Zollbericht Bolivien Zollgesetz und Zollverfahren, übergreifend
Andenländer: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Peru bilden die Andengemeinschaft. Was haben die Andenpartner gemeinsam und wodurch unterscheiden sie sich?
21.11.2024
Von Andrea González Alvarez | Bonn
Die Andengemeinschaft (Comunidad Andina de Naciones - CAN) ist ein Zusammenschluss der vier südamerikanischen Mitgliedstaaten Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Peru. Ziel der CAN ist unter anderem eine intensive regionale Zusammenarbeit auf politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Ebene. Der Integrationsprozess, damals auch als Andenpakt (Pacto Andino) bezeichnet, begann 1969 mit der Unterzeichnung des Abkommens von Cartagena (Acuerdo de Cartagena) und endete im Juni 1997 mit der Gründung der CAN.
Freier Warenverkehr in der Andenzone
Seit 1993 bilden die CAN-Mitgliedstaaten eine Freihandelszone (Zona Andina de Libre Comercio), die aus dem Handelsliberalisierungsprogramm (Programa de Liberación) hervorgeht. Das Programm zielt darauf ab, tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen den Andenländern zu beseitigen. Um in den Genuss des Programms zu kommen, müssen Waren in einem CAN-Mitgliedstaat hergestellt werden und den Ursprungsregeln der Andengemeinschaft entsprechen.
Vier Länder, vier Zolltarife
Ferner basieren die Zolltarife der CAN-Mitglieder auf der Gemeinsamen Nomenklatur der Andengemeinschaft (Nomenclatura Arancelaria Común de la Comunidad Andina – NANDINA). NANDINA ist nach dem Harmonisierten System (HS) aufgebaut, welches 21 Abschnitte mit 97 Zolltarifkapiteln umfasst. Die Kapitel untergliedern sich dort in vierstellige HS-Positionen und ergänzende sechsstellige HS-Unterpositionen. Der sechsstellige HS-Code ist in NANDINA auf acht Stellen (subpartida NANDINA) erweitert. Jedes Land erweitert die "subpartida NANDINA" in seinem nationalen Zolltarif auf zehn Stellen (subpartidas nacionales).
Die Zolltarife von Peru, Kolumbien und Ecuador sind im Internet verfügbar. Der Zugriff auf den Zolltarif Boliviens ist nur durch den Erwerb der physischen Version möglich, die ebenfalls Zugriff auf die elektronische Fassung ermöglicht.
Andenländer setzen eigene Zollsätze an
Gegenüber einer Zollunion, in der die Außenzölle der Mitglieder gegenüber Drittstaaten harmonisiert sind, werden die Außenzölle in Freihandelszonen nicht einheitlich angepasst. Stattdessen definiert jedes Mitglied eigene Zollsätze gegenüber Drittstaaten. Da es sich bei der CAN um eine Freihandelszone handelt, gibt es keine gemeinsamen Außenzölle und jedes Mitgliedsland definiert seine eigenen Zollsätze. Bei der Wareneinfuhr sind in den vier Andenstaaten unter anderem Einfuhrzölle, Mehrwert- und Verbrauchssteuer (in unterschiedlichen Höhen) zu zahlen.
Land | Einfuhrzollsatz in Prozent | Mehrwertsteuer in Prozent | Verbrauchsteuer in Prozent |
---|---|---|---|
Peru | 0, 6 und 11 | 16 | Die betroffenen Produkte werden mit unterschiedlichen Steuersätzen belastet |
Kolumbien | verschiedene Zollsätze | 19 | |
Ecuador | verschiedene Zollsätze | 15 | |
Bolivien | 0 - 40 | 14,94 |
Darüber hinaus können im Rahmen des Preisspannensystems Sistema Andino de Franjas de Precios (SAFP) variable zusätzliche Zölle beziehungsweise Zollermäßigungen für landwirtschaftliche Produkte wie zum Beispiel Reis, Mais, Gerste, Soja, Weizen, Zucker und Milch, gelten. Ziel ist es, die Einfuhrkosten solcher Agrarprodukte zu stabilisieren. Für die Festlegung der Mindest- und Höchstpreise ist das Generalsekretariat der CAN zuständig. Diese Preise sind ein Jahr gültig, beginnend am 1. April eines jeden Jahres.
Abkommen mit der EU erleichtert bilateralen Handel
Zwischen der EU einerseits und Peru, Kolumbien und Ecuador andererseits besteht ein Handelsabkommen, das am 1. November 2024 vollständig in Kraft getreten ist. Das Abkommen war seit 2013 größtenteils vorläufig anwendbar. Seither können EU-Unternehmen viele gewerblichen und landwirtschaftlichen Waren zollfrei in die drei Partnerländer einführen. Für Waren mit EU-Ursprung gelten in Peru, Kolumbien und Ecuador unterschiedliche Zeitpläne für den Zollabbau. Ferner kann die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder die Rechnungserklärung verwendet werden.
Das Abkommen steht dem Andenstaat Bolivien offen.
Heterogene technische Normen erschweren den Marktzugang
Nichttarifäre Handelshemmnisse etwa technische Normen erschweren den Zugang zu den inländischen Märkten. In der CAN sind sie nicht einheitlich, sodass jedes Andenland seine eigenen Normen festlegt. Außerdem sind die technischen Normen in Peru, Kolumbien und Ecuador grundsätzlich obligatorisch einzuhalten. In Bolivien sind sie nicht verbindlich. Überdies besteht in Peru, Kolumbien und Ecuador die Pflicht zum Nachweis der Konformität (Konformitätszertifikat) mit den jeweiligen nationalen Normen. So müssen Importprodukte aus dem Ausland von akkreditierten Institutionen im jeweiligen Land getestet werden, um den Marktzugang zu erhalten.
Für Produkte mit EU-Ursprung gelten in Ecuador seit 2014 vereinfachte Regeln der gegenseitigen Anerkennung von technischen Normen und Standards. Aufgrund der Vereinbarung 14241 vom 3. Juni 2014 erkennt Ecuador in Bezug auf Qualitätsstandards die in der EU und ihren Mitgliedstaaten geltenden Normen und Standards beziehungsweise technischen Vorschriften als gleichwertig mit den in Ecuador geltenden Normen und Standards an. Seither müssen Importeure anlässlich der Zollabfertigung lediglich ein EU-Ursprungszeugnis für das Produkt und eine eidesstattliche Erklärung über die Einhaltung der europäischen Qualitätsnormen oder eine Konformitätserklärung des Importeuers vorlegen.
Weitere Unterschiede bei der Zollabwicklung
Im Rahmen der Zollabwicklung gibt es zwischen den CAN-Mitgliedern weitere Unterschiede. Dazu zählen zum Beispiel:
- Einfuhrbeschränkungen: es muss länderspezifisch überprüft werden, ob die Einfuhrwaren von Beschränkungen und Verboten betroffen sind
- Carnet ATA: für die vorübergehende zollfreie Verwendung von Waren findet das Zollpassierscheinheft nur in Peru Anwendung
- Außenhandelssystem: jedes Land verwendet sein eigenes Außenhandelsportal
- Zollagenten: die Verpflichtung einen Zollagenten einzuschalten, hängt vom Einfuhrland ab
Weiterführende Informationen: