des Qualitäts- und Sicherheitsprozesses sind, böten neben Bless ein gutes halbes Dutzend weiterer Dienstleister an.

    Bless kann akkreditierte Produktzertifizierungen bisher nur begrenzt durchführen: Für abgefülltes Wasser, jodiertes Salz und Mais-Soja-Mischungen. Die Firma plant diese Palette aber auszuweiten. ECAE, das branchenübergreifend prüft, bietet Zertifizierungen ebenfalls nur für eine begrenzte Zahl von Nahrungsmitteln an. 

    Lieferanten müssen für ausländische Märkte indes nicht nur ihre Produkte zertifizieren lassen, sondern auch ihre internen Prozesse dafür, etwa nach ISO 22000. Bei diesen Systemzertifizierungen gilt mit DQS ein deutsches Unternehmen als Marktführer. Weiterer maßgeblicher Anbieter ist nach Brancheinformationen auch in diesem Segment ECAE. Eine Systemzertifizierung dauert in Äthiopien laut Yonatan Mengesha je nach Engagement des beantragenden Unternehmens ein halbes bis ganzes Jahr.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Cabo Verde erhält 246 Millionen Euro

    Das umfangreiche Investitionspaket ist für den Ausbau grüner Energie, der Hafeninfrastruktur und der digitalen Konnektivität vorgesehen. (Stand: 18.1.2024)

    Während des ersten Global-Gateway-Gipfels im Oktober 2023 verkündete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Unterstützungspaket für Cabo Verde. Insgesamt 246 Millionen Euro soll das kleine afrikanische Land mit rund 600.000 Einwohnern erhalten, um grüne Energien und nachhaltigen Verkehr zu fördern. Zudem sind aus dem Topf Mittel für Investitionen in die digitale Infrastruktur vorgesehen.

    Investitionen fließen in erneuerbare Energien

    Cabo Verde sieht in seiner Entwicklungsagenda 2030 und einer Reihe von Programmen wie dem Strategischen Plan für Nachhaltige Entwicklung 2022 bis 2026 eine Reihe struktureller Reformen vor, um das Land widerstandsfähiger zu machen. Dazu gehören unter anderem der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft sowie die Gewährleistung der wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit. 

    Der Energiesektor spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Hauptenergiequelle ist importiertes Erdöl, das nicht nur teuer, sondern auch umweltschädlich bei der Verbrennung ist. Die Nutzung erneuerbarer Ressourcen wie Wind- und Solarenergie kann vor allem die Kosten für fossilen Strom senken, die Energiesicherheit erhöhen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern.

    Im Masterplan für den Stromsektor für die Jahre 2018 bis 2040 hat die Regierung deshalb ambitionierte Ausbauziele festgelegt: Bis 2025 sollen 30 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen stammen, bis 2030 sogar rund 55 Prozent. Bis zum Jahr 2025 wird eine installierte Kapazität von 63 Megawatt Solar und 51 Megawatt Wind angestrebt, ausgehend von einer installierten Kapazität von 8 Megawatt Solar und 26 Megawatt Wind im Jahr 2017.

    Die EU unterstützt die Pläne mit einer Mischform aus Zuschüssen und Darlehen. Ein Darlehen in Höhe von 22 Millionen Euro wird für die Erweiterung des Windparks Cabeólica bereitgestellt. Der Ausbau soll die Installation zwei neuer 5 Megawatt-Windkraftanlagen und eines Energiespeichers (5 Megawattstunden) umfassen. Darüber hinaus wird die Errichtung eines Pumpspeicherwerks und weiterer Komponenten zur Optimierung des Energieverbrauchs mit einem Zuschuss in Höhe von 29 Millionen Euro und einem Darlehen in Höhe von 120 Millionen Euro unterstützt.

    Hafeninfrastruktur wird weiter ausgebaut

    Zur Steigerung des Tourismus soll die Basisinfrastruktur – vor allem Häfen und Anlegestellen - ausgebaut werden. Der Tourismussektor trägt rund 25 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und gehört damit zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen des Inselstaates. Die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes lag im Jahr 2023 bei 2,6 Milliarden US-Dollar (US$).

    Der Ausbau von Porto Grande auf der Insel São Vicente wird von der EU mit insgesamt 145 Millionen Euro unterstützt. Davon werden 25 Millionen Euro als Zuschuss und der Rest als Darlehen gewährt. Neben der Erweiterung des Hafens ist der Bau einer Landstromanlage am Mindelo-Kreuzfahrtterminal geplant. Bereits 2022 konnte im Rahmen der Global-Gateway-Initiative der Hafen auf der Insel Maio modernisiert werden. Maio verfügt nun über eine bessere Anbindung an die Insel Santiago (größte Insel mit der Hauptstadt Praia) und an die weiteren Inseln des Archipels. Maio ist somit auch Bestandteil des Praia-Dakar-Abidjan-Korridors, einer von elf Verkehrskorridoren, die von der Global-Gateway-Initiative gefördert werden. Die Schaffung der Korridore soll den Handel und die Mobilität innerhalb Afrikas und die Konnektivität zwischen Afrika und Europa verbessern.

    Anschluss ans Tiefseekabel Equiano geplant

    Der lokale Telekommunikationsanbieter Cabo Verde Telecom erhält ein Unternehmensdarlehen in Höhe von 22 Millionen Euro zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsinternets. Dabei hofft das Land auf die Anbindung an das Google-Tiefseekabel Equiano. Damit möchte Cabo Verde nicht nur regionaler Hub für den digitalen Datenverkehr, sondern auch als digitaler Knotenpunkt zwischen Afrika, Europa und Südamerika fungieren und Backup-Systeme für die Region bereitstellen.

    Von Corinna Päffgen | Accra

  • Grüner Wasserstoff als Gamechanger

    Mehrere große Wasserstoffvorhaben könnten Namibia zum Energieexporteur machen. Pilotprojekte testen zudem lokale Anwendungen in verschiedenen Bereichen. (Stand: 24.11.2023)

    Der Name Hyphen steht für eines der weltweit größten Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff. Das Investitionsvolumen von fast 10 Milliarden US-Dollar (US$) entspricht rund drei Vierteln des namibischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Und das Vorhaben mit deutscher Beteiligung ist nicht das einzige im Land. Läuft alles nach Plan, wird Wasserstoff in wenigen Jahren das Hauptexportprodukt Namibias sein. Darüber hinaus gibt es etliche Ideen, Wasserstoff für die lokale Stromversorgung oder Transportlösungen zu nutzen.

    Kleine Wirtschaft, große Chancen

    Namibia hat mit nur etwa 2,6 Millionen Einwohnern einen begrenzten Energiebedarf. Dem stehen gegenüber eine Fläche von rund 824.000 Quadratkilometern, hohe Einstrahlungswerte der Sonne und eine circa 1.600 Kilometer lange Küstenlinie mit kräftigen Winden. Die namibische Regierung hat die Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak als strategische Industrie in ihre Entwicklungsplanung aufgenommen und im November 2022 eine Namibia Green Hydrogen and Derivatives Strategy veröffentlicht. Zentrales Argument ist das große Angebot erneuerbarer Energien und damit geringe Produktionskosten für grünen Wasserstoff. Das Papier taxiert diese für das Jahr 2030 auf 1,2 bis 1,3 US$ pro Kilogramm.

    Den Kostenvorteil gegenüber anderen Anbietern will Namibia nutzen und Wasserstoff oder seine Derivate wie synthetisches Methanol oder Kerosin exportieren. Märkte liegen vor allem in Europa und Ostasien (China, Japan, Korea). Den eigenen Anteil am weltweiten Handel mit Wasserstoff sieht Namibia bei 5 bis 8 Prozent. Nach 1 bis 2 Millionen Tonnen im Jahr 2030 soll das Exportvolumen bis 2040 auf 5 bis 7 Millionen Tonnen und bis 2050 auf 10 bis 15 Millionen Tonnen steigen. Zur Koordination der praktischen Umsetzung hat die Regierung in Windhuk einen Rat für Grünen Wasserstoff gebildet (Green Hydrogen Council).

