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EFSD+ erweitert Finanzierungsrahmen für Global Gateway

Die EU-Initiative Global Gateway speist sich zu einem großen Teil aus dem umfangreichen European Fund for Sustainable Development Plus (EFSD+). Firmen profitieren über Garantien - aber nur indirekt. (Stand: 9.08.2024)

Von Wilhelm Emmrich, Heike Hoffmann | Berlin, Brüssel

Die EU will zwischen 2021 und 2027 Investitionen in Höhe von bis zu 300 Milliarden Euro vor allem für nachhaltige Infrastruktur in Entwicklungs- und Schwellenländern anstoßen. Dazu nutzt sie ihre Global-Gateway-Initiative. Diese verfügt jedoch nicht über einen zentralen Topf, von dem sich Unternehmen direkte Zuschüsse erhoffen könnten. Vielmehr gelten die Mittel als Entwicklungshilfe im Sinne der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Dreh- und Angelpunkt für Global-Gateway-Investitionen ist der Europäischen Fonds für Nachhaltige Entwicklung Plus (European Fund for Sustainable Development Plus - EFSD+). Dieser enthält insbesondere Garantien zur Projektabsicherung und Mischfinanzierung (blended finance), jeweils umgesetzt von einem Netzwerk von rund 20 Entwicklungsbanken. Mit einem Garantievolumen von knapp 40 Milliarden Euro soll EFSD+ öffentliche und private Investitionen in Höhe von 135 Milliarden Euro mobilisieren.

EU-Kommission setzt auf Expertise der Entwicklungsbanken

Der EFSD+ baut auf die Erfahrungswerte aus dem Vorgängerfonds EFSD auf. Dieser hatte ein deutlich kleineres Garantievolumen (1,55 Milliarden Euro). Bastian Koop von der EU-Generaldirektion für Internationale Partnerschaften (DG INTPA) sagt dazu: 

"Der EFSD kann als Pilotprojekt für die Nutzung von Garantien in der Zusammenarbeit mit EU-Partnerländern angesehen werden. Der EFSD+ basiert auf diesen Erfahrungswerten und verfügt über einen deutlich größeren finanziellen Rahmen."

Dank Garantien des EFSD+ können Unternehmen in Drittstaaten mit hohem Investitionsrisiko Unterstützung für solche Projekte erhalten, für die sie ansonsten keine Finanzierung von ihren Haus- und Entwicklungsbanken bekommen hätten. Denn ähnlich dem Prinzip von deutschen Exportkreditgarantien, den sogenannten Hermesdeckungen, erhalten Banken beim Scheitern von abgesicherten Risikoprojekten eine Entschädigung aus dem EFSD-Plus-Topf. Das Resultat sind verbesserte Finanzierungskosten, ohne die Projekte oft nicht realisierbar wären.

Die EU-Kommission vertraut bei der Umsetzung der Garantien, wie schon beim Vorgänger EFSD, maßgeblich auf die Expertise von zumeist europäischen Entwicklungsbanken. So hat sie sogenannte Investitionsfenster (investment windows) ausgeschrieben, für die sich Entwicklungsbanken mit konkreten Finanzierungsvorhaben bewerben und Garantien erhalten können. 

Zwei Drittel des Garantievolumens sind ausschließlich für die EU-Hausbank, die Europäische Investitionsbank (EIB), vorgesehen (26,7 Milliarden Euro). Für den verbleidenden Teil können andere europäische Entwicklungsbanken und Finanzinstitutionen Vorschläge einreichen (13,1 Milliarden Euro). Auch die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Entwicklungsbank) und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) haben sich beteiligt.

Mehr lokale Ausschreibungen dank zusätzlicher Garantien

Die erste Säule des EFSD+ besteht aus vier Investitionsfenstern, die exklusiv der EIB zur Verfügung stehen. Zwei EIB-Investitionsfenster (1 und 2) sind als Unterstützung für Entwicklungsländer gedacht, die etwa ihre Infrastrukturvorhaben nicht selbst auf dem Kapitalmarkt finanzieren können. Die Kredite, die die EIB mittels EFSD-Plus-Garantien vergibt, kommen also nicht direkt bei Unternehmen an, sondern bei den Regierungen der Partnerländer oder etwa deren staatlichen Energieversorgern und Telekommunikationsbetreibern. Wenn diese lokalen Akteure öffentliche Infrastrukturprojekte ausschreiben, können sich jedoch Chancen auch für deutsche Firmen ergeben. GTAI veröffentlicht solche internationalen Ausschreibungen und Projektfrühinformationen.

Die anderen beiden EIB-Investitionsfenster (3 und 4) haben direktere Relevanz für den Privatsektor: Das dritte Fenster bietet Garantien, die politische Risiken bei Projekten abdecken. Das vierte Fenster sichert private Investitionen in afrikanischen, karibischen und asiatisch-pazifischen Ländern ab. Ein Beispiel: Mit EIB-Garantien erhielt die tansanische Bank CRDB  im Februar 2023 einen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro. CRDB wiederum vergibt damit Kredite an Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen (KKMU), die lokal registriert sind. Um von diesen abgesicherten Krediten profitieren zu können, müssten deutsche Unternehmen allerdings vor Ort in den Partnerländern eine Niederlassung haben.

