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Special | Ägypten | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Ägypten – Schützt erst sich und dann das Klima

Ägypten passt sich an den Klimawandel an und setzt beim Klimaschutz auf erneuerbare Energien. Aber auch Erdgas wird weiterhin eine zentrale Rolle spielen.

Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Klimastrategie: Ägypten priorisiert Anpassung an Klimawandel

    Kältere Winter und heißere Sommer: Das sind in Ägypten nur die offensichtlichsten Folgen des Klimawandels. Die Anpassung an die neuen Verhältnisse drängt.

    Der Schwerpunkt der ägyptischen Klimastrategie liegt auf der Anpassung an den Klimawandel. Dessen Folgen sind in Ägypten angesichts historisch kalter Winter- und ungewöhnlich heißer Sommermonate für jeden bemerkbar. Das gilt auch für Phänomene wie Starkregenfälle, die sich häufen. Weniger sichtbar ist der rückläufige Zufluss von Nilwasser als Folge von Hitze und Trockenheit in den Ursprungsländern nilaufwärts. Bodenversalzung und Küstenerosion sind weitere Bedrohungen. Adaptation genießt daher in Ägypten oberste Priorität.

    Angesichts eines Anteils von knapp 0,7 Prozent am weltweiten CO₂-Ausstoß sieht die Regierung nur begrenzt ein, die Treibhausgasemissionen des Landes in wohlstandsgefährdender Weise zu reduzieren. An diese Argumentation knüpft sich die Forderung, dass Ägyptens Klimaschutzbeiträge nach dem Pariser Abkommen international unterstützt werden sollen – konkret verlangt Ägypten 73 Milliarden US-Dollar (US$).

    Während der 27. Weltklimakonferenz (COP 27), die im November 2022 im ägyptischen Scharm El Scheich stattfand, spielten auf Betreiben des Gastgebers erstmalig Fragen der Klimagerechtigkeit eine prominente Rolle. So einigten sich die Parteien auf einen Ausgleichsfonds, um sogenannte vulnerable Länder für bereits erlittene, klimabedingte Verluste und Schäden zu kompensieren. 

    Um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, setzt Ägypten größtenteils auf erneuerbare Energien, zu einem geringeren Teil auch auf Atomkraft. Die Nachrichtenseite Enterprise berichtete im Mai 2022, dass die ägyptische Regierung eine CO₂-Börse plane. Das bedeutet, dass der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid im Land erstmalig bepreist würde.

    Ägypten: Klimabilanz im Jahr 2021

    Indikator

    Ägypten

    Deutschland

    Bevölkerung (in Mio.)

    109,6

    83,2

    Ranking des Landes im Climate Change Performance Index (CCPI) 1)

    Rang: 20

    Punktezahl: 59,37

    Rang: 16

    Punktezahl: 61,11

    Anteil des Landes an den weltweiten Treibhausgasemissionen (in Prozent) 2)

    0,6

    1,4

    CO₂-Ausstoß gesamt (in Mio. t/Jahr)

    250

    675

    CO₂-Ausstoß pro Kopf (in t CO₂/Kopf und Jahr)

    2,3

    8,1

    Emissionsintensität der Wirtschaft (in kg CO₂/BIP 3))

    0,2

    0,2

    Energieintensität der Wirtschaft (in MJ 4)/2015 USD PPP 5))

    3,1

    2,76 6)

    1 2023, Rang von 63; 2 2020; 3 Bruttoinlandsprodukt; 4 Megajoule; 5 Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität); 6 2019, in MJ/2017 USD PPP.Quelle: CCPI 2023; Climatewatch 2023; Global Carbon Atlas 2023; Enerdata 2022; IEA 2023

    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Klimaziele: Land hat nur vage Emissionsziele

    Im Vorfeld zur COP 27 gab Ägypten erstmalig Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen bekannt. Es handelt sich jedoch um relative Ziele.

    Im Jahr 2017 hat Ägypten das Pariser Abkommen ratifiziert und im Juni 2022 seine Klimaschutzbeiträge (nationally determined contributions, NDC) aktualisiert. Dabei bestimmte die Regierung zum ersten Mal Ziele zur Reduktion von CO₂-Emissionen. Da es sich jedoch nur um relative Reduktionsziele handelt, wird in Ägypten auch künftig der Ausstoß von Klimagasen steigen. So formulieren die neuen NDC in den Sektoren Strom, Öl und Transport bis zum Jahr 2030 jeweils ein Ausstoßszenario ohne Interventionen zur Verringerung von Treibhausgasen. Diesem normalen, als business as usual bezeichneten Szenario stellen die NDC ein Szenario gegenüber, in dem der Ausstoß aufgrund von Interventionen weniger steigt.

