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Branchencheck | Äthiopien

Chancen bestehen, aber Konflikt bremst

In Äthiopien gibt es weiterhin viele Projekte und interessante Branchenentwicklungen, auch wenn durch den aktuellen Konflikt im Land einiges auf Eis liegt.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Durch die Coronakrise kam Äthiopien gesamtwirtschaftlich noch ganz gut, nun spürt die Wirtschaft aber die Auswirkungen des bewaffneten Konfliktes in Tigray und anderen Regionen. Die Bauwirtschaft fährt auf Sicht, und für Investitionen in Erweiterungen oder Modernisierungen fehlt den Unternehmen momentan die Sicherheit. Vor einem massiven Ausbau steht der Telekomsektor.  

  • Pkw- und Nfz-Markt

    Elektrofahrzeuge sollen künftig auch auf Äthiopiens Straßen fahren. Dazu gibt es aber auch Montageprojekte für russische Verbrenner.

    Äthiopien will mehr E-Mobilität. Dafür plant das Land den Bau von Elektrofahrzeugen, namentlich Massenverkehrsmittel für kurze Strecken, so das Transportministerium im Juni 2021. Die US-Firma Alyi beabsichtigt derweil die Lieferung von Dreirad-Elektrotaxis. Außerdem möchte El Auto Engineering nach einer Meldung vom Oktober 2021 in Dire Dawa jährlich 9.000 Autos montieren und dafür 15 Millionen US-Dollar investieren. Im September gab Bazra bekannt, in Kombolcha zunächst 5.000 russische Lada-Fahrzeuge montieren zu wollen. Eine ähnliche Vereinbarung hatte Bazra bereits im April mit der russischen Firma Uaz getroffen.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Energiewirtschaft

    Äthiopien füllt derzeit nicht nur seinen riesigen Stausee am Nil, sondern hat bei erneuerbaren Energien insgesamt große Pläne. Geothermie- und Windkraftanlagen sind im Ausbau.

    Investitionen von 40 Milliarden US-Dollar sollen in den nächsten Jahren in den Ausbau von erneuerbaren Energien fließen, kündigte die äthiopische Regierung im September 2021 an. Alleine das umstrittene GERD-Staudammprojekt an der sudanesischen Grenze, das derzeit zu etwa 85 Prozent fertiggestellt ist, soll mit seinen knapp 6.500 Megawatt Äthiopiens Stromerzeugungskapazität mehr als verdoppeln. Etliche große Wasserkraftprojekte kommen allerdings nicht aus der Schublade. Daneben sind drei Windfarmen in Betrieb und zwei weitere im Bau, zudem gehen Erdwärme-Bohrungen voran.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Chemieindustrie

    Der Bau einer riesigen neuen Düngerfabrik in Äthiopien ist womöglich ein Stück näher gerückt. Insgesamt ist die Chemieindustrie in dem Land noch recht unbedeutend.

    Der marokkanische Düngemittelkonzern OCP unternimmt nach einer Vereinbarung mit der äthiopischen Regierung vom September 2021 einen neuen Anlauf, eine lange geplante, zunächst 2,4 Milliarden US-Dollar teure Fabrik in Dire Dawa zu bauen. Äthiopiens Chemieindustrie ist wenig entwickelt, viele Vorprodukte muss das devisenarme Land importieren. Als Hauptprodukte nennt die UN-Industrieentwicklungsorganisation UNIDO Dünger und pharmazeutische Stoffe, daneben Chlorchemikalien, Natronlauge, PVC, Formaldehyd, Kalziumkarbonat, Ruß und Aktivkohle.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Bauwirtschaft

    Der Betrieb auf Äthiopiens Baustellen geht weiter, bei neuen Projekten sind Investoren aber vorsichtig.

    Äthiopiens Hochbau fährt auf Sicht. Laufende Projekte würden meist fertiggestellt, Pläne aber auf Eis gelegt, sagte ein ausländischer Baustoffzulieferer Ende November 2021 angesichts der politischen Lage. Im Juni hatte die Stadtverwaltung Addis Abeba verkündet, die Firma „Property 2000 South Africa“ wolle 4,2 Milliarden US-Dollar für den Bau von einer halben Million einfacher Wohnhäuser investieren. Auch wenn Bedarf da ist, bleibt der Realitätsgehalt solcher Ankündigungen aber unklar. Bahnstrecken, Kraftwerke und andere Infrastrukturprojekte sind weiter geplant oder im Bau, ebenso Zementfabriken.

    Weitere Informationen: 

    Branche kompakt: Äthiopiens Bauwirtschaft kühlt sich ab (Dezember 2019)

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Gesundheitswirtschaft

    Der Gesundheitssektor kann mit bevorzugtem Devisenzugang Produkte importieren und hat dies zuletzt auch vermehrt getan. Ausländische Firmen investieren.

    Im staatlich kontrollierten Gesundheitsmarkt Äthiopiens gibt es weiter keine Hinweise auf eine forcierte Öffnungspolitik. Trotzdem investieren ausländische Unternehmen in Krankenhäuser und andere private Infrastruktur. So kündigte die bereits im Land aktive US-Investmentfirma Roha im April 2021 den „baldigen“ Bau von fünf Kranhäusern für 300 Millionen US-Dollar an. Die Importe von medizinischen und pharmazeutischen Produkten unter dem Franco-Valuta-Schema, für die es bevorzugt Devisen gibt, stiegen im 1. Halbjahr 2021 im Vorjahresvergleich um 28 Prozent auf rund 60 Millionen US-Dollar.

    Weitere Informationen:

    Branche kompakt: Äthiopien Medizintechnik (Mai 2020)

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei

    Die Landwirtschaft soll wachsen, trotz der Beeinträchtigungen durch den Konflikt. Kaffee bringt bessere Preise, mit Deutschland als wichtigstem Markt.

