Special Indien
Indische Gründer ohne Scheu vor dem Schritt ins Ausland
Immer mehr indische Start-ups suchen ihren Standort im Ausland. Zu den beliebtesten Ländern zählen die USA: Gute Rahmenbedingungen wie beispielsweise günstigere Möglichkeiten der Finanzierung sind ein Grund, aber vor allem die Innovationskraft der USA wird hochgeschätzt. Zudem scheinen neue Milliardenunternehmen wie Google oder Facebook indische Jungunternehmen magisch anzuziehen.
Zu den weiteren beliebten Standorten zählen englischsprachige Länder wie Australien, das Vereinigte Königreich und Kanada. Dort fällt die Sprachbarriere weg. Aber auch China ist attraktiv für Start-ups, denn es werden den Firmen preisgünstige Leistungen geboten. Die Vereinigten Arabischen Emirate gewinnen an Bedeutung. Viele Inder leben und arbeiten hier bereits.
Deutschland ist bisher als Start-up-Standort für indische Firmen noch nicht sehr bedeutend. Um das zu ändern, hat die Bundesrepublik einige Initiativen gestartet. Zu den bekanntesten zählt die Etablierung des German Indian Start Up Exchange Programm (GINSEP). Hierbei handelt es sich um ein Projekt des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V., welches durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird.
Ziel ist die strukturierte Vernetzung indischer und deutscher Start-ups. Das Pilotprojekt läuft erstmalig seit September 2017 bis August 2019. Mit GINSEP möchte der Verband indischen und deutschen jungen Unternehmen und Investoren den Zugang zu Märkten und Netzwerken im jeweils anderen Land erleichtern. GINSEP bietet Zugang zu Informationen und Ansprechpartnern sowie Business to Business (B2B)-Vernetzung zwischen etablierter Wirtschaft und Start-ups.
Ausgewählte erfolgreiche indische Start-ups im Ausland
Firma | Land | Anmerkung |
Make My Trip | USA, Singapur, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) | Unternehmen bietet Onlinereisedienstleistungen in sieben Ländern an |
Zomato | Kanada, USA, Italien, Polen | Zomato umfasst über 1,4 Mio. Restaurants in 24 Ländern |
InMobi
| USA, China, VAE, Vereinigtes Königreich, Australien, Frankreich, Malaysia | InMobi ist eine mobile Marketing- und Werbeplattform. Firma hat 24 Niederlassungen in 17 Ländern |
Ola Cabs | Bangladesch, Sri Lanka, Australien | Ola will künftig auch in Großbritannien durchstarten |
Oyo Hotels | Japan, Malaysia, China, Indonesien, Vereinigtes Königreich | Bis 2023 will Unternehmen größte Hotelkette der Welt werden |
Practo | Philippinen, Indonesien, Singapur, Brasilien | Practo hat auf seiner Plattform mehr als 200.000 Anbieter im Gesundheitswesen |
AlphaICs | USA | Produkte von AlphalCs werden in Drohnen, Robotern, IOT Analytics, Cloud Computing verwendet |
Quellen: Germany Trade & Invest, Pressemitteilungen, Oktober 2018
Erfolg ausländischer Start-ups in Indien
Indien ist und bleibt ein wichtiger Zukunftsmarkt. Für ausländische Investitionen attraktiv ist der Subkontinent schon allein wegen seiner schieren Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden sowie der damit verbundenen Größe des potenziellen Absatzmarktes. Dazu kommen das hohe Wirtschaftswachstum (circa 7,4 Prozent 2017/18), eine wachsende, konsumfreudige Mittelschicht und eine noch geringe Marktsättigung, die eine hohe Anziehungskraft auf internationale Start-ups ausübt.
Industrie fordert weitere Liberalisierungsschritte
Die Rahmenbedingungen für ausländische Direktinvestitionen (FDI) hat Indien bereits grundlegend liberalisiert. Die Obergrenzen für FDI wurden in zahlreichen Branchen an- oder ganz aufgehoben. Dennoch sind Bestimmungen oftmals schwer zu verstehen. FDI sind im B2B-Geschäft bis zu 100 Prozent gestattet, waren aber im Business-to-Consumer (B2C)-Onlinehandel untersagt. Seit Ende März 2016 sind 100 Prozent FDI für B2C im Onlinemarktplatzmodell erlaubt. Seit Ende 2017 können Start-ups zudem bis zu 100 Prozent der Mittel von ausländischen Wagniskapitalanlegern erhalten.