    Dass Ägypten im vergangenen Jahr die Weltklimakonferenz ausgetragen hat, wird Impulse in Richtung einer grünen Wende geben. Insgesamt aber bleibt Kairo dabei, die Energiewende sehr langsam und möglichst frei von wirtschaftlichen Disruptionen zu vollziehen. Denn insbesondere seit der Coronapandemie, der Zinswende und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der ägyptischen Bevölkerung zusehends. 

    Emissionswerte und -ziele Ägyptens (in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente)

    Jahr

    Treibhausgasemissionen

    1990

    132

    2000

    210

    2010

    294

    2016

    243

    2030 (Ziel)

    k. A.

    2050 (Ziel)

    k. A.

    Quelle: The PRIMAP-hist national historical emissions time series v2.1 (1850-2017) 2019

    Seit feststand, dass Ägypten die COP 27 ausrichten würde, ist das Thema "grüner Wandel" zumindest rhetorisch in den Vordergrund gerückt. In welchem Umfang den Worten aus nationaler Politik und Wirtschaft Taten folgen, bleibt aber auch nach der Klimakonferenz offen.

    Fraglich ist auch, ob die von der Firma Fertiglobe kürzlich gebaute grüne Wasserstoffanlage den Auftakt zur Etablierung einer ägyptischen Wasserstoffindustrie bildet, oder lediglich ein singuläres Ereignis bleibt. Insbesondere fehlt es noch an einem Rechtsrahmen für den Aufbau von grünem Wasserstoff. Die technischen Grundlagen hingegen befinden sich bereits im Entstehen. Denn trotz aller Fixierung auf Erdgas hat der Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen. Hier formuliert Ägypten auch die konkretesten Ziele. So soll der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix von gegenwärtig circa 10 Prozent auf 42 Prozent im Jahr 2030 gesteigert werden.

    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Investitionen: Ägypten setzt verstärkt auf den Privatsektor

    Die Wirtschaftskrise schränkt den Spielraum für staatliche Investitionen in Klima- und Umweltprojekte weiter ein. 

    Der Spielraum der ägyptischen Regierung zur Finanzierung von Klimaprojekten hat sich mittlerweile drastisch verringert. Gestiegene Weltmarktpreise für Energie und Nahrungsmittel, Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und die US-amerikanische Zinswende haben Ägypten in eine Wirtschaftskrise gestürzt. Infolge dieser Krise werden die Devisen noch knapper. Angesichts dessen hat die ägyptische Zentralbank seit dem Frühjahr 2022 dreimal die Landeswährung abgewertet, woraufhin die Verbraucherpreise mit einer Teuerungsrate von über 30 Prozent drastisch gestiegen sind.

    Ähnliches gilt auch für Ägyptens externe Verschuldung, die mittlerweile auf einen Betrag von über 150 Milliarden US-Dollar (US$) geklettert ist. Diese Verschuldung in Verbindung mit dem eingeschränkten Zugang zur Finanzierung auf dem Markt für Staatsanleihen veranlasste die Ratingagentur Moody's, ausweislich einer Mitteilung vom 9. Mai 2023, laut über die zweite Abstufung der ägyptischen Kreditwürdigkeit nachzudenken.

    Gelder aus Entwicklungszusammenarbeit sind momentan entscheidend

    In dieser Situation ist die Unterstützung durch bi- und multilaterale Geberorganisationen aus ägyptischer Sicht wichtiger denn je. Unter anderem von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie von der Afrikanischen Entwicklungsbank erhält Ägypten Gelder im Rahmen seines Nexus on Water, Food and Energy Programms. Dieses Programm wurde während der Welt-Klimakonferenz COP27 aufgelegt und stellt für die Umsetzung nachhaltiger Projekte einen Betrag von 15 Milliarden US$ bereit. Davon sollen 10 Milliarden US$ in ein Projekt fließen, bei dem ein altes ägyptisches Gaskraftwerk vom Netz genommen wird und durch einen Windpark ersetzt werden soll.

