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Wirtschaftsumfeld | Jordanien | Investitionen

"Wir wollen 50 Milliarden Euro Investitionen anziehen"

Ein neues Investitionsgesetz soll Jordanien für ausländisches Kapital attraktiver machen. Im Interview gibt Investmentministerin Kholoud Saqqaf Auskunft über ihre Pläne.

Von Detlef Gürtler | Berlin

Kholoud Saqqaf ist seit Oktober 2022 Investmentministerin Jordaniens. Sie verfügt über drei Jahrzehnte Erfahrung im Finanzsektor des Landes, unter anderem als stellvertretende Gouverneurin der jordanischen Zentralbank und als Vizepräsidentin der Arab Bank, der größten Privatbank Jordaniens.

Minister Kholoud Saqqaf Dies ist ein eingebettetes Bild | © Ministry of Investment, The Hashemite Kingdom of Jordan

Frau Saqqaf, Jordanien hat seit Januar 2023 ein neues Investitionsgesetz. Was sind die Verbesserungen für ausländische Investoren?

Das neue Gesetz passt das Investitionsumfeld an die wirtschaftliche Modernisierungsvision an, die von König Abdullah II. und Premierminister Bisher Al-Khasawneh im Jahr 2022 formuliert wurde. Diese Vision hat uns die Aufgabe gestellt, die Wachstumsrate innerhalb von zehn Jahren zu verdoppeln, um die Arbeitslosigkeit zu senken - unsere größte Herausforderung derzeit. Wir wollen also rund eine Million Arbeitsplätze schaffen. Das bedeutet, dass wir Investitionen in Höhe von 40 Milliarden jordanischen Dinar oder mehr als 50 Milliarden Euro anziehen oder generieren müssen.

Zurzeit belaufen sich die ausländischen Netto-Direktinvestitionen auf etwa eine halbe Milliarde Euro pro Jahr...

Das ist einer der Gründe für das neue Gesetz: Es soll das Umfeld für ein erhebliches Investitionswachstum schaffen. Wie Sie wissen, sind wir ein sehr kleines Land mit begrenzten Ressourcen und großen Ambitionen. Wir freuen uns sehr über Investoren, wir freuen uns über Wachstum. Und wir sind sehr offen. Wir arbeiten gerade die Verordnungen aus, die bei der Umsetzung des Gesetzes helfen werden - mit einem offenen Auge und einem offenen Herzen für die Investitionen.

Für alle Arten von Investitionen gleichermaßen?

Wir legen generell großen Wert auf Investitionen, aber wir haben auch Prioritäten. Mehr Anreize gibt es für Unternehmen mit hoher Beschäftigung - mehr als 350 Mitarbeiter - und für Unternehmen, die exportieren. Wir wollen auch Investitionen im ländlichen Raum und zur Stärkung der Rolle der Frau fördern: Je mehr Frauen Sie beschäftigen, desto mehr Anreize erhalten Sie.

Wenn Sie Ihre eigene SWOT-Analyse für Jordanien betrachten: Was sind die Stärken des Landes?

Oh, da gibt es eine Menge, zum Beispiel unsere Lage als Brückenkopf, unser Wetter und die talentierten Menschen, die wir haben. Aber auch unsere Finanzlage ist stark: Kürzlich hat sich das Rating Jordaniens von B1 stabil auf B1 positiv verbessert, was auch die Aussichten für die Wirtschaft verbessert. Wir haben einen sehr soliden Bankensektor und eine solide Zentralbank, und wir haben auch die letzte IWF-Überprüfung erfolgreich abgeschlossen, sodass wir in der Lage sein werden, noch mehr Investitionen anzuziehen.

"Jordanien ist offen für Geschäfte - und wir meinen es ernst."

Wie Sie wissen, sind die Investoren vor allem an der Rendite ihrer eigenen Investitionen interessiert.

