Die allgemeine Zuständigkeit (Isiku kohtualluvus) der Gerichte (auch örtliche) bestimmt sich auch nach estnischem Recht zunächst nach dem Wohnsitz des Beklagten, bei juristischen Personen nach deren Sitz (§ 79 der estnischen Zivilprozessordnung Tsiviilkohtumenetluse, englische Übersetzung).
Bei Klagen im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren ist auch das Gericht zuständig, das die Insolvenz festgestellt hat (§ 82, Nähere Informationen zum Thema Insolvenz in Estland finden Sie auch in der Rubrik Allgemeine rechtlichen Rahmenbedingungen unter dem Punkt Insolvenz).
Besonderheiten gibt es auch bei Klagen gegen estnische Staatsbürger, die im Ausland leben sowie bei Klagen gegen den estnischen Staat und estnische Kommunen (§§ 80-81).
Als Abweichung von der allgemeinen Regel sieht das estnische Recht den sog.--sogenannten besonderen Gerichtsstand in den §§ 83 folgende vor, und zwar betrifft dies Fälle wie etwa:
- Ort der Wirtschaftstätigkeit (§ 84)
- Sitz einer juristischen Person (§ 85)
- Ort der vertraglichen Leistungserbringung (§ 89)
- Ort des Wohnortes bei einem Verbraucher (§ 90)
- Versicherungsverträge (§ 91)
- Arbeits- und Beschäftigungsverträge (§ 92)
- Wechsel- und Scheck (§ 93)
- Unerlaubte Handlungen (§ 94)
- Bestimmte prozessuale Situationen wie Nebenklage, Klagehäufung, Widerklage (§§ 97-98)
Schließlich kennt auch die estnischen Zivilprozessordnung (Tsiviilkohtumenetluse, englische Übersetzung) den sog. ausschließlichen Gerichtsstand (Erandlik kohtualluvus, §§ 99-107), die beispielsweise bei Immobilien zwingend am Ort der Belegenheit sind (§ 99); auch bei der gerichtlichen Zuständigkeit bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt es hier eine Sonderregelung (§ 100).
Die freie Gerichtsstandsvereinbarung (Kohtualluvuse kokkulepe) ist in Estland relativ weitgehend möglich; die Einzelheiten hierzu finden sich in den §§ 104-107 (Ausschlussgründe in § 106); die Möglichkeit der Vereinbarung eines Schiedsgerichtsstandes ist ebenfalls gesetzlich vorgesehen (§ 9 Absatz 2).
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich in Estland aus den §§ 9 folgende, die Zusammensetzung des Gerichts aus den §§ 16 folgende; ergänzend sind auch die allgemeinen Vorschriften zu den Gerichtsständen heranzuziehen (§§ 69-78).
Die sachliche Zuständigkeit in Zivilsachen liegt grundsätzlich beim Kreisgericht (Maakohus); liegt die Zuständigkeit von diesem Grundsatz abweichend bereits in der ersten Instanz beim Bezirksgericht (Ringkonnakohus), ist dies ausdrücklich gesetzlich festgelegt (u.a.--und andere §§ 630 folgende).
Auch die Bestimmung des Streitwerts ist detailliert gesetzlich geregelt (§§ 122-193).
Ein Suchdienst für das jeweils zuständige Gericht steht im Internet auf den Seiten des Europäischen Justizportals auf Deutsch zur Verfügung (Länderauswahl: Estland).