    Über die Green Economy Financing Facility leitet die Europäische Union über ägyptische Geschäftsbanken Kredite an lokale Unternehmen weiter, die in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energie tätig sind. Die Beträge, die im Rahmen dieses Programms nach Ägypten geflossen sind, haben sich auf insgesamt 465 Millionen Euro summiert.

    Investitionen gegen Bevölkerungswachstum

    Auch mit der Unterstützung von Partnern gilt, dass die Regierung mehr denn je ihre Investitionen priorisieren muss. Vorrangige Bereiche werden der Wasser- und der Bahnsektor sein, dazu der Ausbau und die Modernisierung des Stromnetzes. 

    Ebenso wird die Regierung ihre Bemühungen gegen das rasante Bevölkerungswachstum fortsetzen – insbesondere im Rahmen des Projekts "haja karama" (würdevolles Leben). Um die Geburtenrate in strukturschwachen Regionen zu senken, will die Regierung die dortigen Lebensverhältnisse verbessern. Zu diesem Zwecke investiert sie zweistellige US-Dollar-Milliardenbeträge in oberägyptische Dörfer, um diese mit grundlegender Infrastruktur wie Kanalisationsanschlüssen, Trinkwasser und Verkehrswegen auszustatten. Großzügige finanzielle Unterstützung für derartige Projekte erhält Ägypten von internationalen Geberorganisationen.

    Ausbau der Meerwasserentsalzung mithilfe neuer Betreibermodelle

    Des Weiteren wird die gegenwärtige Krise den laufenden Trend zu privat-öffentlichen Partnerschaften beschleunigen. Wegen der angespannten finanziellen Situation will sich die ägyptische Regierung schon seit Längerem aus vielen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge zurückziehen und über Betreibermodelle das Feld privaten Unternehmen überlassen. Bei den erneuerbaren Energien sind derartige Betreibermodelle bereits etabliert. Auf die gleiche Weise sollen demnächst zahlreiche Anlagen für Meerwasserentsalzung gebaut und betrieben werden. Hier plant die Regierung einen massiven Ausbau der Kapazitäten, wobei die neue Generation der Meerwasserentsalzungsanlagen solarbetrieben sein wird. Erste Projekte befinden sich bereits in der Verhandlungsphase.

    Weltbank unterstützt Kairo im Kampf gegen die Luftverschmutzung

    Im Februar 2022 ist de facto das neue Abfallgesetz in Kraft getreten. Damit steht der Rechtsrahmen für neue Investitionen in der unterversorgten ägyptischen Abfallwirtschaft, die zum Teil mit sehr archaischen Mitteln auskommt. So trägt neben Industrie und Autoverkehr insbesondere die Verbrennung von Müll unter freiem Himmel dazu bei, dass die Luftverschmutzung im Großraum Kairo im globalen Vergleich mit am höchsten ist. Die schlechte Luft verursacht Atemwegserkrankungen und Produktivitätsverluste. Beides schlägt insgesamt mit Kosten in Höhe von 1,4 Prozent des ägyptischen Bruttoinlandsproduktes zu Buche. Die Weltbank hat Ägypten 2021 im Rahmen des als "Green Recovery" bezeichneten Programms einen Kredit in Höhe von 200 Millionen US$ zugesagt. Unter anderem sollen mit dem Betrag Projekte zur besseren und luftschonenderen Müllentsorgung finanziert werden.


    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • DIHK-AHK-Umfrage zum Klimaschutz 2022

    Ägypten


    Die Umfrage wurde im April und Mai 2022 von der DIHK unter 2.860 Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) durchgeführt. Unternehmen aus insgesamt 107 Ländern nahmen daran teil. Die Befragung gibt wieder, wie die in dem jeweiligen Land tätigen deutschen oder eng mit Deutschland kooperierenden Unternehmen die Situation vor Ort wahrnehmen.


    Von Martin Knapp (DIHK) | Berlin

  • Energie: Ägypten baut kaum noch fossile Stromkapazitäten zu

    Der Großteil der Stromerzeugungskapazitäten in Ägypten basiert auf Erdgas. Der Wandel in Richtung erneuerbarer Energien vollzieht sich – allerdings langsam. 

