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Branche kompakt | Israel | Energiewirtschaft

Israel braucht immer mehr Strom

Die langfristige Deckung des Strombedarfs ist das Hauptziel der israelischen Energiepolitik. Die Erzeugung wird ausgebaut. Deutschen Unternehmen bieten sich Geschäftschancen.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Ausblick der Energiewirtschaft in Israel

Bewertung:

 

 

  • Der Ausbau der Erzeugungskapazitäten wird vorangetrieben, um künftige Stromknappheit zu vermeiden. 
  • Israel ist bemüht, den Nachholbedarf bei erneuerbaren Energien schnell zu decken.
  • Einheimische Erdgasvorkommen sichern kräftigen Ausbau konventioneller Kapazitäten.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Juli 2024

  • Politische Ziele

    Israels Stromwirtschaft setzt auf einheimische Energiequellen: Erdgas und Sonneneinstrahlung. Erneuerbare Energien sollen 2030 für 30 Prozent der Stromerzeugung aufkommen. 

    Wie andere Industrienationen verfolgt auch Israel eine umwelt- und klimagerechtere Energiepolitik. Bis 2030 soll der Ausstoß von Treibausgasen gegenüber dem Basisjahr 2015 um mindestens 27 Prozent sinken. Für 2050 liegt das Reduktionsziel bei 85 Prozent.

    Das wichtigste Ziel ist es aber, die Energieversorgung sicherzustellen. Das ist für Israel wegen seiner angespannten geopolitischen Lage besonders relevant. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie das Land die Stromversorgung im Falle eines größeren Militärkonflikts aufrechterhalten kann.

    Erneuerbare Energien gewinnen endlich an Fahrt

    Hauptenergieträger ist einheimisches Erdgas. Die Nutzung erneuerbarer Energien lief in Israel spät und langsam an. Im Jahr 2030 will das Land 30 Prozent seiner Stromerzeugung mit erneuerbarer Energie bestreiten, und zwar fast ausschließlich mit Fotovoltaik.

    Der für 2020 anvisierte Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 10 Prozent wurde erst 2022 erreicht. Indessen holt das Land die Verspätung nach. Der für 2025 vorgesehene 20-prozentige Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion wird voraussichtlich mit nur einjähriger Verspätung erzielt. Daher bestehen gute Chancen, dass die Vorgabe für 2030 termingerecht eingehalten wird.

    Mit Blick auf die Versorgungssicherheit hat die Stromerzeugung mit Fotovoltaik einen großen Vorteil. Da ihre Leistungskapazitäten stark dezentralisiert sind, lassen sie sich im Kriegsfall durch gegnerische Militärschläge ausschalten. Das schafft für die Energiepolitik einen Anreiz, die Fotovoltaik auszubauen.

    Regionalpolitische Faktoren verhindern bisher eine ökonomisch wie klimapolitisch sinnvolle Zusammenarbeit mit benachbarten Ländern. In Israel sind freie Bodenflächen für Fotovoltaikanlagen knapp. Dagegen verfügen andere Länder der Region über große, sonnenintensive Wüstenflächen für die Erzeugung solaren Stroms, den Israel importieren könnte. Allerdings will sich Israel von solcher Einfuhr nicht abhängig machen.

    Der Energieverbrauch je reale Werteinheit des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist rückläufig. In den Jahren 2018 bis 2022 ist er um 14,7 Prozent zurückgegangen. Das BIP stieg in dieser Zeit real um 23,9 Prozent. Dagegen nahm der Energieverbrauch in Tonnen Rohöleinheiten (TOE) um nur 2 Prozent zu. Für das Jahr 2030 strebt die Regierung gegenüber dem Basisjahr 2020 eine weitere Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Energieeffizienz um 7,8 Prozent an.

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Markttrends

    Der Strombedarf steigt weiter. Das verlangt neue Stromerzeugungskapazitäten und einen Ausbau des Stromnetzes. Das schafft hohen Importbedarf für Anlagen und Ausrüstungen.

