In Hongkong stehen die Zeichen auf Liberalisierung

Hongkong erlebte Anfang 2022 seine bislang größte Coronawelle. Da sich die Pandemielage nun aber deutlich gebessert hat, setzt Hongkong auf Lockerungen vor Ort und bei der Einreise. Davon profitiert auch die Wirtschaft. Die Stimmung hat sich wieder spürbar aufgehellt. Vor allem ausländische Firmen sehen endlich Licht am Ende des Tunnels. 

Vor dem Hintergrund der Entspannung der Pandemielage prognostiziert die Regierung Mitte April 2022 für das Gesamtjahr, dass das Bruttoinlandsprodukt um 2 Prozent bis 3,5 Prozent wachsen dürfte. Tatsächlich sind Restaurants und Shoppingmalls wieder prall gefüllt. Doch nach den Osterferien 2022 wird es wohl zu einem Wiederanstieg der Fallzahlen kommen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung dann Kurs behält. Zumindest die bisherigen Erfahrungen sprechen dagegen.

Von Roland Rohde | Hongkong

Die Regierung der Sonderverwaltungsregion wird 2022 wieder Einkaufsgutscheine unter der Bevölkerung verteilen, um den Einzelhandel und den Restaurantsektor zu stützen. Diesmal will die Politik aber von dem Gießkannenprinzip abrücken und etwa Erwerbslose besonders unterstützen.

Langfristig setzen die Verantwortlichen auf den kräftigen Ausbau des Gesundheitssektors. Dafür sind bis zum Jahr 2036 rund 64 Milliarden US-Dollar (US$) vorgesehen. Daneben verfolgt die Regierung zwei riesige Städtebauprogramme. Hier dürften sich die Investitionssummen auf mehr als 200 Milliarden US$ belaufen. Auch in der Versorgungswirtschaft engagiert sich der Staat stärker. So steigt Hongkong in die Müllverbrennung und Meerwasserentsalzung ein. Des Weiteren gewinnt das Thema Recycling an Bedeutung.

Von Roland Rohde | Hongkong

Zum dritten Mal hat Hongkong in diesem Jahr die Einreisebestimmungen deutlich gelockert.

Seit dem 26. September müssen Einreisende nicht mehr drei Tage in Hotelquarantäne, verpflichtend stehen sie aber weiter sieben Tage lang unter Beobachtung und müssen sich täglich testen.

Voraussetzungen sind die Einreise über den Hongkong International Airport aus Übersee und die vollständige Impfung. Diese Regelungen gelten auch für Nichtansässige (Non-residents) und damit für internationale Geschäftsreisende. Als Übersee zählen alle Länder und Regionen weltweit, außer China und die Sonderverwaltungsregion Macau. Entsprechend finden für die Einreise aus China, insbesondere über den Landweg, andere Bedingungen Anwendung.

Als vollständig geimpft gelten Personen 14 Tage nach der zweiten Impfung; ein Booster ist nicht obligatorisch. Sämtliche in Hongkong und Deutschland verwendeten Vakzine werden akzeptiert. Der digitale Impfnachweis der Europäischen Union ist anerkannt. Kinder unter zwölf Jahren, die ungeimpft sind, können mit ihren Eltern einreisen.

Voraussetzungen für den Abflug 

Neben der Abschaffung der Hotelquarantäne erleichtert die Tatsache die Einreise, dass vor dem Abflug kein PCR-Test mehr erforderlich ist. Ein maximal 24 Stunden alter negativer Antigen-Schnelltest (Rapid Antigen Test/RAT) ist ausreichend. Im Anschluss an das negative Testergebnis ist ein elektronisches Gesundheitszertifikat auszufüllen. Dieses wird auf der Seite des Hongkonger Gesundheitsministeriums erstellt und generiert einen 96 Stunden gültigen grünen QR-Code. Dieser Code ist für das Boarding zwingend notwendig.

Die für das Boarding erforderlichen Dokumente wie das Testergebnis und der Impfnachweis sind am besten ausgedruckt mitzuführen. Ohne vollständige Nachweise wird die Mitnahme verweigert. Empfohlen wird, die offizielle Gesundheits-App "LeaveHomeSafe" vor Abreise zu installieren und den vorläufigen Hongkonger Impfausweis zu generieren.