    Stromerzeugung

    In den Jahren 2013 und 2014 befand sich Ägypten in einer Energiekrise. Tägliche Stromausfälle plagten Industrie und Haushalte. Unter diesem Eindruck hat die ägyptische Regierung den Ausbau neuer Kapazitäten zur Stromerzeugung entschieden vorangetrieben. Diese neuen Kapazitäten basieren vor allem auf Erdgas als Energieträger. Das hat zwei Gründe: Im Jahr 2015 entdeckte der italienische Ölkonzern Eni das Zohr-Gasfeld vor der ägyptischen Mittelmeerküste. Parallel zur Erschließung dieses bis heute größten Gasfeldes im Mittelmeer baute Siemens drei neue Gaskraftwerke, die mit 14,4 Gigawatt die installierte Stromkapazität in Ägypten um 40 Prozent gesteigert haben.

    Überkapazitäten bremsen Ausbau der erneuerbaren Energien

    Da die Wirtschaft insbesondere während der Coronapandemie langsamer wuchs als erwartet, steht Ägypten mittlerweile vor dem Luxusproblem von Überkapazitäten. Ende Juni 2020 betrug die installierte Stromkapazität 59 Gigawatt. Diesen Kapazitäten stand ein Verbrauch von gerade einmal 32 Gigawatt während des Fiskaljahrs 2019/2020 gegenüber. Bei einem Ausbau der erneuerbaren Energien wäre das ägyptische Stromnetz physisch kaum in der Lage, weitere Kapazitäten aufzunehmen. Die Energiewende, die sich auch Ägypten auf die Fahne geschrieben hat, wird also nicht so schnell vonstattengehen wie gedacht. Insbesondere das Ziel, ab 2022 den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix auf 20 Prozent zu heben, konnte nicht erreicht werden.

    Die Tendenz geht in Richtung Solar- und Windkraft

    Die gegenwärtige Ausgangslage der Überkapazitäten hat auch Auswirkungen auf die Förderpolitik der ägyptischen Regierung. Hat diese zuvor noch die Einspeisung erneuerbarer Energien mit großzügigen Tarifen bedacht, werden mittlerweile neue Kapazitäten nur noch auf der Grundlage des niedrigsten Preises pro Kilowattstunde hinzugefügt. Aber auch unter diesen Bedingungen ziehen gerade die großen Wind- und Solarenergieprojekte wie in Ras Ghareb oder Benban mit jeweils mehreren Hundert Megawatt installierter Kapazität private Investoren an. Das liegt an den naturräumlichen Gegebenheiten, die mit hohen und konstanten Windstärken sowie einer nahezu ganzjährigen Sonneneinstrahlung als vorzüglich gelten.

    Stromabnahmeverträge mit einer Laufzeit von 20 bis 25 Jahren garantieren privaten Investoren, dass sich deren Projekte lohnen. Die Tendenz in Ägypten geht also, wenn auch nur sehr schwerfällig, in Richtung erneuerbarer Energien. Die neuen Stromkapazitäten der letzten zwei Jahre basieren nahezu vollständig auf Solarenergie und Windkraft. Dagegen ging der Zubau fossiler Kapazitäten in diesem Zeitraum gegen null.

    Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Solarprojekte gefährdet

    Kleine und mittelgroße Solarstromprojekte haben es dagegen schwerer auf dem ägyptischen Strommarkt. Gemeint sind zum einen Selbstversorger und zum anderen diejenigen, die Solarstrom für den Eigen- und Fremdbedarf produzieren – sogenannte Net-Metering-Modelle (Nettomessung). So verordnete die Aufsichtsbehörde für den Strommarkt, die Egyptian Electric Utility & Consumer Protection Agency (Egyptera), während der Coronakrise Obergrenzen für die Menge des Stroms, den Net-Metering-Produzenten in die Verteilungsnetze einspeisen durften. Zugleich reduzierte Egyptera die Vergütung für diesen Strom. Insbesondere die Begrenzung der Einspeisemenge war eine Antwort auf die gestiegenen Stromüberschüsse, die durch den geringeren Verbrauch in der Pandemie entstanden.

