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Wirtschaftsumfeld | Finnland | Parlamentswahl

Parlamentswahl in Finnland - Ergebnis so knapp wie erwartet

Finnlands Bürger haben ein neues Parlament gewählt. Aufgrund der Wahlergebnisse ist mit einem Regierungswechsel zu rechnen. Es werden jedoch lange Verhandlungen erwartet. 

Von Niklas Becker | Helsinki

In Finnland fand am 2. April 2023 turnusgemäß eine Parlamentswahl statt. Wie prognostiziert, ist das Ergebnis sehr knapp ausgefallen. Die liberalkonservative Nationale Sammlungspartei (Kokoomus) mit ihrem Vorsitzenden Petteri Orpo konnte die Wahl für sich entscheiden. Ihr stehen 48 der insgesamt 200 Sitze im finnischen Parlament zu. Die rechtspopulistischen Basisfinnen (Perussuomalaiset) liegen mit 46 Sitzen auf dem zweiten Platz. Die Sozialdemokraten (SDP) von Ministerpräsidentin Sanna Marin erreichten mit 43 Sitzen den dritten Platz. 

Neue Sitzverteilung im finnischen Parlament (Zahl der Mandate; Veränderung im Vergleich zu 2019)

Nationale Sammlungspartei (Kokoomus): 48 (+10)

Basisfinnen (Perussuomalaiset): 46 (+7)

Sozialdemokraten (SDP): 43 (+3)

Zentrumspartei (Keskusta): 23 (-8)

Grüner Bund (Vihreät): 13 (-7)

Linksbündnis (Vasemmistoliitto): 11 (-5)

Schwedische Volkspartei (SFP): 9 (0)

Christdemokraten (KD): 5 (0)

Movement Now (Liike Nyt): 1 (+1)

Vertreter für Åland: 1 

Zwei mögliche Alternativen für eine Regierungskoalition

Die Nationale Sammlungspartei muss nun Koalitionsgespräche aufnehmen. In Finnland kommt diese Aufgabe traditionell zunächst dem Wahlsieger zu. Da aufgrund der Stimmenverteilung mindestens drei Parteien für die Regierungsbildung nötig sind, werden lange Koalitionsverhandlungen erwartet. Anders als die SDP hatte die Nationale Sammlungspartei eine Koalition mit den Basisfinnen explizit nicht ausgeschlossen. Beide Parteien koalierten bereits einmal zwischen 2015 und 2017. 

Darüber hinaus ist auch eine Zusammenarbeit zwischen der Nationalen Sammlungspartei und der SDP denkbar. Für beide Konstellationen muss allerdings noch mindestens eine weitere Partei gefunden werden. Nach Einschätzung der Nordea Bank dürften sich die Nationale Sammlungspartei und die Basisfinnen bei Fragen zur Steuerpolitik näherstehen. Bei anderen Themen wie beispielsweise der EU-Politik, der Einwanderung und der ökologischen Ausrichtung des Landes liegen die Sozialdemokraten und die Nationale Sammlungspartei laut dem Finanzinstitut jedoch nahe beieinander.

Eine Fortsetzung der bisherigen Fünf-Parteien-Regierung ist nicht möglich. Davon war bereits im Vorfeld der Wahl ausgegangen worden. Mit Ausnahme der SDP haben alle derzeit an der Regierung beteiligten Parteien an Zustimmung verloren. Am deutlichsten fiel der Rückgang bei der Zentrumspartei (Keskusta) aus. Mit 23 Sitzen erhielt sie acht Mandate weniger als bei der vorherigen Wahl. 

Staatsfinanzen sind ein großes Thema 

Ein wichtiger Punkt bei den Koalitionsverhandlungen werden die Staatsfinanzen sein. Finnland hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg der Staatsverschuldung verzeichnet. Bei der letzten Parlamentswahl 2019 lag sie bei 64,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Jahr 2023 dürfte die Staatsverschuldung jüngsten Prognosen der Europäischen Kommission zufolge auf 72 Prozent steigen.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) mahnte kürzlich an, dass Finnland mittelfristig eine erhebliche Konsolidierung seiner Staatsfinanzen vornehmen müsse. Dies sei unausweichlich, um künftig ausreichend finanziellen Spielraum zur Schulterung des demografischen Wandels zu haben. Der Regierung von Premierministerin Sanna Marin werfen Kritiker fehlende Haushaltsdisziplin vor. Die Nationale Sammlungspartei will die Neuverschuldung Finnlands bis 2031 beenden. Zudem soll der Schwerpunkt der Besteuerung von Arbeit und Unternehmen beispielsweise auf die Besteuerung von Emissionen verlagert werden. 

Fachkräftemangel muss bewältigt werden 

Ein weiteres großes Thema bei den Koalitionsverhandlungen dürfte der Fachkräftemangel im Land werden. Um diesem entgegenzuwirken, ist Finnland auf die Anwerbung von Arbeitnehmern aus dem Ausland angewiesen. Sowohl die Nationale Sammlungspartei als auch die SDP sprechen sich für eine Zuwanderung von ausländischen Fachkräften aus. Die Basisfinnen hingegen fordern eine Reduzierung der Einwanderung. Zu den langfristigen Zielen der Partei gehören auch der EU- und Euro-Austritt. 

Die derzeitige Regierung hatte bereits 2019 das Ziel ausgegeben, dass Finnland ab 2035 CO₂-neutral sein soll. Die ökologische Ausrichtung führte unter anderem zu einem deutlichen Anstieg der installierten Onshore-Windkraftanlagen im Land. Bei einer Regierungskoalition mit Beteiligung der Basisfinnen könnten der Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien zukünftig jedoch weniger Aufmerksamkeit erhalten. In ihrem Wahlprogramm kündigte die Partei eine Verschiebung des CO₂-Neutralitätsziels auf 2050 an. 

Ein weiteres wichtiges Thema für die neue Regierung ist die Inflation in Finnland. Zwar lag diese im Februar 2023 mit 8 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 8,5 Prozent. Allerdings sind die negativen Auswirkungen der deutlichen Preissteigerungen auch in dem nordischen Land spürbar. So erwartet das finnische Finanzministerium in seiner im März 2023 veröffentlichten Prognose einen realen (preisbereinigten) Rückgang des heimischen Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent für das Jahr 2023. Im Jahr 2024 wird die finnische Wirtschaft laut den Experten dann wieder um 1,3 Prozent wachsen.

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