    Klimagerechte Energiepolitik als auch Versorgungssicherheit erfordern eine anhaltende Umstellung der Energieversorgung auf Elektrizität. Dafür sind höhere Stromerzeugungskapazitäten, ein Ausbau der Speicherkapazitäten und eine Aufwertung des Stromtransportnetzes erforderlich.

    Deutschen Unternehmen bietet der Ausbau der israelischen Stromwirtschaft zahlreiche Geschäftschancen, zumal deutsche Energietechnik in Israel hohes Ansehen genießt. Israel importiert Ausrüstungen für konventionelle Kraftwerke ebenso wie für Fotovoltaikanlagen.

    Neben der Zulieferung von Anlagen und Ausrüstungen können deutsche Firmen auch durch Beratungs- und Planungsdienste am Wachstum des israelischen Stromsektors partizipieren.

    Mehr Stromerzeugungskapazitäten nötig

    Laut einer Prognose der Strombehörde wird die Stromerzeugung 2025 bei 81,7 Terawattstunden liegen. Gegenüber dem Jahr 2022, für das die jüngsten verfügbaren Angaben vorliegen, wäre das ein Anstieg um 6,2 Prozent. Bis Ende des Jahrzehnts wird sich das Wachstum der Erzeugung beschleunigen. Die Bandbreite der Prognosen für das Jahr 2030 liegt zwischen 97 und 106 Terawattstunden. Zum einen hängen diese Prognosen von der unterstellten Zunahme des BIP ab. Zum anderen beruhen sie auf dem geschätzten Energiebedarf verschiedener Sektoren, nicht zuletzt des Verkehrswesens.

    Gemäß der Regierungsvorgabe für 2030 will Israel zum Ende des Jahrzehnts 30 Prozent seiner Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien bestreiten. Im Jahr 2022 wurden 9,8 Prozent der Elektrizität mit erneuerbaren Energien erzeugt.

    Damit die Regierungsvorgabe für 2030 erreicht wird, muss die installierte Kapazität der mit erneuerbaren Energien betriebenen Stromerzeugungsanlagen schnell steigen. Nach Schätzung des Energieministeriums müsste sie rund 17 Gigawatt erreichen. Das wäre dreieinhalbmal so viel wie 2022. Das gilt vor allem für Fotovoltaik (PV), auf die nach einer Prognose des Energieministeriums 2030 für rund 96 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen entfallen werden.

    Allerdings erschweren die knappen Bodenreserven das Unterfangen. Laut einer Schätzung des Energieministeriums können nur 20 Prozent der neuen Solarprojekte durch den Bau bodengebundener Fotovoltaik-Anlagen errichtet werden. Dagegen müssen 80 Prozent dieser Kapazitäten auf dual genutzten Flächen entstehen. Dabei handelt es sich vor allem um Dächer, Wasserreservoirs und Agrarflächen.

    Das macht die Planung komplizierter und verursacht höhere Kosten. Nach Angaben der Strombehörde zahlte der Staat 2023 für Solarstrom aus Bodenanlagen einen durchschnittlichen Einspeisetarif von umgerechnet 4,7 US-Cent pro Kilowattstunde. Demgegenüber waren es bei Anlagen auf Dualflächen 10,4 US-Cent. Deshalb dürfte sich der Aufbau neuer Fotovoltaikkapazitäten in den kommenden Jahren hauptsächlich auf viele kleinere Projekte verteilen.

    Der geplante Ausbau der fotovoltaischen Erzeugungskapazitäten reicht indessen langfristig nicht aus, um Israels Strombedarf zu decken. Zum einen ist die Schließung von zwei Kohlekraftwerken geplant. Zum anderen dürften das Bevölkerungs- und das erwartete Wirtschaftswachstum auch nach 2030 den Strombedarf des Landes erhöhen. Daher müssen auch neue konventionelle Kraftwerke gebaut werden.

