In Gewährleistungsfällen bei Werkverträgen wird nach französischem Recht grundsätzlich mangels gesetzlicher Regelungen auf die allgemeinen Vorschriften zur Nichterfüllung der Leistungspflicht und auf die Regeln der vices cachés im Kaufrecht abgestellt (siehe oben).
Eigene gesetzliche Gewährleistungsvorschriften für Werkverträge bestehen hingegen im Baubereich (Artikel 1792 ff. Code civil). Diese sind zwingend und können nicht vertraglich ausgeschlossen oder begrenzt werden (Artikel 1792-5 Code civil).
Der Hersteller eines Bauwerks haftet zehn Jahre beginnend mit dessen Abnahme verschuldensunabhängig für alle Schäden, die entweder die Standfestigkeit oder die Verwendbarkeit des Bauwerks, seiner wesentlichen Bestandteile oder seiner Ausrüstungsgegenstände (éléments d' équipement) beeinträchtigen (sogenannte garantie décennale) (Artikel 1792 und 1792-4-1 Code civil). Die Bestandteile oder Ausrüstungsgegenstände müssen dazu aber gemäß Artikel 1792-2 Code civil mit dem Bauwerk untrennbar verbunden sein, das heißt ihr Ausbau, ihre Demontage oder ihre Ersetzung müssen mit einer Beschädigung oder Entfernung der Grundsubstanz des Werks (matière de cet ouvrage) verbunden sein.
Hersteller eines Bauwerks sind nach Artikel 1792-1 Code civil
- Architekten
- Bau- / Werkunternehmer
- Techniker
- mit dem Besteller / Bauherrn durch Bauvertrag verbundene Personen
- Verkäufer (beispielsweise wenn sie das Bauwerk selbst hergestellt haben oder haben fertigstellen lassen und das Gebäude nach Fertigstellung veräußern)
- in einer Position, die einem Werkunternehmer vergleichbar ist, tätigen Personen.
Auch der Hersteller eines Bauwerks, eines Teiles von Bauwerken oder von Ausstattungselementen haftet gesamtschuldnerisch mit dem Bauherrn, sofern sich der Bauherr beim Einbau an die Angaben des Herstellers gehalten hat. Dem Hersteller gleichgestellt werden derjenige, der ein Bauwerk, ein Teil eines Bauwerks oder Ausstattungselemente importiert sowie derjenige, der das Bauwerk als sein Werk präsentiert (Artikel 1792-4 Code civil). Zulieferer (sous-traitants) haften gemäß Artikel 1792-4-2 Code civil für die Dauer von zehn Jahren ab Abnahme ihrer jeweiligen Arbeiten. Nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei der Renovierung von Bauwerken können Ansprüche aus der garantie décennale entstehen.
Die Haftung der garantie décennale tritt allerdings nicht ein, wenn der Schaden durch ein äußeres Ereignis (cause étrangère) verursacht wird. Hierfür trägt der Hersteller die Beweislast.
Neben der garantie décennale gewährt das Gesetz dem Auftraggeber eines Bauwerkes in Frankreich die garantie de bon fonctionnement. Diese Gewährleistungspflicht erfasst solche Ausstattungselemente, die nicht untrennbar mit dem Bauwerk verbunden sind und nicht der garantie décennale unterfallen. Sie gewährt das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Ausstattungselemente für mindestens zwei Jahre ab Abnahme.
Schließlich sieht das französische Gesetz eine ab Abnahme einjährige Gewährleistungspflicht der ordnungsgemäßen Erfüllung (garantie de parfait achèvement, Artikel 1792-6 Absatz 2 Code civil) vor. Sie gilt für solche Mängel, die durch den Bauherrn im Abnahmeprotokoll vermerkt wurden sowie solche Mängel, die innerhalb eines Jahres nach Abnahme schriftlich (par voie de notification écrite) geltend gemacht werden.
Besonderheiten im Rahmen der Gewährleistung bestehen bei Verträgen mit Verbraucherbeteiligung. Hier sind die Vorschriften des Verbrauchergesetzbuches (Code de la consommation) zu beachten. Dort sind unter anderem spezielle Informations- und Aufklärungspflichten bei Verträgen mit Verbraucherbeteiligung und Vorschriften über missbräuchliche Klauseln (clauses abusives) geregelt.
Germany Trade & Invest (Stand: Dezember 2022)