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Branchen | Irak | Stromerzeugung

Stromsektor zukünftig mit neuem Energiemix

Irak muss seine Kraftwerkskapazitäten stark erweitern. Noch fließen die Investitionen vor allem in konventionelle Anlagen. Jetzt sollen auch große Solarkraftwerke gebaut werden.

Von Robert Espey | Dubai

Völlig unzureichende Kraftwerkskapazitäten und Investitionsstau bei den Übertragungs- und Verteilungsnetzen gehören zu Iraks größten Infrastrukturproblemen. Hinzu kommt, dass das für die  Versorgung der Kraftwerke benötige Gas knapp ist. Die Stromkrise wird verschärft, wenn die Strom- und Gaslieferungen aus dem Nachbarland Iran reduziert werden oder ganz ausfallen.

Konventioneller Kraftwerkssektor noch dominant

Derzeit liegen Iraks maximal verfügbare Kraftwerkskapazitäten bei etwa 20 Gigawatt, zumeist bewegt sich der Wert aber nur zwischen 12 und 17 Gigawatt. Bisher hat Irak fast ausschließlich auf den Ausbau und die Modernisierung konventioneller Kraftwerkskapazitäten gesetzt, die mittlerweile überwiegend mit Gas befeuert werden. Gemäß MEED Projects sind gegenwärtig Öl- und Gaskraftwerke für über 10 Milliarden US-Dollar (US$) im Bau.

Irak: Ausgewählte konventionelle Kraftwerke in der Planungsphase (Stand: Januar 2022)

Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Mio. US$)

Projektstand 1)

Projektbetreiber

Al Khairat 615 MW Combined Cycle Gas Power Plant

523

PQ

Ministry of Electricity

2)

Al Khairat Combined Cycle Gas Power Plant

400

St

Ministry of Electricity

2)

Kirkuk 270 MW Combined Cycle Power Plant

243

ST

Ministry of Electricity

2)

Al Quds 1&3 Combined Cycle Power Plant in Baghdad

213

PQ

Ministry of Electricity

2)

Diwaniya Combined Cycle Power Plant

209

PQ

Ministry of Electricity

2)

Haydaria Combined Cycle Power Plant

209

PQ

Ministry of Electricity

2)

Khurmala 450 MW Combined Cycle Power Plant Phase 2

200

FEED

Kar Group

Halfaya CPF2 Power Plant Expansion 2

150

AP

PetroChina / SOC / Petronas / Total

Al Sadr 1&2 Combined Cycle Power Plant in Baghdad

140

AP

Ministry of Electricity

2)

Baghdad South 1 Combined Cycle Power Plant

106

PQ

Ministry of Electricity

2)

Najaf 123 MW Combined Cycle Power Plant

105

AP

Ministry of Electricity

2)

1) PQ = Präqualifizierung, ST = Studie, FEED = Front End Engineering and Design, AP = Angebotsprüfung; 2) Webseite zur Zeit nicht erreichbar (Stand: 4.2.2022)Quelle: MEED Projects, Recherchen von Germany Trade & Invest

Das größte geplante Kraftwerk ist das auf Schweröl ausgelegte 3,2-Gigawatt-Al -Khairat-Projekt in Karbala. Der Projektbetreiber, das lokale Unternehmen Harlow International, hat im Oktober 2021 den EPC-Auftrag (Engineering, Procurement, Construction) für die 1,4 Milliarden US$ teure 1. Phase (1,6 Gigawatt) an Chinas CITIC Corporation vergeben. Das Unternehmen wird auch den Betrieb und die Wartung des Kraftwerks übernehmen. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen. Mit einer abschließenden Klärung der Projektfinanzierung wird bis Mitte 2022 gerechnet.

Die jordanische Shamara Group lässt in Basra ein 3-Gigawatt-GuD-Kraftwerk (Gas- und Dampfturbinen) errichten, das sich schon im Teilbetrieb befindet, Baubeginn war 2016. Der Hauptbauauftrag ging an den großen iranischen Maschinen- und Anlagenbauer MAPNA. Das Stuttgarter Unternehmen Fichtner ist als Berater beteiligt. Zusätzlich zur Errichtung neuer konventioneller Kraftwerke werden bestehende Anlagen zu energieeffizienteren GuD-Kraftwerken umgerüstet.

Solar- und Windkraft bislang unbedeutend

Der Bau von Solar- und Windkraftanlagen ist seit mehreren Jahren im Gespräch, aber bislang ist noch kein größeres Projekt am Netz. Windkraft wird derzeit nahezu nicht genutzt. Das Energieministerium hatte 2016 eine Liste mit 15 geplanten PV-Anlagen (Fotovoltaik) mit einer Gesamtkapazität von 1 Gigawatt vorgelegt. Nach Angaben der International Renewable Energy Agency (IRENA) lag die PV-Kapazität 2016 bei 37 Megawatt und stieg 2018 auf 216 Megawatt. Danach gab es keine weiteren Zuwächse.

