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Branchen | Algerien | Schienenbau

Algerien baut Schienennetz von Bergwerken zu den Häfen aus

Das algerische Schienennetz steht vor einem massiven Ausbau. Chinesische Firmen sind allgegenwärtig, deutsche Unternehmen loten Chancen aus. 

Von Verena Matschoß | Tunis

Algerien, das größte Flächenland Afrikas, legt beim Infrastrukturausbau für die nächsten Jahre eine eindeutige Priorität auf sein Schienennetz. Von derzeit rund 4.722 Kilometern soll das Netz bis 2030 auf 15.000 Kilometer verdreifacht werden. Über 90 Prozent der algerischen Bevölkerung lebt im Norden des Landes. Hier befindet sich auch der Großteil der Schieneninfrastruktur. 

Durch die Umsetzung der Vorhaben sollen der dünn besiedelte Süden besser an den entwickelteren Norden des Landes mit seinen Häfen angebunden werden. Auch die Verbindungen von West nach Ost, von der marokkanischen zur tunesischen Grenze, werden erweitert.

Priorität hat die bessere Anbindung von Bergwerken

Von dem Ausbau des Schienennetzes soll nicht nur die Bevölkerung profitieren, sondern er soll das Land auch wirtschaftlich voranbringen. Mit einer verbesserten Infrastruktur könnten Vorkommen an Eisenerz und Phosphat verstärkt erschlossen werden und zur Weiterverarbeitung beziehungsweise zum Export abtransportiert werden. Zwei Bergbaulinien stehen deshalb im Fokus des Ausbauprogramms.

Die östliche Bergbaulinie verbindet die Phosphatminen Bled El Hadba und Djebel Onk im Osten mit dem Mittelmeerhafen Annaba im Norden. Parallel zu der Strecke soll eine zweite Bahnlinie gebaut werden, um rund 10 Millionen Tonnen Phosphat pro Jahr aus den Bergwerken zur Weiterverarbeitung ins nördliche Oued Kebirit transportieren zu können. Damit will Algerien auch seine Stellung als Düngemittelproduzent ausbauen.

Westliche Bergbaulinie soll im September 2026 fertiggestellt sein

Ein weiteres Leuchtturmprojekt ist die westliche Bergbaulinie. Sie verbindet auf 1.650 Kilometern das Eisenerzvorkommen Gara Djebilet im Westen, in der Nähe der marokkanischen Grenze, mit dem Hafen Arzew in der Küstenstadt Oran im Norden. Ein erster Abschnitt dieser Linie über 700 Kilometer zwischen den Städten Oran und Bechar wurde bereits modernisiert und in Betrieb genommen. 

Der zweite Abschnitt von 950 Kilometern befindet sich im Bau und verbindet die Städte von Bechar und Tindouf, in deren Nähe das Eisenerzvorkommen liegt. Der Fortschritt liegt laut dem Projektverantwortlichen Abdechafi Benrabia bei 15 Prozent. Der Baustart fiel im Dezember 2023, im September 2026 soll die Linie fertiggestellt sein. 

Dann soll auch der Abbau in Gara Djebilet, einer der größten Eisenerzlagerstätten der Welt, massiv ausgebaut werden. Durch die Bahnlinie könnte das Eisenerz dann besser zur Weiterverarbeitung in Stahlwerke im Norden transportiert werde. In Gara Djebilet baut das staatliche algerische Bergbauunternehmen FERAAL in Partnerschaft mit dem chinesischen Konsortium CMH das Eisenerz ab.   

Rollendes Material wird angeschafft

Parallel zum Ausbau der Schienenwege setzt die algerische Staatsbahn SNTF ein Programm zur Modernisierung der bestehenden Flotte bis 2040 um. Der Großteil des lokalen Angebots an Ausrüstungen wird von dem staatlichen Unternehmen Ferrovial bereitgestellt, das in seiner Fabrik in Annaba Lokomotiven und Waggons produziert. Für die östliche Bergbaulinie plant Ferrovial die Produktion von 1.820 Waggons für den Phosphattransport innerhalb von drei Jahren.