    Drei Entwicklungsregionen

    Die nationale Wasserstoffstrategie definiert drei Entwicklungsregionen, alle an der Küste gelegen. Die nördliche existiert bislang nur als Idee. Neben Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Elektrolyse von Wasserstoff umfassen die Planungen einen neuen Hafen und eine Pipeline zur zentralen Region um Walvis Bay. Dort sind die bisherigen Pilotprojekte angesiedelt, die neben der Elektrolyse auch Anwendungen im Hafen, bei der Eisenbahn und in der Stromversorgung vorsehen. Die südliche Region schließlich wird dominiert durch das Hyphen-Projekt als Teil der Southern Corridor Development Initiative (SCDI), die ein Gebiet von rund 26.000 Quadratkilometern in der Region ǁKharas umfasst. 

    Das Unternehmen Hyphen Hydrogen Energy, an dem die Investitionsgesellschaft Nicholas Holdings und das deutsche Energieunternehmen Enertrag beteiligt sind, plant auf 4.000 Quadratkilometern in zwei Bauphasen 7 Gigawatt Erzeugungskapazitäten für Wind- und Solarstrom aufzubauen und zur Elektrolyse von Wasserstoff zu nutzen. Das notwendige Wasser wird durch Meerwasserentsalzung gewonnen. Pro Jahr kann Hyphen nach der Fertigstellung circa 350.000 Tonnen Wasserstoff produzieren. Ab 2027 sollen daraus zunächst 1 Million Tonnen Ammoniak für den Export hergestellt werden, ab 2029 dann 2 Millionen Tonnen. Im Juni 2023 kündigte die namibische Regierung eine 24-prozentige Beteiligung an dem Projekt an.

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    Ein zweites größeres Vorhaben zur Herstellung von grünem Wasserstoff hat das französische Unternehmen Hydrogène de France (HDF) bei Swakopmund initiiert. Dieses zielt vorrangig auf eine durchgängige Stromversorgung. Wasserstoff dient dabei als Speichermedium und ergänzt ein Solarkraftwerk mit 85 Megawatt. Abends und nachts kann die gespeicherte Energie in Brennstoffzellen wieder in Elektrizität umgewandelt werden. Hierdurch entsteht eine durchgehende Stromversorgung auf Basis von Sonnenenergie, was sich auch im Projektnamen Renewstable Swakopmund äußert.

    Einen etwas anderen Fokus hat das Erongo Green Industry Development Project in Arandis. Das vom Namibia Investment Promotion and Development Board (NIPDB) unterstützte Vorhaben zielt auf die lokale Produktion von Ausrüstungen und Komponenten, die für die Wasserstoffwirtschaft benötigt werden. Dazu zählen Solarzellen, Teile für Elektrolyseure, Komponenten für Produktion und Handhabung synthetischer Kraftstoffe und wasserstoffbasierte Antriebe. Pressemeldungen zufolge schätzt NIPDB das mögliche Investitionsvolumen auf rund 15 Milliarden Euro. Bei Treffen mit namibischen Regierungsvertretern waren auch Vertreter deutscher Firmen wie Bosch oder DSE Green Technologies dabei.

    Enge Zusammenarbeit mit Deutschland

    Mit deutscher Förderung starten in Namibia vier Pilotprojekte zur Anwendung von wasserstoffbasierten Technologien: 

    • Das Projekt Green Hydrogen Application in the Port Environment. Kern des von Cleanergy Namibia durchgeführten Vorhabens ist die Betankung von wasserstoffgetriebenen Schiffen und Hafenfahrzeugen in Walvis Bay. Hier engagiert sich neben der deutschen Filiale von CMB.Tech auch der namibische Hafenbetreiber Namport. 
    • Ein weiteres Projekt von Cleanergy, einem Joint Venture des lokalen Unternehmens Ohlthaver & List mit der CMB.Tech ist eine Refueling Station mit angeschlossener Elektrolyseanlage.
    • Bei der namibischen Eisenbahn TransNamib ist auf der 210 Kilometer langen Strecke zwischen Walvis Bay und Kranzberg der Einsatz von Dual-Fuel-Lokomotiven geplant, die sowohl mit Dieselöl als auch mit Wasserstoff betrieben werden können. 
    • Mit dem Daures Green Hydrogen Village entsteht in der Nähe des Brandbergs in der Provinz Erongo der Prototyp einer klimaneutralen Siedlung. Auf einer Fläche von 30.000 Hektar wird zunächst die Produktion von grünem Wasserstoff auf Basis von Wind- und Solarenergie aufgebaut. In der nächsten Phase soll über den Zwischenschritt Ammoniak lokal Dünger produziert werden.

    Zusätzliche Förderung erhält Namibia im Rahmen der Global Gateway Strategie der Europäischen Union. Kern ist eine Roadmap für die strategische Partnerschaft im Bereich nachhaltige Rohstofflieferketten und grünem Wasserstoff. 

     

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • EU finanziert weiteren Transportkorridor in Afrika

    Die EU unterstützt einen neuen Rohstoffkorridor im südlichen Afrika. Dieser ergänzt die elf strategischen Korridore, die die EU bereits in Afrika fördert. (Stand: 21.11.2023)

    Die EU finanziert einen neuen Transportkorridor in Afrika. Er verläuft von der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) über Sambia nach Angola. Nach seinem Zielort in Angola heißt er Lobito-Korridor. Bereits im Frühjahr 2022 hatte die EU die Förderung von elf strategischen Korridoren in Afrika bekannt gegeben.

    Mit den nun zwölf Korridoren unterstützt die EU an ausgewählten Strecken den Bau oder Ausbau von Infrastruktur. Das betrifft Straßen, Schienen und Gleisanlagen, Flughäfen, Wasserstraßen und Seehäfen. 

    Die Verkehrsadern ziehen sich quer durch den Kontinent. Sie verbinden in erster Linie - aber nicht nur - Binnenstaaten mit Häfen an der Küste. Die Förderung ist Teil von Global Gateway, der Infrastrukturinitiative der Europäischen Union.

    Der neue Korridor soll ein Rohstoffkorridor werden

    Der Lobito-Korridor soll die rohstoffreichen Regionen im Süden der DR Kongo und im Nordwesten Sambias mit dem Hafen von Lobito in Angola verbinden. Über den Korridor sollen die drei Länder ihre Waren leichter exportieren können. Die EU wiederum käme über den Korridor einfacher an die Rohstoffe, die sie für ihre ökologische Transformation braucht.

    Die EU fördert den Korridor in Partnerschaft mit den USA, der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Africa Finance Corporation. Die Zusammenarbeit wird sich auf drei Bereiche konzentrieren: 

    1. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
    2. Maßnahmen zur Erleichterung des Handels, der wirtschaftlichen Entwicklung und des Transits
    3. Unterstützung verwandter Sektoren, um langfristig inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Kapitalinvestitionen in den drei afrikanischen Ländern zu fördern

    Unter anderem geben die EU und die USA Vorstudien für den Ausbau einer neuen Bahnstrecke zwischen Sambia und Angola in Auftrag. Zusätzlich fördern sie unter anderem Energie-, Landwirtschafts- und Berufsbildungsprojekte.

    Investitionen reichen nicht aus

    Zwischen 2021 und 2027 will die EU für die elf initialen Strecken 1,68 Milliarden Euro einsetzen. Für den neuen Lobito-Korridor hat sie noch keine Summe genannt.

