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Israels Hightechsektor versucht, den Kopf über Wasser zu halten

Die Hochtechnologie leidet unter dem Krieg. Und das, nachdem ihre Investitionen bereits zuvor zurückgegangen waren. Eine Erholung kann dauern. Es gibt aber auch einen Lichtblick.

Von Wladimir Struminski | Israel

Zu Beginn des Jahres 2024 steht der israelische Hightechsektor vor großen Herausforderungen. Der jüngste Grund dafür ist der Krieg in Gaza. Noch davor aber hatte eine innenpolitische Krise ausländische Investoren abgeschreckt. Notwendige Kapitalaufnahmen werden schwieriger. 

Die meisten Hightechfirmen leiden unter dem Krieg 

Dem Hightechsektor fehlen kriegsbedingt rund 41.000 Mitarbeiter beziehungsweise rund 8 bis 9 Prozent des Gesamtbeschäftigungsstands. Laut einer Erhebung der israelischen Innovationsbehörde (Israel Innovation Authority) und der gemeinnützigen Hightechoganisation Start-up Nation Central (SNC) berichteten insgesamt 84 Prozent der befragten Firmen, unter Personalmangel, Kapitalmangel oder beidem zu leiden.

Ab Anfang Januar wurden zahlreiche Reservesoldaten wieder ins Zivilleben entlassen. Allerdings gilt es erst einmal, entstandene Geschäftsschäden so weit wie möglich zu beheben, insbesondere bei der Anbahnung neuer Geschäftskontakte und der Anwerbung von Investoren. Zahlreiche Unternehmen der Branche verzeichneten Schwierigkeiten beim Abschluss von Verträgen mit ausländischen Geschäftspartnern. 

In jedem Fall verdeutlicht der Krieg die geopolitischen Risiken, denen das Land ausgesetzt ist. Daher kommen in Israel vornehmlich Sorgen um die Kapitalaufnahme im Ausland auf. 

Laut einer SNC-Umfrage beabsichtigten zwar 88 Prozent der in Israel bereits tätigen multinationalen Firmen, ihr Engagement aufrechtzuerhalten oder sogar auszuweiten. Unklar ist jedoch, wie sich Technologieunternehmen und Investoren verhalten werden, die noch nicht im Land präsent sind. Der Manager eines israelischen Wagniskapitalfonds erklärte gegenüber der Wirtschaftszeitung Calcalist, dass einige internationale Investoren sich wegen des Krieges eher in den USA oder Europa als in Israel engagierten.

Kapitalaufnahme 2023 eingebrochen

Der Krieg hat die israelische Hightechbranche in einer ohnehin schwierigen Phase getroffen. Der seit Januar 2023 tobende politische Streit um die Regierungspläne, die Judikative zu schwächen, hatte bereits vor dem Krieg zu einer Schmälerung der Hightechinvestitionen beigetragen. Der Gaza-Konflikt hat die Situation weiter verschärft.

Die Kapitalbeschaffung israelischer Hightechunternehmen hat sich im Jahr 2023 deutlich verlangsamt. Nach Angaben der Organisation SNC beliefen sich die börslichen und außerbörslichen Investitionen in israelische Hightechunternehmen, einschließlich Übernahmen, im Jahr 2022 auf 26,9 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2023 fielen sie auf 15,3 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang von 43 Prozent entspricht. Vor diesem Hintergrund stellt sich für viele Unternehmen die Frage, wie sie 2024 neue Produkte entwickeln und neue Absatzkanäle finden können. 

Häufig sehen israelische Firmen nur einen Ausweg im Ausland. Bereits die Justizreform hatte viele Hightechunternehmen zu entsprechenden Schritten bewogen. Laut einer im Juli 2023 durchgeführten Erhebung hatten 68 Prozent der befragten Start-ups  wegen der Reformpläne Geldreserven ins Ausland überwiesen, Mitarbeiter an ausländische Standorte versetzt oder sogar ihren Hauptsitz in ein anderes Land verlegt. 

Erholung könnte länger dauern

Die künftige Entwicklung wird weitgehend vom Kriegsverlauf abhängen. Mitte Januar 2024 herrschte in Israel die Erwartung vor, dass die Intensität der Kampfhandlungen im Gazastreifen nachhaltig zurückgehen würde. Zudem gingen die meisten Beobachter davon aus, dass die relativ begrenzten Kampfhandlungen zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Organisation nicht zu einem ausgewachsenen Krieg an der Nordfront eskalieren würden.

Unter dem Strich wird der Technologiesektor nach dem Krieg noch längere Zeit unter dessen Folgen leiden. Die Erholung könnte durch staatliche Förderung beschleunigt werden. Allerdings sieht sich die Regierung vielen anderen Ausgaben gegenüber. Zudem ist der Staatshaushalt stark defizitär. Damit ist unklar, wie umfangreich die Hilfe für die Hightech-Industrie sein wird. So plant das Kabinett, das Budget der Innovationsbehörde aufzustocken. Gleichzeitig will sie aber die Budgets für die Chefwissenschaftler mehrerer Ministerien kürzen. Dies würde sich negativ auf die Förderung der Hochtechnologie auswirken.

Um zumindest teilweise Hilfestellung zu leisten, hat die Innovationsbehörde einen besonderen Förderfonds im Umfang von umgerechnet 110 Millionen US$ aufgelegt. Allerdings hat dieser eine wesentliche Einschränkung. Laut Gesetz darf die Behörde ihre Etatmittel nur zur Förderung von Forschung und Entwicklung einsetzen. Damit ist es ihr nicht möglich, in Schwierigkeiten geratene Unternehmen beispielsweise beim Marketing oder Kundendienst zu unterstützen.

Intel sorgt für Lichtblick

Trotz allem bleibt Israel ein wichtiger internationaler Standort für Hightech, da die Innovationskraft der Betriebe durch den Krieg nicht angetastet wurde. Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine Rückkehr zur Normalität – zumindest auf längere Sicht.

Ein positives Signal kam Ende Dezember vom Intel-Konzern. Nach langen Verhandlungen mit der israelischen Regierung wird Intel seine neue Produktionsstätte in der Stadt Kiryat Gat massiv ausbauen. Statt der bisher geplanten 10 Milliarden US$ will Intel nun 25 Milliarden US$ in das noch im Bau befindliche Projekt investieren. Im Gegenzug erhält Intel einen Zuschuss von 3,2 Milliarden US$ beziehungsweise 12,8 Prozent der Gesamtkosten des Projekts.  

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