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Insolvenzrecht

Ein deutscher Dienstleistungsempfänger kann unter Umständen damit konfrontiert werden, dass der von ihm gewählte griechische Dienstleister in die Insolvenz gerät. Dies kann beispielsweise für noch bestehende Rückzahlungsansprüche oder offene Ansprüche auf Nachbesserung, Gewährleistung, gegebenenfalls auch für noch ausstehende Wartungsarbeiten von Bedeutung sein. Vor diesem Hintergrund wird ein kurzer Überblick über das griechische Insolvenzverfahren wichtig.

Solvenzprüfung im Vorfeld

Bereits vor Abschluss eines Vertrages ist es empfehlenswert, einschlägige Informationen über den potentiellen Geschäftspartner in Griechenland einzuholen.

Für die Überprüfung der Bonität kann der deutsche Dienstleistungsempfänger das Allgemeine Handelsregister und / oder das Elektronische Solvenzregister konsultieren. Wurde ein Insolvenzverfahren oder ähnliches eröffnet, so wird dies im Allgemeinen Handelsregister (Γενικό Εμπορικό Μητρώο, kurz: ΓΕΜΗ) eingetragen. Das Allgemeine Handelsregister bescheinigt die Solvenz oder Insolvenz des Dienstleistungserbringers und bescheinigt gegebenenfalls, dass keine Verfahren, die im Falle finanzieller Schwierigkeiten angestoßen werden können, anhängig sind. Darüber hinaus kann man über eine Online-Suchmaske des Allgemeinen Handelsregisters verschiedene Unternehmensinformationen recherchieren. Näheres hierzu bietet der Abschnitt "Register" dieses Länderberichts.

Informationen zum Insolvenzregister bietet ebenfalls der Abschnitt "Register" dieses Länderberichts.

Gesetzlicher Rahmen des Insolvenzrechts

Das neue griechische Insolvenzgesetz Nr. 4738/2020 ersetzt das frühere Gesetz 3588/2007 (Insolvenzgesetzbuch) und integriert die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, über die Entschuldung und das Rechtsverbot (EU-Restrukturierungsrichtlinie) in das griechische Rechtssystem. Das Insolvenzgesetz wurde nachfolgend durch die Gesetze 4818/2021, 4821/2021, 5024/2023 und 5072/2023 geändert.

In den Artikeln 5 ff. des Insolvenzgesetzes ist ein außergerichtliches Sanierungsverfahren geregelt, dessen Zweck die Abwendung des Konkurses ist.  Es eignet sich sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Voraussetzung ist eine Verbindlichkeit von mindestens 10.000 Euro (Artikel 7 Absatz 3 Insolvenzgesetz). 

Die Artikel 31 ff. sehen ein kollektives Vorinsolvenzverfahren (unter Umständen auch während der Insolvenz, Artikel 74) vor. Hier geht es um eine außergerichtliche Einigung, die von dem zuständigen Gericht (Artikel 33), die vom Gericht bestätigt werden muss (Artikel 54). 

Daneben gib es nach wie vor ein "normales" Insolvenzverfahren, das in den Artikeln 75 ff. des Insolvenzgesetzes geregelt wird. Im Folgenden soll nur auf dieses Planinsolvenzverfahren eingegangen werden.


Nach dem Insolvenzgesetz beginnt das Insolvenzverfahren durch eine gerichtliche Erklärung auf Antrag eines Gläubigers, des Schuldners oder des Generalstaatsanwalts, wenn der Schuldner seine Zahlungen in dem Sinne eingestellt hat, dass er generell und dauerhaft nicht in der Lage ist, seine Schulden bei Fälligkeit zu begleichen (Zahlungsunfähigkeit (παύση πληρωμών); Artikel 77 Insolvenzgesetz).

Der Schuldner ist verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhafte Verzögerung, spätestens aber innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Feststellung der eigenen Zahlungsunfähigkeit zu stellen (Artikel 79 Absatz 5 des Insolvenzgesetzes) zu stellen. Neben dem Schuldner kann der Insolvenzantrag auch durch die Gläubiger gestellt werden, die hieran ein legitimes Interesse haben, was in der Regel eine fällige Forderung ist.

Der Insolvenzantrag ist beim zuständigen Insolvenzgericht (πτωχευτικό δικαστήριο) zu stellen, welches in Griechenland das Gericht erster Instanz in Besetzung mit mehreren Richtern (πολυμελές πρωτοδικείο) ist (Artikel 78 Insolvenzgesetz). Örtlich zuständig ist das Insolvenzgericht des Gerichtsbezirks, in dem der Schuldner das Zentrum seiner Interessen hat (siehe ebendort). Bei juristischen Personen ist dies gewöhnlich der Sitz des insolventen Unternehmens aus Griechenland (ebendort, Absatz 3).

