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Beim Gaming spielt Israel in der ersten Reihe
Das Umsatzwachstum israelischer Gaming-Firmen hat sich verlangsamt. Dennoch bleibt das Land ein führender Standort der Branche. Allerdings gilt Braindrain als ein Risikofaktor.
19.07.2023
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Die israelische Gaming-Branche ist von der gegenwärtigen Schwächephase des israelischen Hightechsektors nicht negativ betroffen. Das hat Nir Miretzky, leitender Manager und Start-up-Gründer in der Gaming-Industrie, in einem Gespräch mit Germany Trade and Invest erklärt.
Wachstumsprognose positiv
Genaue Umsatzzahlen liegen zwar bisher nicht vor. Allerdings schätzt Miretzky, Director of Innovation des Spieleentwicklers und -vertreibers CrazyLabs, dass die Einnahmen der Branche steigen. Seiner Prognose nach wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen.
Diese Einschätzung stützt sich nicht zuletzt auf die Arbeitsmarktsituation in der Branche. Zwar gebe es Gaming-Firmen, die geschlossen würden, doch sei das in diesem Geschäftszweig nichts Außergewöhnliches. Die ausschlaggebende positive Indikation sei die anhaltend starke Anstellung neuer Arbeitskräfte.
Indessen hat sich das Umsatzwachstum nach einer Phase stürmischer Expansion verlangsamt. Laut einem 2022 veröffentlichten Bericht der Beratungsfirma Deloitte Israel hatte der Umsatz der israelischen Gaming-Branche von 1 Milliarde US-Dollar (US$) 2017 auf 8,6 Milliarden US$ 2021 zugenommen. Diesem Wachstum lag eine durchschnittliche Zunahme um 37,7 Prozent pro Jahr zugrunde – eine Höhe, die auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann.
Ein wesentlicher Faktor für den rasanten Aufschwung war die Coronapandemie. Wegen der sozialen Isolation und der Ausgangssperren hatte die Nachfrage nach Zeitvertreib in den eigenen vier Wänden erheblich zugenommen. Dabei waren Videospiele von großer Bedeutung. Nach Abklingen der Pandemie, so Miretzky, seien die Spielerzahlen nicht zurückgegangen.
Mehrere Faktoren machen den Erfolg aus
Der einheimische Markt spielt für die israelischen Unternehmen keine bedeutende Rolle. Sie erzielen nahezu ihren gesamten Umsatz im Exportgeschäft.
Wie die Deloitte-Studie vermerkt, ist die israelische Gaming-Industrie relativ jung und begann erst 2006 mit der Kapitalaufbringung. Dies sei zeitlich mit dem Übergang des Gamings zu Mobiltelefonen als wichtigster Spielplattform zusammengefallen. Miretzky zufolge ist dadurch eine günstige Ausgangssituation für die israelischen Marktteilnehmer entstanden, zumal diese sich bereits früher auf Casinospiele auf der Mobiltelefonplattform spezialisiert hatten.
Deloitte nennt mehrere Faktoren, die der israelischen Branche zum Erfolg verhelfen und sie auch für ausländische Investoren attraktiv machten. So stärke das im Lande hoch entwickelte Fachwissen im Bereich der Datenanalytik die Gaming-Firmen. Auch Performance Marketing, Monetarisierung sowie erweiterte Realität, virtuelle Realität, künstliche Intelligenz und Ad-Tech seien für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Gaming-Firmen von großer Bedeutung.
Über diese Technologien hinaus betont Miretzky die Fähigkeit der israelischen Branche, das Erfolgspotenzial neuer Spiele auf dem Weltmarkt schnell zu erkennen und das Prototyping binnen kurzer Zeit zu beenden. Hoch entwickelte interkulturelle Fähigkeiten erleichterten es israelischen Firmen zudem, Spielelemente aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen marktgerecht zu integrieren.
Eine eventuelle Abkühlung der Weltwirtschaft stelle keine Bedrohung für die Gaming-Branche dar. Wie die Erfahrung zeige, werde die Nachfrage nach Spielen durch eine Dämpfung der Konjunktur nicht geschmälert.
Allerdings könnten die gegenwärtigen politischen Spannungen in Israel die Bereitstellung von Fachkräften negativ beeinflussen. Israelischen Experten, die sich der innenpolitischen Lage entziehen wollten, dürfte es leichtfallen, Alternativen im Ausland zu finden. Auch der Wunsch nach niedrigeren Lebenskosten – diese sind in Israel im internationalen Vergleich recht hoch – könnte ein Auslöser für Relocation sein. Ein klarer Trend in diese Richtung sei bisher zwar nicht auszumachen, doch gebe es durchaus Fälle von Übersiedlung in andere Länder.
Viele kleine Start-ups und einige Schwergewichte
Laut der Deloitte-Studie waren in Israel 2021 rund 190 Gaming-Firmen tätig. Das wichtigste Betätigungsgebiet waren Casual Games.
Das Gros der Firmen ist klein: 2021 beschäftigten 59 Prozent der Unternehmen jeweils bis zu 10 Mitarbeiter, während weitere 26 Prozent einen Personalbestand von 11 bis 50 vorwiesen. Damit verfügt die Gaming-Branche über eine große Anzahl kleinerer Start-ups, die zu ihrer Innovationskraft beitragen.
Die Mehrheit der Beschäftigten, deren Gesamtzahl sich 2021 auf circa 14.000 belief, arbeitet indessen in wenigen großen Unternehmen. So beschäftigten 2021 nur 3 Prozent der Firmen jeweils mehr als 500 Mitarbeiter, doch kamen sie für insgesamt 61 Prozent des Beschäftigungsstands auf.
Ein solches Schwergewicht ist Playtika. Die Firma entwickelt kostenfreie Spiele und hat eine Reihe erfolgreicher Produkte auf den Weltmarkt gebracht. Ein bedeutender Publisher ist CrazyLabs. Das Unternehmen gehört zu den führenden Anbietern von Handyspielen und hat bis 2023 über 6 Milliarden Downloads erzielt.
Bei Plarium Global handelt es sich um ein Spielentwicklungsunternehmen für Handy- und Browserspiele, während Moon Active sich auf die Entwicklung von iOS-, Android- und Facebook-Spielen spezialisiert. Nach Angaben von Deloitte erzielte Moon Active 2021 einen Umsatz von 1,65 Milliarden US$.
Als Fachverband der Gaming-Branche fungiert die Organisation GamesIS (info@gameis.org.il). Sie setzt sich für die Interessen ihrer Mitglieder im Inland ein und vertritt die Branche auch auf der internationalen Ebene. |