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Wirtschaftsumfeld | Iran | Konjunktur

Iranische Wirtschaft erweist sich als resilient

Das Wachstum der iranischen Wirtschaft wird vor allem durch den expandierenden Ölsektor gestützt. Die hohe Inflation ist aber immer noch nicht unter Kontrolle.

Von Robert Espey | Dubai

Die 2018 reaktivierten US-Sanktionen und die starke Zurückhaltung von Unternehmen aus anderen westlichen Staaten gegenüber Iran bremsen weiterhin die wirtschaftliche Entwicklung der Islamischen Republik. Zudem behindern große interne Strukturprobleme das Wachstum der iranischen Wirtschaft. Dennoch ist es nach einem ersten Sanktionsschock gelungen, das Land wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zu bringen.

Der Internationale Währungsfonds (IMF) erwartet für 2023/2024 (iranisches Jahr 1402: 21. März bis 20. März) ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3 Prozent. Vorläufige Daten der iranischen Statistikbehörde zeichnen sogar ein noch positiveres Bild.

Für das 1. Halbjahr (21. März bis 20. September 2023) wird ein BIP-Anstieg von 7,5 Prozent gemeldet. Der wichtigste Wachstumsimpuls kam von der Öl- und Gasförderung, hier lag das Plus bei 22,7 Prozent. Ohne den Öl- und Gassektor waren es immerhin noch 5,1 Prozent. Die verarbeitende Industrie expandierte um 3,1 Prozent, die Bauwirtschaft um 3,7 Prozent und der Dienstleistungssektor um 8,4 Prozent.

Ölsektor ist wichtigster Wachstumsmotor

Von Juli bis einschließlich Dezember 2023 förderte Iran durchschnittlich 3,1 Millionen Barrel pro Tag, so die OPEC-Zahlen. Dem iranischen Ölministerium zufolge stieg die Ölproduktion im Oktober 2023 auf 3,4 Millionen Barrel pro Tag, die OPEC schätzt 3,1 Millionen Barrel pro Tag.

Gemäß den iranischen BIP-Daten dauerte der sanktionsbedingte Niedergang des Ölsektors von Herbst 2018 bis zum Frühjahr 2020. Die auf Schätzungen beruhende OPEC-Statistik weist zwischen 2017 und 2020 einen Rückgang der durchschnittlichen Rohölproduktion (ohne Kondensate) um 48 Prozent auf unter 2 Millionen Barrel pro Tag aus.

Die Erholung der Ölförderung wird vor allem durch die steigenden Ölexporte verursacht. Nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Kpler erreichten die Ölexporte im Mai 2018 mit 2,8 Millionen Barrel pro Tag (einschließlich Kondensate) einen Höhepunkt und lagen 2020 zeitweise deutlich unter 0,5 Millionen Barrel pro Tag.

Seit Ende 2020 ist ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Im 2. Halbjahr 2023 sollen Monatswerte die Marke von 1,5 Millionen Barrel pro Tag erreicht oder überschritten haben, so Schätzungen. Die Ölexporte gehen zu mehr als 90 Prozent an kleine Raffinerien in China.

Der Anstieg der Ölausfuhren hat mehrere Ursachen. Iranisches Öl wird mit deutlichen Abschlägen verkauft. Zudem ist es Teheran gelungen, neue Systeme zur Umgehung der US-Sanktionen zu entwickeln. Kritiker in den USA werfen der Biden-Administration vor, die Implementierung der Sanktionen nicht konsequent zu verfolgen.

Inflation und Währungsverfall belasten schwer

Die weiterhin sehr hohe Inflation ist eine der schwersten Belastungen sowohl für die privaten Haushalte als auch für die Unternehmen. Im Zeitraum 2018/2019 bis 2022/2023 haben sich die Verbraucherpreise in den städtischen Regionen nahezu verfünffacht, so die offizielle Statistik. Im Jahresdurchschnitt zogen die Preise 2022/2023 um 46,5 Prozent an.

Auch im laufenden Jahr 2023/2024 ist mit einer durchschnittlichen Teuerung von über 40 Prozent zu rechnen. Im November/Dezember 2023 betrug die durchschnittliche Inflationsrate der zurückliegenden zwölf Monate 44,4 Prozent. Die Lebensmittelpreise zogen um 50,4 Prozent an. Stark überdurchschnittlich war die Teuerung unter anderem bei Fleisch mit 90,0 Prozent und Fisch mit 60,6 Prozent.

Die Inflation wird auch durch den anhaltenden Verfall des Rial beziehungsweise die Verteuerung der Einfuhren angeheizt. Auf dem freien Markt stieg der Preis des US-Dollars zwischen 2017/2018 und 2022/2023 im Jahresdurchschnitt von 40.453 auf 349.266 Rial. Aktuell sind es 556.000 Rial (25. Januar 2024).

Arbeitsmarktdaten mit positiver Tendenz

Nach Angaben der offiziellen Statistik hat sich 2023 die Arbeitsmarktlage weiter entspannt. Im Herbst 2023 erreichte die Zahl der Beschäftigten mit 24,8 Millionen einen neuen Höchstwert. Im Herbst 2020 war die Beschäftigtenzahl rezessionsbedingt auf 23,1 Millionen gesunken.

Im Herbst 2023 wurden 2,0 Millionen Personen von der Statistik als arbeitslos registriert. Dies waren 4,4 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Arbeitslosenquote fiel von 8,2 auf 7,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote würde sich aber deutlich erhöhen, wenn sich wieder mehr Menschen auf Arbeitssuche begeben.

In den vergangenen Jahren haben viele Personen ohne Beschäftigung die aktive Stellensuche aufgegeben und werden deshalb von der Statistik nicht mehr als arbeitslos erfasst. Im Frühjahr 2018 lag der Anteil der Erwerbsbevölkerung (Beschäftigte und Arbeitssuchende) an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bei 45,2 Prozent. Im Herbst 2023 waren es lediglich 41,5 Prozent.

Einfuhren legen deutlich zu

Nach Angaben des iranischen Zolls haben sich die Einfuhren in den ersten neun Monaten 2023/2024 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 12,3 Prozent auf 48,4 Milliarden US$ erhöht. Als führende Lieferanten werden die Vereinigten Arabischen Emirate (vor allem Re-Exporte über Dubai), China, die Türkei, Deutschland und Indien genannt.

In der Neunmonatsperiode schrumpften die Nicht-Öl-Exporte leicht um 0,7 Prozent auf 36,4 Milliarden US$. Das Energieministerium gibt für den genannten Zeitraum die Ölexporte mit 26,5 Milliarden US$ an. Diesen Wert halten einige Beobachter allerdings für möglicherweise zu hoch.

Destatis weist für die ersten elf Monate 2023 einen Rückgang der deutschen Iranausfuhren um 25,8 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro aus. Die Schrumpfung wurde im Wesentlich durch den nahezu vollständigen Ausfall der deutschen Getreidelieferung verursacht. Im Elfmonatszeitraum 2023 wurde für 451 Millionen Euro Getreide nach Iran verkauft.

Ohne Berücksichtigung von Getreide haben sich die deutschen Exporte um 7 Prozent erhöht. Deutliche Zuwächse gab es bei Maschinenlieferungen, die um 17 Prozent auf 341 Millionen Euro (SITC 71 bis 74) zulegten.

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