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Ägypten baut Entsalzungsanlagen entlang der Küste

Ägypten plant bis 2025 Investitionen in Milliardenhöhe für den Ausbau von Meerwasserentsalzung. Dieser Vorstoß ist richtig, geht aber das Kernproblem nicht an.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Mehr Wasser aus dem Meer. Auf diese Formel lassen sich die Ziele der ägyptischen Regierung zur Vervierfachung der Entsalzungskapazitäten herunterbrechen. Insgesamt 2,5 Milliarden US-Dollar (US$) sollen in den nächsten Jahren in den Bau von 17 neuen Meerwasserentsalzungsanlagen fließen.

Private Investoren werden Anlagen bauen und betreiben

Die Anlagen sollen auf der Basis von Betreibermodellen (Build Own Operate) gebaut und betrieben werden. Unterstützung erhalten die federführenden Privatinvestoren vom ägyptischen Staatsfonds (The Souvereign Fund of Egypt), der als Minderheitsbeteiligter auftreten wird. Geschäftsführer Ayman Soliman erklärte gegenüber internationalen Nachrichtenagenturen bereits im August und Oktober 2021, dass die Regierung mit den Anlagenbetreibern Abnahmeverträge schließen würde. Danach verpflichte sich der Staat, den Betreibern für die Dauer von 25 Jahren Wasser zu Marktpreisen abzukaufen. Dieses Wasser würde dann zu subventionierten Preisen an Haushalte, Gewerbe und Industrie weiterverkauft.

Die bereits existierenden Meerwasserentsalzungsanlagen produzieren täglich etwa 800.000 Kubikmeter. Ihr Großteil ist von Militärfirmen betrieben. Einige Anlagen sind auf privater Initiative gebaut worden, hauptsächlich zur Selbstversorgung von Hotels an den ägyptischen Küsten. Mit den neuen Kapazitäten soll die jetzige Menge an entsalztem Meerwasser durch zusätzliche 2,8 Millionen Kubikmeter pro Tag vervierfacht werden. Bis 2050 ist eine Produktionssteigerung um weitere 6,4 Millionen Kubikmeter täglich vorgesehen.

Vergabe der ersten Projekte schon im laufenden Quartal

Noch im ersten Quartal des laufenden Kalenderjahres steht die Vergabe der ersten Entsalzungskapazitäten in Höhe von 1 Million Kubikmeter an. Lokalen Presseberichten zufolge haben zahlreiche Investoren Gebote abgegeben - unter anderem AlNowais (Abu Dhabi), ACWA Power (Saudi-Arabien), Shanghai SafBon Water Service (China), Schneider Electric (Frankreich) sowie ein Konsortium bestehend aus Hassan Allam und Orascom (beide Ägypten). Die Ausschreibungskriterien sehen vor, dass die Anlagen das Umkehrosmoseverfahren einsetzen und mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Forderung, den Strom aus erneuerbaren Quellen zu generieren, hat neben dem Umweltschutz auch wirtschaftliche Vorteile.

So laufen gegenwärtig die ägyptischen Entsalzungsanlagen mit Strom aus fossilen Brennstoffen und sind mit einem Energieverbrauch von 3 bis 7 Kilowattstunden und Kosten von 1 US$ pro Kubikmeter besonders teuer. Zum Vergleich: Trinkwasser aus dem Nil kostet in der Produktion gerade einmal circa 25 US$-Cent. Dagegen kann der Einsatz von Solarstrom die Kosten für Meerwasserentsalzung signifikant senken. Technisch ist dies auch möglich. Herrschen doch an den Küstenregionen, wo die Anlagen entstehen sollen, mit ganzjähriger Sonneneinstrahlung beste Bedingungen. Dazu qualifizieren sich die Anlagen aufgrund ihres Solarbetriebs für Mittel aus den sogenannten Green Bonds. Dabei handelt es sich um ägyptische Staatsanleihen zur Finanzierung nachhaltiger Umweltprojekte. Im Jahr 2020 erstmalig platziert, kamen seinerzeit 750 Millionen US$ zusammen.

Entsalztes Meerwasser zu teuer für die Landwirtschaft ...