    Stromnetz und Stromspeicherung werden ausgebaut

    Der Ausbau der Elektrizitätsversorgung verlangt zudem eine Ausdehnung und Aufwertung des Stromübertragungsnetzes. Beispielsweise entsteht ein Großteil neuer PV-Anlagen im sonnenintensiven Landessüden. Das Gros des Stromverbrauchs fällt indessen im Landeszentrum an.

    In den Jahren 2024 bis 2030 will die Stromnetzverwaltungsgesellschaft Noga - The Israel Independent System Operator umgerechnet rund 4,6 Milliarden US$ ins Stromnetz investieren. Die Hälfte dieser Mittel ist für Bau, Aufwertung und unterirdische Verlegung von Übertragungsleitungen vorgesehen. Weitere 40 Prozent der Mittel entfallen auf Umspannwerke und Schaltstationen. Die verbleibenden 10 Prozent des geplanten Etats verteilen sich auf andere Zwecke.

    Der Ausbau der Stromwirtschaft erfordert auch eine Expansion der Energiespeicherung. Mit zunehmenden fotovoltaischen Erzeugungskapazitäten steigt die Notwendigkeit, mit Solarkraft erzeugten Strom zu speichern und bei abendlichen Strombedarfsspitzen Abnehmern zur Verfügung zu stellen. Energiespeicherung bei kleinen Fotovoltaikanlagen gilt auch als eine gewisse Absicherung gegen Stromausfälle im Kriegsfall.

    In den kommenden Jahren steht ein kräftiger Ausbau der Speicherkapazitäten bevor. Nach Angaben der Strombehörde beliefen sich die Energiespeicherkapazitäten 2022 auf gerade mal 305 Megawatt. Laut der Behörde werden sie bis Ende 2025 auf 1,4 Gigawatt steigen. Hiervon sollen 46,8 Prozent auf Pumpspeicherenergie, 42,2 Prozent auf in PV-Anlagen integrierte Speicher und 10,9 Prozent auf Hochspannungsspeicher entfallen.

    Für das Jahr 2030 erwartet die Strombehörde eine landesweite Speicherkapazität von mindestens 6.000 bis 7.000 Megawatt. Allerdings ist das nur eine Richtgröße. Im November 2023 hat die Regierung einen Bebauungsplan für Energiespeicheranlagen beschlossen. Um die Speicherung voranzutreiben, soll die Errichtung von Speicheranlagen an einer Vielzahl von Standorten genehmigt werden. 

    30 %

    der Stromerzeugung sollen 2030 auf erneuerbare Energien entfallen.

     

     

    Projekte des Kraftwerksbaus in Israel Erdgasberiebene Kpazitäten

    Projektbezeichnung (Standort) 

    Leistung (MW)

    Unternehmen 

    Status

    Investitionsvolumen
     

    Sorek (Landeszentrum)

    630 bis 900

    Steht noch nicht fest

    Ausschreibung

    k.A.

    OPC Hadera (Norden)

    630 bis 900

    OPC Energy

     vor Regierungsbeschluss

    k.A.

    Dalia Inner Plain (Landeszentrum)

    630 bis 900

    Dalia Power Energies

    genehmigt

    k.A.

    Dorad Ashkelon (Süden)

    630 bis 900

    Dorad Energygenehmigt

    k.A.

    Kesem (Landeszentrum)

    630 bis 900

    Kesem Energygenehmigt

    k.A.

    Reindeer (Landeszentrum)

    630 bis 900

    Reindeer Energyvor Regierungsbeschluss

    k.A.

    Eshkol (Landeszentrum)

    630 bis 900

    Eshkol Eshkol Power Energies

    k.A.

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Von Wladimir Struminski

  • Branchenstruktur

    Private Unternehmen kommen für den größten Teil der Stromerzeugung auf. Das Stromnetz bleibt ein öffentliches Monopol. Israel sucht Anschluss ans europäische Stromnetz.

    Im Bereich konventioneller Stromerzeugung bleibt der ehemalige Stromversorgungsmonopolist, die Israel Electric Corporation (IEC), der führende Marktteilnehmer. Allerdings sinkt ihr Anteil an der Stromerzeugung infolge der Regierungspolitik, die auf mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt setzt.