Irak verfügt über Wasserkraftwerke mit einer installierten Kapazität von 2,3 Gigawatt, allerdings steht von dieser Leistung nur ein geringer Teil zur Verfügung. In Kurdistan wird derzeit ein Wasserkraftwerk mit 38 Megawatt Leistung gebaut. Aufgrund der wachsenden Wasserknappheit wird jedoch die Bedeutung von Wasserkraft insgesamt abnehmen. Nach IRENA-Berechnungen hatte Wasserkraft 2019 einen Anteil an der gesamten Stromerzeugung von 5,6 Prozent, Solarstrom von 0,4 Prozent.

Viele neue Projekte im Solarsektor

Seit 2021 gibt es in Iraks Solarsektor mehr Bewegung, aber auch schon wieder Rückschläge. Iraks aktuelle Planung strebt bis 2025 eine PV-Kapazität von 10 Gigawatt an. Im Juni 2021 hat die Regierung verkündet, ausländische Investoren für PV-Projekte mit einer Leistung von insgesamt 12 Gigawatt gewinnen zu wollen. Das Programm umfasst auch den Bau neuer Übertragungsleitungen. Die im Süden des Landes geplanten PV-Anlagen sollen tagsüber Strom in die nördlichen Provinzen liefern. Während der Nacht soll über diese Leitungen Strom der im Norden liegenden Wasserkraftwerke nach Süden fließen.

Das Ministry of Electricity (MoE) hatte 2019 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 755 Megawatt ausgeschrieben. Im November 2021 wurden zwei dieser Vorhaben (325 und 200 Megawatt) als ein 525-Megawatt-Projekt an ein Konsortium bestehend aus Al Bilal (Irak), Orascom (Ägypten) und Scatec (Norwegen) vergeben. Das 1-Milliarde-US$-Projekt (Scatec Karbala Solar Park) wird auf BOO-Basis (Build, Own, Operate) realisiert und soll 2023 in Betrieb gehen.

Neben den beiden genannten Projekten umfasste die Ausschreibung fünf weitere PV-Anlagen, vier mit 50 Megawatt und eine mit 30 Megawatt. Für diese Projekte wurde im September 2021 mit PowerChina eine vorläufige Vereinbarung unterzeichnet. Im Januar 2022 meldet MEED Projects jedoch, dass die Vorhaben nicht mehr umgesetzt werden sollen. Geplante Standorte waren die Provinzen Wasit (2 x 50 Megawatt), Muthanna (50 und 30 Megawatt) sowie Al Qadisiyyah (50 Megawatt).

PowerChina hatte im August 2021 eine Absichtserklärung über den Bau von PV-Anlagen mit insgesamt 2 Gigawatt unterzeichnet. Die genannten fünf Projekte sollten in diesem Rahmen umgesetzt werden. Wie sich PowerChina zukünftig positionieren will, ist nicht bekannt.

Zwischen dem MoE (beziehungsweise der National Investment Commission) und der Abu Dhabi Future Energy Company (Masdar) wurde im Juni 2021 eine Rahmenvereinbarung über PV-Projekte mit einer Gesamtkapazität von 2 Gigawatt geschlossen. Masdar gehört zu Abu Dhabis staatlichem Investment Fonds. Die Projekte sollen als IPP (Independent Power Plants) im Rahmen des Investment Law 13/2006 realisiert werden.

Im Oktober 2021 hat Masdar ein "Strategic Agreement" für den Bau von zunächst fünf PV-Anlagen unterschrieben. Ein 450 Megawatt Projekt ist in der südlichen Provinz Dhi Qar angesiedelt, zwei Projekte in Ramadi (Provinz Al Anbar; 250 und 100 Megawatt) und jeweils ein 100 Megawatt Projekt in Mosul (Provinz Nineveh) und Amarah (Provinz Maysan).

Mit Frankreichs TotalEnergies wurde im September 2021 eine Vereinbarung für die Errichtung eines Solarparks mit 1 Gigawatt in der Nähe von Basra (Artawi) geschlossen. Seit 2019 spricht das MoE mit dem saudi-arabischen Energieunternehmen ACWA Power über zwei 1-Gigawatt-Solarprojekte. Die Verhandlungen sollen sich in einem fortgeschrittenen Stadium befinden. Eine der Anlagen ist der Provinz Najaf geplant, die andere soll in Saudi-Arabien gebaut werden und dann den Strom nach Irak liefern.

Windkraft und Atomstrom gelten als weitere Optionen

Vor über 15 Jahren hat die Regionalregierung in Kurdistan ein auf 100 Millionen US-Dollar (US$) geschätztes Windprojekt initiiert. Das Vorhaben ist nicht aufgegeben worden, aber es gibt auch keinen erkennbaren Fortschritt. Investoren werden gesucht.


Die Iraqi Radioactive Sources Regulatory Authority spricht von acht geplanten Kernkraftwerken mit insgesamt 11 Gigawatt für 40 Milliarden US$. Über mögliche Kooperationen soll unter anderem bereits mit Russland und Südkorea diskutiert worden sein.


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