Branchen | Japan | Raumfahrt
Satelliten versprechen dynamisches Wachstum
Japan forciert das Geschäft mit und rund um Satelliten. Im Bereich Raumfahrt wächst die Kooperation mit Deutschland.
06.10.2022
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japan verfolgt seit vielen Jahren eine eigene Raumfahrtstrategie. Erstmals 2009 im "Basic Plan for Space Policy" formuliert, wird sie regelmäßig überarbeitet. Die Strategic Headquarters for Space Development haben im Juni 2022 die Kernpunkte für die kommenden Jahre erarbeitet. Dazu zählen der Auf- und Ausbau von Satellitensystemen und die Unterstützung der internationalen Kooperation zur Nutzung des Weltraums.
Im Satellitenbereich entsteht ein Wachstumsmarkt, bei dem Japan vor allem für Klein- und Nano-Raumsonden großes Entwicklungspotenzial sieht. Das Land ist im Segment Kleinsatelliten in Asien, aber auch weltweit ein wichtiger Akteur, wie Brancheninsider bestätigen. Dabei bestehen kooperative Ansätze mit Deutschland, das Subsysteme für die Kontrolle, für Sensoren und andere Teile liefert.
Raumfahrt erhält viel Unterstützung
In Japan lag der Umsatz im Satellitenbereich im Fiskaljahr 2020 (1. April bis 31. März) bei umgerechnet mehr als 1,4 Milliarden US-Dollar (US$), so Angaben der Society of Japanese Aerospace Companies (SJAC). Für Startraketen wurden zusätzlich rund 1 Milliarde US$ ausgegeben. Insgesamt erreichte der Umsatz der japanischen Raumfahrtindustrie im Fiskaljahr 2020 rund 3,3 Milliarden US$.
Die japanische Raumfahrtbranche profitiert stark von öffentlichen Aufträgen. Gemäß Angaben des Kabinettbüros liegt die Haushaltsplanung der Ministerien, die in Raumfahrtprojekte involviert sind, bei fast 3,9 Milliarden US$ für das Fiskaljahr 2023.
Ministerium | Budget | Vorhaben |
---|---|---|
Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology | 1.602 | Forschung und Entwicklung von Raketen, Satelliten, Artemis-Progamm, Mars-Mission, etc. |
Ministry of Defense | 778 | Stärkung der Datenerhebungskapazitäten, etc. |
Cabinet Secretariat | 632 | Aufklärungssatelliten |
Cabinet Office | 246 | Quasi-Zenit-Satelliten-System (Michibiki); Entwicklung von Kleinsatelliten-Konstellationen |
Ministry of Economy, Trade and Industry | 187 | Forschung und Entwicklung von unbemannten Fahrzeugen, semiautonomen Fahrzeugen, Wasserstoffproduktion |
Sonstige Ministerien | 414 | |
Gesamt | 3.859 |
Satelliten als Wachstumsmotor
Abseits von öffentlichen Aufträgen und Forschungsgeldern eröffnen sich im Satellitensegment vielfältige kommerzielle Geschäftschancen, die immer mehr Privatunternehmen nutzen wollen. Dazu gehören etwa der Bau von Satelliten, deren Beförderung in den Orbit wie auch der Verkauf der erhobenen Daten.
Beispielsweise will sich das japanische Unternehmen Space BD als Dienstleister für den Satellitentransport etablieren. Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) dürfte als Unterstützerin den Weg zu möglichen Kunden ebnen. Noch im Jahr 2022 will das Start-up ispace, das Mondlandegeräte entwickelt, seinen kommerziellen Service starten. Das Mondlandegerät für diese Mission Hakudo M1 wurde in Deutschland gefertigt und wird mit einer amerikanischen SpaceX-Rakete vom Weltraumbahnhof in Florida starten.
Transport ist der Knackpunkt
Außerdem will sich Japan stärker als Weltraumbahnhof positionieren. So hat das Start-up Interstellar Technologies in Hokkaido einen eigenen Spaceport für Kleinsatelliten errichtet. Von dort plant das Unternehmen, mit eigenentwickelten und wiederverwendbaren Trägerraketen im kommerziellen Rahmen Lasten von bis zu 20 Kilogramm in Erdumlaufbahnen zu schicken.