    Anfang 2022 beschloss Egyptera, dass Solarproduzenten (Net-Metering und Selbstversorger) eine Gebühr für die Integration ihrer Anlagen in das nationale Stromnetz entrichten müssen. Beobachter sehen in dieser Gebühr eine weitere empfindliche Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Solarindustrie. Bereits zwei Monate zuvor war erstmalig ein Zoll in Höhe von 5 Prozent auf importierte Komponenten für Solaranlagen verabschiedet worden.

    Seit März 2022 schlägt die Egyptera mit dem Dekret Nr. 6/2022 wieder einen Kurs ein, der aus Sicht der Solarenergie freundlicher ist. Zunächst hoben die Aufseher die im Jahr 2020 verhängte Obergrenze für die Einspeisung auf. Von der Gebühr für die Integration in das Stromnetz befreit sind jetzt auch Anlagen, die bis zu 1 Megawatt Energie erzeugen. Zuvor war die Gebühr bereits ab einer Stromerzeugung von 500 Kilowatt fällig. Unter dem Net-Metering-Modell dürfen nun auch Produzenten abrechnen, deren Anlagen zusammenaddiert eine installierte Kapazität von bis zu 1 Gigawatt erreichen. Zuvor lag die Obergrenze dafür bei gerade einmal 300 Megawatt.   

    Stromexport und Wasserstoff zum Abbau der Überschüsse

    Eine Besserung der Rahmenbedingungen (nicht nur) für Solarstrom wird sich einstellen, sobald Ägypten seine Stromüberschüsse abgebaut hat. Zu diesem Zweck setzt Ägypten darauf, Strom über Interkonnektoren in Nachbarländer zu exportieren. Daneben stehen mittlerweile die ersten Projekte für "grünen" und "blauen" Wasserstoff an, ebenso für "grünen" Ammoniak.

    Für den Erneuerbare-Energien-Sektor sind das positive Entwicklungen. Allerdings hat die Branche nach wie vor einen schweren Stand gegenüber der fossilen Konkurrenz auf dem ägyptischen Strommarkt. Das liegt an den Subventionen, die sowohl Stromproduzenten als auch Stromkonsumenten (noch) erhalten.

    Energieversorgung

    Neben der Stromerzeugung benötigt in Ägypten vor allem die Industrie Energie für die Erzeugung von Prozesswärme. Anders als in Deutschland spielt das Thema Wärmeenergie in ägyptischen Haushalten kaum eine Rolle, da Wohnungen selten geheizt werden. Der Benzinpreis wurde im April 2022 um lediglich 0,014 US-Dollar erhöht, für Diesel blieb er unverändert. Angesichts der gestiegenen Ölpreise liegt es nahe, dass es sich um subventionierte Preise handelt.   


    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Verkehr: Ägypten baut den Schienenverkehr aus

    Der Umstieg auf die Bahn soll die Emissionen im Verkehr reduzieren. Internationale Geberorganisationen unterstützen das.

    Die ägyptische Strategie zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes im Verkehr besteht aus den Blöcken Bahn, erdgasbetriebene Pkw und Elektromobilität. Die mit Abstand größten Investitionen sind für den Ausbau der Bahn vorgesehen, namentlich im Nah- und Fernverkehr sowie im Gütertransport, der gegenwärtig zum größten Teil durch Lkw bewerkstelligt wird.

    Im Straßenverkehr gibt es bereits die Initiative der Regierung, eine Umrüstung von Pkw mit Benzinantrieb auf Erdgasantrieb zu subventionieren. Dagegen steckt der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf den elektrischen Antrieb in Ägypten noch in den Kinderschuhen. Angesichts geringer Benzin- und Dieselpreise fehlen Anreize für den Umstieg auf ein elektrisches Auto. Der Bau eines Netzwerkes von Ladestationen ist allerdings im Gange und seit Februar 2022 hat die Regierung einen Stromtarif für Ladestationen festgelegt. Die Preise rangieren zwischen 1,69 ägyptische Pfund (EGP) bis 3,75 EGP pro Kilowattstunde (umgerechnet etwa 0,009 US-Dollar (US$) bis 0,002 US$). Ebenso gibt es in Alexandria bereits Modellprojekte elektrisch angetriebener Buslinien.