    Die EU verteilt die 1,68 Milliarden Euro auf drei Felder:

    • 1 Milliarde Euro an Zuschüssen für die strategischen Korridore
    • 600 Millionen Euro für Projekte in Städten entlang der Korridore
    • 80 Millionen Euro an Unterstützung für Politikberatung

    Rechnet man die Gesamtsumme auf die einzelnen Korridore um, bleiben für jeden noch etwa 100 Millionen Euro übrig. Das reicht nicht aus. Daher sollen private Investoren - angelockt durch die EU-Zuschüsse - ebenfalls in die Projekte einsteigen.

    Die Korridore sollen Mobilität und Handel erleichtern

    Die EU fördert über die strategischen Korridore Mobilität und Handel, sowohl innerhalb Afrikas als auch zwischen Europa und Afrika. Entlang der Korridore sollen Wertschöpfungsketten gestärkt werden und Jobs entstehen. Die EU möchte dabei saubere und effiziente Korridore schaffen, sodass mehr Mobilität nicht zugleich mehr CO2-Emis­si­onen beutet. Die Infrastruktur soll zudem klimaresilient sein.

    In Abgrenzung zu vorherigen Projekten wolle die EU nun "groß einsteigen", sagte Paolo Ciccarelli, Referatsleiter für Nachhaltigen Verkehr und Stadtentwicklung in der Generaldirektion für internationale Partnerschaften (DG INTPA) bei der Vorstellung der Initiative. Zuvor hatte die EU einzelne Infrastrukturprojekte gefördert und dabei kaum sichtbare Ergebnisse erzielt. Jetzt will sie sich auf wenige Korridore konzentrieren und diese ganzheitlich entwickeln: mit Straßen, Schienen und Wasserstraßen sowie in einer zweiten Phase mit verbesserten öffentlichen Dienstleistungen und städtischer Mobilität.

    Für Unternehmen ergeben sich zum einen Auftragschancen, wenn die afrikanischen Staaten Leistungen für die Planung, den Bau und die Bauüberwachung von Infrastruktur ausschreiben. Zum anderen können sie auch bei Projekten zum Zug kommen, die die Einzugsgebiete der Korridore generell weiterentwickeln sollen.

    Die Initiative ist Teil von Global Gateway

    Die strategischen Korridore sind ein wichtiger Bestandteil des Global-Gateway-Investitionspakets Afrika-Europa der EU. Die Finanzierung der Initiative erfolgt durch das EU-Instrument für Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit NDICI (Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument), auch Global Europe genannt.

    Global Gateway ist die Antwort der EU auf Chinas neue Seidenstraße. Darüber baut das Reich der Mitte fast weltweit Infrastruktur, davon viel in Afrika. Die Kritik daran: Projekte seien oft nicht nachhaltig und die Aufträge würden fast ausschließlich an chinesische Unternehmen gehen. Global Gateway soll in Abgrenzung dazu bewusst nachhaltige Infrastruktur fördern - sowohl was den Umweltschutz als auch was die Finanzierung angeht. Zudem sollen die Unternehmen in einem fairen Wettbewerb stehen, sodass auch europäische Unternehmen Chancen haben.

    Investitionen in Afrikas Infrastruktur sind dringend nötig, um die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern und den Kontinent wettbewerbsfähiger zu machen. Analysten gehen davon aus, dass in Afrika dafür zusätzlich mehr als 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr in Infrastruktur investiert werden müssten.

    Germany Trade & Invest informiert tagesaktuell über Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen der EU in Afrika.

    Von Laura Sundermann | Bonn

  • EU unterstützt Energiewende in Mauretanien

    Erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff sollen das Land im Nordwesten Afrikas zu einem wichtigen Partner für die Dekarbonisierung machen.(Stand: 03.11.2023)

    Die Europäische Union, die Europäische Investitionsbank (EIB) sowie Frankreich, Spanien und Deutschland unterstützen Mauretanien bei der Energiewende und dem Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Alle Partner bündeln ihre Aktivitäten nun unter einer neuen "Team Europe-Initiative". Im Rahmen des Global Gateway-Forums in Brüssel haben Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der mauretanische Präsident Mohamed Ould Ghazouani am 24. Oktober 2023 eine entsprechende Vereinbarung verkündet. Diese sieht Aktivitäten in den folgenden Bereichen vor:

    • Infrastruktur: Entwicklung von Infrastrukturen, die für die Erzeugung, den Transport und die Vermarktung von grünem Wasserstoff benötigt werden.
    • Arbeitsplätze und Privatsektor: Schaffung neuer Arbeitsplätze und Unterstützung des unternehmerischen Ökosystems.
    • Berufliche Bildung: Kompetenzentwicklung der Arbeitskräfte, die in der entstehenden Wasserstoffwirtschaft und angrenzenden Bereichen benötigt werden.
    • Rechtsrahmen: Konsolidierung des rechtlichen und steuerlichen Rahmens, um ein günstiges Investitionsumfeld zu schaffen.

    In den kommenden Monaten wollen die Partner die geplanten Investitionen weiter konkretisieren. Die Initiative dürfte auch den Planungen internationaler Konsortien zugutekommen, die in Mauretanien Großprojekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff verwirklichen wollen.

    Bereits im Juni 2023 hatte die EU mit Mauretanien ein Abkommen im Rahmen von Global Gateway unterzeichnet: 13,3 Millionen Euro aus dem EU-Budget sollen dafür eingesetzt werden, den mauretanischen Stromsektor zu modernisieren. Die Zusammenarbeit findet jedoch nicht nur im Energiesektor statt. Weitere EU-Unterstützung finanzieller Art erfährt das Land auch in den Bereichen Berufsbildung, Fischerei, Ernährung, Sicherheit und Migration.

    Global Gateway ist die Konnektivitätsinitiative der EU. Sie will damit Schwellen- und Entwicklungsländern helfen, ihre Infrastrukturen nachhaltig auszubauen. Im Rahmen von Team Europe-Initiativen arbeiten die EU, die Mitgliedstaaten sowie nationale und europäische Entwicklungsbanken zusammen. Ziel ist es, entwicklungshemmende Bereiche in einem Land oder einer Region aufzudecken und anschließend koordinierte Maßnahmen durchzuführen.

    Von Friedrich Henle | Berlin

  • EU will 1 Milliarde Euro in Namibia investieren

    Im Rahmen der Global Gateway Strategie hat die Europäische Union Namibia Unterstützung beim Aufbau nachhaltiger Rohstofflieferketten und der Wasserstoffwirtschaft zugesagt. (Stand: 27.10.2023)

    Anlässlich des Gobal Gateway Forums in Brüssel haben Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der namibische Staatspräsident Hage Geingob am 24. Oktober 2023 eine Roadmap für die strategische Partnerschaft zur Entwicklung nachhaltiger Rohstofflieferketten und zur Produktion von grünem Wasserstoff auf den Weg gebracht. Beide Partner hatten die Zusammenarbeit im November 2022 in einer Absichtserklärung (Memorandum of Understanding/MoU) vereinbart.

    Die nun bestätigten Pläne sehen Investitionen der EU, ihrer Mitgliedsländer und europäischer Finanzinstitutionen in Höhe von 1 Milliarde Euro vor. Die konkreten Maßnahmen werden noch im Detail festgelegt. Das MoU definiert sechs Schwerpunktbereiche für die Zusammenarbeit:

    • Integration von Lieferketten: Förderung und Erleichterung der Zusammenarbeit bei der Suche und der kommerziellen Entwicklung von Projekten zum Abbau kritischer Rohstoffe.
       
    • Unterstützung bei der Einhaltung von Kriterien zum Umweltschutz, sozialer Standards und guter Regierungsführung (ESG): Dazu gehören die Erfassung und Bewertung stillgelegter Bergbaubetriebe sowie der Einsatz von Fernerkundungsmethoden bei der Exploration von Bodenschätzen, der Landnutzungsplanung und dem Flächenmanagement.
       
