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Kohle ist mit Abstand wichtigster Energieträger Indonesiens

Ob die indonesische Regierung die von ihr propagierte Abkehr von dem Energieträger in absehbarer Zeit wirklich einleiten kann, ist fraglich.

Von Frank Malerius | Jakarta

Kohle steht für 40 Prozent des indonesischen Energiebedarfs, ist für zwei Drittel der Stromerzeugung verantwortlich und wird darüber hinaus in großen  Mengen ausgeführt. Etwa 70 Prozent der indonesischen Kohle gehen in den Export. Im Jahr 2021 wurde dank hoher Weltmarktpreise ein Rekordwert von 31,5 Milliarden US-Dollar (US$) erlöst.

Mit diesem Geld treibt das Land seine Industrialisierung voran. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen direkt an der Kohleindustrie, Millionen weitere indirekt. Gleichzeitig gehört die Branche zu den wichtigsten Einnahmequellen des Staates, an der viele Sozialleistungen hängen.

Ohne Kohle wäre der Archipel noch deutlich stärker von Energieeinfuhren abhängig als jetzt schon. Denn heute müssen mehr als die Hälfte des Erdöls sowie drei Viertel des Flüssiggases (LPG), mit dem in Indonesien gekocht wird, importiert werden. Um den weiteren Anstieg von Erdölimporten abzumildern, werden große Mengen von Palmöl in Form von Biodiesel in den Tank gekippt. Folge davon ist derzeit eine Knappheit an Speiseöl, die Millionen Indonesier empört.

Nachfrage steigt

Der indonesische Kohlesektor wächst unaufhaltsam, und im vergleichsweise günstigen Tagebau wird vor allem Steinkohle gefördert. Angesichts des wachsenden Strombedarfs in Indonesien und weltweit hat die Förderung in den vergangenen zehn Jahren um 60 Prozent zugenommen. Die Marktanalysten von Data Consult rechnen in den kommenden fünf Jahren mit einem weiteren Wachstum um etwa zehn Prozent. 

Im heimischen Verbrauch geht die Kohle zu 80 Prozent in die Stromerzeugung. Der Bedarf in den etwa 80 Kraftwerksblöcken des Inselstaates hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Der staatliche Stromkonzern PLN rechnet in seinem konservativen Szenario mit einer weiteren Steigerung der Kohlenachfrage von fast 40 Prozent in den kommenden zehn Jahren.

Weitere zehn Prozent der Kohlenachfrage entfallen auf die in den vergangenen Jahren stark gewachsene Stahlindustrie. Die Zement-, Düngemittel- und Textilhersteller sind weitere Abnehmer. Darüber hinaus soll eine im Bau befindliche Kohlevergasungsanlage  Kochgas erzeugen, eine weitere für die Produktion von Methanol ist in Planung.

Große Reserven

Die wichtigsten indonesischen Kohlevorkommen liegen in Ost- und Südkalimantan sowie in Südsumatra. Die derzeit nachgewiesenen Reserven betragen nach internationalen Angaben etwa 35 Milliarden Tonnen (t), die Gesamtreserven gelten aber als ein Mehrfaches höher. Kohle ist also auf viele Jahrzehnte im Überfluss vorhanden.

Die Kohleförderung befindet sich zu großem Teilen in staatlicher Hand, so wie viele andere Industriesektoren auch. In den 1980er-Jahren wurde sie für den Privatsektor und ausländische Unternehmen im Rahmen sogenannter Working Contracts geöffnet. Dieses System wurde mit dem Gesetz 4/2009 durch eine Lizenzvergabe ersetzt. Es stellt die Regierung so über die staatlichen Kohlekonzerne, die vorher gleichberechtigte Befugnisse hatten.

Kohle wird subventioniert

Alle Kohleförderer unterliegen der sogenannten Domestic Market Obligation (DMO). Sie soll die heimische Versorgung gegenüber dem Export sicherstellen. Auch anderswo gibt es sie - etwa bei Nahrungsmitteln. Laut DMO müssen die Kohleunternehmen mindestens ein Viertel ihrer Fördermenge zum Preis von maximal 70 US-Dollar (US$) pro Tonne für den inländischen Markt zur Verfügung stellen. 

2020 war das für sie noch kein Problem, denn der Weltmarktpreis lag nach Angaben des Ministeriums für Energie und Rohstoffe unter dieser Marke. Im Jahr 2021 jedoch lag der Preis durchgehend darüber, im November sogar um fast den doppelten Wert. Viele Marktteilnehmer ließen sich diese Geschäftschance nicht entgehen und ignorierten die DMO. Folge daraus war ein Kohlemangel in den heimischen Kraftwerken und ein kurzzeitiges Exportverbot im Januar 2022.  

Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist die DMO im Kohlesektor durchaus sinnvoll. Denn die Alternative wäre Erdgas, dessen Förderung (und gegebenenfalls erforderlicher Import) aber deutlich teurer ist und dessen heimische Reserven schwieriger zu bestimmen sind. 

Doch trotz der DMO muss PLN den Strom unter Erzeugerpreis verkaufen, um ihn für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten. Und dennoch ist Elektrizität in Indonesien gemessen an den Einkommen deutlich teurer als in Deutschland. 

Geplante Stilllegung von Kraftwerken

Indonesien befindet sich in seiner Energiepolitik in einem Dilemma. Gerne stimmt die Regierung in den internationalen Chor für eine grüne Zukunft ein. So sollen bis 2030 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 9,2 Gigawatt (GW) mithilfe internationaler Geber stillgelegt und keine weiteren jenseits der sich in Planung befindlichen mehr gebaut werden. Das ist auch praktikabel, dank derzeit großer Überkapazitäten in der Stromerzeugung vor allem auf Java, das für 60 Prozent der Wirtschaftsleistung des Archipels steht.

Allerdings steigt die Nachfrage nach Strom durch wachsenden Wohlstand, eine steigende Bevölkerungszahl und zunehmende Industrialisierung rasant. Eine Verdoppelung könnte es bereits in zehn bis 15 Jahren geben. Der Ausbau der Erneuerbaren stockt aber und wird laut Branchenteilnehmern mit bürokratischen Mitteln massiv behindert. Vielerorts wäre dann eine Grundlastversorgung nicht mehr möglich. 

Das ist den Beteiligten hinter den Kulissen offenbar klar. Entscheider der indonesischen Energiepolitik sagten 2018 in Interviews mit deutschen Forschungsinstituten, dass die Erneuerbaren-Ausbauziele eher symbolisch seien. Kohle hingegen sei in Indonesien ein Mittel, um Armut zu bekämpfen, die Industrialisierung voranzutreiben und Entwicklung in Regionen zu bringen, die andernfalls keine wirtschaftliche Perspektive hätten.

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