    Private Stromerzeuger auf dem Vormarsch

    Das Jahr 2022 war das letzte, in dem die IEC die Mehrheit der Stromerzeugung bestritt, und zwar 51 Prozent. Für 2025 erwartet die Strombehörde, dass der Anteil der IEC auf 40 Prozent sinkt. Dies wird durch den Bau neuer privater Kraftwerke und die Privatisierung eines Teils der IEC-Kraftwerke erreicht.

    Dementsprechend soll der Anteil privater Stromerzeuger 2025 auf 60 Prozent der Energieerzeugung steigen. Dazu gehört auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die rein privatwirtschaftlich aufgestellt ist. Sie soll 2025, wie erwähnt, einen Anteil von 20 Prozent an der gesamten Stromerzeugung erreichen. Damit würden konventionelle Privaterzeuger für 40 Prozent der Gesamtstromversorgung aufkommen.

    Das Gros der Investitionen in die Errichtung neuer konventioneller Kraftwerke wird auf private Stromversorger entfallen. Gegenwärtig ist der Bau von sieben privaten Kraftwerken mit einer Leistungskapazität von jeweils 630 bis 900 Megawatt beschlossen oder wird erwogen. Demgegenüber baut die IEC nur zwei Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 1.200 Megawatt. Im Juli 2024 standen sie kurz vor der Inbetriebnahme. Erneuerbare Energien werden von Privatinvestoren ausgebaut.

    Zu den wichtigsten privaten Stromerzeugern gehören die Firmen Edeltech, Dalia Power Energies, Shikun u’Binui und OPC Energy.  Edeltech baut auch Kraftwerke im Auftrag Dritter. Auch eine Reihe anderer Kraftwerk- und Solaranlagenbauer ist in Israel tätig. Ein Beispiel ist die Electra Group, einer der größten israelischen Bau- und Infrastrukturkonzerne. Sie baut sowohl konventionelle Kraftwerke als auch Solarenergieanlagen. Die Firma Solaredge wiederum spezialisiert sich auf private und kommerzielle Solarenergiesysteme und vertreibt ihre Produkte nach eigenen Angaben in rund 140 Ländern.

    Ferner sind virtuelle Stromanbieter auf dem Markt tätig, die Strom vor allem von Fotovoltaikanlagen beziehen. Im Juni 2024 waren rund 40 solcher Anbieter zugelassen.

    Ausländische Investitionen in die Energiewirtschaft sind erlaubt und erwünscht. Beispielsweise unterhält das französische Energieunternehmen Électricité de France in Israel eine auf erneuerbare Energien spezialisierte Tochterfirma, EDF Renewables Israel.

    Die Stromnetzverwaltungsgesellschaft Noga ist nicht nur für den laufenden Betrieb und für Investitionen in das Stromnetz zuständig. Vielmehr plant sie auch die Entwicklung des Stromnetzes und ist an der Entwicklung neuer Technologien beteiligt.

    Wasserstoffwirtschaft steht noch ganz am Anfang

    Israel ist grundsätzlich bestrebt, Wasserstoff in seine Energiewirtschaft zu integrieren. Diese Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen. Allerdings geht das Energieministerium fest davon aus, dass Wasserstoff in der längeren Frist zum Energiespeichern verwendet wird. Ferner wird seine Nutzung im Verkehrssektor anvisiert.

    Israel plant, eine eigene Produktion von Wasserstoff aufzubauen. Allerdings werden die umweltfreundlichen Produktionskapazitäten wegen Bodenmangels für die Herstellung preiswerten Solarstrom wahrscheinlich begrenzt bleiben. Wohlgemerkt verfügt Israel über umfangreiche Offshore-Vorkommen von eigenem Erdgas. Allerdings würde ihre Verwendung für die Wasserstoffproduktion einen massiven Absatz von Kohlenstoffabscheidung erfordern, damit Klimaneutralität gewährleistet wird. In jedem Fall geht das Energieministerium davon aus, dass Israel zum Nettoimporteur von Wasserstoff wird.

