Branchen | Italien | Mess-, Regeltechnik
Warn- und Wartungstechnik für die Infrastruktur gefragt
Gebäude und Verkehrswege in Italien sind durch Erdbeben, Überschwemmungen und Erdrutsche gefährdet. Die Nachfrage nach intelligentem Monitoring-Equipment steigt.
10.02.2023
Von Oliver Döhne | Mailand
In Italiens Verwendungsplan für die europäischen Gelder des Aufbau- und Resilienzfonds sind umfangreiche Mittel für eine moderne Sicherung der Infrastruktur vorgesehen. Herzstück soll ein fortgeschrittenes integriertes Monitoring- und Frühwarnsystem für territoriale und klimatisch bedingte Risiken sein. Für das Projekt, das durch Umweltministerium, Ispra und Zivilschutzbehörde koordiniert wird, sind im Plan 500 Millionen Euro eingestellt.
Neubauten erhalten mit dem Sisma Bonus (Erdbebenbonus) Steuergutschriften von bis zu 85 Prozent für erdbebensichere Baumaßnahmen, darunter Sensoren. Für Erdbebenschutz-, Warn- und Wiederaufbaumaßnahmen stehen im Plan 800 Millionen Euro bereit. Für diverse strukturelle Eingriffe gegen Erdrutsche und Überschwemmungen, darunter ein umfassender Einsatz von Internet of Things gestützten Monitoringinstrumenten, sind etwa 2,5 Milliarden Euro veranschlagt.
Warengruppe (HS-Zolltarif) | Januar - Oktober 2021 | Januar - Oktober 2022 |
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Instrumente, Apparate und Geräte für die Geodäsie, Topografie, Hydrografie, Seismografie, Ozeanografie etc. (9015) | 87,6 | 101,7 |
Maschinen, Apparate und Geräte zum Prüfen der Härte, Druckfestigkeit und anderer mech. Eigenschaften (9024) | 33,1 | 28,8 |
Dichtemesser (9025) | 147,0 | 145,0 |
Instrumente, Apparate und Geräte zum Messen oder Überwachen von Durchfluss, Füllhöhe, Druck von Flüssigkeiten und Gasen (9026) | 513,8 | 524,6 |
Instrumente, Apparate und Geräte für physikalische Untersuchungen; Geräte zum Bestimmen von Viskosität, Porosität etc. (9027) | 860,2 | 943,4 |
Gas-, Flüssigkeits- und Stromzähler (9028) | 352,0 | 334,4 |
Oszilloskope, Spektralanalysatoren etc. (9030) | 280,8 | 349,1 |
Investitionen in sichere Eisen- und Autobahnstrecken
Die Engineering-Tochterfirma der italienischen Bahn, Italferr, und die Autobahnnetzbehörde ANAS entwickeln Structural Health Monitoring-Systeme mit Digitalem Zwilling und Building Information Modelling (BIM). Structural Health Monitoring meint die kontinuierliche und automatisierte Überwachung des Zustandes der Verkehrswege. ANAS hat dafür 275 Millionen Euro vorgesehen und begann Ende 2022 mit einer Serie entsprechender Ausschreibungen. Ziel ist es, 1.000 Brücken und Viadukte mit Sensoren und passenden Datenanalysesystemen auszustatten.
Insgesamt hat die Regierung dem Thema Straßensicherheit 4.0 bis 2026 rund 1,5 Milliarden Euro zugesichert. Zudem sind mehrere Smart Roads mit Internet of Things und V2X-Technik in der Entwicklung. Die V2X-Technik wird zur autonomen Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und der umgebenden Infrastruktur eingesetzt. Im Bahnsektor stehen in Italien auch zahlreiche Neubauprojekte in herausforderndem Territorium an. Entsprechende Pläne gibt es beispielsweise in Sizilien, durch die Apenninen, aber auch in den Alpen. Hier sollen modernste Sicherheitsstandards gelten.
Auch Gas- und Wasserleitungen werden intelligent
Der Gasnetzbetreiber Snam hat ein Innovationsprogramm für die digitale Modernisierung gestartet und seine Engineering-Tochtergesellschaft Snam Tech mit 450 Millionen Euro ausgestattet, um Projekte für Sicherheit, Resilienz und prädiktive Wartung des Gasnetzes zu entwickeln.
In der Wasserwirtschaft enthält Italiens Plan zur Verwendung der EU-Gelder 900 Millionen Euro für Digitalisierungs- und Monitoringmaßnahmen, um Wasserverluste im Netz zu verringern. Für Versorgungsbetriebe werden zunehmend Anreize eingeführt, um eine genaue Zurechnung des Verbrauchs beim Kunden mittels Sensoren und Fernablesung zu ermitteln. Dies nicht nur bei Strom und Wärme, wo es eine europäische Verpflichtung gibt, sondern auch beim Wasser. Weitere Mittel fließen in intelligente Stromnetze (Smart-Grid) und das Monitoring der Küstengewässer in Bezug auf Verschmutzungen und Biodiversität.
Zahlreiche geologische Naturgefahren
Aufgrund seiner Lage zwischen eurasischer und afrikanischer Platte sowie seines stark fragmentierten und abschüssigen Territoriums ist Italien zahlreichen Naturgefahren ausgesetzt. Diese führen immer wieder zu tragischen Ereignissen, wie zuletzt zum Jahresende 2022 die Hangabrutsche auf den Inseln Ischia und Lipari. Laut dem Umweltforschungsinstitut Ispra befinden sich 93 Prozent der italienischen Gemeinden in einem hydrogeologischen Risikogebiet.
Mit Ausnahme der Po-Ebene und Mittel/Süd-Apuliens ist das ganze Land durch die Gebirgszüge der Alpen und der Apenninenkette durchzogen. Deshalb gehöhren zum Verkehrsnetz sehr viele Tunnel, Brücken und Viadukte. Viele davon befinden sich bereits am Ende ihres Lebenszyklus, ohne dass genaue Informationen über deren Zustand beziehungsweise über die Gefahr von Einstürzen vorlägen. Kontrolle und Wartung erfolgen laut Experten oft weder kontinuierlich noch strukturiert.
Kontaktadressen
- Ispra (Umweltforschungsinstitut)
- ENEA (Forschungsinstitut für innovative Technologie)
- ANAS (Beschaffungsportal der Autobahnbehörde)