Positive Effekte dieser Maßnahmen sind bereits erkennbar: In der deutsch-indischen Start-up-Szene kann man bereits erste Schritte hin zu mehr Zusammenarbeit und Nutzung von Synergien erkennen. Deutsche Investoren, Risiko- und Startkapitalfonds zeigen Interesse in indische Start-ups zu investieren.
Beispiele deutschen Engagements bei indischen Start-ups
Firma | Investitionssumme in Mio.US$ | Anmerkung |
Bertelsmann | 75,5 | Bertelsmann investiert in indische Start-ups: Hotel-Portal Treebo Pepperfry.com (Online-Möbelplattform) sowie in das Fintech-Unternehmen Lendingkart |
Müller Medien | 1 | MM Inno investiert mit amerikanischen Powerhouse Ventures in die digitale Nachrichten- und Medienplattform NewsBytes |
Asian E-Commerce Alliance | 1 | Fonds, der 2014 von in Deutschland ansässigen Investoren gegründet wurde und in mehrere indischen Start-ups investiert hat |
Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen, Oktober 2018
Ausgewählte ausländische Kooperationen in der indischen Start-up Szene
Organisation | Anmerkung | Internetadressen |
BOSCH | Markttrends frühzeitig erkennen: Bosch-Mentoren begleiten 13 Start-ups | |
MAN Truck & Bus | Bereitstellung von Mentoren im Rahmen eines Accelerators | |
German Indian Start Up Exchange Programme | Strukturierte Vernetzung des indischen und deutschen Start-up-Ökosystems | |
Mayor Of London’s IE20 Business Programme | Unterstützung beim Markteintritt, Marketing- und PR-Beratung, bisher wurden 20 indische Start-ups ausgewählt |
Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen, Oktober 2018
Ausgewählte erfolgreiche ausländische Start-ups in Indien
Firma | Investitionssumme in US$ | Ursprungsland | Anmerkung |
Blabla car | Unternehmen konnte 200 Mio. US$ in einer Finanzierungsrunde sichern | Frankreich | Firma ist seit 2015 in Indien aktiv und hat 3 Mio. Nutzer |
Kreditech | Unternehmen konnte 120 Mio. US$ in einer Finanzierungsrunde sichern und will Geld ausschließlich in Indien investieren | Deuschland | Fintech-Unternehmen baut Kreditangebot in Indien aus |
ZoomCar | Unternehmen konnte 104 Mio. US$ an Finanzierung weltweit sichern, davon sind 3,6 Mio. US$ für indischen Markt bestimmt | USA | Autovermietung, die 2013 gegründet wurde und deren 3000 Autos inzwischen in über 25 indischen Städten fahren |
Trivago | Unternehmen konnte 53,8 Mio. US$ an Finanzierung sichern | Deutschland | Hotelpreisportal Trivago plant weitere Investitionen in Indien, vor allem Werbung |
WeWork
| Unternehmen konnte 25 Mio. US$ an Finanzierung sichern | USA | Unternehmen bietet gemeinsame Nutzung von Büroräumen an, seit 2017 in Indien aktiv |
Wechselkurs vom 25. Oktober 2018: 1 US$ = 73,08 indische Rupie (iR), Oktober 2018
Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen, Oktober 2018
Zu den Herausforderungen zählen neben der Finanzierung die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. Erschwerend hinzu kommen strukturelle Probleme wie regulatorische Unsicherheit, Ineffizienz und hohe Bürokratie sowie unzureichende Infrastruktur. Auch der deutsche Start-up Rocket Internet verschätzte sich in Indien mit seiner Modeplattform Jabong und hatte hohe Verluste. Der deutsche Essenslieferdienst Foodpanda musste auf einen Schlag sogar 300 Mitarbeiter entlassen und wurde mittlerweile an den indischen Mobilitätsdienst Ola verkauft.
Text: Heena Nazir