    • Finanzierung von Infrastruktur: Ziel ist vor allem die Erschließung von Standorten ausgewählter Bergbau- und Aufbereitungsvorhaben durch Energie- und Wasserversorgung sowie Schienenanbindung und der Ausbau zentraler Transportkorridore (Häfen, Schienen und Straßen).
       
    • Ausbildung, Training und Qualifizierung: Insbesondere die Ermittlung des Bedarfs an kritischen Rohstoffen und Wasserstoff und in der Folge die Verbesserung der technischen und beruflichen Bildung in Zusammenarbeit mit der Industrie.
       
    • Zusammenarbeit in Forschung und Innovation: Unterstützung von Studien und gemeinsamen Forschungsprojekten sowie Ausbau von Forschungs- und Unternehmensnetzwerken entlang der Wertschöpfungskette für kritische Rohstoffe.
       
    • Anpassung von Regelungen und Standards: Unterstützung Namibias bei der Entwicklung einer nationalen Strategie für kritische Rohstoffe und eines Gesetzes für synthetische Kraftstoffe. Dies soll den Aufbau einer Produktion von grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ermöglichen und die Übereinstimmung mit internationalen Standards und Zertifizierungsregeln sicherstellen.

    Darüber hinaus unterstützt die EU Namibia bei seinen Plänen, den Hafen von Walvis Bay zu einer regionalen Logistikdrehscheibe auszubauen. Die Stadt an der namibischen Atlantikküste ist der westliche Ausgangspunkt des Walvis Bay-Maputo Korridors, einer von elf strategischen Entwicklungslinien, die im EU-Africa Global Gateway Investment Package definiert wurden. Der Hafen von Antwerpen und Bruges International werden mit Unterstützung der EU einen Masterplan für die Entwicklung des Hafen- und Industriestandortes ausarbeiten. Direkte Unterstützung soll auch die Namibian Ports Authority erhalten.

    In unserem Bericht von GTAI erfahren Sie mehr über die EU-Finanzierung für Transportkorridore in Afrika. Weitere Informationen über die Zusammenarbeit der EU mit Namibia finden Sie hier.

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • Mauretanien zapft weiteres Atlantikkabel an

    Die Geschwindigkeit des Internetzugangs ist zu langsam. Nun soll ein zweites Unterseekabel die Anbindung verbessern. (Stand: 31.05.2023)

    Mauretanien wird in Zukunft an das Glasfaser-Unterseekabel EllaLink angeschlossen sein, das Europa und Südamerika seit dem Jahr 2021 durch den Atlantischen Ozean verbindet. Einen Teil der Finanzierung des Projekts stellt die Europäische Union (EU), das irische Betreiberunternehmen erhält einen Zuschuss in Höhe von 9,6 Millionen Euro für das Projekt. Die Mittel fließen im Rahmen des EU-Programms "Connecting Europe Facility" (CEF Digital). Die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde hat die EU-Kommission in einer Pressemeldung am 12. Januar 2023 verkündet. Das Datenkabel ist ein Leuchtturmprojekt der EU-Konnektivitätsinitiative "Global Gateway" für das Jahr 2023. Ein weiterer Abzweig von EllaLink zu den Kanarischen Inseln profitiert ebenso von einem EU-Zuschuss.

    Mauretaninen, der Wüstenstaat im Nordwesten Afrikas, verfügt aktuell nur über einen Zugang an ein schnelles Untersee-Datenkabel: die "Africa Coast to Europe (ACE)"-Verbindung, die seit dem Jahr 2012 besteht. Über die neue EllaLink-Verbindung wird Mauretanien direkt an den Knotenpunkt Sines in Portugal und damit an die großen europäischen Rechenzentren (Madrid, Paris oder Frankfurt) angeschlossen sein. Infolgedessen werden ein verlässlicherer Zugang zum Internet und höhere Download- und Uploadgeschwindigkeiten erwartet.

    Schwieriger Zugang zum World Wide Web 

    Bisher lässt die Internetgeschwindigkeit in Mauretanien noch stark zu wünschen übrig. Mit 10,92 Megabits pro Sekunde (Mbps) belegt das Land im internationalen Vergleich von "Speedtest Global Index" der Firma Ookla beim mobilen Datenverkehr nur Platz 128 von 142 Ländern, für die ausreichend Messdaten vorliegen. Im Regionalvergleich Nordafrika ist es das Schlusslicht.

    Gerade die Geschwindigkeit von mobilen Daten ist in dem Land jedoch entscheidend, da dies für die meisten Nutzerinnen und Nutzer der einzige Zugang zum Internet ist. Ende des Jahres existierten in Mauretanien weniger als 20.000 Breitband-Internetanschlüsse – bei einer Bevölkerung von etwa 4,7 Millionen. Gleichzeitig sind erst etwa 40 Prozent der Bevölkerung online.

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    Auch regionale Initiativen forcieren den Netzausbau

    Die bisher letzte Phase des Ausbaus der nationalen Backbone-Infrastruktur wurde im Dezember 2021 abgeschlossen. Im Rahmen des westafrikanischen Infrastrukturprojekts WARCIP (West African Regional Communication Infrastructure Project), finanziert unter anderem durch die Weltbank und die Europäische Investitionsbank, hatte der chinesische Anbieter ZTE 1.700 km Datenkabel in Mauretanien verlegt.

    Die mauretanische Regierung hat nun offizielles Interesse bekundet, auch am Nachfolgeprojekt WARDIP (Western Africa Regional Digital Integration Program) teilzunehmen. WARDIP soll die Ausweitung von Breitbandnetzen weiter vorantreiben, unter anderem durch den Ausbau grenzüberschreitender Datenkabel. Aktuelle Informationen, etwa zu geplanten Ausschreibungen, veröffentlicht die Regierung auf der Website die ursprünglich für das Vorläuferprogramm WARCIP eingerichtet wurde.

    Von Friedrich Henle | Berlin

  • Dschibutis Logistik dreht sich um den Hafen

    Hafen top, Straßen und Flughafen flop: Nicht alles läuft rund in der Drehscheibe für das Horn von Afrika. Eine riesige neue Freizone entsteht, Investoren zögern aber. (Stand: 05.05.2023)

    Dschibuti bildet mit seinem leistungsfähigen Hafen das logistische Drehkreuz für den seegestützten Handel am Horn von Afrika. Aus Sicht vieler deutscher Firmen ist Dschibuti vor allem eine Logistikdrehscheibe für Äthiopien. Das große Nachbarland wickelt geschätzt 95 Prozent seines seegebundenen Außenhandels von knapp 20 Millionen Tonnen über den Hafen Dschibuti ab.

    Transportwege und -zeiten

    Der Großteil des Frachtumschlags im Hafen von Dschibuti ist für Äthiopien bestimmt. Knapp 90 Prozent aller Güter im Äthiopien-Verkehr gelangen derzeit auf der Straße in das Nachbarland. Die noch recht neue und eigentlich sehr leistungsfähige Bahnlinie Ethio-Djibouti Railway (EDR) transportiert den Rest. Mittelfristig hofft die EDR, ihren Anteil auf ein Viertel steigern zu können. Dafür fehlt es aber unter anderem an ergänzenden Investitionen, ein Geldgeber ist aktuell nicht in Sicht.

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    Im Äthiopien-Handel geht es vor allem um Lieferungen dorthin und weniger um den umgekehrten Weg. Dschibutis Nachbarland importiert wertmäßig viermal mehr als es exportiert. Von den 1.100 Lkw, die täglich vom Hafen Dschibuti vollbeladen in Richtung Grenze fahren, kommen 900 leer zurück, hieß es im März 2023 bei der regierungseigenen Djibouti Ports Corridor Road (DPCR). Ähnlich ist es im Bahnverkehr: Aktuell gingen täglich drei Güterzüge nach Äthiopien, davon zwei mit Containern. Aber selbst die Züge mit anderer Fracht waren nach Angaben der Bahngesellschaft auf dem Rückweg allesamt leer.

