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Special | Kanada | Klimawandel lokal

Biokunststoffe für den Umweltschutz

Kanada beendet die Ära von erdölbasiertem Einwegplastik. Übernehmen sollen Biokunststoffe. Die Verpackungsindustrie beginnt, Prozesse umzustellen und Anlagen zu modifizieren.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Der Umweltschutz und die Bekämpfung des Klimawandels sind in Kanada präsente Themen. Sie bestimmen häufig den politischen Diskurs. Deutlich wird dies an den Regierungszielen zur Emissionsreduzierung und der staatlichen Förderung des Klimaschutzes. Aber auch im Privaten haben viele Menschen Themen wie steigende Energiepreise, CO2-Steuern oder die zunehmende Umweltverschmutzung durch Plastikmüll auf dem Radar.

Eckdaten zum Verbrauch von Plastik in Kanada im Jahr 2019

Plastik

Kanada 

USA 

EU (OECD)*)

Plastikverbrauch pro Kopf (kg) 

202,2

255,2

152,9

Plastikabfallerzeugung pro Kopf (kg) 

177,9

220,5

121,6

*) EU-Staaten, die OECD-Mitglieder sind Quelle: OECD - Global Plastics Outlook 2022

Gesetzgebung untermauert Trend für Biokunststoffe

Proteste gegen die steigende Umweltbelastung durch Plastikmüll veranlassten die kanadische Regierung in den vergangenen Jahren dazu, ein Gesetz auszuarbeiten, das die Produktion, den Import und den Verkauf von sogenannten Single Use Plastics (SUP) untersagt. Erste Ideen zur Umsetzung wurden bereits 2020 diskutiert. Es sei nun der Plan, den enorm hohen Konsum von umweltschädigendem Einwegplastik in Kanada zu beenden und die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu stärken, so der Minister für Umwelt und Klimawandel, Steven Guilbeault.

Ein weiteres wichtiges Element dieses Plans ist die Einführung von Standards, um in der Kunststoffherstellung den Anteil von wiederverwertetem Plastik zu erhöhen. Die Regierung hat dabei folgende Ziele:

  • alle Kunststoffverpackungen sollen ab 2030 einen Anteil von mindestens 50 Prozent recycelten Plastiks beinhalten;
  • eine Recyclingquote von 90 Prozent für alle Kunststoffbehälter von Flüssigkeiten bis 2030;
  • Verbot irreführender Recycling-Label, für die es keine Einrichtungen zur Wiederverwertung gibt;
  • enge Zusammenarbeit mit den Provinzen, damit nicht die Endverbraucher, sondern die Hersteller von Kunststoffverpackungen die Kosten für die Entsorgung tragen.

Wachsendes Umweltbewusstsein erhöht Nachfrage nach biobasierten Kunststoffen

Der Markt für Biokunststoffe in Nordamerika und Europa dürfte sich in den kommenden Jahren gut entwickeln - auch dank staatlicher Regulierung. Angebotsseitig ist Kanada mit seinen großen Acker- und Waldflächen für die Bereitstellung nachwachsender Rohstoffe gut aufgestellt. Vorteilhaft sind auch die großen Mengen an Rest- und Abfallstoffen aus der Land- und Forstwirtschaft, die immer wichtiger für die Herstellung von Biokunststoffen werden.

Hinzu kommen die Nachfrageimpulse von den Konsumenten. Sie kaufen immer häufiger biobasierte und kompostierbare Plastikprodukte, um ihre persönliche Umweltbilanz aufzubessern. Somit steigt der Druck auf den Einzel- und Großhandel, Verpackungslösungen anzubieten, die nicht aus der Petrochemie kommen. Neue Umweltschutzrichtlinien für Einweg-Kunststoffartikel wie Besteck oder Plastikbecher beschleunigen die Suche nach alternativen Produkten.

Kunststoffhersteller müssen Prozesse und Ausrüstung anpassen

Einen Schritt weiter vorne in der Wertschöpfungskette haben neue Umweltschutzgesetze auch Auswirkungen auf die Hersteller in der Kunststoffindustrie und deren Produktionsprozesse. Alternative Werkstoffe, wie technische Biopolymere gewinnen an Bedeutung. Entlang der Wertschöpfungskette führt dies teilweise zu Herausforderungen, die beispielsweise bei den Produktionsanforderungen in der Extrusion von Bioplastik deutlich werden. 

