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Chinas Außenhandel boomt trotz globaler Herausforderungen
Der Erfolg der chinesischen Wirtschaft basiert auf Exporten. Trotz Chipmangel und Engpässen erreichte der Handel 2021 Rekordsummen. Für deutsche Exporteure bleibt China bedeutend.
09.02.2022
Von Katharina Viklenko | Bonn
- Ausfuhren trotzen Halbleitermangel und Containerstaus
- Handelsbilanz erreicht neuen Rekordwert
- Konflikt mit den USA spiegelt sich im bilateralen Handel wider
- China zum sechsten Mal in Folge wichtigster deutscher Handelspartner
- Deutsche Exporte überschreiten erstmals 100 Milliarden Euro
- Omikron zugleich Chance und Risiko
Der chinesische Außenhandel mit Waren erwies sich auch im zweiten Coronajahr 2021 trotz Herausforderungen als Treiber des Welthandels. Die Im- und Exporte der Volksrepublik legten gegenüber dem Vorjahr jeweils um etwa 30 Prozent zu. Das solide Wachstum ist jedoch keineswegs lediglich auf die geringe Basis des Jahres 2020 zurückzuführen. Denn selbst im Vergleich zum Niveau vor Ausbruch des Coronavirus 2019 wurden ähnlich hohe Steigerungsraten verzeichnet.
2020 | Veränd. | 2021 | Veränd. | Veränd. zu 2019 | |
---|---|---|---|---|---|
Exporte weltweit, davon | 2.590 | 3,6 | 3.364 | 29,9 | 34,6 |
USA | 452 | 7,9 | 576 | 27,5 | 37,6 |
EU(27) | 391 | 6,7 | 518 | 32,6 | 41,5 |
ASEAN(10) | 384 | 6,8 | 484 | 26,1 | 34,6 |
Importe weltweit, davon | 2.066 | -0,6 | 2.688 | 30,1 | 29,3 |
USA | 135 | 9,9 | 180 | 32,7 | 46,3 |
EU(27) | 259 | 2,3 | 310 | 19,9 | 22,6 |
ASEAN(10) | 301 | 6,7 | 395 | 30,8 | 39,9 |
Der bilaterale Handel mit den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union (EU) sowie den Staaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) entwickelte sich mit zweistelligen Wachstumsraten ähnlich positiv. Das Vorkrisenniveau wurde deutlich übertroffen. Auch der Güteraustausch mit vielen anderen wichtigen Handelspartnern der Volksrepublik nahm deutlich an Fahrt auf.
Ausfuhren trotzen Halbleitermangel und Containerstaus
Die chinesischen Exporte erreichten 2021 mit knapp 3,4 Billionen US-Dollar (US$) einen neuen Rekordwert. Dabei konnte sich Chinas Exportwirtschaft trotz des Halbleiter- und Chipmangels aufgrund der kräftigen weltweiten Nachfrage behaupten. Zwar verschärften Stromrationierungen und die Energiekrise im Herbst 2021 Lieferengpässe bei zahlreichen Vorprodukten. Des Weiteren beobachten Experten den Containermangel, hohe Frachtraten und Verzögerungen im Schiffsverkehr mit Sorge. Die strikte Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung mit mehreren Lockdowns an Containerhäfen offenbarte zudem die Verletzbarkeit von globalen Lieferketten. Infolge dieser Faktoren verlangsamten sich die chinesischen Ausfuhren zum Jahresende, bremsten den Aufwärtstrend aber kaum ab.
Größere Ausbrüche des Coronavirus in den ASEAN-Mitgliedsstaaten wie Vietnam kamen Anbietern aus China 2021 zugute, da Einkäufer mehr Waren aus der Volksrepublik orderten. Dort gelang es der Regierung, mit einem rigiden Pandemiemanagement größere Ausbrüche zu verhindern. So profitierten Exporteure davon, dass sie schon Anfang 2020 zum Alltagsgeschäft zurückkehrten, während die ausländische Konkurrenz mit Reise- und Handelsbeschränkungen infolge von Covid-19 kämpfte. Dieser Vorteil erstreckte sich bis ins Jahr 2021 hinein, als zahlreiche Regierungen auf neue Virusvarianten mit weiteren Reise- und Transportbeschränkungen reagierten.
Handelsbilanz erreicht neuen Rekordwert
Dem rasanten Aufwärtstrend der Ausfuhren steht die wachsende Diskrepanz der Importe gegenüber. Laut Angaben des chinesischen Zollamtes fuhr das Reich der Mitte im Dezember 2021 den höchsten monatlichen Handelsüberschuss seit 1994 ein. Für das Gesamtjahr 2021 wies das Zollamt beim Saldo einen Rekordwert von 676 Milliarden US$ aus. Der bisherige Höchstwert von 2015 wurde damit deutlich übertroffen.
