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Special Bangladesch Wege aus der Coronakrise

Corona bremst Bangladeschs Wirtschaft leicht

Das Land musste wegen der dritten Coronawelle im Sommer 2021 erneut in einen Lockdown. Die Impfkampagne kommt unterdessen nur schleppend voran.

Von Boris Alex | New Delhi

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Bangladeschs Wirtschaft dürfte im laufenden Finanzjahr 2021/22 real um knapp 7 Prozent wachsen, sie bleibt aber wegen der anhaltenden Coronakrise anfällig. (Stand: 26.08.2021)

    Bangladesch hat im Sommer 2021 seine dritte und bislang schwerste Coronawelle durchlebt. Im Juli und August stiegen die täglichen Neuinfektionen im Wochenmittel auf bis zu 14.000 Fälle und waren damit doppelt so hoch wie während der zweiten Welle im Frühjahr 2021. Auch die Zahl der an oder mit Covid-19 Verstorbenen verdoppelte sich auf 250 Menschen pro Tag. Das ohnehin fragile Gesundheitssystem stieß an seine Belastungsgrenze, da es an Intensivbetten und medizinischem Sauerstoff fehlte. Die bangladeschische Regierung hatte vom 1. Juli bis 10. August 2021 einen landesweiten Lockdown verhängt - mit einer Unterbrechung von einer Woche, um die Feierlichkeiten zu Eid, dem islamischen Opferfest, zu begehen. Zwar ist die Zahl der Neuansteckungen bis Ende August auf 5.000 Fälle pro Tag zurückgegangen, die Situation in den Krankenhäusern bleibt dennoch angespannt.

    Wirtschaftswachstumsprognose leicht nach unten korrigiert

    Auch wenn die bangladeschische Wirtschaft im Vergleich zu anderen Ländern in der Region bislang relativ gut durch die Coronakrise gekommen ist, wurde durch die dritte Welle im Sommer 2021 deutlich, wie anfällig die Konjunktur weiterhin ist. So mussten während des mehrwöchigen Lockdowns auch die Textilunternehmen zumindest vorübergehend ihre Tore schließen. Die Branche ist nicht nur der wichtigste Arbeitgeber im Industriesektor, sondern macht auch 80 Prozent der gesamten Exporte des Landes aus.

    Die Economist Intelligence Unit (EIU) hat daraufhin Anfang August 2021 ihre Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Finanzjahr 2021/22 (1. Juli bis 30. Juni) nach unten korrigiert. Gingen die Analysten im Frühjahr 2021 noch von einem realen Plus von 7,2 Prozent aus, erwarten sie nun einen halben Prozentpunkt weniger. Damit würde Bangladeschs Wirtschaft aber immer noch stärker wachsen als im letzten Finanzjahr. Da konnte das BIP um 5,9 Prozent zulegen. Langfristig bleiben die Aussichten für die Konjunktur optimistisch. So soll das BIP in den kommenden drei Haushaltsperioden um durchschnittlich 7,5 Prozent pro Jahr zulegen, so die Prognose der EIU.

    Unsicherheit drückt auf Investitionen und Konsum

    Mit dem Ende des Lockdowns am 11. August 2021 zogen zwar die Wirtschaftsaktivitäten wieder an, doch die Unsicherheit bei den Unternehmen bleibt bestehen. Angesichts der weiterhin geringen Impfquote - Ende August hatten erst knapp 11 Prozent der 165 Millionen Bewohner eine erste Impfdosis erhalten, rund 4 Prozent waren vollständig geimpft - könnten immer wieder temporäre Lockdowns verhängt werden. Dieses Risiko spiegelt sich auch in den Investitionen der Unternehmen und den privaten Konsumausgaben wider. So sollen Unternehmensinvestitionen 2021/22 real um 7,4 Prozent wachsen, der Konsum soll um 5,5 Prozent steigen. Beide Zuwächse sind weniger stark als noch im Frühjahr 2021 prognostiziert.

    Auch die Exporte wurden durch den Lockdown in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem wegen der Fabrikschließungen im Textilsektor gingen die Ausfuhren im Juli 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat um 11 Prozent auf 3,5 Milliarden US-Dollar (US$) zurück. Für das gesamte Finanzjahr 2021/22 erwartet die EIU allerdings ein nominales Plus bei den Exporten von 10 Prozent auf 38 Milliarden US$. Die Importe sollen um 5 Prozent auf 59 Milliarden US$ zulegen. In der Folgeperiode dürfte der bilaterale Handel um 7 bis 8 Prozent wachsen.

    Textilindustrie befürchtet Auftragsverluste

    Bangladeschs Regierung hatte den Textil- und Bekleidungsfirmen nach einem einmonatigen Lockdown am 1. August erlaubt, die Produktion wieder aufzunehmen. Um die Schlüsselbranche vor möglichen künftigen Infektionswellen zu schützen, sollen die rund 4 Millionen Beschäftigte in der Textilindustrie priorisiert geimpft werden. Die Unternehmen befürchten, dass sich weitere temporäre Lockdowns negativ auf die Liefergarantien auswirken könnten und die internationalen Bekleidungsfirmen ihre Aufträge abziehen. Mit der schnellen Impfung der Mitarbeiter soll die kontinuierliche Produktion sichergestellt werden.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr

    Ein negativer PCR-Test und 14 Tage Quarantäne sind Voraussetzung für die Einreise nach Bangladesch. Innerhalb des Landes sind viele Beschränkungen aufgehoben. (Stand: 26.08.2021)

    Mit dem Ende des fast sechswöchigen Lockdowns wurden am 11. August 2021 die meisten Beschränkungen für den Personen- und Warenverkehr innerhalb Bangladeschs wieder aufgehoben. Auch Inlandsflüge werden unter Hygieneauflagen durchgeführt. Geschäfte und Einkaufszentren sind von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Restaurants dürfen mit halber Kapazität ebenfalls wieder betrieben werden. Die Schulen sind vorläufig noch bis zum 1. September 2021 geschlossen. Soziale, politische und religiöse Veranstaltungen sind ebenfalls weiterhin nicht erlaubt. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist im öffentlichen Raum und Gebäuden sowie in Geschäften vorgeschrieben. In Brennpunktgebieten können auch kurzfristig immer wieder lokal begrenzte Ausgangssperren oder andere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verhängt werden.

