Die Stromproduktion soll vor allem durch den starken Ausbau der Wind- und Solarenergie emissionsärmer werden. Außerdem öffnet sich Kasachstan für die Kernenergie.
Der Energiesektor ist in Kasachstan der Hauptverursacher von Treibhausgasen. Ihm kommt daher beim Klimaschutz eine besonders wichtige Rolle zu. Um die angestrebte Dekarbonisierung zu erreichen, wird die klare Dominanz fossiler Energieträger schrittweise zurückgefahren. Bei der besonders stark genutzten Kohle soll dies langfristig in einem fast vollständigen Ausstieg münden.
Energieversorgung
Kasachstan setzt zukünftig gleich auf mehrere Alternativen zur Kohle. Die erneuerbaren Energiequellen Sonne und Wind stehen klar im Vordergrund. Aber auch Erdgas wird in der Strom- und Wärmeerzeugung stärker als bisher genutzt. Zudem scheint der Bau eines ersten großen Atomkraftwerks so gut wie beschlossen zu sein.
Für die Wasserkraft wird es wohl beim Status quo bleiben. Lediglich einige Kleinanlagen mit überschaubarem Stromoutput werden hinzukommen. Für neue, größere Wasserkraftwerke fehlen die passenden Standorte. Es gibt jedoch den Plan, ein größeres Pumpspeicher-Wasserkraftwerk im Rahmen der Netzreserve zu errichten. Mangels Interesse potenzieller Investoren musste das Energieministerium eine erste Ausschreibung zum Bau der Anlage im Herbst 2022 jedoch stoppen.
Außerdem soll neben Geothermie in überschaubarem Maße in den nächsten Jahren auch Biomasse häufiger für die Produktion von Biogas, Biodiesel und Biokerosin genutzt werden. Diese spielten bisher kaum eine Rolle im kasachischen Alltag. Auch auf lange Sicht dürfte ihr Beitrag überschaubar bleiben. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte zudem Wasserstoff ein wichtiger Energieträger werden.
Pilotvorhaben für grünen Wasserstoff angestoßen
Welchen Platz Wasserstoff als Energiealternative in Kasachstan konkret einnehmen wird, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Konsens besteht darin, ihn längerfristig als alternativen Treibstoff zu etablieren. Um Wasserstoff herzustellen, wird zunächst vor allem Erdgas benötigt. Ab etwa 2050 soll für die Wasserstoffproduktion überwiegend Strom genutzt werden.
Eine deutsche-schwedische Firma setzt bereits auf den klimaverträglichen, grünen Wasserstoff. Sie hat ein Pilotprojekt gestartet, das sich derzeit in der Entwicklungsphase befindet. Dort soll ab etwa 2030 erster "grüner" Wasserstoff mit Strom aus großen kombinierten Wind- und Solarparks im Westen Kasachstans hergestellt werden. Geplant ist, den Wasserstoff nach Europa zu liefern und ihn in kasachischen Industriebetrieben zu nutzen.
Mit den im kasachischen Klimaschutzplan bis 2030 vorgesehenen Maßnahmen verringert sich die Emissionsintensität des Energiesektors deutlich. Sie sinkt um 31 Prozent gegenüber dem Stand von 1990. Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß je produzierter Kilowattstunde nimmt zwischen 2020 und 2030 um etwa 27 Prozent von 947 auf 695 Gramm ab. In den Jahren danach geht der Ausstoß von Treibhausgasen im Bereich Energie weiter zurück und macht 2060 nur noch 3 Prozent des Niveaus von 1990 aus.
Stromerzeugung
Bereits bis 2030 will Kasachstan den Kohleanteil an der Stromerzeugung von derzeit 69 auf 40 Prozent reduzieren. Bis 2060 soll der fossile Energieträger kaum mehr genutzt werden.
Im Gegenzug sorgt ein deutlicher Ausbau der erneuerbaren Energien für Ersatz. Hier wird der Beitrag zur Stromproduktion zunächst zwischen 2020 und 2030 von 11 Prozent auf 33 Prozent steigen. Im weiteren Verlauf bis 2060 soll der Anteil auf nahezu 80 Prozent zunehmen. Die mit Abstand wichtigsten Quellen sind Wind- und Solarenergie. Der Ausbau erfordert Ingenieursdienstleistungen und Ausrüstungszulieferung in großem Umfang.
Darüber hinaus nimmt der Anteil von Gaskraftwerken, die nicht zuletzt auch als Netzreserve für Wind- und Solarkraftanlagen benötigt werden, bis 2030 von 20 auf 25 Prozent zu. Angesichts des erhofften starken Ausbaus der erneuerbaren Energien verringert sich der Beitrag von Gas in der Folgezeit bis 2060 auf knapp 17 Prozent.
Im für das Jahr 2060 angestrebten Energiemix fällt der Anteil der wenigen Wasserkraftwerke an der Stromproduktion mit etwa 3 Prozent überschaubar aus. Neben den Gaskraftwerken werden auch die Wasserkraftanlagen zukünftig als Netzreserve benötigt.
Erstes Atomkraftwerk geplant
Diese Vorausschau berücksichtigt Atomstrom allerdings noch nicht. Mittlerweile gilt der Bau eines Kernkraftwerks aber als sehr wahrscheinlich. Etwa 2035 könnte dieses mit mehreren Blöcken ans Netz gehen. Im Gespräch ist eine Leistung von bis zu 2,4 Gigawatt. Mitte 2023 war ein Auswahlverfahren zwischen mehreren internationalen Unternehmen im Gange. Sie bieten verschiedene technologische Lösungen für das erste kasachische Kernkraftwerk an.
Zukünftig werden große Stromspeicher benötigt
Da die temporären Stromüberschüsse erneuerbarer Energiequellen gespeichert werden müssen, werden industrielle Batteriespeicher zunehmend ein Thema. Zudem besteht dringender Bedarf an energieeffizienter Technik.
Als wichtiger Ansatzpunkt gelten die Übertragungs- und Verteilnetze, bei denen beträchtliche Verluste auf dem Weg bis zum Endkunden auftreten. Diese liegen je nach Region bei bis zu 35 Prozent des ursprünglich eingespeisten Stroms. Es muss kräftig investiert werden, um diese Verluste zu minimieren. Hierbei sind erprobte Systemlösungen gefragt.
CO₂-Speicherung nimmt eine wichtige Rolle ein
Da im Energiesektor durch Rückgriff auf Gaskraftwerke auch langfristig CO₂ anfallen wird, ist der Einsatz der CCS (Carbon Capture and Storage)-Technologie geplant. Daneben sollen mit dem Verfahren auch CO₂-Emissionen bei einigen industriellen Prozessen abgeschieden und gespeichert werden, beispielsweise in Zementwerken. Auch hier besteht großer Bedarf an Know-how und technischer Ausstattung.
Von Jan Triebel
|
Almaty