EFSD+ nimmt erst seit Anfang 2024 Fahrt auf

Die zweite EFSD-Plus-Säule ist eine sogenannte "Open Architecture" mit sieben Investitionsfenstern für folgende Bereiche: Konnektivität, Landwirtschaft & Biodiversität, nachhaltige Finanzierung, KKMU, Stadtentwicklung, Gesundheit und neuerdings kritische Rohstoffe.

Rund 50 Garantien sollen bis Ende 2024 verteilt auf die sieben offenen Investitionsfenster zur Verfügung stehen. Stand Juni 2024 sind sechs von DG INTPA betreute Garantieprogramme unterzeichnet und aktiv. Weitere Programme befinden sich in fortgeschrittenem Stadium der Verhandlungen. Bis zur Unterzeichnung der individuellen Garantien sind jedoch viele Details zu klären, wie Bastian Koop von DG INTPA feststellt, der die Garantieverträge mit europäischen Entwicklungsbanken mitverhandelt. Nach der Unterzeichnung können die Garantien für bis zu fünf Jahre genutzt werden, um Investitionsrisiken zu reduzieren.

DEG und KfW erhalten erste EFSD-Plus-Garantien

Die DEG und die KfW Entwicklungsbank setzen bereits erste EFSD-Plus-Garantien ein: So stellt die DEG ihrem langjährigen Kunden, der Co-operative Bank Kenya, ein langfristiges Darlehen in Höhe von 25 Millionen US-Dollar bereit. Mit diesen Mitteln legt die Co-op Bank eine Kreditlinie auf, die ausschließlich für lokale KKMU bestimmt ist, die von Frauen geführt werden oder deren Eigentümer Frauen sind. Dabei handelt es sich um die erste DEG-Finanzierung, bei der eine EFSD-Plus-Garantie zum Einsatz kommt, um eine Teilsumme des Darlehens abzusichern. 

Die KfW-Entwicklungsbank gibt ihrerseits eine EFSD-Plus-Garantie weiter an den African Local Currency Bond Fund (ALCB Fonds). Mit diesem hat sie nun einen Rahmenvertrag über 100 Millionen Euro unterzeichnet. Ziel des ALCB Fonds ist es, afrikanische Länder beim Ausbau ihrer wenig entwickelten Kapitalmärkte zu unterstützen. Michael Schuster, Portfoliomanager in der Beteiligungsfinanzierung der KfW Entwicklungsbank sagt: 

"Mit der EU haben wir einen weiteren starken Partner an unserer Seite, um das Ziel zu erreichen, Unternehmen in Afrika die Refinanzierung in lokaler Währung zu erleichtern und privates Kapital zu mobilisieren."

Zusätzliche EFSD-Plus-Garantieverträge für die KfW Entwicklungsbank und DEG dürften im Laufe des Jahres 2024 folgen. Grundsätzlich rät Bastian Koop jenen Unternehmen, die in Entwicklungsländern tätig sind oder werden wollen, in einem ersten Schritt mit der EU-Delegation in dem jeweiligen Partnerland zu sprechen und ihre Projektideen vorzustellen. Firmen können jedoch auch direkt auf Entwicklungsbanken wie DEG und EIB mit Projektvorschlägen zugehen oder das Beratungsangebot der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) wahrnehmen. Bei Interesse können die Banken dann eine maßgeschneiderte Finanzierung mit einer EFSD-Plus-Garantie bereitstellen.

EFSD+ bringt Global Gateway mehr Substanz aber kaum mehr Sichtbarkeit

Die EU-Initiative Global Gateway nehmen viele Unternehmen nur sehr vage wahr. Mit EFSD+ wird nun klarer, wie die angekündigten Investitionen zustanden kommen. Auch Ansatzpunkte für deutsche Firmen lassen sich identifizieren, insofern sie vor Ort niedergelassen sind oder sich an Ausschreibungen lokaler Akteure beteiligen. Den meisten profitierenden Firmen dürfte allerdings kaum klar sein, dass sie zu einem Teil von Global Gateway geworden sind. Das liegt daran, dass die EFSD-Plus-Garantien erst über Kredite von Entwicklungsbanken und etliche weitere Intermediäre auf indirektem Weg zu ihnen gelangen. 

Das schmälert zwar nicht die Geschäftschancen und die Wirkung von EFSD+, doch bringt es vorerst kaum die von der EU erhoffte Sichtbarkeit für Global Gateway und damit das weltweite Engagement der EU. Entscheidend für die künftige Global-Gateway-Finanzierung wird sein, wie die EU ihren nächsten mehrjährigen Finanzrahmen aufstellt, der ab 2025 vorbereitet und ab 2028 für sieben Jahren gelten wird.

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