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Kanada will mehr Wettbewerb im Lebensmittelsektor

Die höhere Inflation beeinflusst das Konsumverhalten, auch bei Nahrungsmitteln. Discounter werden beliebter. Ausländische Anbieter sind bisher kaum vertreten.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Kanadas Regierung bemüht sich verstärkt darum, im Bereich Nahrungsmittel ausländische Unternehmen anzulocken. Laut dem Wall Street Journal prüfen die Bundesbehörden eine Liste mit einem Dutzend potenzieller Kandidaten, darunter vier aus Deutschland: Aldi, Lidl, Edeka Group und Rewe Group. Beobachter gehen davon aus, dass Ottawa den direkten Kontakt zu den Konzernspitzen sucht.

Besonders Harddiscountern wie Aldi und Lidl trauen die Kanadier zu, den Wettbewerb im eigenen Land anzukurbeln. Das bezweckt die Regierung mit ihrem Schritt, denn der heimische Lebensmittelsektor ist konzentriert, wie eine Studie der kanadischen Wettbewerbsbehörde aus dem Jahr 2023 offenlegte. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, wo die Konkurrenz durch unabhängige Discounter viel größer ist, ist keine der in Kanada vertretenen, bekannten Discounterketten wie No Frills, Food Basics und FreshCo unabhängig, wie die Übersicht am Ende dieses Beitrags zeigt. Sie gehören jeweils zu den großen Lebensmittelketten Loblaws, Metro und Empire.

Die Schnäppchenjagd im Lebensmittelhandel nimmt zu

Seit der hohen Inflation 2022 betrachten kanadische Verbraucher vor allem Ermessensausgaben viel kritischer. Aber auch bei lebensnotwendigen Produkten weichen sie auf preiswertere Kanäle und Erzeugnisse aus. In einer landesweiten Studie vom Magazin Canadian Grocer gaben sechs von zehn Verbrauchern an, beim Lebensmitteleinkauf aktiv nach Rabatten und Sonderangeboten Ausschau zu halten. Um davon zu profitieren, seien sie gegebenenfalls dazu bereit, das Geschäft zu wechseln oder ihre Konsumgewohnheiten zu ändern. Dieser Trend dürfte auch 2024 anhalten. 

Die Anzahl der Insolvenzen im Lebensmitteleinzelhandel hat in den letzten Jahren zugenommen und dadurch auch die Konzentration in der Branche. Für Newcomer wird es immer schwieriger, in den Markt einzutreten und effektiv zu konkurrieren. Um eine günstige Regalplatzierung für ihre Produkte zu bekommen, zahlen Lieferanten großen Einzelhandelsketten oft hohe Summen. 

Bei unabhängigen Geschäften ist das in der Regel nicht der Fall. Dadurch können konzerneigene Discounter unabhängige Wettbewerber preislich unterbieten. Zu einem weiteren Problem wird oft die Suche nach einem entsprechend großen Grundstück mit genügend Parkmöglichkeiten. Denn die Lebensmittelriesen kontrollieren bereits viele Standorte, die für neue Geschäfte in Frage kommen.

Die Konkurrenz durch konzerneigene Discounter ist stark

Untersuchungen der Wettbewerbsbehörde legen nahe, dass unabhängige Lebensmittelhändler in naher Zukunft nicht nach Kanada kommen wollen. Heimische, die schon am Markt sind, planten auch nicht, deutlich zu expandieren. Zumindest nicht ohne staatliche Unterstützung. Daher wird mit Spannung erwartet, wie Ottawa dem Problem begegnen will.

Wie die jüngsten Geschäftsberichte der großen Konzerne zeigen, entfällt inzwischen ein erheblicher Anteil ihres Umsatzwachstums auf Discounter. Alle drei wollen daher ihr Discountgeschäft noch weiter ausbauen. Loblaws hat 2023 mehr als 30 neue Maxi- und No-Frills-Läden eröffnet, entweder an neuen Standorten oder durch Umwandlung von Vollsortiment- in Discountläden. 40 weitere neue Discounterfilialen sollen folgen. Im Februar 2024 hat der Lebensmitteleinzelhändler dazu einen Investitionsplan im Wert von rund 1,5 Milliarden US-Dollar angekündigt. Sobeys will seine FreshCo-Märkte vor allem in Westkanada ausbauen. Auch Metro, die in den letzten drei Jahren bereits elf neue Super-C- und Food-Basics-Märkte eröffnet hat, dürfte mit ihren Discountern in Kanada weiter expandieren.

Aldi hat zwar bereits über 2.000 Filialen in den USA und plant dort bis 2028 noch 800 weitere. Auch Lidl ist im südlichen Nachbarland präsent. Seit der Pandemiezeit haben Discounter dort deutlich mehr Zulauf bekommen und Aldi wächst schnell im US-Markt. Aber nach Kanada zog es bisher keinen der beiden Discounter.

Loblaws, Sobeys, Costco, Metro und Walmart dominieren den Markt

Nach Angaben der Canadian Federation of Independent Grocers gibt es in Kanada etwa 6.900 unabhängige Lebensmittelgeschäfte. Die meisten Kanadier kaufen ihre Lebensmittel allerdings in Geschäften ein, die zu einem der fünf Unternehmen Loblaws, Sobeys, Metro, Costco oder Walmart gehören. Die beiden letztgenannten haben ihren Hauptsitz in den USA, die anderen stammen aus Kanada. Zusammen kommen diese Ketten auf einen Marktanteil von fast 80 Prozent, den sich die Kanadier und US-Amerikaner etwa im Verhältnis 3:1 untereinander aufteilen.

Trotz pandemiebedingter Unterbrechungen in der Lieferkette und gesellschaftlichem Druck konnten große kanadische Lebensmittelhändler ihre Bruttogewinnmargen in den letzten fünf Jahren sogar leicht erhöhen. Immer wieder ergingen Vorwürfe an die Konzerne, die Inflation für überzogene Preiserhöhungen zu nutzen. Inzwischen fordern viele einen Verhaltenskodex für den Lebensmitteleinzelhandel, um die Preise in den Griff zu bekommen.

Die gestiegene Inflation und anhaltend hohe Zinsen belasten den privaten Konsum und beeinflussen das Verbraucherverhalten im Nahrungsmittelbereich. Diese Entwicklung wird auch 2024 fortbestehen. Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Oxford Economics schätzt daher, dass Kanadas Einzelhandelsumsatz in diesem Jahr um 0,6 Prozent zurückgehen wird.

Lebensmittelhändler die im Besitz von Loblaws, Sobeys oder Metro beziehungsweise mit diesen verbunden sind
LoblawsSobeysMetro
No FrillsSafewaySuper C
Real Canadian SuperstoreIGA / IGA ExtraFood Basics
Shoppers Drug Mart / PharmaprixFreshCo / Chalo! FreshCoMarché Adonis
ProvigoFoodlandMarché Richelieu
MaxiLongo‘sMarché Ami
Zehrs MarketsFarm BoyJean Coutu
FortinosThrifty FoodsBrunet
Valu-martMarché Tradition 
Dominion StoresMarché Bonichoix 
Atlantic SuperstoreLawtons 
Your Independent Grocer  
T & T Supermarket  
Quelle: Competition Bureau Canada 2023

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