Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Investitionsklima
Investitionsklima reagiert auf politische Instabilität
Investoren interessieren sich für Bulgarien, doch häufige politische Konflikte und Korruption in den Behörden machen das wirtschaftliche Umfeld unberechenbar.
18.08.2023
Von Dominik Vorhölter | Sofia
Bulgarien weckt das Interesse internationaler Investoren mit im EU-Vergleich niedrigen Löhnen, Privilegien für die Branchen IT, Automotive und für Forschung und Entwicklung. Zudem stellt die EU üppige Fördergelder bereit. Trotzdem belasten die Korruption in den Behörden, eine niedrige Produktivität und die nach wie vor unsichere politische Entwicklung das Investitionsklima.
Investitionskontrolle ist noch nicht einheitlich geregelt
Die bulgarische Regierung hat noch keine Fortschritte bei der Umsetzung der ab 2020 geltenden EU-Vorschriften zur Kontrolle ausländischer Investitionen und zur Exportkontrolle in nationales Recht erzielt. Ziel ist es, in allen Mitgliedsstaaten einen Überprüfungsmechanismus zu etablieren, um etwa Geldwäsche zu bekämpfen oder um zu verhindern, dass kritische Infrastruktur in die falschen Hände gerät. Dafür ist jedes EU-Mitglied angehalten, die nationale Gesetzgebung anzupassen. Eine Verpflichtung hat die EU aber nicht ausgesprochen, heißt es in ihrem Bericht über ausländische Direktinvestitionen 2022. In Bulgarien gibt es noch keine nationale Gesetzgebung, die eine Überprüfung von Investitionen regelt. Das heißt, welche Behörde auf welche Weise eine solche Überprüfung durchführen darf, ist unklar.
Vorhaben münden größtenteils in Greenfield-Projekten
Im Jahr 2022 flossen 234 Millionen Euro an ausländischen Direktinvestitionen aus Deutschland nach Bulgarien, berichtet die Zentralbank. Davon gingen rund 20 Prozent in das verarbeitende Gewerbe. Das meiste Geld entfällt auf exportorientierte Branchen wie die Lebensmittelindustrie, die Metallverarbeitung, Elektroindustrie sowie auf die Energiewirtschaft. In diesen Branchen ist generell der Anteil der ausländischen Direktinvestitionen am Gesamtbestand am höchsten. Zu den größten Investoren zählen die Niederlande, Österreich, Deutschland, die Schweiz und Griechenland, die größtenteils in Greenfield-Projekte investieren. Die Schwerpunktbranchen für deutsche Investitionen sind die Elektroindustrie und die Automobilindustrie.
Unternehmen | Branche | Volumen in Mio. Euro |
---|---|---|
Aurubis | Metallverarbeitung | 732 |
Behr-Hella Thermocontrol | Automobilindustrie | 33,9 |
Witte Automotive | Automobilindustrie | 32,4 |
Leoni | Automobilindustrie | 32 |
Quarzwerke | Gewinnung und Veredelung von Mineralen für die Industrie | 30,8 |
Investitionsförderung: Vorzüge für ausgewählte Unternehmen
Bulgarien ist eine offene Volkswirtschaft innerhalb der EU. Es gibt keine Beschränkungen für Unternehmen, die eine Niederlassung im Land besitzen. Unternehmer profitieren von einer vergleichsweise niedrigen Körperschaft- und Einkommensteuer von jeweils 10 Prozent. Die staatliche Holding für die Entwicklung von Industriezonen NCIZ (National Company Industrial Zones) lockt Investoren mit einer beispielsweise bevorzugten Behandlung nach dem Investitionsfördergesetz an. Hiermit bestimmt der Gesetzgeber nach der Höhe der Investitionssumme und der Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze, in welchem Umfang dem Unternehmen Privilegien zustehen. Im Einzelnen bietet Bulgarien den als Investor zertifizierten Unternehmen diese Vorzüge:
- verkürzte Fristen für Verwaltungsleistungen;
- Möglichkeit zum Kauf von Immobilien zu Vorzugsbedingungen ohne Ausschreibung oder Wettbewerb;
- Individuelle Verwaltungsleistungen, die für die Durchführung des Investitionsprojekts erforderlich sind;
- teilweise Erstattung der obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge des Investors für neu eingestellte Mitarbeitende;
- finanzielle Unterstützung für die Ausbildung von neu eingestellten Mitarbeitenden zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation;
- Bereitstellung uneingeschränkter institutioneller Unterstützung für vorrangige Investitionsprojekte, einschließlich öffentlich-privater Partnerschaften.
Einzelne Gemeinden im Osten des Landes, wo eine strukturell bedingt höhere Arbeitslosigkeit herrscht, bieten außerdem steuerliche Vorzüge an. Hierzu gehören beispielsweise höhere Abschreibungssätze auf Ausrüstung, um Unternehmen anzulocken.
Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.