    Straßenausbau kommt nur zäh voran

    Die meisten Lkw nach Äthiopien fahren heute vom Hafen über Galafi im Norden Dschibutis. Ein Korridor weiter südlich, der über die äthiopische Stadt Dire Dawa führt, wäre bis zu 100 Kilometer kürzer. Doch auf dieser Strecke sind die dschibutischen Straßen in schlechtem Zustand.

    Die DPCR berichtet von zunehmenden Problemen, die Straßen in Schuss zu halten. Schuld seien Starkregenereignisse seit dem Jahr 2018. Die der Hafenverwaltung unterstellte Behörde ist für die sieben Straßen des "Transportkorridors" nach Äthiopien zuständig. Sie sieht sich, "einzigartig in Afrika", als "One-Stop-Shop" für alle Fragen rund um diese Straßen. Sie kümmere sich dort zum Beispiel auch um die Sicherheit.

    Die Behörden bauen die Straßen aus, mit einigem Geld von der Weltbank und aus den Golfstaaten. Logistiker sprechen allerdings von zähem "Stückwerk". Eine bessere Verbindung nach Äthiopien soll zunächst auf dem Nordkorridor (RN 5 und RN 1) entstehen: Dort befindet sich momentan die Strecke zwischen Galafi an der äthiopischen Grenze bis vor Gallamo weiter südlich im Ausbau. 35 weitere Kilometer nach Südosten von Gallamo nach Moloud sollen "innerhalb eines Jahres" von der Ethiopian Construction Works Corporation fertiggestellt werden. Dies vereinbarten die äthiopische und die dschibutische Regierung im März 2023.

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    Den Ausbau des südlichen Korridors hat ein 80 Millionen US-Dollar (US$) teures, weitgehend von der Weltbank finanziertes Projekt zum Ziel. Es verbessert einen Teil der heute von den Lkw benutzten Route von Dschibuti-Stadt in Richtung Westen (RN 1) und später die Abzweigung nach Süden über Ali Sabieh in Richtung des äthiopischen Grenzorts Dewele (RN 5, RN 19). Daneben soll weiter südlich eine 110 Kilometer lange, neue Straße entstehen (RN 18: Djibouti - Holl-Holl - Daasbio - Ali Sabieh - Galileh). Hierzu gibt es eine Absichtserklärung aus dem Jahr 2021, allerdings keine Informationen zur Finanzierung und zum aktuellen Stand. Beteiligt ist die marokkanische Firma Somagec, die bereits im geplanten Industriepark Damerjog (DDIP) baut.

    Flughafenprojekt mit Fragezeichen

    Dschibuti besitzt den internationalen Flughafen Ambouli, den Logistiker jedoch als klein und unbedeutend bezeichnen. Es gebe dort weder Kühlmöglichkeiten noch ein Abfertigungszentrum. Auf dem zentrumsnah gelegenen Airport bewegen sich jährlich nach aktuellen, allerdings undatierten Berichten etwa 150.000 Personen und 10.000 Tonnen Fracht.

    Geplant ist auch ein neuer Flughafen, und zwar in Bicidley bei Ali Sabieh nahe der äthiopischen Grenze. Der Airport hätte eine Jahreskapazität von 1,5 Millionen Passagieren und 100.000 Tonnen Fracht. Der Standort liegt zwar nahe der Bahn- und Straßenrouten nach Äthiopien, aber rund 60 Kilometer entfernt von Dschibuti-Stadt mit seinen Hafenterminals.

    Die französischen Firmen ADP Ingénierie und Egis Group erhielten Mitte 2021 den Auftrag für die Planung und den Bau dieses Flughafens. Das Geld soll den Meldungen zufolge vom FASEP-Fonds der französischen Regierung kommen. Das Vorhaben ist inzwischen auch ein "Leuchtturm"-Projekt des Global-Gateway-Programms, mit dem die Europäische Union Infrastrukturprojekte vor allem in Afrika unterstützen will.

    Logistiker in Dschibuti erkannten im März 2023 allerdings keinen Fortschritt bei dem Projekt. Machbarkeitsstudien wurden bereits finanziert und sollten eigentlich 2021 abgeschlossen sein, sind nach aktuellen Angaben der EU-Kommission aber in Verzug. Im rund eine Flugstunde entfernt gelegenen Addis Abeba besteht bereits ein leistungsfähiges Luftdrehkreuz für Ostafrika und darüber hinaus. Zudem gibt es in Äthiopiens Hauptstadt Pläne für den Bau eines neuen Mega-Airports für 100 Millionen Passagiere, was etwa dem Fünffachen der heutigen Kapazität entspricht.

    Ältere Pläne der dschibutischen Regierung nennen den Bau eines weiteren Flughafens namens Ahmed Dini Ahmed. Er sollte nahe des nördlichen Archipels Sept Frères  (Sawabi-Inseln) im Roten Meer direkt gegenüber Jemen entstehen und etwas kleiner als die Anlage in Bicidley ausfallen.

    Logistikdrehscheiben

    Dschibutis Logistik dreht sich um seinen Hafen, genauer um mehrere einzelne Häfen und Terminals. Sie schlugen nach den letzten Daten der Weltbank 2020, im ersten Coronajahr, 812.000 Standardcontainer (TEU) um (Hamburg: 8,5 Millionen). Im Spitzenjahr 2019 waren es 987.000 TEU.

    Der lange Zeit einzige leistungsfähige Hafen am Horn von Afrika bekommt nun eine gewisse Konkurrenz in Berbera. Der Hafen im benachbarten Somaliland hat mit dem Investor DP World seine Kapazität auf 0,5 Millionen TEU ausgebaut und plant eine Erhöhung auf 2 Millionen TEU. Er wickelt derzeit erst 0,14 Millionen TEU ab und es fehlt noch ein Transitabkommen mit Äthiopien. Die wenig leistungsfähigen Häfen in Eritrea dürften absehbar keine Konkurrenz werden, ebenso wenig Port Sudan im Norden oder Lamu in Kenia. Das dortige große Infrastrukturprojekt LAPSSET kommt bisher nicht recht in Gang

    Dschibutis Containerumschlag ist der effizienteste in Afrika südlich der Sahara, konstatiert die Weltbank in ihrem aktuellen Container Port Performance Index 2021. Am wichtigsten ist dabei der Doraleh Container Port (DCP, nach französischer Abkürzung SGTD). Geringere Containerkapazitäten haben zudem der alte, auch historisch genannte Hafen Old Port und der Doraleh Multipurpose Port (DMP).

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    Nicht containerisierte Fracht läuft hauptsächlich über den DMP, der von China Merchants Port Holdings (CMP) ausgebaut wurde. Ein Teil dieses Geschäfts hat sich inzwischen nach Tadjorah verlagert. Dieser nördlich gelegene Hafen war einmal für die Ausfuhr von Kali vorgesehen, die Pläne wurden bislang aber nicht umgesetzt.

    Öl und Gas kommen über das Terminal Horizon ins Land. Künftig soll dies auch im Hafen Damerjog erfolgen, der bisher nur der Verschiffung von Lebendtieren dient. In Damerjog baute die marokkanische Firma Somagec dafür bereits einen Hafenanleger und arbeitet offenbar auch an einer Pipeline ins Meer. Das Projekt ist Teil des geplanten, riesigen Djibouti Damerjog Industrial Park (DDIP).

    Der Hafen Ghoubet wird dem Vernehmen nach derzeit nicht genutzt. Dort wollten chinesische Firmen Salz exportieren, die Produktion kam jedoch bislang nicht zustande. Außerdem ist der Hafen nach chinesischen Quellen schlecht ausgebaut und mangelhaft angeschlossen.

    Verwaltet werden sämtliche Häfen und Terminals von der staatlichen Djibouti Ports and Free Zones Authority (DPFZA). Die Eigentumsverhältnisse sind Beobachtern nicht völlig klar, es ergibt sich folgendes Bild: Die beiden wichtigsten Terminals, der Mehrzweckhafen DMP und das Containerterminal SGTD, gehören der Hafengesellschaft PDSA. An PDSA ist China Merchants Port (CMP) seit 2012 mit 23,5 Prozent beteiligt. Dadurch sind die Chinesen auch Miteigentümer von DMP und SGTD sowie dem alten, inzwischen unbedeutenden Hafen. Am Hafen Tadjorah ist CMP eigenen Angaben zufolge nicht beteiligt und, so lassen sich die Informationen verstehen, auch nicht an den anderen beiden Häfen Damerjog und Ghoubet.

    Im Jahr 2018 hatte Dschibutis Regierung den emiratischen Hafenbetreiber DP World aus einer bestehenden Konzession für den Containerhafen SGTD gedrängt. China Merchants hatte nach dem Ausbau des Mehrzweckhafens DMP 2020 weitere Milliardeninvestitionen zugesagt und steuert seine Afrika-Aktivitäten inzwischen aus Dschibuti.

    Dschibutis Häfen und Terminals: Eigentumsverhältnisse und Besonderheiten

    Hafen/Terminal/Organisation

    Anteilseigner

    Anmerkungen

    Djibouti Ports and Free Zones Authority (DPFZA)

    Staat Dschibuti 100%

    Behörde zur Verwaltung von Häfen/Terminals und Freizonen

    Port de Djibouti (PDSA)

    China Merchants Port Holdings (CMP) 23,5%, DPFZA 76,5%

    Hafengesellschaft

    Doraleh Multipurpose Port (DMP)

    PDSA 100%

    Mehrzweckhafen, zudem Container-Umschlagkapazität 220.000 TEU; für 580 Mio. US$ ausgebaut

    Société de Gestion du Terminal a conteneur de Doraleh (SGTD; früher: Doraleh Container Terminal, DCT)

    PDSA 66,66%, DPFZA 33,33%

    Container-Umschlagkapazität 1,6 Mio. TEU

    Alter (= historischer) Hafen

    PDSA 100%

    noch in Betrieb, schlägt aber keine Container mehr um; Umschlagskapazität laut CMP "weit unter" den angegebenen 350.000 TEU; CMP plant dort Immobilienentwicklung, hat dieses Projekt aber noch nicht offiziell gestartet

    Damerjog

    DPFZA

    transportiert bisher nur Lebendtiere; laufender Ausbau zu Öl- oder Gasterminal

    Tadjorah

    DPFZA

    in Betrieb seit 2017 und ausgebaut für 90 Mio. US$; transportiert andere Güter als das eigentlich eingeplante Kali

    Ghoubet

    DPFZA

    eingeweiht 2017 mit einer Gesamtinvestition von 64 Mio. US$; wird derzeit nicht genutzt

    Horizon

    Emirates National Oil Company 40%, ungenannte Ölfirma 38%, DPFZA 22%

    Terminal für Öl, Gas, Chemikalien und Speiseöl

    Quelle: Djibouti Ports and Free Zones Authority, Branchenunternehmen; Offshore-Technology.com 2023

    Riesige Freizone im Aufbau

    Das Jahr 2018 markiert auch den Schwenk Dschibutis vom emiratischen Freizonenmodell hin zu chinesischen Vorbildern. Ein Teil der Fracht für Äthiopien wird über die Djibouti Free Zone abgewickelt. Diese Anlage entstand mit emiratischem Geld und ist seit 2004 in Betrieb. Daneben gibt es die private East Africa Holdings Free Zone und die UKAB Free Zone.

    2018 öffnete China Merchants zudem zusammen mit Dschibutis Hafenverwaltung “Afrikas größte Freizone”. Auf erstaunlichen 50 Quadratkilometern sollen Unternehmen Waren für die Nachbarländer effizient umschlagen oder auch eine Verarbeitung aufbauen. Nach aktuellen Angaben der Freizone haben sich bisher 300 Firmen auf einer Fläche von 80 Hektar angesiedelt, darunter BASF. Die Investitionen erreichten laut CMP bislang insgesamt 300 Millionen US$.

    Beobachter zeigen sich mit Blick auf die hochfliegenden Ausbaupläne allerdings skeptisch. Dies bezieht sich auf die Freizone und den gesamten Standort. China vergibt inzwischen auch nach Afrika viel weniger Kredite. Dschibuti hat Pressebereichten zufolge außerdem große Schwierigkeiten, die bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber China zu bedienen.

    CMP zum Beispiel will nach eigenen Angaben nicht in den großen Damerjog-Industriepark DDIP investieren, sondern nur Firmen aus China oder anderen Ländern dorthin vermitteln. Bei Häfen gebe es in ganz Afrika inzwischen Überkapazitäten. Momentan sehe man keine weiteren großen Investitionen.

    Seit dem "Rausschmiss" von DP World stößt das Werben von Dschibutis Behörden um ausländische Investitionen auf Skepsis. Sorgen machen auch Konflikte und die Devisenknappheit in Äthiopien, die das Frachtvolumen beeinträchtigen.

    Transportunternehmen

    Die großen internationalen Reeder sind mit eigenen Büros in Dschibuti präsent. Von den ausländischen Logistikmultis ist nach Branchenangaben nur Bolloré mit nennenswerten eigenen Aktivitäten vertreten, DHL mit seinem Express-Service. Der niederländische Logistiker Steder, der 2011 ein Büro in Dschibuti eröffnet und unter anderem Schwertransporte organisiert hatte, verkaufte sein Geschäft inzwischen an die Branchenfirma MTI, so Angaben von MTI.

    Ähnlich wie in Äthiopien ist es Branchenangaben zufolge schwierig, schnell gute und verlässliche Lkw-Transporte zu bekommen. Die schlechten Straßen in Dschibuti führen zu Defekten, ein befragter Logistiker versucht deshalb, persönliches Gut nur mit der Bahn zu befördern. Gewichtsobergrenzen werden teils nicht eingehalten und auch nicht von den Behörden durchgesetzt. Die Fahrzeuge führen in der Regel keine GPS-Tracker an Bord.

    Laut Association des Transitaires Djiboutiens (ATD) gibt es in Dschibuti nicht genügend Lkw. Einheimische Firmen führten weniger als 2 Prozent der Lkw-Transporte nach und aus Äthiopien durch. Transportdienstleistungen würden in Addis Abeba in Birr ausgeschrieben. Die äthiopische Landeswährung lässt sich aber de facto nicht offiziell in Dollar umtauschen. Sie ist auf dem Schwarzmarkt derzeit nur halb so viel wert wie offiziell.

    Dschibutis Transportfirmen haben deshalb hauptsächlich Kunden im Inland. Dazu gehören die Militärbasen ausländischer Staaten sowie Hilfsorganisationen, die Nahrungsmittel und andere Güter an die Flüchtlingslager in der dürregeplagten Region verteilen. Die ATD deckt mit ihren knapp 90 Mitgliedern nach eigenen Angaben rund zwei Drittel der Transportleistung in Dschibuti ab, bezieht sich dabei allerdings nur auf Container.

