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Intelligentere Stadtkonzepte durch Smart Mobility

Im Rahmen der "Smart Cities Mission" investiert Indien auch in nachhaltige Verkehrsplanung. Die Nachfrage nach IT-Lösungen für Straße und Schiene wächst.

Von Boris Alex | New Delhi

Die im Jahr 2015 gestartete "Smart Cities Mission" der Regierung sollte eigentlich bis Ende 2021 abgeschlossen sein. Durch die Covid-19-Pandemie konnten jedoch viele der rund 6.500 Einzelvorhaben noch nicht in Angriff genommen werden. Bis Dezember 2021 waren erst knapp die Hälfte der geplanten Projekte fertig gestellt. Die 100 Städte und Kommunen, die für das Infrastrukturprogramm ausgewählt wurden, haben nun noch bis Juni 2023 Zeit, ihre verbliebenen Smart-City-Vorhaben abzuschließen.

Die von den Städten vorgeschlagenen und ausgeschriebenen Projekte haben ein Investitionsvolumen von insgesamt 24,6 Milliarden US-Dollar (US$). In die bis zum ursprünglichen Stichtag fertig gestellten 3.200 Vorhaben sind 7 Milliarden US$ geflossen. Weitere 2.700 Unternehmungen mit einem Volumen von 13,8 Milliarden US$ befinden sich in der Implementierungsphase. Die Arbeiten an den restlichen 600 Projekten im Wert von 3,8 Milliarden US$ sollen 2022 starten, so die Vorgabe des Wohnungsbauministeriums Ministry of Housing and Urban Affairs (MoHUA). Die Finanzierung der Smart Cities Mission erfolgt jeweils zur Hälfte durch die Bundesstaaten und die Zentralregierung.

Druck auf die städtische Verkehrsinfrastruktur wächst

Vor allem im Bereich Smart Mobility planen die Städte noch eine ganze Reihe von Vorhaben. Hier besteht schneller Handlungsbedarf angesichts der rasant wachsenden Bevölkerung in den Ballungszentren. Im Jahr 2030 werden 600 Millionen Menschen in Städten leben, so die Prognose des MoHUA. Bis 2014 waren es noch etwa 400 Millionen Städter. Neben der Wasser- und Stromversorgung stellt vor allem der Personentransport die Kommunen vor wachsende Herausforderungen. Intelligente Verkehrssysteme sollen künftig dabei helfen, die rasch steigende Zahl von Fahrzeugen besser zu steuern sowie den öffentlichen Nah- und Autoverkehr nachhaltiger zu gestalten.

Im November 2021 befanden sich 545 Smart-Mobility-Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 3,5 Milliarden US$ in der Planung, so eine Analyse des Marktforschungsinstituts Indian Infrastructure. Millionenmetropolen wie Mumbai, Delhi, Bengaluru und Chennai haben in den letzten 20 Jahren moderne U- und Schnellbahnnetze aufgebaut. In immer mehr Städten befinden sich Metro- und Schnellbusprojekte im Bau oder in Planung. Die Nachfrage nach Systemen zur Zugbeeinflussung (Communication-Based Train Control; CBTC) ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Bis 2026 dürften insgesamt 1,7 Milliarden US$ mit CBTC-Lösungen für den Schienennahverkehr umgesetzt werden.

Städte führen smarte Ticketsysteme im Nahverkehr ein

Bei den Passagierdiensten sollen im Rahmen der „Smart Cities Mission“ kontaktlose Bezahl- und Ticketsysteme eingesetzt werden. In einigen Städten wie Delhi und Lucknow sind bereits Smartcards für das Metronetz im Einsatz. In der indischen Hauptstadt soll im nächsten Schritt ein App-basiertes Ticketsystem eingeführt werden, mit dem auch die Nutzung von Bussen möglich sein soll. In Mumbai und Pune gibt es ebenfalls Pläne zum Aufbau eines integrierten Bezahlsystems für alle Transportmittel. Der Bundesstaat Uttar Pradesh will ein einheitliches, smartes Ticketsystem für alle Städte einführen, in denen sich zurzeit Metroprojekte im Bau befinden. Darunter fallen beispielsweise Kanpur, Varanasi, Agra und Meerut.

Intelligente Managementsysteme sollen dabei helfen, den Verkehrsfluss in den chronisch verstopften Städten zu verbessern und den Schadstoffausstoß der Fahrzeuge zu verringern. Auch hier sind bereits erste Projekte in der Umsetzung. So wurden beispielsweise in Bhubaneswar im Bundesstaat Odisha an 50 vielbefahrenen Kreuzungen adaptive Ampelsteuerungssysteme installiert, um den Fahrzeugdurchfluss zu erhöhen. In Nagpur sind inzwischen rund 1.300 Kameras mit Kennzeichenerkennungsfunktion im Betrieb, die Verstöße wie das Überfahren von roten Ampeln erfassen und damit automatisch ein Bußgeldverfahren auslösen.

Daneben sollen intelligente Parksysteme den Autofahrern künftig per App mitteilen, wo es verfügbare Parkplätze gibt. Erste Städte wie Chennai und Delhi setzen solche Smart-Parking-Lösungen bereits ein. Andere Orte wie Lucknow und Bareilly wollen nachziehen.

Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Der Ausbau der Elektromobilität steht ebenfalls im Mittelpunkt des Smart-Cities-Programms. Der Subkontinent ist Teil der globalen EV30@30-Initiative, die bis zum Jahr 2030 einen Elektrofahrzeuganteil bei Neuzulassungen von 30 Prozent anstrebt. In Indien sind es vor allem batteriebetriebene Zwei- und Dreiräder, mit denen die Dekarbonisierung im Transportsektor vorangetrieben werden soll.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Städte in den nächsten Jahren ein dichtes Netz von Ladestationen aufbauen. Neben kommunalen Stromversorgern wollen Energieerzeuger wie Tata Power und auch die Ölkonzerne Indian Oil, BPCL und HPCL in die Ladeinfrastruktur investieren. Allein die drei letztgenannten möchten insgesamt rund 20.000 Stromtankstellen im ganzen Land errichten. 

Die Smart-Mobility-Projekte in Indien bieten auch für deutsche Anbieter interessante Geschäftschancen. Die indische Tochter des Bosch-Konzerns kooperiert beispielsweise mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem MoHUA bei der Entwicklung von intelligenten Mobilitätskonzepten für indische Großstädte.

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