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Wirtschaftsumfeld | Island | Konjunktur

Islands Wirtschaft wächst 2023 langsamer

Die Wachstumsdynamik der isländischen Wirtschaft lässt 2023 nach. Die Entwicklung ist unsicher. Neben dem Angriffskrieg auf die Ukraine spielen inländische Faktoren eine Rolle.

Von Martin Schulte | Bonn

Im Jahr 2023 dürfte sich das Wachstum in Island deutlich abschwächen. Die Zentralbank des Landes erwartet nur noch ein reales Plus des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,6 Prozent. Im vergangenen Jahr konnte die Wirtschaft real noch um 6,4 Prozent zulegen. Getragen wurde das Wachstum vor allem vom privaten Konsum. Aber auch die Investitionen und gestiegene Exporte leisteten einen positiven Beitrag zum BIP.

Ukrainekrieg sorgt für Unsicherheit

Die weitere Entwicklung 2023 ist stark abhängig vom Verlauf des Krieges in der Ukraine und seinen Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Für zusätzliche Unsicherheit sorgt die Entwicklung der Lohnkosten: Die jüngsten Tarifabschlüsse in Island führten zu kräftigen Lohnerhöhungen. Die Zentralbank schätzt, dass die Löhne und Gehälter 2022 um durchschnittlich 8,6 Prozent gestiegen sind und 2023 noch einmal um 9,4 Prozent zulegen werden. Die starken Tariferhöhungen belasten die Unternehmen, zumal die Produktivität in den vergangenen Monaten nicht oder nur wenig gestiegen ist.

Wachstum des Konsums lässt spürbar nach

Vor allem Nachholeffekte in der Folge der Coronapandemie sorgten 2022 dafür, dass die Verbraucher umfangreiche Ausgaben tätigten. In den ersten drei Quartalen 2022 legte der private Konsum real um 10,9 Prozent zu. Das war der stärkste Anstieg in dieser Periode seit 17 Jahren. In ihrem Monetary Bulletin von Anfang Februar 2023 schätzt die Central Bank of Iceland das Konsumwachstum im Gesamtjahr 2022 auf 8,7 Prozent. 

Im Laufe des Jahres bekamen die Verbraucher höhere Preise und steigende Kreditzinsen zunehmend zu spüren und hielten sich mit Ausgaben stärker zurück. Im Jahr 2023 wird sich das Wachstum des privaten Konsums deutlich abschwächen. Die Zentralbank geht von einem Anstieg von nur noch 2,5 Prozent aus. Statistics Iceland erwartet nur 1,7 Prozent.

Im Jahr 2022 betrug die Inflationsrate nach vorläufigen Angaben des Statistikamtes 8,3 Prozent. Im Februar 2023 lag sie bei 10,2 Prozent. Die jüngsten Lohnabschlüsse drohen, die Inflation weiter anzuheizen. Zudem hat der Wechselkurs der Isländischen Krone in den letzten Monaten deutlich nachgegeben. Anfang Februar 2023 lag er rund 6 Prozent unter dem Niveau von vor einem Jahr. Die Zentralbank hob Anfang Februar 2023 den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent an. Sie erklärte, es sei wahrscheinlich, dass sie den Leitzins in den nächsten Monaten noch einmal erhöhen werde. Für 2023 rechnet die Central Bank of Iceland mit einer Inflationsrate von 7,2 Prozent. Die Zielmarke von 2,5 Prozent wird in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht erreichbar sein.

Parallel zur Erholung der Wirtschaft nach der Pandemie hat sich die Situation am Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Die Arbeitslosenrate lag im Januar 2023 bei 3,2 Prozent. Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte sie nur geringfügig steigen. 

Investitionen steigen 2023 nur schwach

Die Bruttoanlageinvestitionen legten 2022 nach Angaben von Statistics Iceland um real 5,8 Prozent zu. In der zweiten Jahreshälfte verschlechterte sich die Stimmung in der Wirtschaft. In einer Umfrage, die das Gallup Institute Ende 2022 im Auftrag der Zentralbank durchführte, beurteilten Führungskräfte der größten isländischen Unternehmen die wirtschaftlichen Aussichten deutlich pessimistischer als ein Jahr zuvor.

Das Statistikamt rechnet 2023 mit einem Wachstum der Bruttoanlageinvestitionen von nur noch 1,8 Prozent. Die Investitionen im Wohnungsbau dürften 2023 deutlich sinken. Auch die öffentliche Investitionen gingen bereits im vergangenen Jahr zurück und werden nach Prognosen des Statistikamtes 2023 noch einmal um 3,8 Prozent sinken. Erst ab 2024 ist - aufgrund von geplanten Investitionen der energieintensiven Industrie - wieder mit einem stärkeren Wachstum zu rechnen. 

Tourismus hat sich wieder erholt 

Die Aussichten der isländischen Reisebrache für das Jahr 2023 sind gut. Im 2. Halbjahr 2022 trafen wieder ebenso viele Touristen in Island ein wie im 2. Halbjahr 2019. Trotz der gesunkenen Kaufkraft gibt es in touristischen Herkunftsländern eine lebhafte Nachfrage nach Island-Reisen. Im Jahr 2023 werden mehr als 2 Millionen Besucher in Island erwartet. Zudem wird die Zahl der ankommenden Kreuzfahrtschiffe voraussichtlich so hoch sein wie nie zuvor. Nach vorläufigen Berechnungen des isländischen Statistikamtes trug die Tourismusbranche 2022 rund 6,1 Prozent zum BIP bei. 

Importwachstum wird deutlich gebremst

Die Wachstumsdynamik beim Import von Waren und Dienstleistungen lässt 2023 deutlich nach. Die Central Bank of Iceland erwartet für das laufende Jahr einen Anstieg um 2,6 Prozent. Im Jahr 2022 hatte die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen nominal noch um 38,5 Prozent zugelegt.

Nach vorläufigen Angaben des Statistikamtes erreichte die Wareneinfuhr 2022 einen Wert von 9,6 Milliarden US-Dollar (US$). Die Einfuhren aus Deutschland beliefen sich auf 767 Millionen US$. Das waren gut 14 Prozent mehr als im Jahr 2021. Unter den Lieferungen deutscher Unternehmen dominierten Maschinen, Kfz und Kfz-Teile. Die Einfuhren von Fahrzeugen aus Deutschland profitierten 2022 von dem durch die Pandemie ausgelösten Nachholeffekt.

Der Wert der Exporte von Waren und Dienstleistungen stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um 43,8 Prozent. Der starke Anstieg ist in erster Linie auf die kräftige Erholung des Tourismus zurückzuführen. Aufgrund geringerer Fischfangquoten und sinkender Aluminiumpreise wird das Exportwachstum 2023 voraussichtlich etwas schwächer ausfallen. Die Zentralbank erwartet für 2023 einen Anstieg der Exporte von Waren und Dienstleistungen um knapp 3 Prozent. 

Warenaußenhandel Islands (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

2021

2022

Veränderung 2022/2021

Importe (cif)

7.700

9.632

25,1

Exporte (fob)

6.008

7.392

23,0

Quelle: Statistics Iceland 2023

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