    Größere Transport- und Logistikunternehmen in Dschibuti

    Anbieter

    Anmerkungen

    MTI

    nach eigenen Angaben: größte Transportfirma in Dschibuti mit 200 Beschäftigten; Kundenfokus auf Militärbasen und NGO in Dschibuti; erbringt Dienste mit eigenen Assets inkl. Hafenkränen und 30 Lkw; größter Anbieter von Lkw-Schwertransporten für Äthiopien (z.B. Windräder); möchte mehr internationale Verbindungen

    Marill

    erbringt Dienste teils mit eigenen Assets; seit einem Jahrhundert am Markt und gut vernetzt; vertritt u.a. DB Schenker und DHL Äthiopien (Forwarding); Teil einer Gruppe (rund 500 Mitarbeiter) mit französischem Ursprung

    Massida

    vertritt ausländische Firmen; kaum eigene Assets

    Bolloré

    einziger internationaler Logistiker am Markt

    BMMI (Bahrain)

    Reederei mit Logistikdiensten

    Quelle: Branchenunternehmen 2023

    Kontaktadressen

    Kontakte zu Transport und Logistik

    Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika

    Zuständige Auslandshandelskammer in Nairobi, Kenia

    Centre de Ressources et de Compétences

    Logistik-Ausbildungszentrum mit bisher 2.400 Absolventen, finanziert u.a. von der EU

    Associacion des Transitaire Djiboutiens (ATD)

    Branchenverband der Transportunternehmen

    Zentralbank

    Hier: Liste von Versicherungsgesellschaften

    Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)

    Bietet ein Transport-Informations-Serviceportal mit zahlreichen Informationen und Links zum Thema Transportversicherungen

    Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V. (DSLV)

    Gibt unter anderem ein kostenpflichtiges Handbuch für den internationalen Straßengüterverkehr in 64 Ländern heraus

    International Chamber of Commerce

    Deutschsprachige Fassung der INCOTERMS (international handelsübliche Lieferklauseln)

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Global Gateway: Medusa-Datenkabel vernetzt EU und Nordafrika

    Im Interview berichtet Norman Albi, Geschäftsführer von AFR-IX telecom, über das Datenkabel Medusa - ein Leuchtturmprojekt der EU-Initiative Global Gateway. (Stand: 17.03.2023)

    Zu Person und Unternehmen


    Norman Albi, CEO, AFR-IX telecom Dies ist ein eingebettetes Bild | © Norman Albi


    Norman Albi ist Geschäftsführer von AFR-IX telecom, einem Infrastruktur- und Telekommunikationsbetreiber im Mittelmeerraum und Afrika. AFR-IX telecom entwickelt das 8.760 km lange Medusa-Unterwasserdatenkabel, das Südeuropa und Nordafrika verbinden wird. Die Unternehmensgruppe beschäftigt rund 120 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz in zweistelliger Millionenhöhe.

    Herr Albi, wer kam auf die Idee, ein Datenkabel quer durchs Mittelmeer zu verlegen?

    Es waren afrikanische Telekommunikationsbetreiber, die an uns herangetreten sind, weil viele Datenkabel im Mittelmeer das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. So ein Unterseekabel hält etwa 25 Jahre. Gleichzeitig wächst der Datenverkehr in Afrika insgesamt um circa 45 Prozent pro Jahr. Etwa ein Drittel des afrikanischen Datenverkehrs entsteht in den fünf nordafrikanischen Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten. Medusa wurde also nicht als europäisches Global-Gateway-Projekt konzipiert, sondern als Reaktion auf die wachsende Nachfrage im Mittelmeerraum.

    Wie ist Medusa dann Teil von Global Gateway geworden? 

    Zum ersten Mal haben wir 2021 von Global Gateway gehört, und zwar von den portugiesischen Behörden, die für die Anlandestation unserer Unterseekabel in Lissabon zuständig sind. Sie meinten, dass Global Gateway auch für uns interessant sein könnte, da darüber der Zugang zu Fördergeldern möglich sei. Daraufhin haben wir uns direkt an die EU gewandt, die uns dann an die Europäische Investitionsbank (EIB) verwiesen hat. Für Medusa erhalten wir Zuschüsse und Darlehen von der EIB.

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    Wann wollen Sie Medusa in Betrieb nehmen? 
    Wir planen, den ersten Medusa-Abschnitt bis Ende 2024 und den zweiten Abschnitt bis Ende 2025 in Betrieb zu nehmen. Im Moment sind wir in der Vergabephase für das Verlegen der Glasfaserkabel. In der Zwischenzeit erkunden wir den Meeresboden, um die genauen Standorte für die Kabel und ihre Anlandestationen, wo also die Unterseekabel an Land ankommen, zu bestimmen. Als Faustregel gilt: Von der Planung bis zur Verlegung eines Tiefseedatenkabels vergehen drei Jahre.

    Welchen Herausforderungen sind Sie im Mittelmeerraum begegnet?

    Da sind zum einen geografische Herausforderungen, zum Beispiel der felsige Meeresboden und die Gezeiten in der Straße von Gibraltar oder die flachen Gewässer zwischen der italienischen Insel Sizilien und Tunesien. Die Windparks in diesem Bereich lassen nur eine schmale Lücke für die Verlegung unserer Datenkabel. Zum anderen gibt es geopolitische Herausforderungen, da die Seegrenzen zwischen Nachbarländern oft nicht klar definiert sind.

    Datenkabel gelten als kritische Infrastruktur. Ist es überhaupt möglich, Unterseekabel vor Angriffen zu schützen?

    Unsere Datenkabel liegen in exponierter Lage blank auf dem Meeresboden. Sie sind somit von vornherein anfällig und im Grunde kaum vor Angriffen jedweder Art zu schützen. Die EU arbeitet zurzeit an einer Richtlinie zum Schutz kritischer Infrastruktur, die hoffentlich das Bewusstsein für dieses Thema schärfen wird. Wir setzen jedoch weniger auf den physischen Schutz als vielmehr auf eine Strategie der Diversifizierung: Eine Vielzahl von Kabeln ist der beste Schutz gegen Angriffe. Allein in der EU verfügt Medusa über neun Anlandestationen in sechs Ländern, nämlich in Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland und Zypern. Selbst wenn eine oder zwei Verbindungen gekappt würden, können wir mit den verbleibenden Leitungen den Datenaustausch aufrechterhalten.

    Was können andere europäische Unternehmen von AFR-IX lernen, wenn es um Infrastrukturprojekte in schwierigeren Schwellenländern, wie zum Beispiel jenen in Nordafrika, geht?

    AFR-IX telecom hat 15 Jahre Erfahrung auf dem afrikanischen Kontinent. Wir bieten unsere Dienste in 45 von 54 Ländern des afrikanischen Kontinents an und vernetzen sie untereinander und mit Europa. Wir kennen die Telekommunikationsbetreiber in Afrika gut und das hilft uns sehr bei unseren Geschäften. Meiner Erfahrung nach ist die Präsenz europäischer Unternehmen in Afrika gering und sogar rückläufig. Aber wir müssen uns fragen, warum China in Afrika so erfolgreich Geschäfte macht, während wir Europäer das offensichtlich nicht tun. Aus meiner Sicht müssten die europäischen Unternehmen raus aus ihrer Komfortzone und wieder eine gesunde Risikobereitschaft entwickeln. Unsere europäische Mentalität muss sich ändern – und Global Gateway ist ein wichtiges Zeichen für diese neue Einstellung zu Afrika.

    Was ist dann Ihrer Meinung nach der Mehrwert von Global Gateway?

    Mit Global Gateway hat die EU endlich eine Strategie zur Bereitstellung von Infrastruktur in Afrika. Global Gateway kann die Risiken für europäische Unternehmen reduzieren und so die europäische Präsenz auf den afrikanischen Märkten erhöhen.

    Was hat Global Gateway privaten Unternehmen zu bieten?

    Viele Unternehmen würden gerne Projekte in Afrika durchführen, aber die meisten europäischen Kreditgeber sind zu risikoscheu und schrecken vor der Kreditvergabe nach Afrika zurück. Global Gateway ist für europäische Firmen eine echte Neuerung, denn es bietet ihnen die Zuschüsse, Darlehen und Investitionsgarantien, die sie für die Durchführung ihrer Projekte in Afrika oder in anderen risikoreicheren Schwellenländern brauchen. Neben der finanziellen Unterstützung profitieren die Unternehmen aber auch von mehr Sichtbarkeit und gegebenenfalls von politischem Rückhalt für ihre Präsenz im Ausland.