Das griechische Insolvenzgericht prüft sodann von Amts wegen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Liegen die Voraussetzungen vor, reichen insbesondere die verbliebenen Vermögenswerte aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken, erklärt es den Schuldner für insolvent (απόφαση που κηρύσσει την πτώχευση). Mit der Entscheidung ernennt das Insolvenzgericht einen Richter als Berichterstatter (εισηγητή) und einen Insolvenzverwalter (σύνδικος πτώχευσης). Darüber hinaus ordnet es die Versiegelung der Insolvenzmasse (πτωχευτική περιουσία) an (Artikel 81 Insolvenzgesetz). 

Das Verfahren wird öffentlich bekannt gemacht (Artikel 84 Insolvenzgesetz). 

Der Insolvenzverwalter ruft die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen auf und erstellt ein Vermögensverzeichnis (απογραφή). Außerdem muss er für die Gläubigerversammlung einen Bericht (έθεση του συνδίκου) vorlegen. Dieser enthält Informationen zur finanziellen Situation des Schuldners und zu den Gründen der Insolvenz, zu den Aussichten, das Unternehmen vollständig oder teilweise weiterzuführen sowie zum Potential eines möglichen Insolvenzplans.

Mit dem neuen Insolvenzgesetz wurde ein vereinfachtes Insolvenzrecht für Kleinstunternehmen eingeführt, die unter Artikel 2 des Gesetzes 4308/2014 fallen (siehe Artikel 78 Absatz 2 des Insolvenzgesetzes). Sie werden als "Kleininsolvenzen" (πτωχεύσεις μικρού αντικειμένου) bezeichnet (Artikel 172 bis 188). Der Kodex stellt klar, dass im Falle von juristischen Personen, deren Nettoumsatz 2 Mio. EUR übersteigt, das Unternehmen nicht als Kleinstunternehmen gilt. Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über einen kleinen Gegenstand wird auf elektronischem Wege über das elektronische Solvenzregister gestellt, in dem er für einen Zeitraum von dreißig (30) Tagen veröffentlicht wird (Artikel 173 Insolvenzgesetz). Das zuständige Gericht für kleine Insolvenzen ist das Friedensgericht.

Anmeldung von Forderungen

Gläubiger müssen ihre Forderungen anmelden und nachweisen. Die Frist für die Forderungsanmeldung beträgt gemäß Artikel 153 Absatz 1 des Insolvenzgesetzes regelmäßig drei Monate, beginnend mit der Bekanntmachung des Insolvenzbeschlusses im elektronischen Solvenzregister (Artikel 84 Insolvenzgesetz) beziehungsweise im Insolvenzregister, das auch eine Suchfunktion anbietet. Der Insolvenzverwalter muss alle bekannten Gläubiger informieren (Artikel 152 Absatz).

Die Forderungsanmeldung erfolgt im elektronischen Solvenzregister. Was sie enthalten muss, präzisiert Artikel 154 Absatz 2 Insolvenzgesetz. Hat der Gläubiger seinen (Wohn-) Sitz nicht in Griechenland und meldet er eine Forderung in einem in Griechenland stattfindenden Haupt- oder Sekundärinsolvenzverfahren an, so muss die Anmeldung in griechischer Sprache erfolgen oder eine entsprechende Übersetzung ins Griechische vorgelegt werden (Artikel 154 Absatz 3). Der gerade genannte Gläubiger muss seine Forderung nicht anmelden, wenn der Insolvenzverwalter des Haupt- oder Sekundärverfahrens sie bereits angemeldet hat (ebendort Absatz 4).

Nach Ablauf der Anmeldefrist erstellt der Insolvenzverwalter eine Liste mit allen Gläubigern (πίνακας) und ihren Forderungen (Artikel 155 Insolvenzgesetz). Die Liquidation des Vermögens des Schuldners und seine Verteilung an die Gläubiger richtet sich nach den Vorschriften  der Artikel 157 ff. des Insolvenzgesetzes.

 

Weiterführende Informationen

Nachdem der Insolvenzverwalter die berechtigten Forderungen festgestellt und die Teilungsliste (πίνακας διανομής) erstellt hat, kommt es nach Veräußerung des ganzen Unternehmens oder von Teilen des Unternehmensvermögens zur Verteilung des erzielten Erlöses (Artikel 167 ff. Insolvenzgesetz). Zuvor werden allerdings die gerichtlichen Kosten und die Kosten für die Verwaltung der Insolvenzmasse beglichen. Hierzu zählt insbesondere die Vergütung des Insolvenzverwalters. Danach werden allgemein bevorzugte Gläubiger (γενικοί προνομιούχοι πιστωτές) (Artikel 21 Absatz 1 lit. β Insolvenzordnung) befriedigt. Hierzu zählen Gläubiger, die Inhaber von Forderungen sind, die zur Finanzierung des Schuldners zur Fortführung des Unternehmens auf Grundlage einer Sanierungsvereinbarung (συμφωνία εξυγίανσης) oder eines Insolvenzplanes (σχέδιο αναδιοργάνωσης) entstanden sind (siehe Artikel 167 Insolvenzgesetz). Im übrigen richtet sich die Rangfolge nach den Vorschriften der Artikel 975 ff. der griechischen Zivilprozessordnung.

Germany Trade & Invest (Stand: März 2025)

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