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Ausbau des Schienennahverkehrs kommt in Fahrt
In Indien befinden sich Metrostrecken mit rund 1.000 Kilometern Länge im Bau oder in Planung. Die Zentralregierung unterstützt Projekte jenseits der Megastädte finanziell.
20.12.2021
Von Boris Alex | New Delhi
Nachdem der Ausbau des öffentlichen Schienennahverkehrs während der Coronakrise in vielen indischen Städten über Monate ins Stocken geraten war, werden die meisten Metroprojekte inzwischen wieder mit Hochdruck fortgeführt. Die Zentralregierung in New Delhi unterstützt eine Reihe von Vorhaben der Bundesstaaten im laufenden Finanzjahr 2021/2022 (1. April bis 31. März) mit umgerechnet 3,2 Milliarden US-Dollar (US$; 1 US$ = 74,5 indische Rupien). In der Vorperiode standen bereits Haushaltsmittel von 2,6 Milliarden US$ zur Verfügung. Davon wurde aber pandemiebedingt nur knapp die Hälfte abgerufen.
Bis Ende 2022 wird das städtische Schienenverkehrsnetz um gut 20 Prozent auf 900 Kilometer und bis 2026 auf 1.700 Kilometer anwachsen, prognostiziert das Ministry of Housing and Urban Affairs (MoHUA). Landesweit befinden sich zurzeit U-Bahn- und Schnellbahnprojekte (Mass Rapid Transit; MRT) mit einer Streckenlänge von 1.000 Kilometern entweder in Planung oder bereits im Bau, so die Angaben des Ministeriums für Stadtentwicklung. Während die Ballungszentren Delhi, Bengaluru und Chennai ihre Metronetze ausweiten, wird in vielen kleineren Millionenstädten an den ersten Strecken gebaut. Bis zum Jahr 2030 könnte sich die Zahl der indischen Zentren mit eigenem MRT-Netz von 18 auf 50 Linien erhöhen.
Ausbau der Metro in Delhi verzögert sich
Die Hauptstadtregion verfügt mit einer Länge von fast 350 Kilometern über das dichteste Metronetz in ganz Indien. Die Arbeiten am ersten Teilabschnitt der vierten Ausbauphase mit einer Spanne von 65 Kilometern hatten sich wegen der Coronakrise verzögert. Inzwischen hat der Betreiber Delhi Metro Railway Corporation (DMRC) die Bauarbeiten und Ausschreibungen zu den drei Strecken wieder aufgenommen. Unter anderem wurde Mitte August 2021 ein Tender zu Tunnelarbeiten mit einem Auftragsvolumen von 183 Millionen US$ veröffentlicht. Die bereits laufenden Projekte sollen bis Ende 2025 abgeschlossen sein, könnten sich aber je nach Pandemieentwicklung noch weiter verzögern. Die restlichen sieben Vorhaben der vierten Ausbauphase mit einer Streckenlänge von 78 Kilometern befinden sich zurzeit noch im Genehmigungsverfahren.
In den Ausbau der Metronetze der beiden südindischen Millionenstädte Bengaluru und Chennai kommt auch wieder Bewegung. Hier hatten neben der Coronakrise auch Probleme bei der Finanzierung zu Verzögerungen geführt. Um die Bauvorhaben voranzutreiben, hat die Regierung im Haushalt für das Finanzjahr 2021/2022 Mittel von 8,5 Milliarden US$ für Chennai und von knapp 2 Milliarden US$ für Bengaluru eingeplant. Darüber hinaus haben die Betreibergesellschaften Kredite von internationalen Geberbanken wie der Japan International Cooperation Agency (JICA), der Asian Development Bank (ADB) und der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) erhalten. Bis Ende 2026 soll das Netz in Chennai von 54 auf 170 Kilometer und in Bengaluru von 40 auf 100 Kilometern ausgebaut werden.
