Bei Streitigkeiten zwischen isländischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern richtet sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zunächst nach den Vorschriften des revidierten Lugano-Übereinkommens (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007). Dieses revidierte Lugano-Übereinkommen ist im Verhältnis zwischen Island und der EU seit dem 1.5.2011 in Kraft.
Das revidierte Lugano-Übereinkommen von 2007 hat zum Ziel, Gemeinsamkeiten der rechtlichen Regelungen herbei zu führen, und zwar zwischen der seinerzeit in der EU geltenden Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) einerseits sowie dem Lugano-Übereinkommen von 1988 (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, abgeschlossen in Lugano am 16. September 1988) auf der anderen Seite.
Gerichtsstandsvereinbarungen sind unter der Geltung des Lugano-Übereinkommens von 2007 grundsätzlich zulässig. Unter einer Gerichtsstandsvereinbarung versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu regeln. Auch wenn gemäß Artikel 23 des Lugano-Übereinkommens von 2007 nicht nur schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen möglich sind, ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien jedoch ratsam. Auch bei Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung kann sich deren Unwirksamkeit bei bestimmten Angelegenheiten, zum Beispiel Versicherungs- und Verbraucherverträgen, ergeben.
Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 2 des Lugano-Übereinkommens 2007 grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird (mangels Wohnsitzes) auf deren satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt (Artikel 60 Lugano-Übereinkommen 2007).
Denkbar sind im Ergebnis folgende Fälle, in denen in Streitigkeiten deutscher gewerblicher Dienstleistungsempfänger mit isländischen Dienstleistern vor einem isländischen Gericht zu klagen wäre:
- Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sieht dies ausdrücklich vor.
- Bei Fehlen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung lässt sich die internationale Zuständigkeit des isländischen Gerichts aus den Regeln des Lugano-Übereinkommens 2007 ableiten.
In diesen Fällen stellt sich für den deutschen Dienstleistungsempfänger die Frage nach der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des isländischen Gerichts.