Weiter ist bei der Frage nach der Qualifikation des estnischen Dienstleisters das estnische Berufsgesetz (Kutseseadus, Professions Act) von Bedeutung. Dieses definiert die Begriffe der estnischen Berufsqualifikation und schafft die rechtlichen Voraussetzungen für das estnische System der Berufsqualifikationen.
Die sogenannten Berufsräte in Estland (Kutsenõukogu, Professional Councils, §§ 8 folgende des Berufsgesetzes) entwickeln in den jeweiligen Fachbereichen das Berufsqualifikationssystem und setzen dieses um. Dies umfasst etwa:
- Entwicklung und Aktualisierung beruflicher Standards und deren formelle Verabschiedung
- Vergabe von Berufsqualifikationen durch ein eigens dafür eingesetzte Stellen (Kutset andev organ)
- Überwachung der Vergabe von Berufsbezeichnungen (zum Teil ebenfalls durch diese Stellen)
- Vorgabe der Verfahren und Gebühren für die berufliche Qualifikation
- Wirkung als Streitschlichtungsorgan in Fragen im der Berufsqualifikation
Die näheren Funktionen der mit der Vergabe und teilweise auch mit der Überwachung von Berufsqualifikationen betrauten Stelle (Kutset andev organ) regelt § 12. Das förmliche Verfahren zum Erwerb der Berufsqualifikation (Kutse andmine) ergibt sich aus den §§ 15-22.
Die staatliche Aufsicht (Riikliku järelevalve) wird vom Estnischen Ministerium für Bildung und Forschung als Aufsichtsbehörde (teostaja) wahrgenommen wird und hat ihre rechtliche Grundlage in den §§ 23-25 des estnischen Berufsgesetzes (Kutseseadus, Professions Act).
Zum Nachweis der Berufsqualifikation werden nach dem estnischen Berufsgesetz sogenannte Berufszertifikate vergeben (Kutsetunnistus, Professional certificates, § 21), die unter bestimmten Voraussetzungen aber auch wieder aberkannt werden können (§ 22). Diese Zertifikate werden im sog.--sogenannten Berufsregister verzeichnet (Kutseregister, Register of professions § 14 und § 21 Absatz 4).
Schließlich sind die einzelnen Berufsqualifikationen in Estland im Anhang des Berufsgesetzes (Kutseseadus, Professions Act) innerhalb eines sog. Qualifikationsrahmens (Kvalifikatsiooniraamistik, Qualification framework) in acht Stufen der allgemeinen Ausbildungsvoraussetzungen (entsprechend dem sogenannten europäischen Qualifikationsrahmen, (Anhang 1, Lisa 1, Annex 1) sowie fünf weitere Stufen nach dem Berufsgesetz (Anhang 2, Lisa 2, Annex 2).
Architekten und Bauingenieure
Sowohl Architekten als auch Bauingenieure sind in der Vereinigung der Architekten und beratenden Ingenieuren Estlands (Eesti Projektbüroode Liit - EPBL; Estonian Association of Architectural and Consulting Engineering Companies - EAACEC) organisiert.
Der Internetpräsenz des Berufsverbands EPBL kann ein alphabetisches Verzeichnis der Architekten und beratenden Ingenieure Estlands entnommen werden; gleichwohl sind dort nur die Mitglieder aufgeführt, denn das estnische Berufsrecht kennt keine Pflichtmitgliedschaft für Architekten und Ingenieure.
Das Planungsrecht estnischer Architekten folgt aus § 13 des estnischen Planungsgesetzes (Planning Act - Planeerimisseadus).
Weiter stellt die estnische Architekten- und Ingenieursvereinigung EPBL gemäß der Vorgabe der internationalen Organisation beratender Ingenieure FIDIC (International Federation of Consulting Engineers) auf ihrer Internetseite eine Liste estnischer Bauexperten zur Verfügung (Estonian lists of adjudicators, arbitrators, mediators and experts); diese können beispielsweise herangezogen werden als:
- Gutachter und Bausachverständige
- Schiedsrichter
- Mediatoren.
Wirtschaftsprüfer
Das estnische Gesetz über Wirtschaftsprüfungen (Audiitortegevuse seadus, RTI, 18.02.2010, 9, 41) wurde mit Wirkung zum 8.3.2010 völlig neu gefasst. Die Neuerungen beruhen auf den Vorgaben der Europäischen Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen.
Die Änderungen betreffen beispielsweise die Voraussetzungen, unter denen eine Abschlussprüfung verpflichtend vorgeschrieben ist (Auditi kohustus). Dies gilt etwa für Aktiengesellschaften aber auch für Unternehmen, die eine Kombination bestimmter Kriterien erfüllen (Jahresumsatz 2.000.000 Euro und 30 Angestellte, um nur ein Beispiel zu nennen; weitere Einzelheiten siehe § 91). Daneben werden Voraussetzungen festgeschrieben, bei deren Vorliegen eine sog.--sogenannte sonstige Prüfung (Ülevaatuse kohustus, vergleiche hierzu § 92) zu erfolgen hat.
Der aktualisierte Gesetzestext des estnischen Wirtschaftsprüfungsgesetzes (Audiitortegevuse seadus) ist auf der Internetseite der elektronischen Fassung des estnischen Staatsblattes (elektrooniline Riigi Teataja-.eRT) abrufbar.
Wichtiger Hinweis:
Die über eine Verlinkung auf der Internetseite der Wirtschaftsprüferkammer in Estland (Auditorkogu) verfügbare englische Übersetzung des bisherigen estnischen Wirtschaftsprüfungsgesetzes bezieht sich noch auf die alte Fassung.
Sonstige freie Berufe
Weitere Berufe sind in Estland als freie Berufe (Liberal Professions) organisiert und unterfallen damit zumindest indirekt unter die Zuständigkeit des estnischen Justizministeriums.
Dort stehen englischsprachige Basis-Informationen zu estnischen Liberal Professions zur Verfügung. Im Einzelnen betrifft dies das estnische Berufsbild des:
- Notars (notary)
- Gerichtsvollziehers (bailiff)
- des Insolvenzverwalters in Estland (trustee in bankruptcy) sowie
- des vereidigten Übersetzers (sworn translater)
Auch Verlinkungen zu den jeweiligen Berufs-Registern Estlands, also den Verzeichnissen der Notare, Gerichtsvollzieher und Insolvenzverwalter, stellt das Justizministerium an gleicher Stelle zur Verfügung.