Das ist klar. Und das ist auch eine Stärke: Jeder Investor, jedes Unternehmen kann seine Gewinne problemlos ins Ausland transferieren, kann problemlos Geld innerhalb des Landes transferieren. Wir haben keine Devisenkontrollen, also gibt es ein Höchstmaß an Flexibilität bei Geldtransfers. Und es gibt auch ein Höchstmaß an Währungsstabilität: Unsere Währung ist an den Dollar gekoppelt, und das schon seit 25 Jahren. Sie sehen: Jordanien ist offen für Geschäfte - und wir meinen es ernst. Laut EU Investment Mapping Report 2021 sind 65 Prozent der europäischen Unternehmen in Jordanien seit mehr als 10 Jahren ansässig. 48 Prozent der europäischen Unternehmen nutzen den Gewinn des Unternehmens als Finanzierungsquelle.

Welche Sektoren sind für ausländische Investoren am interessantesten?

Wir wollen aus unseren traditionellen Stärken in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, Tourismus, Pharmazeutika und Bergbau Kapital schlagen. Dazu kommt jetzt die Infrastruktur, da Megaprojekte mehr Arbeitsplätze schaffen können. Zudem betont unsere Modernisierungsvision auch die erneuerbaren Energien, sodass auch diese durch das neue Investitionsgesetz gefördert werden.

Zurück zu Ihrer SWOT-Analyse: Wo sehen Sie die Chancen für Jordanien?

Wir sind ein aufstrebender Markt in einer aufstrebenden Region. Wenn man nur für den jordanischen Markt Geschäfte machen will, ist er eher klein und der Wettbewerb ziemlich groß. Aber man kann von einem Standort profitieren, von dem aus man die benachbarten Märkte leicht erschließen kann. Wir wollen das Zentrum sein, das die Region mit Dienstleistungen und Produkten versorgen kann. Wir haben die Talente, wir haben das Land, wir haben die Verbindungen, wir haben das Umfeld...

...und was haben Sie nicht?

Das Know-how. Wir müssen mit jemandem zusammenarbeiten, der das Know-how hat, um es nach Jordanien zu übertragen, damit wir uns selbst entwickeln können.

Mit jemandem wie Deutschland?

Es ist bekannt, dass Know-how und Professionalität typisch deutsche Stärken sind.

In welchen Regionen Ihres Landes sehen Sie das größte Potenzial?

Wir würden gerne mehr Unternehmen, mehr Industrien außerhalb von Amman sehen. 70 Prozent der Unternehmen sind in Amman ansässig. Wir haben zwei Regionen mit hohem Wachstumspotenzial ausgemacht: die Region um die Hauptstadt Amman und die Region am Roten Meer mit der Stadt Akaba. Wir haben dort eine Freihandelszone, wo sich eine Menge tut.

"Für Investitionen in Jordanien sehe ich Deutschland unter den Top 10."

Und in welchen Regionen der Welt sehen Sie das größte Potenzial für Investitionen in Jordanien? In den USA? China? Saudi-Arabien? Deutschland?

Es wäre höflich, Ihr Land zuerst zu nennen. Aber um ehrlich zu sein: Wenn es um Investitionen in Jordanien geht, sehe ich Deutschland nicht als Nummer 1 - aber auf jeden Fall unter den Top 10. Wir sind bereit, mit soliden strategischen Investoren aus aller Welt zusammenzuarbeiten, die das Know-how und die Spezialisierung haben. Wir suchen weltweit nach Partnern, Entwicklern und Betreibern, die mit uns die jordanische Infrastruktur ausbauen wollen.

Und wer ist Ihre Nummer 1?

Die Golfregion steht an erster Stelle, denn sie ist uns vertraut, sie liegt in der Nähe und wir haben viele Gemeinsamkeiten. China und die USA stehen auch ganz oben auf der Liste - aber wenn Sie sie übertreffen wollen, helfe ich Ihnen gerne.

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