    Künftig Stromimporte erwünscht

    Zur Zukunftsplanung der israelischen Energiewirtschaft gehört auch der Anschluss an das europäische Stromnetz. Zu diesem Zweck ist der Bau eines Unterseekabels von Israel nach Zypern geplant, das wiederum an Griechenland angeschlossen werden soll. Im März 2024 teilte das israelische Energieministerium mit, das Projekt der Stromkabelverlegung zwischen Israel und Zypern werde "vorangetrieben". Von dem Anschluss an Europa verspricht sich Israel eine Überwindung seines bisherigen Status als "Energieinsel", die keinen Strom importiert. Dadurch soll die Versorgungssicherheit des Landes erhöht werden.

    Grundsätzlich zeigt Israel auch Interesse an einer Integration in den Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa (IMEC). Die Einbindung in dieses monumentale Vorhaben könnte unter anderem Energieimporte aus der Golfregion nach Israel ermöglichen, sei es als Elektrizität, sei es als Wasserstoff. Allerdings handelt es sich dabei eher um eine Zukunftsvision als um einen Plan. Erstens befindet sich das IMEC-Projekt in einer sehr frühen Phase. Zweitens könnten geopolitische Schwierigkeiten in der Nahostregion den Einschluss Israels verhindern. Daher ist ein Anschluss des israelischen Stromnetzes an Europa weitaus leichter und schneller als die Integration in den IMEC-Korridor zu erreichen.

    Wichtige Branchenunternehmen in IsraelUmsatz in Millionen US$

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2023*)  

    Israel Electric CorporationStromerzeugung

    6.262

    Solaredge TechnologiesBau von Fotovoltaikanlagen

    2.832

    OPC EnergyPrivater Stromerzeuger

    522

    Inter Industries Durchführung von Energieprojekten inklusive Elektrizität

    195

    * Binnenpreisangaben, umgerechnet nach dem jahesdurchschnittlichen Wechselkurs.Quelle: Dun and Bradstreet Israel


     

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Marktorganisation und Rahmenbedingungen

    Der Wettbewerb auf dem Strommarkt wird immer intensiver. Die Rahmenbedingungen werden aber von der Strombehörde bestimmt. Bodenknappheit verteuert fotovoltaischen Strom.

    Der wichtigste Abnehmersektor für Elektrizität sind Privathaushalte, deren Verbrauch 2022 bei 35,2 Prozent des Gesamtstromverbrauchs lag. Es folgten der Handels- und Dienstleistungssektor mit 32,5 Prozent sowie die Industrie mit 20,1 Prozent. Auf andere Stromverbraucher entfielen 12,2 Prozent.

    Strombehörde reguliert den Markt

    Der Elektrizitätsmarkt richtet sich nach energiepolitischen Vorgaben der Regierung. Die Durchführung der Regierungspolitik im Stromsektor obliegt der Strombehörde. Deren Hauptaufgaben sind die Festsetzung von Stromtarifen, die Erteilung von Lizenzen für die Stromerzeugung sowie die Kontrolle der Stromqualität und des Dienstleistungsniveaus im Elektrizitätssektor.

    Die Preisabrechnung für den Stromverbrauch kann nach einem Einheitstarif oder nach einem Nutzungszeittarif erfolgen. Nach Angaben der Strombehörde wählen die meisten gewerblichen Verbraucher den Nutzungszeittarif. Dagegen entscheiden sich die meisten Privathaushalte für den Einheitstarif. Ab Februar 2024 liegt dieser bei umgerechnet 14,2 US-Cent zuzüglich der Mehrwertsteuer von 17 Prozent. Im Rahmen des Marktwettbewerbs wird er allerdings in den meisten Fällen unterboten.