    Pläne zum Bau eines lokal produzierten elektrischen Autos kommen aber anscheinend nicht über das Stadium von Absichtserklärungen hinaus. Ein Grund dafür mag der fehlende rechtliche Rahmen sein. So kündigt die ägyptische Regierung seit mehreren Jahren die Verabschiedung der sogenannten Automotive Directive an. Das Regelwerk soll Anreize für die lokale Produktion (nicht nur von elektrischen Autos) vorsehen. Die ständigen, aber folgenlosen Ankündigungen haben einen Schwebezustand geschaffen. Autohersteller halten daher Investitionen bis zur Klärung der Rechtslage zurück.  

      

    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Industrie: Energie für ägyptische Industrie ist fossil und billig

    Energie- und Kraftstoffsubventionen legen den Grundstein für eine Industrie, bei der Dekarbonisierung eine geringe Rolle spielt. Aber auch hier findet ein Wandel statt.

    Das verarbeitende Gewerbe trägt in etwa 16 Prozent zur Entstehung des ägyptischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei und verantwortet 15 Prozent des CO2-Ausstoßes. Die ägyptische Industrie ist geprägt von Ölraffinerien, Düngemittel- und Kunststoffproduzenten sowie Herstellern von Stahl, Eisen, Zement, Keramik und anderen Baumaterialien. Dass in Ägypten ausgerechnet die Schwerindustrie etabliert ist, kommt nicht von ungefähr. Vielmehr ist es die Folge großzügiger Energiesubventionen, die gerade die Ansiedlung energieintensiver Industrien begünstigt.

    Diesel, Erdgas und Strom weiterhin günstig

    Keine Seltenheit sind anekdotische Berichte etwa von stahlverarbeitenden Firmen, die ihre Prozesswärme durch die Verbrennung von Diesel erzeugen. Dies ist angesichts der niedrigen Preise nicht weiter verwunderlich. Experten gehen davon aus, dass die Kraftstoffpreise in Ägypten, entgegen anderslautender Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF), auch nach wie vor subventioniert sind.

    Das gilt auch für die Einkaufspreise für Erdgas, die etwa ägyptische Stahlhersteller und andere energieintensive Industrien zahlen. Mit Preisen von 5,75 US-Dollar (US$) pro 1 Million British thermal unit (MMBtu) liegt dieser unter denen, die gegenwärtig die Weltmärkte abrufen. Für Zementhersteller erhöhte die Regierung im Oktober 2022 jedoch den Einkaufspreis von Erdgas um das Doppelte auf 12 US$ pro MMBtu. Betroffene Betriebe wechselten seitdem auf Kohle.

    Ebenso hat die ägyptische Regierung Mitte Oktober 2021 ihr Versprechen erneuert, das sie während der Coronapandemie gegenüber der Industrie abgegeben hatte. Danach sollen die Strompreise für industrielle Verbraucher noch bis zum Fiskaljahr 2024/2025 mit einem Betrag von 0,1 ägyptischen Pfund (EGP; entspricht circa 0,2967 Euro) pro Kilowattstunde subventioniert und eingefroren werden. 

    Dekarbonisierung: Mehr Druck durch CO2-Zoll der EU

    Ägypten stellt seine Raffinerien und seinen Erdgasreichtum in den Dienst einer Industriepolitik, die auf fossilen Energieträgern beruht. Neben dem CO2-Fußabdruck hat diese Politik noch weitere Nachteile: In Zeiten explodierender Gaspreise entgehen Ägypten lukrative Exportgeschäfte und damit auch dringend benötigte Deviseneinnahmen. Wegen der verzerrenden Wirkung von Energiesubventionen fokussiert sich das verarbeitende Gewerbe auf diejenigen Bereiche, die sehr kapitalintensiv sind, gleichzeitig jedoch nur wenige Arbeitsplätze und Wertschöpfung schaffen. Anreize für mehr Dekarbonisierung könnten infolge der CO2-Grenzabgabe der Europäischen Union (EU) entstehen. Die EU zählt zu den wichtigsten Absatzmärkten ägyptischer Exporteure.

    Nachhaltigkeitsberichte für Unternehmen werden Pflicht

    Seit April 2022 sind Unternehmen, die an der ägyptischen Börse gelistet sind, ab einer Marktkapitalisierung von 100 Millionen EGP (rund 3,2 Millionen US$) verpflichtet, der Finanzaufsichtsbehörde einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht (Environment, Social, Governance Report; ESG) vorzulegen. Seit 2023 fallen auch nicht-börsennotierte Unternehmen unter diese Berichtspflicht. Unter anderem müssen die betroffenen Betriebe ihre CO2-Bilanz offenlegen. Institutionelle Anleger und Banken sind ebenfalls an ESG gebunden und machen immer mehr Aspekte der Nachhaltigkeit zur Grundlage von Investitionen und Kreditzusagen.

