Special | Japan | Klimaschutz im Dialog
Japanische Kunden sind anspruchsvoll
Mit der Zusage, dass Japan bis 2050 klimaneutral wird, muss sich die heimische Industrie neu aufstellen. Deutschen Anbietern bieten sich hier neben Herausforderungen viele Chancen.
03.06.2022
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Nikolaus Boltze, Repräsentant von thyssenkrupp Japan, ist seit 2005 für den deutschen Stahl- und Technologiekonzern auf dem Archipel tätig. Seine Japan-Erfahrung reicht jedoch viel weiter zurück. Thyssenkrupp bietet vor Ort ein breites Spektrum an Produkten an, darunter auch zukunftsträchtige Technologien, wie Wasserstoffelektrolyseure oder CO2-geminderte Zementherstellung. Der Japankenner Boltze wirft für GTAI einen Blick auf die Positionierung des Inselreiches bei grünen Technologien und erklärt, welche Hürden es für deutsche Unternehmen vor Ort zu überwinden gilt.
Nikolaus Boltze, Repräsentant von thyssenkrupp Japan | © JUN_KAWASHIMAHerr Boltze, wie wirkt sich die Problematik des Klimawandels in Japan für Ihr Unternehmen aus?
Japan beziehungsweise die japanische Industrie sind aus unserer Sicht Partner auf technologischer Augenhöhe. Die Ankündigung des damaligen Premierministers Suga, bis 2050 klimaneutral zu werden, ergibt für unsere Unternehmen aus der thyssenkrupp Konzerngruppe theoretisch attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Die Green Growth Strategy zur Klimaneutralität umfasst 14 Wirtschaftsbereiche, mit denen konkrete Ideen verbunden sind.
Inwiefern trägt Ihr Unternehmen mit Produkten zum Klimaschutz bzw. zur Anpassung an den Klimawandel in Japan bei?
Innerhalb des Konzerns haben wir verschiedene erprobte Lösungen und Produkte vorliegen, wie zum Beispiel in den Bereichen Wasserstoffelektrolyse, Herstellung von "grünem" Stahl und der Verringerung der CO2-Emissionen in der Zementherstellung. Die japanischen Kunden müssen aber auch ein Interesse haben, so etwas einzusetzen. Augenblicklich überwiegen hier noch die Bedenkenträger und Entscheidungen fallen langsamer als in anderen Teilen der Welt.
Welche Voraussetzungen, wie regulatorisches Umfeld, Know-how, Materialien etc., sind dafür notwendig? Sind diese in Japan vorhanden oder muss viel importiert werden?
Bei der Spezifikation und in den Zulassungsprüfungen täte Japan gut daran, anerkannte Industriestandards aus der EU zuzulassen. Damit muss dann für den japanischen Markt keine eigene Sonderentwicklung erstellt werden.
Wie in einem hoch entwickelten G7-Land nicht anders zu erwarten, sind sowohl die Materialien als auch die Verarbeitungstechnologien vorhanden. Jedoch ist die Knappheit an Fachpersonal ein nicht leicht zu lösendes Problem.
Viele Projekte in Japan sind noch in der Pilotphase: Was bedarf es, damit der Effekt deutlich größer wird?
Viele der neuen Technologien sind erst ab einer gewissen Größe wirtschaftlich. Der japanische Weg mit sehr kleinen Pilotanlagen oder gar Labormustern ist mangels Skaleneffekten selten wirtschaftlich und damit für Investoren nicht wirklich interessant. Daher müssten schneller Anlagen in größerem Maßstab umgesetzt werden.
Welche Herausforderungen mussten oder müssen Sie meistern?
Japanische Kunden sind anspruchsvoll, verlangen eine intensive Betreuung und haben einen hohen Gesprächsbedarf. Das konnte in der Vergangenheit - auch wegen der coronabedingten Einreisebeschränkungen - nicht immer geleistet werden. Zudem ist es bei neuen Technologien oder Konzepten im Klimaschutz manchmal undurchsichtig, wer am Ende der Entscheidungsträger ist beziehungsweise mit welchen Parteien gesprochen werden muss.
Welchen Tipp würden Sie deutschen Unternehmen geben, die sich für Geschäftsfelder im Zusammenhang mit dem Klimaschutz beziehungsweise der Anpassung an den Klimawandel in Japan interessieren?
Der Markt ist hier bestimmt vorhanden und es gäbe für deutsche Unternehmen gute Chancen, zumal Deutschland ja aus japanischer Sicht gerne als Umweltweltmeister wahrgenommen wird. Zu raten ist, auf alle Fälle hier "vor Ort" zu sein. Im Idealfall sollten Produkte oder Lösungen angeboten werden, die anderswo, wie etwa in Deutschland, schon etabliert sind.
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