    Bodenknappheit verteuert Solarstrom

    Bei erneuerbaren Energien hat der technologische Fortschritt die Erzeugungskosten Solarstroms mit der Zeit erheblich gesenkt. Bei den kostengünstigsten, bodengebundenen Großerzeugungsanlagen hat dies eine Subventionierung durch den Staat überflüssig gemacht. Nach Angaben der Strombehörde lag der Durchschnittspreis, zu dem der Staat Strom von bodengebundenen Fotovoltaikanlagen 2023 kaufte, bei umgerechnet 4,7 US-Cent je Kilowattstunde.

    Die Erzeugungskosten bei Fotovoltaikanlagen auf Doppelnutzungsflächen sind im Durchschnitt viel höher als bei Bodenanlagen. Deshalb enthalten Einspeisetarife, die die Strombehörde den Betreibern dieser Anlagen zugesteht, Subventionen. Im Jahr 2023 zahlte der Staat je Kilowattstunde aus Anlagen auf Doppelnutzungsflächen einen Durchschnittspreis von umgerechnet 10,3 US-Cent.

    Große PV-Bodenanlagen werden als öffentlich-private Partnerschaften ausgeschrieben. Die Ausschreibungssieger sind für den Bau und Betrieb der Anlagen zuständig, die nach 25 Jahren an den Staat zurückfallen. Den Bau kleinerer Anlagen regelt die Strombehörde durch Einspeisetarife und regulatorische Erleichterungen.

    Erneuerbare Energien erfordern politische Weichenstellung

    Grundsätzlich ließe sich die Stromversorgung mit erneuerbarer Energie schnell steigern. Die israelische Energiepolitik kann sich dabei insbesondere für diesen Zweck fast ausschließlich auf Fotovoltaik verlassen – jedenfalls beim heutigen Technologiestand. Um ausreichend Platz für kostengünstige Bodenanlagen zu schaffen, müsste Israel allerdings einen Teil landwirtschaftlicher Flächen für diesen Zweck umwidmen. Das ginge auf Kosten anderer Nutzungszwecke wie Nahrungsmittelerzeugung und Wohnungsbau.

    Solche Umwidmungen sind gegenwärtig nicht vorgesehen. Vielmehr geht die Planung des Energieministeriums davon aus, dass nur 21 Prozent der bis 2030 erforderlichen PV-Kapazitäten auf freien Flächen entstehen. Daran ändern auch die höheren Kosten nichts, die bei der Solarstromerzeugung auf Doppelnutzungsflächen entstehen.

    Allerdings muss Israel schon bald weichenstellende Entscheidungen über die künftige Entwicklung erneuerbarer Energien treffen. Dabei werden sowohl klimapolitische Gesichtspunkte als auch die Sicherheit der Stromversorgung eine wichtige Rolle spielen.

    Mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt

    Die israelische Regierung fördert den Wettbewerb unter Stromanbietern. Ab 2022 wurde Kunden, die über einen intelligenten Stromzähler verfügten, die freie Wahl des Stromanbieters ermöglicht. Diese Reform kam in hohem Maß gewerblichen Stromkunden zugute. Dagegen besitzt nur eine Minderheit privater Haushalte intelligente Zähler. Ende 2023 wurde ihre Zahl auf 700 geschätzt. Das waren nur 20 Prozent der 3,5 Millionen israelischen Haushalte.

    Ab Jahresmitte 2024 ermöglicht das Energieministerium allerdings allen Stromkunden, also auch solchen ohne intelligente Zähler, die freie Wahl des Stromlieferanten. Das Ressort erwartet, dass der dadurch verstärkte Wettbewerb zu einem Rückgang der Strompreise führt.

    Wohlgemerkt sollen nach Plänen der Strombehörde 2028 alle Haushalte mit intelligenten Zählern ausgestattet sein. Dennoch beschleunigt die Reform von 2024 die von der Regierung vorangetriebene Strommarktreform deutlich.

    Allerdings ist die IEC der sogenannte Standardanbieter. Stromkunden, die sich für keinen anderen Anbieter entscheiden, bleiben Kunden der IEC. Deshalb suchen Privatanbieter, Kunden mit Preisnachlässen und Werbemaßnahmen zu gewinnen.

