Die entstehende weltgrößte Freihandelszone gilt als Gegenentwurf zum gescheiterten Transpazifischen Abkommen TPP.
Die Verträge zur Gründung der weltgrößten Freihandelszone, Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), wurden am 15. November 2020 unterzeichnet. Es entsteht langfristig ein Wirtschaftsraum mit 2,2 Milliarden Einwohnern (zum Vergleich: EU ohne Vereinigtes Königreich 447 Millionen). Folgende Staaten sind am RCEP beteiligt: Die 10 ASEAN–Staaten Brunei-Darussalam, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, und Vietnam sowie Australien, China, Japan, Neuseeland und Südkorea. Indien, das ursprünglich ebenfalls teilnehmen wollte, hat sich gegen das Abkommen entschieden.
Neben dem Abbau der Zölle enthält das Abkommen unter anderem Bestimmungen zu Handelserleichterungen, sanitären und pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen, technischen Standards, Handelsschutzinstrumenten, Dienstleistungen, Personenverkehr, Investitionen, Schutz geistigen Eigentums, E-Commerce, Wettbewerbsregeln und öffentlichem Auftragswesen.
Wichtig zu wissen ist, dass die Vertragsparteien schon jetzt zahlreiche ältere Freihandelsabkommen (FHA) untereinander haben und aus diesem Grund zwischen diesen Staaten keine dramatischen Entwicklungen zu erwarten sind. Als Beispiele seien die Abkommen der ASEAN-Staaten untereinander, oder das FHA zwischen China und den ASEAN-Staaten (seit 2005) genannt. Zwischen China und Neuseeland ist ein FHA seit 2008 und zwischen China und Australien seit 2015 in Kraft.
Eine erste, grobe Analyse des sehr umfangreichen Abkommens hat ergeben, dass der Abbau der Zölle nur sehr langsam über lange Zeiträume von meist 10 oder 20 Jahren erfolgt, in Einzelfällen bis 35 Jahre. Viele Waren sind auch ganz vom Zollabbau ausgenommen. Die heimischen Hersteller sollen also nur sehr behutsam erhöhtem Konkurrenzdruck ausgesetzt werden.
Im Folgenden soll der Zollabbau Chinas untersucht werden, weil dieser Markt für deutsche Exporteure der wichtigste ist (mit Japan und Korea hat die EU eigene, bilaterale FHA). Daraus können Rückschlüsse gezogen werden, wie sich die Konkurrenzsituation in China für deutsche Exporteure im Vergleich zu japanischen und -mit Einschränkungen- koreanischen Wettbewerbern ändern wird. Zwischen China und Südkorea ist seit 2015 ein FHA in Kraft, mit Japan hatte China bislang kein FHA abgeschlossen.
Chinas Zollabbau in einigen Beispielsektoren:
Sektor | WTO-Zollsatz in % | Abbauszenario | Wettbewerbsnachteil für deutsche Exporteure |
---|
Bekleidung | 14-17,5 | meist mit Inkrafttreten | sofort |
Maschinenbau | 6 bis 15 | meist mit Inkrafttreten. Zum Teil bleiben Restzölle. | sofort |
Elektrotechnik | 8 bis 12 | meist mit Inkrafttreten. Zum Teil bleiben Restzölle. | sofort |
Busse | 25, zurzeit reduziert auf 15 | Kein Zollabbau | nein |
PKW | 25, zurzeit reduziert auf 15 | Kein Zollabbau | nein |
Lkw | 25, zurzeit reduziert auf 15 | Kein Zollabbau | nein |
Es zeigt sich, dass sich die Wettbewerbssituation für die Sektoren Bekleidung, Maschinenbau und Elektrotechnik sofort mit dem Inkrafttreten verschärfen wird. Im Fahrzeugbau bleibt die Wettbewerbssituation gleich, weil dieser Sektor vom Zollabbau ausgenommen ist. Der Tabelle liegt eine grobe, übergreifende Betrachtung zugrunde. In allen Sektoren gibt es für einzelne Waren Ausnahmen. Jeder Einzelfall muss für sich konkret untersucht werden.
Die Abkommenstexte können in englischer Sprache auf den Internetseiten des australischen Außen- und Handelsministeriums eingesehen werden.
Von Klaus Möbius
|
Bonn