    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Gebäude: Ägyptens Wohnbau soll künftig energieeffizienter werden

    Regulatorische Vorgaben zum energieeffizienten Wohnbau sollten bald in Kraft treten. Angesichts kälterer Wintermonate laufen Klimaanlagen fast ganzjährig. 

    In Ägypten verbrauchen Gebäude 60 Prozent des generierten Stroms. Energieeffizienz im Wohnbau würde entsprechend große Mengen an CO₂-Emissionen vermindern. 

    Gesetzliche Anforderungen für Energieeffizienz im Wohnbau wurden bereits verabschiedet und sind in ausgewählten Bauprojekten in Kraft getreten. Diese als "Green Building Codes" bezeichneten Regularien sind in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt, namentlich auf die staatlich organisierten Städtebauprojekte. Planstädte der vierten Generation wie zum Beispiel die neue Verwaltungshauptstadt östlich von Kairo oder New El Alamein an der Mittelmeerküste sind als "Smart Cities" konzipiert. Das heißt, dass neben dem Einsatz von LED-Beleuchtung und Gebäudedämmung auch informationstechnologische Anwendungen eine bessere Energieausbeute gewährleisten sollen.

    Die meisten Menschen in Ägypten müssen ohne eine Klimaanlage auskommen. Dennoch dürfte die absolute Zahl der Haushalte, die in der Regel mehrere Geräte haben, hoch sein. Nicht selten handelt es sich um ältere Modelle mit einem entsprechend großen Stromverbrauch. Angesichts immer noch subventionierter Strompreise ist das für die Besitzer aber verkraftbar. Für Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen ist die Anschaffung einer modernen Klimaanlage sehr kostspielig. Eine Abwrackprämie für alte Geräte gibt es nicht.

    Mit umgekehrten Vorzeichen ist in Ägypten ein ähnlicher Trend wie in Deutschland zu beobachten. Während sich in Deutschland angesichts heißerer Sommermonate immer mehr Menschen eine Klimaanlage anschaffen, benutzen die Ägypter angesichts zweier Winter mit Rekordkälte verstärkt die Wärmefunktion ihrer Klimaanlagen. Es wird also mit Strom geheizt. Das führt dazu, dass es immer weniger Zeiträume gibt, in denen die Klimaanlagen in Ägypten nicht laufen. Wenn wie geplant im Jahr 2025 die letzten Stromsubventionen auslaufen, wird in Ägypten auch jenseits von Smart Cities und Luxuswohngegenden das Thema Dämmung von Gebäuden eine größere Rolle spielen.


    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Land- und Forstwirtschaft: Wasserstress erfordert Investitionen

    In keinem anderen Bereich geht es mehr um die Anpassung an die Folgen des Klimawandels als in der Landwirtschaft.

    Ägyptens Landwirte bewässern ihre Felder hauptsächlich mit Nilwasser. Dieses ist schon jetzt knapp. Mit den geringer werdenden Zuflüssen in den Ursprungsländern und steigenden Bevölkerungszahlen in sämtlichen Nil-Anrainerstaaten verstärkt sich diese Knappheit nahezu täglich.

    Die Empörung über den Bau des Staudamms in Äthiopien ist groß auf ägyptischer Seite. Denn das Wasser, das in den Stausee des Damms geleitet wird, wird in Ägypten fehlen. Das Land hat jedoch immense Möglichkeiten, in der Agrarwirtschaft Wasser einzusparen. Das gilt umso mehr, als die Landwirtschaft mit einem Anteil von 82 Prozent die mit Abstand größte Wasserkonsumentin in Ägypten ist.

    Hauptsächlich ruht die ägyptische Wasserstrategie in der Landwirtschaft auf zwei Säulen. Zum einen ist dies die Wiederverwertung von landwirtschaftlichem Abwasser. Hier entstehen Anlagen, die zu den größten der Welt zählen. Es handelt sich um Projekte im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar, die deutschen Anbietern ein weites Betätigungsfeld bieten. Wegen der Dringlichkeit dürfte die ägyptische Regierung trotz der gegenwärtig angespannten Haushaltslage auf diesem Gebiet keine Einschnitte machen. Die zweite Säule ist die Verbesserung der Bewässerungstechnik. Vereinfacht gesagt sollen die Felder berieselt statt geflutet werden. 