    Öffentliche Beschaffung nur per Ausschreibung

    Das Kaufverhalten staatlicher Stellen oder staatseigener Unternehmen unterliegt dem israelischen Ausschreibungspflichtgesetz. Laut diesem muss die Beschaffung der öffentlichen Hand fast ausschließlich per Ausschreibung erfolgen. Ausgenommen sind lediglich Bagatellbeträge.

    Bei Beschaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hand im Wert ab 5 Millionen US$ müssen ausländische Auftragnehmer in Israel Gegengeschäfte im Wert von 18 Prozent des Auftragswertes tätigen. Die Gegengeschäftsverpflichtungen können auf mehrere Arten erfüllt werden, darunter durch Vergabe von Unteraufträgen an israelische Unternehmen, sonstige Beschaffung von israelischen Waren und Dienstleistungen sowie Investitionen.

    Die wichtigsten staatlichen Akteure in der israelischen Elektrizitätswirtschaft, für die das Ausschreibungspflichtgesetz gilt, sind die IEC und die Stromnetzverwaltungsgesellschaft Noga. Demgegenüber richtet sich das Verhalten privater Unternehmen nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Sie sind in der Wahl ihrer Lieferanten oder Generalbauunternehmen frei. Das bedeutet allerdings nicht, dass es in diesem Marktsegment keinen scharfen Wettbewerb gäbe.

    Bei der Einfuhr normpflichtiger Ausrüstungen genügt nach Angaben der Strombehörde meistens die Konformität mit EU-Normen für die Einfuhr nach Israel. In bestimmten Fällen bestünden indessen eigene israelische Normen.

    E-Mobilität verlangt Ausbau des Ladeinfrastruktur

    Der Marktdurchdringungsgrad elektrischer Kfz ist bisher begrenzt. Ihr Anteil am Stromverbrauch ist daher ebenfalls niedrig. Allerdings wird er wahrscheinlich schnell wachsen. Für 2025 erwartet die Strombehörde, dass Elektrofahrzeuge für 1,5 Prozent des Gesamtstromverbrauchs aufkommen. Für 2030 geht das Energieministerium von knapp 5 Prozent aus.

    Danach dürfte der Strombedarf der Kfz-Flotte noch schneller wachsen. Ab 2030 soll nämlich die Einfuhr von Kfz mit Verbrennungsmotoren gänzlich untersagt werden.

    Deshalb ist ein schneller Ausbau des gegenwärtig noch kleinen Netzes von Ladestationen nötig. Die Errichtung der Ladeinfrastruktur erfolgt durch Privatunternehmen. Allerdings müssen die Behörden für ausreichende Stromversorgung für die Ladevorrichtungen sorgen.

    Tipps für den MarkteinstiegIsrael
    • Hebräischsprachige Marktregulation macht fach- und sprachkundige Berater oder Vertreter unerlässlich.
    • Beim Markteintritt ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Projekte wegen bürokratischer Hürden verzögert werden.
    • Vor Geschäftsabschluss mit Kunden der öffentlichen Hand Informationen über die Abwicklung von Gegengeschäften einholen.
    Quelle: GTAI-Recherchen

     

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Kontaktadressen

    Das Energieministerium und die Strombehörde spielen die entscheidende Rolle für die israelische Stromwirtschaft. Sie stecken den Rahmen für die Tätigkeit privater Stromerzeuger ab.

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade and InvestAußenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen 

    Factsheets der Exportinitiative Energie

    Factsheets mit allgemeinen Energieinformationen zum Land (teilweise mit Technologie- oder Anwendungsfokus)

    AHK Israel

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen   

    Ministry of Energy and Infrastructures

    Federführendes Ressort für die Energiepolitik
    Israel Electricity Authoritystaatlicher Marktregulator      
    Noga - Israel Independent System Operatorstaatliche Stromnetzverwaltungsgesellschaft

    Green Energy Association of Israel

    Fachverband für erneuerbare Energien

     

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