Auf einem etwas anderen Konzept basiert LauncherOne. Das Raketenstartsystem ermöglicht horizontale Satellitenstarts von hochfliegenden Flugzeugen, wie sie Virgin Orbit betreibt. Die US-Tochter der britischen Virgin Group hat mit der japanischen Luftfahrtgesellschaft ANA eine Vereinbarung geschlossen, in Japan einen Standort für Asien zu schaffen. Dafür wurde ein Flughafen in Oita auf der Insel Kyushu ausgewählt. Oita will sich als ein Spaceport nicht nur für kommerzielle Lastentransporte in den Weltraum, sondern auch als ein Zentrum für zukünftigen Weltraumtourismus etablieren.
Nachfrage nach Startmöglichkeiten hoch
Der Transport von größeren Satelliten und anderen Raumfahrzeugen ist nach wie vor auf konventionelle Startraketen angewiesen. Japan verfügt über zwei eigene Trägerraketensysteme. Die H-Serie für Schwerlastraketen wird im Fiskaljahr 2022 in einer weiter modernisierten Version H-3 gestartet, die die Effizienz und Zuverlässigkeit verbessern soll. Zudem verfügt Japan mit der Epsilon-Trägerrakete über ein System für leichtere Lasten.
Die Frequenz der Starts soll steigen, da der Archipel mehrere eigene geostationäre Satelliten zur Wetterüberwachung, Erdbeobachtung, Radarerfassung sowie zur Unterstützung von Navigationssystemen ins All bringen will. Beispielsweise beabsichtigt die japanische Regierung, das Quasi-Zenit-Satelliten-System (QZSS), das gegenwärtig aus vier Raumsonden besteht, auf sieben Einheiten zu erweitern. Das QZSS dient als hochauflösende Ergänzung zum GPS-System.
Die über Satelliten gesammelten Daten finden breite Anwendung. Eine Vielzahl von Firmen hat sich auf die Analyse und Visualisierung solcher Informationen spezialisiert. Sie helfen als hochauflösende Fotos oder Radardaten etwa dabei, die Infrastrukturüberwachung zu erleichtern oder Verschmutzungsquellen zu identifizieren.
Satellitenbedarf hebt ab
Dabei ist Japan unter den Raumfahrtnationen laut der Branchenwebseite Geospatial World mit Satelliten im All noch vergleichsweise wenig präsent. Das wird sich jedoch ändern, da japanische Ministerien und Privatfirmen an der Entwicklung von Satellitenkonstellationen arbeiten.
Insgesamt registrierten die Vertragsländer der United Nations Office for Outer Space Affairs (UNOOSA) im Jahr 2021 knapp 1.900 neue Satelliten. Darunter führten die USA mit allein 1.330 Einheiten, gefolgt von Großbritannien mit 288 Einheiten. Japan lag mit 46 neuen Satelliten an vierter Stelle hinter China mit 98 Einheiten.
Da die Zahl der Satelliten im All deutlich zunehmen wird, hat der Sony-Konzern im Juni 2022 die Tochter Sony Space Communications gegründet. Deren Ziel ist es, über Laserverbindungen die Kommunikation mit Satelliten zu verbessern. Gegenwärtig findet die Übermittlung zumeist über Radiowellen statt, die zunehmend an Grenzen stößt. Sony will in Kürze einen Kleinsatelliten für eine entsprechende Laserübermittlung starten.
In Richtung schnellerer Datenübermittlung zielt auch das Joint Venture Space Compass Corporation, dass Japans Kommunikationsunternehmen Sky Perfect JSAT und NTT im Jahr 2022 gegründet haben. Geplant ist eine erdnahe, stationäre Satelliteninfrastruktur, die eine schnelle, latenzfreie Übertragung großer Datenmengen ermöglicht. Diese soll den Flug- und Schiffsverkehr unterstützen sowie im Falle von Katastrophen helfen.