Der stockende Binnenkonsum bereitet der chinesischen Regierung seit geraumer Zeit Sorgen. Mit der Dual-Circulation-Strategie will sie eigentlich von der Auslandsnachfrage unabhängiger werden und den Konsum im Land fördern. Doch die unsichere Coronalage mit dem Auftreten der Omikron-Variante, das sich abschwächende Wirtschaftswachstum, die Verschuldung und Alterung der Bevölkerung sowie die Immobilienkrise lassen Konsumenten vorsichtiger agieren.
Konflikt mit den USA spiegelt sich im bilateralen Handel wider
Ungleichgewichte im Handel waren eine der Ursachen für den Konflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten. Während sich das US-Handelsdefizit 2019 und 2020 zweistellig verkleinerte, legte es 2021 mit 3 Prozent wieder leicht zu. Trotz des Handelskonflikts mit Washington kurbelte die Impfkampagne in den USA und der Wirtschaftsaufschwung den dortigen Konsum und die Nachfrage nach chinesischen Waren an.
China zum sechsten Mal in Folge wichtigster deutscher Handelspartner
Für den deutschen Außenhandel ist die Bedeutung Chinas kontinuierlich gestiegen. Im Coronajahr 2020 hat sich das Reich der Mitte als Stabilitätsanker für den deutschen Außenhandel erwiesen. Die Dynamik nahm 2021 etwas ab und der Handel mit anderen Partnern zum Teil stärker zu. Das von beiden Ländern gehandelte Volumen stieg 2021 aber dennoch laut vorläufigen Daten von Destatis um 16 Prozent auf rund 245 Milliarden Euro und erreichte einen neuen Höchstwert.
Damit ist die Volksrepublik 2021 trotz politischer Spannungen und Herausforderungen für Unternehmen nun schon zum sechsten Mal in Folge Deutschlands größter Partner im Warenhandel. Aus keinem anderen Land importiert Deutschland mehr Produkte als aus dem Reich der Mitte. Dabei haben sich die Einfuhren aus China 2021 mit einem Plus von 20,8 Prozent etwas dynamischer entwickelt als die gesamten deutschen Importe.
Deutsche Exporte überschreiten erstmals 100 Milliarden Euro
Als Absatzmarkt wird das Reich der Mitte für deutsche Exporteure immer bedeutender: Schon 2020 hat China Frankreich überholt und belegt seitdem Rang zwei bei den wichtigsten Exportzielländern Deutschlands. Die deutschen Ausfuhren in die Volksrepublik überschritten 2021 laut vorläufigen Daten von Destatis mit fast 104 Milliarden Euro erstmals einen neuen Rekordwert.
Bei den wichtigsten Lieferpositionen "made in Germany" verzeichneten nahezu alle Warengruppen ein zweistelliges Wachstum gegenüber 2020. Besonders gut schnitten in den ersten elf Monaten 2021 Ausfuhren von chemischen Erzeugnissen, Kfz und Elektrotechnik ab. Kaum zugelegt haben hingegen die Exporte von Elektronik nach China.
Warengruppe | SITC-Position | 1.-11.2020 | 1.-11.2021* | Veränderung |
---|---|---|---|---|
Gesamt | 0 bis 9 | 86,6 | 95,2 | 10,0 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 22,3 | 24,9 | 11,5 |
Maschinen | 71 bis 74 | 18,4 | 19,9 | 7,8 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 10,5 | 11,7 | 11,3 |
Chemische Erzeugnisse | 5 | 9,6 | 11,2 | 17,0 |
Mess- und Regeltechnik | 87 | 6,3 | 7,0 | 10,8 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 4,6 | 4,6 | 0,6 |
Omikron zugleich Chance und Risiko
Bei der Einschätzung der weiteren Exportentwicklung gehen die Meinungen von Experten auseinander. So könnte China von Unterbrechungen in den Lieferketten anderer Länder durch Omikron durchaus profitieren. Die globale Nachfrage nach chinesischen Produkten dürfte robust bleiben. Sollte die Regierung jedoch die strikten Null-Covid-Maßnahmen aufrechterhalten, wird dies den Außenhandel 2022 trüben. Das chinesische Wachstumsmodell stößt zunehmend an Grenzen. Der Export bildet einen Lichtblick, auf den die Wirtschaft angewiesen ist.