Mit einem Anteil von 82 Prozent sind die ägyptischen Landwirte die mit Abstand größten Wasserkonsumenten. Für die Bewässerung großer landwirtschaftlicher Flächen ist entsalztes Meerwasser selbst solarbetrieben noch zu teuer. Außerdem müsste das entsalzte Wasser noch zu den Feldern transportiert werden, was weitere Kosten verursachen würde. Die geplanten Entsalzungsprojekte können der Wasserknappheit also wenig entgegensetzen. Laut dem Ministerium für Wasser und Bewässerung liegt der ägyptische Jahresbedarf bei 114 Milliarden Kubikmeter. Diesen kann das Land gerade mal zur Hälfte aus erneuerbaren Wasserquellen decken, sprich: aus dem Nil. Gefüllt wird diese Lücke mit wiederaufbereitetem landwirtschaftlichen Abwasser, Grundwasser und durch den Import von Nahrungsmitteln. Bei einem solchen Verhältnis von Angebot und Nachfrage spricht die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen von Wasserstress. Faktoren sind neben der Landwirtschaft Wasserverluste in den Leitungen, das Bevölkerungswachstum, die Befüllung des äthiopischen Staudamms nilaufwärts und der Klimawandel.

... aber nicht für die Industrie

Trotzdem: die geplanten Entsalzungsanlagen haben ihren Nutzen. So soll entlang des Golf von Sues mit der Suez Canal Economic Zone eine Wirtschaftszone entstehen. Auf einer Fläche von mehr als 400 Quadratkilometern sollen Industrieunternehmen die ägyptischen Warenexporte auf jährlich 100 Milliarden US$ mehr als verdoppeln. Einige Hafenprojekte wurden bereits umgesetzt, es gibt eine chinesische Industriezone und eine russische ist in Planung. Insgesamt bleibt der Erfolg des Projekts aber hinter den Erwartungen. Zwar sind die gute Anbindung an Seehäfen, die zentrale Lage und der Sueskanal Alleinstellungsmerkmale. Fehlende Wasserquellen sind aber ein natürliches Wachstumshindernis für die Industrie. Aus diesem Grund soll Wasser in großem Stil aus dem Meer gewonnen werden. Ähnliches gilt für die luxuriösen Ferienwohnanlagen an der ägyptischen Riviera, die Entwickler unermüdlich mit riesigen Reklametafeln bewerben: Schöne Lage, knappes Wasser und Hilfe aus dem Meer.

Großes Betätigungsfeld für deutsche KMU im Wassersektor

Der größte Hebel für Wassereinsparung liegt in der Landwirtschaft. Folgerichtig hat die ägyptische Regierung die Wiederverwendung landwirtschaftlichen Abwassers als Mittel der Wahl identifiziert und nimmt dafür Milliardenbeträge in die Hand. Nachdem viel Geld in den Stromsektor geflossen ist, zählt mittlerweile die Wasserinfrastruktur zu den Investitionsschwerpunkten.

Deutschen Anlage- und Maschinenbauern sowie Beratern eröffnet der Sektor ein großes Betätigungsfeld. Angesichts immer neuer Projekte der Superlative, wie die weltgrößte Anlage zur Wiederverwertung von landwirtschaftlichem Abwasser herrscht hier geradezu Goldgräberstimmung.

Einfuhr von Wassertechnik (in Millionen US-Dollar; gerundet)

HS-Code

Wassertechnik/Abwasserbehandlung/Behandlung anderer Flüssigkeiten

2019

2020

Aus Deutschland (2020)

3914

Ionenaustauscher

4,7

4,6

0,2

8410

Wasserturbinen-, Räder und Regler

0,2

<0,1

<0,1

8413.50

Kolbenpumpen und oszillierende Verdrängerpumpen

5,3

5,6

1,5

8413.60

Rotierende Verdrängerpumpen

4,7

6,5

1,2

8413.70

Zentrifugalpumpen

227,3

197,7

17,0

8413.82

Hebewerke für Flüssigkeiten

1,0

0,8

0,2

8421.21

Apparate zum Filtrieren oder Reinigen von Wasser

53,5

63,3

7,7

8421.99

Teile von Apparaten zum Filtrieren oder Reinigen von Flüssigkeiten oder Gasen

33,1

25,4

1,7

8481

Regelarmaturen und Ventile

427,7

291,9

28,1

9026.10

Instrumente zum Messen oder Überwachen von Flüssigkeiten

9,2

10,3

1,8

9028.20

Flüssigkeitszähler

11,5

5,1

0,1

Quelle: UN-Comtrade


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