Nach Ankunft am Hongkonger Flughafen erfolgt ein PCR-Test. Ein Direktflug reduziert Risiken und Experten raten auch dazu, vor Abflug einen PCR-Test durchzuführen.

Verfahren nach Ankunft

Vier Schritte müssen Einreisende hinsichtlich der Covid-19-Maßnahmen bei Ankunft in Hongkong durchlaufen.

Im ersten Schritt müssen sie sich durch Scannen des Gesundheitscodes an der Teststation registrieren und dann einen PCR-Test ablegen. Im zweiten Schritt erfolgt der normale Ankunftsprozess für die Einwanderung und Zollabfertigung sowie die Gepäckabholung. Auf das Ergebnis des PCR-Tests muss nicht mehr gewartet werden. Entsprechend können im dritten Schritt Reisende den Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem selbst organisierten Transport zum Aufenthaltsort verlassen, etwa zur eigenen Wohnung oder in ein Hotel eigener Wahl.

Im vierten Schritt erfolgt die medizinische Kontrolle elektronisch durch das Health & Quarantine Information Declaration System. Ausgehend von dem erforderlichen Impfstatus wird ein vorläufiger Impfpass mittels QR-Code generiert. Die Einreisenden können die entsprechenden Dokumente über eine Website für die Anordnung der obligatorischen Quarantäne des Hongkonger Gesundheitsministeriums herunterladen.

Drei Tage medizinische Kontrolle und vier Tage Selbstkontrolle  

Der neue Einreiseprozess wird als 0+3-Modell bezeichnet und bedeutet, dass keine Unterkunft in einem Quarantänehotel mehr erforderlich ist. Weiterhin erfolgen jedoch an sieben aufeinanderfolgen Tagen Testungen.

Innerhalb der ersten drei Tage (der erste Tag bei dem Modell ist der Tag nach der Ankunft) muss täglich ein Antigen-Schnelltest durchgeführt werden, der zum Verlassen der Unterkunft erforderlich ist. Am zweiten Tag wird ein PCR-Test durchgeführt. Während der drei Tage ist die Gesundheit-App "LeaveHomeSafe" auf Bernsteinfarbe gestellt und damit der Besuch von öffentlichen Einrichtungen oder Restaurants nicht möglich. Diese Gesundheits-App findet grundsätzlich in Hongkong Anwendung und unterscheidet sich von dem elektronischen Gesundheitszertifikat, welches für die Einreise erforderlich ist. Bei negativen Testergebnissen enden am dritten Tag um 9 Uhr diese Einschränkungen und der Code wird auf Blau umgestellt; daher die Bezeichnung 0+3.

In den folgenden vier Tagen erfolgt eine Selbstkontrolle mit täglichen Antigen-Schnelltests und PCR-Tests an den Tagen vier und sechs. An öffentlichen Orten ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorgeschrieben, wobei einfache medizinische Masken ausreichen.

Flugverkehr ansteigend 

Mit den erleichterten Einreisebedingungen erhöht sich auch das Flugangebot. Zwar werden Airlines nach wie vor mit einem Landeverbot bestraft, wenn eine gewisse Anzahl der beförderten Passagiere bei der Einreise nach Hongkong auf Covid-19 positiv getestet werden. Die entsprechenden Grenzwerte wurden jedoch deutlich gelockert. Ebenso gab es bei den Auflagen für die Besatzungen Zugeständnisse.

Nach Einschätzung von Branchenexperten lässt sich damit wieder ein einigermaßen zuverlässiger Flugbetrieb organisieren. Seit September hat Lufthansa die Direktflüge ab Frankfurt auf fünf erhöht und ab November sind tägliche Verbindungen vorgesehen.

Internationaler Reiseverkehr ist für den Wirtschaftsstandort Hongkong essenziell, ebenso soll zeitnah die Grenzöffnung zur Volksrepublik China erreicht werden. Abermalige Verschärfungen der Coronamaßnahmen sind nicht ausgeschlossen, wenn neue besorgniserregende Virusvarianten im Ausland auftreten. Hongkong hält offiziell nach wie vor an der Null-Covid-Strategie fest. Die Öffnungsmaßnahmen können letztendlich immer nur so weit gehen, wie Peking es für angemessen hält.

Von Robert Herzner | Bonn