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1,5 Milliarden US-Dollar für Nahrungsmittelproduktion in Afrika
Die Afrikanische Entwicklungsbank hilft dem Kontinent mit 1,5 Milliarden US-Dollar dabei, die Folgen des Ukraine-Kriegs zu bewältigen. Das gab sie auf ihrer Jahrestagung bekannt.
09.06.2022
Von Laura Sundermann | Bonn
Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) stellt 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) zur Abwendung einer Nahrungsmittelkrise in Afrika bereit - das entschied der Vorstand Ende Mai 2022.
Das Nothilfeprogramm soll 20 Millionen afrikanische Landwirte dabei unterstützen, rasch 38 Millionen Tonnen Nahrungsmittel zu produzieren. So sollen die 30 Millionen Tonnen Nahrungsmittel ersetzt werden, die Afrika nun nicht mehr aus der Ukraine und Russland importieren kann. Die Bank erwartet die Produktion von 11 Millionen Tonnen Weizen, 18 Millionen Tonnen Mais, 6 Millionen Tonnen Reis und 2,5 Millionen Tonnen Sojabohnen.
Die Landwirte erhalten dafür zertifiziertes Saatgut, Dünger und Beratung. Zudem will die Bank das Management nach der Ernte verbessern. Neue Lagerhallen sollen dafür sorgen, dass weniger Nahrungsmittel verderben. Das Programm wird zudem darauf hinwirken, dass die afrikanischen Regierungen die Rahmenbedingungen für landwirtschaftliche Produktion verbessern.
Neben dem Krieg in der Ukraine bestimmte der Klimawandel die Jahrestagung der AfDB vom 23. bis 27. Mai 2022 in Accra, Ghana. Unter dem Motto “Achieving Climate Resilience and a Just Energy Transition for Africa” diskutierten die Gouverneure der Bank, wie Afrika dem Klimawandel begegnen und zum Klimaschutz beitragen kann.
Klimawandel erfordert schnelle Anpassungsmaßnahmen
Die Auswirkungen des Klimawandels - wie Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme - sorgen in Afrika schon jetzt für enorme Verluste. In den letzten zwei Jahren wurden in Afrika 131 extreme Wetterereignisse verzeichnet. Die Bank geht davon aus, dass der Kontinent jedes Jahr zwischen 7 und 15 Milliarden US$ wegen des Klimawandels verliert. 2040 werden es 50 Milliarden US$ sein.
Die AfDB begegnet diesem Umstand mit verstärkten Investitionen in Anpassungsmaßnahmen. Sie gab 2021 beachtliche 67 Prozent ihrer Klimafinanzierung für Anpassung aus und nur 33 Prozent für Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels. Patrick Verkooijen vom Global Center on Adaptation rechnete auf der Tagung vor, dass sich diese Investitionen lohnen: Jeder Euro, der in Anpassungsmaßnahmen investiert wird, bringt zwischen 4 und 25 Euro Rendite. In klimaresiliente Nahrungsmittelsysteme in Subsahara-Afrika zu investieren, kostet zwar 15 Milliarden US$ pro Jahr. Doch ohne diese Investitionen lägen die gesellschaftlichen Kosten bei 200 Milliarden US$ pro Jahr.
Auch für Eindämmungsmaßnahmen bietet die Landwirtschaft einen starken Hebel. Land- und Forstwirtschaft sind in Afrika für 65 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.
AfDB will Landwirtschaft stärker fördern
Die AfDB wird künftig mehr in Landwirtschaft investieren. "Nahrungsmittelhilfe kann Afrika nicht ernähren", so AfDB-Präsident Akinwumi Adesina bei der Eröffnungszeremonie der Jahrestagung. Stattdessen müsse Afrika seine eigenen Nahrungsmittel produzieren. Die AfDB unterstützt diesen Ansatz nicht erst mit dem neuen Nothilfeprogramm. Präsident Adesina blickte bei der Tagung auf einige Erfolge der AfDB-geförderten Initiative TAAT (Technologies for African Agricultural Transformation) zurück:
TAAT hat innerhalb von zwei Jahren 12 Millionen Landwirte in 27 Ländern mit klimaresilientem Saatgut versorgt, etwa mit Mais, der wenig Wasser benötigt. Im Sudan finanzierte TAAT die Bereitstellung von 65.000 Tonnen hitzetoleranter Weizensaat. Auch dadurch konnte der Sudan in nur zwei Jahren seine Weizeneinfuhren um 50 Prozent verringern. In Äthiopien finanzierte TAAT die Bereitstellung von 61.000 Tonnen Saatgut hitzetoleranter Weizensorten. Laut dem äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed hat Äthiopien dieses Jahr keinen Weizen mehr importiert. Das Land erwartet, nächstes Jahr sogar 1,5 Millionen Tonnen Weizen nach Kenia und Dschibuti zu exportieren.
Mit ihren Programmen unterstützt die AfDB den Anbau und die Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln. So soll nicht nur die Ernährungssicherheit gewährleistet sein, es sollen auch Arbeitsplätze für Frauen und die junge Bevölkerung im ländlichen Raum entstehen.
Dilemma: Energieversorgung ausbauen, CO2-Emissionen reduzieren
Für den Klimaschutz spielen erneuerbare Energien eine zentrale Rolle. In Afrika gibt es was Energie betrifft aber noch ein ganz anderes Problem: 600 Millionen Menschen haben gar keinen Strom. Der Kontinent steht also vor der Herausforderung, die Stromversorgung massiv auszubauen, dabei jedoch möglichst keine zusätzlichen CO2-Emissionen zu verursachen.
Die AfDB ist an vielen der großen Energieprojekte beteiligt. So förderte sie das Solarkraftwerk im marokkanischen Ouarzazate und hat Geld für ein ähnliches Vorhaben im ägyptischen Kom Ombo zugesagt. Sie unterstützt auch die Desert to Power Initiative, mit der in der Sahelzone mehr Solarenergie produziert werden soll. In Ghana finanziert die AfDB den Bau von Mini Grids und Solaranlagen für Privathaushalte.
Dennoch will die AfDB Erdgas als Übergangstechnologie vorerst weiter fördern. Kohleprojekte unterstützt die Bank hingegen schon seit 2009 nicht mehr - nun hat der Vorstand diese Entscheidung auch offiziell bestätigt.
Unternehmen, die Geschäfte mit der AfDB machen wollen, bieten sich in den nächsten Jahren verstärkt Chancen in der Landwirtschaft - inklusive Bewässerung - und im Energiesektor. Germany Trade & Invest informiert tagesaktuell über Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen der AfDB.
Die Aufzeichnungen der Tagung können nachgehört werden. Die nächste AfDB-Jahrestagung findet vom 22. bis 26. Mai 2023 im ägyptischen Scharm el-Scheich statt.