Dort erwarten Unternehmen aus der Verfahrenstechnik veränderte Anforderungen an ihre Maschinen und Fertigungsprozesse. In dem Fachmagazin Canadian Plastics weisen mehrere Branchenvertreter darauf hin, dass auf Stärke basierende Biopolymere wie Polylactid und Biopolyester wie Polyhydroxyalkanoate deutlich temperaturempfindlicher seien und höhere Feuchtigkeitslevel erreichten als erdölbasierte Polymere wie Polypropylen.

Hersteller von Kunststoffprodukten sehen hier Bedarf, sich eng mit Ausrüstern über Anforderungen an ihre Maschinen abzustimmen. Die Korrosionsbeständigkeit von Extrudern bei der Verwendung von Biopolymeren ist zum Beispiel ein Thema. Am Ende unterscheide sich die Verarbeitung von technischen Biopolymeren und erdölbasierten Polymeren doch deutlich, sagen die Unternehmen. Branchenexperten erwarten in der Extrusion eine stärkere Anpassung von Maschinenkomponenten je nach Werkstoff. 

Der Markt ist aber noch in der Entwicklungsphase. Die neuen Umweltschutzauflagen beginnen in Kanada - im Unterschied zur Europäischen Union - erst im Laufe des Jahres 2022 zu greifen. Für europäische Maschinenhersteller und Ausrüster sowie Unternehmen aus der chemischen Verfahrenstechnik lohnt sich ein Blick auf den entstehenden Markt in Kanada.

Auswahl von Biokunststoffherstellern in Kanada

Firma 

Produkte 

Dow Canada

Plant die Entwicklung von zehn innovativen Kunststoffalternativen 

DuPont Canada 

Biokunststoffe für Verpackungen

BASF Canada 

kompostierbares Polymer (ecovio®)

Evonik Industries 

biobasiertes Polyamid (VESTAMID® Terra)

EcoSynthetix

unter anderem Biopolymere (EcoSphere®), Biomonomere (EcoMer®), Bioharz (DuraBindTM)

TerraVerdae Bioworks 

Bioharze, Biobeschichtungen und Biokunststoffe

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Wettbewerb um Alternativen für Einwegplastik hat begonnen

Erste kanadische Unternehmen passen sich den kommenden Regelungen bereits an. Der nach eigenen Angaben größte unabhängige Strohhalmproduzent Stone Straw Limited aus Ontario begann vor etwa zwei Jahren mit der Fertigung eines Trinkhalms, der komplett aus kompostierbaren Biopolymeren auf Basis von Zellstoff und Essig besteht. Den Produktionsprozess musste Stone Straw umstellen und seine Extruder für den neuen Werkstoff modifizieren.

Das holzbasierte Biopolymer sei ein weit sensiblerer Werkstoff, der im Gegensatz zu klassischem Polypropylen keine Fehler verzeihe, sagt Abe Looy, Chief Operating Officer, von Stone Straw. Trotz der etwas umständlicheren Produktion, sei das Endprodukt aber ebenso stabil und langlebig wie gängige Plastikstrohhalme.

Der offensichtliche Vorteil ist, dass dieser neue Trinkhalm sowohl in einer gewerblichen Kompostieranlage als auch auf dem Komposthaufen im Garten zerfällt. Denn chemisch gleicht das Produkt einem Stück Holz. Über Innovationen wie diese hofft die kanadische Regierung, die Ziele ihrer 2018 ausgearbeiteten Strategy On Zero Plastic Waste schnell umzusetzen.

Staatliche Förderung für Biokunststoffunternehmen in Kanada

Innovator

Programm

Finanzierung *)

Western Maple Bio Resourced Inc.

biobasierte Schaumisolierung

115.741

Mecanum Inc. 

biobasierte Schaumisolierung

115.741

Plantee Bioplastics Inc. 

biobasierte Schaumisolierung

113.233

Copol International Ltd.

Lebensmittelverpackung

115.741

Axipolymer Inc.

Lebensmittelverpackung

178.612

EcoEnviro Labs Inc.

kompostierbare Biokunststoffe

115.741

Titan Clean Energy Projects Corp.

kompostierbare Biokunststoffe

115.741

Bosk Bioproducts Inc.

kompostierbare Biokunststoffe

115.741

NEXE Innovations 

kompostierbare Biokunststoffe

887.346

Magemi Mining Inc.

Verpackung 

115.741

*) Angaben in US-Dollar; Umrechnung anhand des durchschnittlichen Wechselkurses 2018: 1 US$ = 1,296 kan$Quelle: Innovation Science and Economic Development Canada: Innovative Solutions Canada awarded companies 2018


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