Zahlreiche Großstädte erhalten Geld für Metrobau
Auch abseits der Megacities befinden sich viele Schienennahverkehrsprojekte im Bau beziehungsweise in der Planung. In Indien gibt es rund 50 Städte mit einer Einwohnerzahl zwischen 1 Million und 5 Millionen. Die Bevölkerung wächst rasant und hat enorme Defizite beim öffentlichen Transport. Nagpur im Bundesstaat Maharashtra ist bislang die einzige dieser Tier-2-Städte, in der eine Metro verkehrt. Hier soll das Streckennetz in der zweiten Ausbauphase von 25 auf mehr als 100 Kilometer ausgebaut werden. Die Zentralregierung hat hierfür finanzielle Mittel von 800 Millionen US$ in den Haushalt 2021/2022 eingestellt. Weitere 282 Millionen US$ sind für den Bau der beiden ersten Metrostrecken in Nashik (Maharashtra) mit einer Länge von 32 Kilometern vorgesehen.
In Kanpur im Bundesstaat Uttar Pradesh hat der staatliche Metrobetreiber Uttar Pradesh Metro Rail Corporation im November 2021 mit den Testläufen auf der 9 Kilometer langen ersten Teilstrecke begonnen. Geplant ist eine Länge von 32 Kilometern, davon 20 Kilometer Hochbahn und der Rest unterirdisch. Im Dezember soll der reguläre Passagierbetrieb starten. Die Betreibergesellschaft will die restliche Strecke bis Ende 2024 fertigstellen. Die Kosten für den Bau der beiden Linien mit insgesamt 31 Stationen belaufen sich auf 1,5 Milliarden US$. Die Europäische Investitionsbank (EIB) finanziert das Projekt mit rund 750 Millionen US$.
Auch in Surat (Gujarat) kommen die Arbeiten an der ersten Metrolinie wieder zügiger voran. Der erste Bauabschnitt über 12 Kilometer soll bis Ende 2024 abgeschlossen sein, so die Pläne des Betreibers Gujarat Metro Rail Corporation. Das Vorhaben umfasst zwei Metrostrecken mit 38 Stationen und insgesamt 40 Kilometern Streckenlänge - davon sind 7 Kilometer unterirdisch. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf insgesamt 1,6 Milliarden US$. Daneben befinden sich unter anderem in Pune, Kochi, Patna, Bhopal, Agra und Indore Metrostrecken mit einer Gesamtlänge von mehr als 200 Kilometern im Bau oder in der Planung.
Bedarf an Rollmaterial wächst
Die Metroprojekte bieten auch Geschäftschancen für die Hersteller von rollendem Material. Für 2021 beziffert das MoHUA den Markt für Stadtbahnfahrzeuge auf 5,6 Milliarden US$. Neben lokalen Produzenten wie BEML oder der Staatsbahn Indian Railways kommen auch ausländische Hersteller zum Zuge. Bombardier konnte sich den Auftrag zur Lieferung von mehr als 800 Fahrzeugen für die Metro in Delhi mit einem Volumen von über 1 Milliarde US$ sichern. Der französische Technologiekonzern Alstom will nach der Übernahme von Bombardier Anfang 2021 sein Engagement auf dem Subkontinent verstärken.
Auf Seiten der Metrobetreiber wächst das Interesse am Einsatz führerloser Fahrzeuge. In Delhi werden bereits auf gut einem Drittel des Streckennetzes automatische Züge eingesetzt. In Bengaluru sollen ab 2022 die ersten fahrerlosen Bahnen verkehren.
Jahr | Handelsvolumen in Mio. US-Dollar | Anteil in Prozent | Rang im weltweiten Vergleich |
---|---|---|---|
2020 | 140,5 | 32,1 | 1 |
2019 | 104,3 | 23,9 | 2 |
2018 | 96,1 | 16,8 | 3 |
2017 | 47,0 | 13,8 | 3 |