    Die Landwirtschaft wird nach aktuellen Einschätzungen auch 2022 erneut langsamer wachsen als vor 2021, als sie real um jährlich um 3 bis 6 Prozent zugelegt hatte. In Konfliktgebieten sind Bauern geflohen oder bestellen ihr Land nicht mehr. Besonders betroffen ist der vorwiegend im Norden angebaute Sesam, wo letzte Saison zwei Drittel der Fläche brach blieb. Der Kaffee als wichtigstes Exportgut des Lands brachte wegen gestiegener Preise im Fiskaljahr bis Juli 2021 die Rekordsumme von gut 900 Millionen US-Dollar ein; rund ein Fünftel des Kaffees geht nach Deutschland, den wichtigsten Markt.

    Weitere Informationen: 

    Branche kompakt: Äthiopiens Landwirtschaft strebt mehr Selbstversorgung an (August 2019)

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Bergbau

    Bei Projekten in Äthiopiens kommt es angesichts der Konflikte im Land zu Verzögerungen.  

    Die bewaffneten Auseinandersetzungen in Äthiopiens Norden bremsen die Aktivitäten des Bergbaus. Laut einem Bericht vom November 2021 suchen die Behörden neue Investoren für eine Pipeline und eine LNG-Gasverflüssigungsanlage des 4 Milliarden US-Dollar teuren Erdgasprojektes der chinesischen Firma Poly CGL. Zudem verzögere die britische Firma New Age die Entwicklung des Ölfelds El Kuran in der Somali-Region. Kefi Gold and Copper verwies ebenfalls auf wachsende Sicherheitsprobleme und bat die Behörden, die Entwicklung des großen Goldvorkommens Tulu Kapi zu verschieben.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Nahrungsmittelindustrie

    In Äthiopiens Nahrungsmittelindustrie gibt es großspurige Pläne. Auch "Agroindustrieparks" bleiben en vogue und die Branche investiert tatsächlich.

    Eine Milliarde US-Dollar (US$) will der äthiopische Midroc-Konzern in den Bau einer neuen Speiseölfabrik investieren. Die Meldung vom November 2021 klingt surreal, aber drei solcher Werke für immerhin jeweils etwa 40 Millionen bis 120 Millionen US$ gingen dieses Jahr im Land bereits in Betrieb. Ebenfalls der Presse zu entnehmen war im Juni 2021 der „Baubeginn“ des neuen Agroindustrieparks Nekemt in der Region Oromia, der gut 150 Millionen US$ kosten würde. Dabei ist noch nicht klar, ob und inwieweit sich die drei bereits eröffneten Parks dieser Art wie erhofft mit privaten Investoren füllen.

    Weitere Informationen: 

    Branchenbericht: Äthiopiens Nahrungsmittelverarbeiter nähern sich Kenia an (August 2020)


    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Textil- und Bekleidungsindustrie

    Äthiopiens Bekleidungsexporteure blicken mit Sorge auf die angekündigte Streichung von US-Handelsprivilegien. Investiert wird trotzdem.

    Äthiopiens Bekleidungsexporteure könnten massiv unter dem Wegfall von bevorzugtem Marktzugang in den USA leiden, den die US-Regierung für Anfang 2022 wegen des bewaffneten Konflikts im Land angekündigt hat. Die USA sind der wichtigste Auslandsmarkt der Branche. Zu schaffen machen ihr auch Devisenknappheit für Importe und eine Baumwoll-Missernte. Investiert wird trotzdem. So ging laut Presseberichten Mitte 2021 eine 50 Millionen US-Dollar teure Nylon-Fabrik der chinesische Firma Kingdom in Betrieb. Das Werk im Adama Industrial Park gilt als Verlängerung der Wertschöpfung hin zu einer modernen Textilindustrie im Land.

    Weitere Informationen:

    Studie: Äthiopien - Die Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie (August 2019)

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • IKT

    Der Telekomsektor hat nach einer ersten Privatisierungsrunde hohe Investitionen angekündigt. Die großen Technikaufträge gehen dabei nicht nur nach China.

    Äthiopiens Telekommunikation wird massiv ausgebaut. Der kenianische Carrier Safaricom, der sich im Zuge der laufenden Liberalisierung der Branche die erste private Lizenz gesichert hatte, versprach in den nächsten zehn Jahren 8,5 Milliarden US-Dollar zu investieren. Ein Auftrag dafür ging laut Presse im November 2021 an den Netzwerkausrüster Nokia. Eine zweite Lizenz wollen die Behörden Anfang 2022 ausschreiben, hieß es Ende September. Die Regierung will außerdem 40 Prozent des Staats-Carriers Ethio Telecom verkaufen und lud dazu im September Firmen zur Angebotsabgabe ein.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Dienstleistungen

    Äthiopiens Fluglinie gilt auf dem Kontinent als vorbildlich, der Einzelhandel weniger. Nun gab es Zahlen zum E-Commerce.

    Ethiopian Airlines will nach einer Meldung vom Oktober 2021 die Stellung Äthiopiens als „Afrikas Flug-Drehkreuz“ zusammen mit dem US-Flugzeugbauer Boeing ausbauen. Die Airline gilt als führend auf dem Kontinent und hat seit Beginn der Coronapandemie weniger Geschäft eingebüßt als viele Konkurrenten. Deutlich abgeschlagen, etwa im Vergleich zu Kenia, ist hingegen Äthiopiens Einzelhandel. Dieser bietet noch kaum größere Formate westlichen Zuschnitts. Der Bereich E-Commerce hat im abgelaufenen Fiskaljahr (Juli 2021) immerhin rund 7 Milliarden US-Dollar umgesetzt, zitierte im August die Presse den Technologieminister.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

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