Landwirtschaftliche Produktion soll in den nächsten Jahren zunehmen und mittels Digitalisierung produktiver werden.
Kanada will Landwirtschaft modernisieren und stark ausbauen
Kanada will bis 2025 zu einem der weltweit fünf größten Anbieter von Produkten der Ernährungswirtschaft werden. Die zweitgrößte Fläche kultivierbaren Bodens pro Einwohner soll für eine globale Führungsposition bei Landwirtschaftsprodukten genutzt werden.
Im Fokus stehen dabei hochwertige und ökologisch produzierte Lebensmittel. Vor allem für die nachhaltige Steigerung der Agrarproduktion sowohl zur eigenen Ernährungssicherung als auch zur Bedienung der globalen Nachfrage einer wachsenden Bevölkerung zeigt das Land Interesse. Ziel ist es ebenso, einer der wichtigsten Proteinlieferanten für die Weltbevölkerung zu werden.
Kanadas Politik drängt darauf, mittels Digitalisierung seine Landwirtschaft zu modernisieren. Staatlich geförderte Cluster wie das "Canadian Agri-Food Automation and Intelligence Network" (CAAIN) sehen unter anderem in künstlicher Intelligenz, Automation und Blockchain die technologischen Lösungen dafür.
Im Rahmen einer "Smart Farming" Initiative für nachhaltige Landwirtschaft fördert die Behörde "Agriculture and Agri-Food Canada" (AAFC) kanadische Landwirtschaftsbetriebe unter anderem mit Innovationsprogrammen für Landmaschinentechnik und Finanzierung von Digitalisierungsmaßnahmen oder bei der Entwicklung von Auslandsmärkten.
Auch die Lebensmittelverarbeitung im Land soll ausgebaut werden, um die eigene Wertschöpfung zu erhöhen. Weiter strebt die Politik eine höhere Ressourceneffizienz an, bei der mehr landwirtschaftliche Abfallprodukte für neue Geschäftsmodelle genutzt werden.
Angebotssteuerung schützt heimische Milchwirtschaft weiter vor Konkurrenz
Die kanadische Regierung reduzierte die direkte Subventionierung der eigenen Landwirtschaft seit den 1980er Jahren sukzessive. Vor allem für Getreidefarmer liefen die Förderungen aus. Heute machen Agrarsubventionen nach OECD Angaben nur noch 9 Prozent der Umsätze in der Landwirtschaft aus und in den Genuss staatlicher Förderung kommen allein Milchprodukte, Geflügelfleisch und Eiprodukte, deren Preise mittels einer Angebotssteuerung gestützt werden.
In diesen stark regulierten Nahrungsmittelsektoren werden im Rahmen des "Supply Management" Systems feste Quoten vorgegeben und damit die Erzeugerpreise auf einem vergleichsweise hohen Niveau gehalten. Darüber hinaus gibt es strenge Importrestriktionen für Molkereierzeugnisse, Eier und Geflügel.
Kaufkräftiger Lebensmittelmarkt expandiert
Die Umsätze der Lebensmittel- und Getränkeindustrie stiegen in der Coronakrise kräftig. Um 10 Prozent nahmen die Verkäufe im Einzelhandel 2020 zu und erreichten ein Rekordhoch von etwa 110 Milliarden US$. Konsumenten bereiten in der Pandemie mehr Mahlzeiten zu Hause zu und Restaurantumsätze leiden trotz gestiegener Lieferserviceangebote weiterhin unter Gesundheitsschutzauflagen wie etwa Kapazitätsbeschränkungen.
Kanadas Lebensmitteleinzelhandel ist ein gefestigter und großteiliger Markt. Fünf große Händler, darunter drei traditionelle Lebensmittelhändler (Loblaws, Sobeys/Safeway, Metro) und zwei amerikanische Großhandelsketten (Costco, Walmart) teilen sich etwa 80 Prozent (circa 60 Milliarden US$) des Marktes. Die Transport- und Logistikkosten im zweitgrößten Flächenland der Erde sind hoch.
Bemühungen um eine Diversifizierung des Lieferantenpools beim Lebensmittelimport könnten Chancen für europäische Lieferbetriebe bedeuten, da die USA hier dominieren. Dagegen könnten stärker werdende "Buy Local" Bewegungen eher eine Bremse für europäische Exporteure werden.
Gesunde Ernährung und Bio-Lebensmittelabsatz nehmen zu
Die Nachfrage nach hochwertigen, lokal produzierten und Bio-Lebensmitteln (gekennzeichnet mit "organic" oder "natural") steigt. Aktuell zu beachten sind jedoch stark steigende Lebensmittelpreise in einem Umfeld, das noch immer durch die Pandemie geprägt wird und weiterhin finanzielle Unsicherheit bei vielen Konsumenten hervorruft. Das kann den Konsum höherwertiger Lebensmittel kurzfristig drücken.
Grundsätzlich achten kanadischen Verbraucher aber zunehmend auf die Zusammensetzung und Herkunft der Nahrungsmittel, und ob diese ihren ökologischen und sozialen Standards entsprechen und ihrer Gesundheit schaden. Der kanadische Markt für Bio-Lebensmittel wächst und ist mit einem Anteil von 3,2 Prozent (2020) an allen Lebensmittelverkäufen und einem Umsatz von 5,5 Milliarden US$ bereits ausgeprägt. Auch gluten- und laktosefreie Lebensmittel werden stärker nachgefragt.
Der aktuelle "Food Guide" des kanadischen Gesundheitsministeriums (Health Canada) erschien bereits 2019 und dürfte den Trend für gesunde Lebensmittel weiter beflügeln. Health Canada empfiehlt vor allem den Genuss von viel Gemüse und Obst, proteinhaltiger Nahrung - die vornehmlich aus Pflanzen stammen sollte - und Vollkornprodukten sowie Wasser als bevorzugtes Getränk.
Auch weist der Ratgeber auf Produkte hin, die Konsumenten meiden sollten, wie zum Beispiel mit Zucker versetzte, salzhaltige oder industriell verarbeitete Lebensmittel. Dazu gehören unter anderem Säfte und zuckerhaltige Milchprodukte. Der Essensratgeber wird in Schulen unterrichtet und von Ärzten verbreitet.
Deutsche Lebensmittel sind gefragt
Vor allem in den kanadischen Großstädten lebt zudem eine multikulturelle Gesellschaft, die sich vielfältig ernährt. Das Interesse an sogenanntem "Ethnic Food" schwappt zunehmend auf andere Gesellschaftsgruppen über und bietet Entwicklungschancen für den Absatz.
Deutsche Lebensmittel haben in Kanada einen guten Ruf und werden als hochwertig eingeschätzt. Sowohl der Absatz von Getränken als auch von Back-, Teig-und Süßwaren und (mit Einschränkungen) Milchprodukte, speziell für Käse, bietet gute Absatzchancen. Die Auswahl an deutschen Lebensmitteln in Kanada ist bereits groß und reicht von Tiefkühlkost über Kaffee und Tee bis Sauerkraut. Die meisten deutschen Hersteller exportieren ihre Waren nach Kanada und nur einige wenige produzieren vor Ort.
Von Daniel Lenkeit
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Toronto