    Bei Einreise ist 14-tägige Heimquarantäne Pflicht

    Die Einreise nach Bangladesch ist weiterhin nur unter Auflagen möglich. Es gibt zurzeit nur wenige internationale Flugverbindungen und die Kapazität pro Flug ist auf maximal 200 Passagiere begrenzt. Die Visavergabe bei Ankunft ist - außer für Geschäftsreisende und ausländische Investoren - ausgesetzt. Die Einreise- und Quarantäneregelungen unterscheiden sich je nach Abflugort und Impfstatus. Alle Reisenden müssen einen negativen PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, vorlegen. Aus Deutschland kommend (Kategorie C) ist - unabhängig vom Impfstatus - eine 14-tägige Heimquarantäne verpflichtend. Weist ein Passagier bei der Einreise Covid-19-Symptome auf, muss die Quarantäne in einer staatlichen Einrichtung absolviert werden.

    Aktuelle Informationen zu Reisebeschränkungen

    Aktuelle Informationen zu Bewegungsbeschränkungen im Inland

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Bislang sind rund 14 Milliarden US-Dollar in Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft geflossen. (Stand: 26.08.2021)

    Die bangladeschische Regierung hat seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie eine Reihe von Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft ergriffen. Im April 2020 wurden mehrere Hilfspakete mit einem Volumen von 12 Milliarden US-Dollar (US$) beschlossen. Diese zielten unter anderem auf eine Stützung von wichtigen Industriezweigen wie Textil- und Bekleidung sowie Agrar- und Nahrungsmittel ab. Darüber hinaus erhielten Kleinunternehmen Zugang zu verbilligten Krediten, um ihre Liquidität sicherzustellen. Bezieher niedriger Einkommen erhielten Transferzahlungen.

    Im weiteren Verlauf wurden kleinere Stimuluspakete mit einem Volumen von insgesamt 1,4 Milliarden US$ auf den Weg gebracht. Auch diese zielen vor allem auf die Stützung der exportstarken und beschäftigungsintensiven Bekleidungsindustrie ab. Um die Wirtschaft in der Post-Corona-Zeit wieder anzukurbeln, will Bangladesch zudem in die Infrastruktur investieren. Der Fokus liegt dabei auf dem Transportsektor, der Wasser- und Energieversorgung sowie dem Gesundheitswesen. Für die Verbesserung des Gesundheitssektors hat das Land zudem insgesamt 1,5 Milliarden US$ von internationalen Geberorganisationen wie Weltbank, Internationalem Währungsfonds und Asian Development Bank erhalten.

    Haushaltsdefizit bleibt auf hohem Niveau

    Mit höheren Investitionen in das Gesundheitswesen und einer Steigerung der Sozialausgaben will die Regierung die Folgen der Coronapandemie für die Bevölkerung abmildern. Zudem sollen Infrastrukturprojekte im Straßen- und Schienenbau für neuen Schwung in der Wirtschaft sorgen. In Folge von Steuersenkungen für die Bekleidungsindustrie sind gleichzeitig die öffentlichen Einnahmen gesunken. Dies hat zur Konsequenz, dass das Haushaltsdefizit im laufenden Finanzjahr 2021/22 auf 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen dürfte - von 5,9 Prozent in der Vorperiode. In den nächsten drei Finanzjahren soll das Defizit bei durchschnittlich 5,3 Prozent liegen, so die Prognose der Economist Intelligence Unit (EIU). Die Nettostaatsverschuldung dürfte mit 32 Prozent im Finanzjahr 2021/22 auf dem Niveau der Vorperiode bleiben. 

    Impfkampagne


    Die Impfung der Bevölkerung kommt nur schleppend voran. Bis Ende August 2021 hatten 17,3 Millionen Personen eine Dosis erhalten und 7 Millionen der 165 Millionen Bangladescher:innen waren vollständig geimpft. Die Regierung wollte bis Ende 2021 ein Drittel der Bevölkerung vollständig impfen, doch dieses Ziel dürfte kaum zu erreichen sein. Mit dem aktuellen Tempo wäre eine Impfung von 60 Prozent der Bevölkerung erst Ende 2023 realistisch, so die Einschätzung der EIU.


    In Bangladesch werden die Vakzine von AstraZeneca, Pfizer-Biontech, Moderna und Sinopharm verimpft. Nachdem Indien den Export des vom Serum Institute of India hergestellten AstraZeneca-Impfstoffs im April 2021 ausgesetzt hatte, war die Impfkampagne in Bangladesch ins Stocken geraten und nahm erst im Juli 2021 wieder Fahrt auf. Inzwischen wird vor allem mit dem chinesischen Vakzin von Sinopharm geimpft.

    Von Boris Alex | New Delhi

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