Chinesische Firmen sind bevorzugte Partner 

Wie in der Vergangenheit setzt Algerien beim Ausbau seiner Infrastruktur auf chinesische Expertise. Insgesamt sollen nach jetzigem Stand 6.000 Kilometer des Schienennetzes mit Unterstützung von chinesischen Firmen entstehen. Bei der westlichen Bergbaulinie werden 575 Kilometer vom staatlichen Unternehmen Cosider mit der chinesischen Gruppe CRCC gebaut. Die chinesische Seite ist auch in den Projekten zum Eisenerz- und Phosphatabbau involviert. 

Projekte sollen Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen stärkenVorhaben im nationalen Programm zum Schienenbau
SchienenverbindungAusbaupläneZusatzinfo 
Nördlicher Korridor und Nebenverbindungen433 Kilometer im Bau und 820 Kilometer in StudienphaseDer Korridor durchquert 22 Wilayas mit 20 Millionen Einwohnern (43 Prozent der Bevölkerung); verbindet neun große Häfen 
Hochplateau-Korridor73 Kilometer im Bau; Verbindung zum Nordkorridor über die Strecke Ghilizane-Tiaret (120 Kilometer)Parallel zum Nordkorridor; Verbindung von höher gelegenen Wilayas (Tbessa im Osten nach Moulay Slissen im Westen) 
Östliche Verbindungslinie173 Kilometer im Bau (Verbindung Touggourt nach Hassi Messaoud)Verbindung von Constantine zum Erdöl-Hub Hassi Messaoud; über sieben Wilayas mit über sechs Millionen Einwohnern 
Zentrale VerbindungslinieStudien für 650 Kilometer abgeschlossen; 1.050 Kilometer in der Studienphase Trans-Sahara-Eisenbahnlinie; Verbindung von Algier nach Tamanrasset (Sahara); neun Wilayas mit über sechs Millionen Einwohnern  
Südwest-Schleife1.500 Kilometer in StudienphaseNach Fertigstellung soll die Bahnlinie alle Oasen-Städte im Südwesten verbinden, von Ghardaia (Zentralsahara) nach Bechar (Südwest-Algerien); fünf Wilayas mit über zwei Millionen Einwohnern 
Südost-Schleife425 Kilometer in StudienphaseVerbindung zwischen den Städten in der Zentral- und Ostsahara (von Laghouat nach Touggourt) 
Quelle: Algerische Agentur für Eisenbahninvestitionen (ANESRIF) 2024

Beteiligungschancen für deutsche Unternehmen sind überschaubar

Die Deutsch-Algerische Industrie- und Handelskammer (AHK Algerien) unterstützt deutsche Unternehmen beim Markteintritt. Mitte Oktober 2024 findet speziell zur Bahntechnik-Branche eine Reise des Markterschließungsprogramms nach Algier statt, die von der AHK gemeinsam mit enviacon international durchgeführt wird.  

Öffentliche Ausschreibungen im Bereich Eisenbahnbau veröffentlichen ANESRIF und die Staatsbahn SNTF auf ihren Internetseiten. Die Beteiligungschancen für deutsche Unternehmen sind überschaubar. Denn Algerien verfolgt auch im Bausektor das Ziel, die heimische Industrie zu stärken. Das wesentliche potenzielle Betätigungsfeld für deutsche Anbieter dürften Machbarkeits-, Umweltverträglichkeitsstudien und Planungsdienstleistungen sein. Auf dem algerischen Markt ist grundsätzlich eine langfristige Planung mit zeitlichen und finanziellen Reserven entscheidend. Zudem sollten Unternehmen einen lokalen Partner haben, mit dem sie die Projekte gemeinsam umsetzen. 

Einige europäische Großkonzerne im Bereich der Bahntechnik wie Alstom oder Siemens sind mit Tochtergesellschaften oder Joint Ventures in Algerien präsent. ESTEL Rail Automation, ein Gemeinschaftsunternehmen von Siemens mit der algerischen Staatsbahn SNTF, hat sich auf die Bereiche Signaltechnik, Automatisierung und Telekommunikation spezialisiert. Im Joint Venture CITAL montiert Ferrovial in Partnerschaft mit der französischen Alstom CITADIS-Straßenbahnen.

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