    Von Sherif Rohayem | Kairo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Ägypten

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Solar Energy Development Association

    Ägyptischer Branchenverband für Solarenergie

    New and Renewable Energy Authority

    Behörde im Zuständigkeitsbereich des ägyptischen Ministeriums für Strom und Energie; zuständig für Entwicklung und Ausbau der erneuerbaren Energien (auf dieser Webseite ist der Windatlas für Ägypten abrufbar)

    Egyptera

    Regulierungsbehörde für den ägyptischen Strommarkt

    Regional Center for Renewable Energy and Energy Efficiency

    Informationen über den ägyptischen Strommarkt

    Egypt Energy

    Jährliche Fachmesse für Energie und erneuerbare Energien in Kairo

    Egypt Petroleum Show

    Jährliche Messe für den Öl- und Gassektor in Kairo

  • Angebote der AHK

    AHK Ägypten

    Was tut die Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer, um ihr Fachwissen und ihre Kenntnisse im Bereich der nachhaltigen Entwicklung mit der ägyptischen Wirtschaft zu teilen?

    Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die Wirtschaft beschloss die Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer, einen eigenen Klimawandel- und Nachhaltigkeitsmanager zu ernennen, der sich mit den folgenden Punkten befasst:

    • SDGs
    • Einrichtung einer Industriearbeitsgruppe für Klimamaßnahmen und Energieeffizienz
    • Grüner Wasserstoff
    • COP27 (in Ägypten)
    • Lieferkettengesetz in Deutschland
    • Nachhaltigkeit-Workshops / Veranstaltungen

    Seit November 2021 wurden mehrere Symposien, Foren und Webinare zu Themen wie Nachhaltigkeit, Klimastrategien in Deutschland und deren Auswirkungen auf die ägyptische Wirtschaft, COP27, E-Mobilität sowie zu vielen anderen Themen veranstaltet. 

    Nach der Anwesenheit der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer auf der COP27 wurde beschlossen, eine Energy-Arbeitsgruppe zu bilden, um der Regierungspolitik zu folgen und Aktionspläne für die Umsetzung von Wasserstoffprojekten in Ägypten zu erarbeiten. Aus diesem Grund hielt die GACIC im März 2023 ihr erstes hochrangiges Steuerungsgruppentreffen zur Energie- und Wasserstoffkooperation zwischen Ägypten und Deutschland ab. An der hochrangigen Roundtable Discussion nahm der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Stefan Wenzel, H.E. Rania A. Al-Mashat, Ministerin für Internationale Zusammenarbeit, H.E. Ing. Tarek El Molla, Minister für Erdöl und Bodenschätze, H.E. Dr. Mahmoud Esmat, Minister für Öffentliche Wirtschaft, Dr. Ahmed Mohina, Erster Unterstaatssekretär für Forschungsplanung und Behörden im Ministerium für Elektrizität und Erneuerbare Energien und Stefanie Soerensen, Stellvertretende Leiterin für Entwicklungszusammenarbeit an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kairo.

    Moderiert wurde der Roundtable von Jan Noether, Vorstandsvorsitzender der AHK Ägypten, gemeinsam mit Ellen von Zitzewitz, stellvertretende Bereichsleiterin im BMWK.

    Im Mai 2023 identifizierte die Energie-Arbeitsgruppe die folgenden Punkte als Schwerpunktthemen für das Jahr:

    1. Anreize, die die Regierung den Wasserstoffinvestoren in Ägypten gewährt

    2. Treffen mit politischen Entscheidungsträgern in Ägypten, um Wachstumspläne für Wasserstoff zu besprechen

    3. Eine Reise nach Deutschland planen, um sich mit deutschen Unternehmen zu treffen und Abnahmevereinbarungen zu treffen

    Kontakt


    Telefon: +202-3336 8183

    Telefax: +202-3336 8026

    E-Mail: info@ahk-mena.com

    Homepage: http://www.ahkmena.com   http://aegypten.ahk.de

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