    Was muss bei Global Gateway noch besser werden?

    Das Hauptproblem ist, dass die Unternehmen nicht wissen, wie sie an die Global-Gateway-Gelder kommen. Es wäre wirklich hilfreich, wenn es eine Art "Global-Gateway-Pipeline" mit einer Kontaktstelle für Unternehmen in jedem EU-Land gäbe, die ihre Vorschläge direkt an die entsprechenden EU-Institutionen und Banken weiterleiten würde.

    Von Wilhelm Emmrich | Berlin

  • EU-Global Gateway bietet Chancen für Afrika und deutsche Firmen

    Europa will beim EU-Afrika-Gipfel über Finanzierungen etwa für die Infrastruktur reden, nachdem China weniger ausgibt. Das könnte auch deutschen Firmen helfen. (Stand: 10.02.2022)

    Als die China Road and Bridge Corporation in Kenia die Bahnlinie von Mombasa nach Nairobi baute, nutzte sie auch 20 Walzen des deutschen Herstellers Bomag und 40 von Hamm. Ansonsten jedoch kommen deutsche Firmen bei den riesigen Bauprojekten der Chinesen in Afrika kaum zum Zuge. Besonders bei chinesisch finanzierten Projekten, wie bei der Bahnlinie in Kenia, ist die Vergabe de facto an chinesische Anbieter gebunden. Die wiederum erledigen die meisten Arbeiten selbst und beschaffen Vorleistungen aus China.

    Für chinesische Anbieter war es umgekehrt sehr hilfreich, dass ihr Land Afrika seit der Jahrtausendwende mit Krediten regelrecht geflutet hat. Dies hat sich jedoch geändert. „Chinesen finanzieren nicht mehr“, sagt der Transportminister von Nigeria, Rotimi Amaechi. Auch deswegen hat Afrikas größte Volkswirtschaft Probleme, Großprojekte fertig oder überhaupt in Gang zu bekommen. Nach Berechnungen der China Africa Research Initiative der Johns Hopkins University in Washington erreichten die chinesischen Kredite für Afrika 2019 mit 7,7 Milliarden US-Dollar (US$) noch rund ein Viertel des Wertes von 2016, dem bisherigen Spitzenjahr.

    Europas Global Gateway soll Ausbau der Infrastruktur voranbringen

    Die chronische Finanzierungslücke in Afrikas Infrastrukturbau, welche die Chinesen ein Stück weit geschlossen hatten, tut sich damit wieder stärker auf. Das Vakuum füllen könnten nun westliche Finanzierungen, die im Gewand der US-initiierten Initiative Build Back Better World daherkommen oder als Global Gateway der Europäischen Union (EU). Die EU-Initiative steht auch im Zentrum des EU-Afrika-Gipfels ab dem 14. Februar 2022. Im Vorfeld der Veranstaltung stellte die EU in Aussicht, 150 Milliarden Euro für Investitionen in Afrika zu mobilisieren.

    Mehr westliche Finanzierungen in Afrika könnten auch deutsche Anbieter dort stärken. „Bei der Vergabe der äthiopischen Mobilfunklizenz (2021) sah man einen echten Finanzierungswettbewerb, den es vor fünf Jahren vermutlich nicht gegeben hätte“, sagt Gyude Moore vom US-Center for Global Development. Wobei der Gewinner nicht die südafrikanische Firma MTN mit Geld aus dem chinesischen Silk Road Fund war, sondern ein Konsortium um Vodafone, das eine US-Finanzierung nutzte. „Auch beim Bau von Rechenzentren in Afrika, lange dominiert von Huawei aus China, engagieren sich inzwischen deutlich mehr US-Firmen“, so Moore, der von 2014 bis 2018 Infrastrukturminister von Liberia war.

    Westliche Firmen in Afrika könnten von mehr westlichen Finanzierungen profitieren

    Besseren Marktzugang versprechen sich westliche Firmen auch durch die komplexeren Finanzierungsmodelle, die nach dem Wegfall einiger der chinesischen Kredite wieder bedeutender werden. Bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften (PPP) zum Beispiel hätten französische Firmen mehr Erfahrung als die chinesische Konkurrenz, sagen französische Diplomaten. So komplettierte der französische Baukonzern Eiffage 2013 in Senegal mit der Autoroute de l´Avenir das nach eigenen Angaben erste PPP-Straßenprojekt in Subsahara-Afrika. Behörden in Uganda beauftragten 2021 die französische Firma Egis mit dem Betrieb eines Mautsystems für den Entebbe Expressway – den zuvor China Communication Construction gebaut hatte.

    Allerdings holen die Chinesen auch bei PPP-Projekten auf. China Road and Bridge errichtet unter diesem Modell in Kenias Hauptstadt Nairobi gerade eine über 500 Millionen US$ teure Schnellstraße. Zudem bedeutet eine Finanzierung aus dem Westen noch lange keinen Auftrag für westliche Firmen. Von der Weltbank oder anderen internationalen Gebern finanzierte Infrastrukturprojekte werden häufig an chinesische Bauunternehmen vergeben, moniert Frank Kehlenbach, Auslandsmarktexperte vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.

    Europäer oft nur wenig in Afrikas Märkten vertreten

    Europäische Firmen sind teils auch zu wenig in Afrika vertreten, um dort Projekte an Land zu ziehen. Der französische Telekomkonzern Orange investiert in Afrika stark in den Netzausbau und in Unterseekabel. Die Technik dafür kommt jedoch, anders als in Europa, nicht von Nokia oder Ericsson, sondern vielfach von Huawei. „Die haben in Afrika investiert, während die europäischen Verkäufer zögern“, wird Stéphane Richard, Geschäftsführer von Orange, in der Presse zitiert. Ein Grund für die Stärke der chinesischen Netzwerkausrüster in Afrika ist auch, dass sie dort, anders als in westlichen Staaten, seitens der Politik auf wenig Ablehnung stoßen.

    Außerdem gibt es Zweifel, ob den großmundigen Finanzierungsversprechen des Westens für Afrika auch Taten folgen. Ovigwe Eguegu, Berater bei Development Reimagined in Beijing, vermisst ein echtes Interesse der Europäer an der Entwicklung des Kontinents. Zudem werde sich „Nigeria nicht zurücklehnen und sich von der EU diktieren lassen, ob es seine Öl- und Gasinvestitionen ausweitet“. Eguegu zielt damit ab auf den „demokratischen, wertebasierten“ Ansatz des Global-Gateway-Programms, der in Afrika vielfach auf schwache Institutionen trifft und langwierige Bürokratie bedeuten kann.

    Die Chinesen haben in den letzten zwei Jahrzehnten tatsächlich viele Straßen, Bahnlinien, Häfen und Kraftwerke gebaut. Dies ist für den Nigerianer Eguegu ein wesentlicher Beitrag gegen die Unterentwicklung, die zum Beispiel der Hintergrund der Militärputsche jüngst in Westafrika sei.

    Nun haben Chinas Kredite die Verschuldung Afrikas massiv gesteigert, und die Intransparenz und Methoden chinesischer Projekte gelten auch in Afrika als fragwürdig. Die riesigen Defizite in der Infrastruktur und das Desinteresse des Westens lassen den Regierungen aber keine Wahl, meint Gyude Moore, der Ex-Minister aus Liberia. „Wenn mein Haus brennt und der Nachbar kommt als einziger zur Hilfe, frage ich ihn nicht, wie dreckig sein Wasser ist.“

    Von Ulrich Binkert | Bonn

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