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Wirtschaftsausblick | Kasachstan

Erdöl treibt Wirtschaftswachstum 2025 auf über 5 Prozent

Die kasachische Wirtschaft hat 2024 unter den Folgen starker Überschwemmungen gelitten. Für 2025 sehen die Aussichten besser aus, auch dank einer Steigerung der Ölproduktion.

Von Viktor Ebel | Almaty

Top-Thema: Tengiz-Ausbau ermöglicht ab 2025 starken Anstieg der Ölförderung

Mit fast zwei Jahren Verspätung werden die Erweiterungsarbeiten am Tengiz-Ölfeld Mitte 2025 voraussichtlich abgeschlossen. Der jährliche Output von Kasachstans größtem Ölvorkommen soll dann um 40 Prozent zulegen. Die Gesamtkosten des Projektes summieren sich auf fast 50 Milliarden US-Dollar (US$). Die Förderanlagen in der westkasachischen Region Atyrau werden von einem internationalen Konsortium betrieben.

Auch wenn Kasachstan seit Jahren auf die wirtschaftliche Diversifizierung setzt, bleibt Erdöl der entscheidende Trumpf des Landes. Der Bergbau (samt Ölförderung) steuerte 2023 laut kasachischem Statistikamt mit etwa 13 Prozent immer noch leicht mehr zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei als das verarbeitende Gewerbe. Das spiegelt sich auch in den Exporten wider, von denen mehr als die Hälfte auf Öl entfällt - und in den Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. Nach dem Wegfall russischer Lieferungen ist Kasachstan zum drittwichtigsten Öl-Lieferanten der Bundesrepublik aufgestiegen.

Das dürfte auch einer der Gründe für den Besuch von Bundeskanzler Scholz in Astana im September 2024 gewesen sein. Dort wurde die Lieferung von 1,2 Millionen Tonnen Öl pro Jahr an die strategisch wichtige PCK-Raffinerie Schwedt bis Ende 2025 verlängert. Größere Mengen, so die kasachische Seite, seien möglich. Dieses Öl fließt über die Druschba-Pipeline nach Deutschland. Wie andere Routen auch, führt sie über russisches Territorium.

Damit ist der wichtigste Trumpf auch die Achillesferse der kasachischen Wirtschaft: Politisch heikle Lieferrouten sowie Schwankungen bei Preisen und Produktionsmengen von Öl können das Wachstum jederzeit einknicken lassen.

Wirtschaftsentwicklung: Hochwasser und Förderquoten haben 2024 gebremst

So ist es auch 2024 geschehen, als Wartungsarbeiten sowie reduzierte Förderquoten der OPEC+ die Ölproduktion drosselten. Internationale Beobachter wie die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Economist Intelligence Unit (EIU) senkten daraufhin ihre BIP-Wachstumsprognose für 2024 auf 3,6 Prozent. Die Regierung rechnet noch mit höheren 5,3 Prozent. Bei der Prognose für 2025 liegen die Zahlen näher beieinander: Die kasachische Regierung erwartet ein Wachstum von 5,6 Prozent, die EIU von 4,5 Prozent und die ADB von 5,1 Prozent.

Grund dafür ist vor allem die steigende Ölproduktion, die laut Weltbank insgesamt um bis zu 8 Prozent anziehen könnte. Zudem erholt sich Kasachstan vom Frühlingshochwasser 2024 im Norden des Landes, wovon die Bauwirtschaft und der Dienstleistungssektor profitieren.

Investitionen: Frisches Kapital fließt vor allem in die Rohstoffgewinnung

Die Bruttoanlageinvestitionen zeigen nach einem starken Vorjahr auch 2024 mit plus 7,5 Prozent weiter nach oben. Am meisten profitiert hat der Bergbausektor, auf den laut offizieller Statistik 21 Prozent in den ersten drei Quartalen 2024 entfallen sind, gefolgt vom Grundstücks- und Wohnungswesen (19,5 Prozent), dem Personen- und Warenverkehr (18 Prozent) sowie dem verarbeitenden Gewerbe (9,4 Prozent).

Hinter mehr als 30 Prozent der Bruttoanlageinvestitionen stand die Anschaffung von Maschinen, Ausrüstungen und Fahrzeugen. Ausländische Investitionen stammten im 1. Halbjahr 2024 hauptsächlich aus den Niederlanden, Russland und Belgien. Ab 2025 rechnet die EIU mit einem Abflachen des Investitionswachstums auf unter 5 Prozent.

Konsum: Nachlassender Inflationsdruck lässt Realeinkommen steigen

Die Inflation sinkt weiter und wird sich Ende 2024 bei 8 Prozent einpendeln. Laut Prognosen wird sie sich bis 2026 dem 5-Prozent-Ziel der kasachischen Zentralbank annähern. Einziger Ausreißer nach oben sind die Kommunaldienste (Wasser, Strom, Wärme), die sich mit dem Ziel der Kostendeckung 2024 stark verteuerten.

Dennoch werden die Realeinkommen wieder spürbar steigen und die Haushalte entlasten. Die Regierung erwartet 2024 einen Zuwachs um mehr als 5 Prozent und 2025 um über 3 Prozent. In diesem Korridor bewegen sich auch die Prognosen für den Konsum in diesem und dem Folgejahr.

Außenhandel: Importe schwächeln nach zwei starken Vorjahren

Kasachstans Außenhandelsströme entwickeln sich 2024 uneinheitlich. Auf Seiten der Ausfuhren sorgt vor allem der gestiegene Ölpreis für eine leichte Verbesserung der Erlöse. Für das Gesamtjahr 2024 gilt ein Ausfuhrplus von etwa 3 Prozent als wahrscheinlich. Wie die Ausfuhren im Folgejahr ausfallen, hängt maßgeblich von der Entwicklung des Ölpreises ab. Sehr wahrscheinlich ist hingegen, dass Italien, China und Russland wieder die Hauptabnehmer kasachischer Rohstoffe und Güter sein werden.

Gleichzeitig flacht das Importwachstum nach zwei starken Vorjahren ab. Die Einfuhren nahmen während der ersten acht Monate 2024 gegenüber dem Stand ein Jahr zuvor um 5,6 Prozent ab. Am Negativtrend wird sich auch bis Ende des Jahres nichts mehr ändern, so die Einschätzung der Regierung. Erst 2025 rechnet sie wieder mit einem Plus von 3 Prozent. Im Jahresverlauf 2024 bezog Kasachstan über die Hälfte seiner Importe aus Russland und China, an dritter Stelle folgte Deutschland.

Deutsche Perspektive: Kasachstan ist ein Partner für die Diversifizierung

Zwar schwächelten die deutschen Ausfuhren in den ersten drei Quartalen 2024 und gingen um über 10 Prozent zurück. Dennoch deutet einiges darauf hin, dass der Handel sich mittelfristig solide entwickeln wird. Während des Kanzlerbesuchs im September 2024 wurde nochmals unterstrichen, welch wichtige Rolle das Land bei der Diversifizierung von Rohstoffimporten und Lieferwegen sowie bei der Energiewende spielt.

Kasachstan zöge deutsche Investoren an, sagte Olaf Scholz bei der Pressekonferenz und fügte hinzu: "Beide Seiten profitieren von diesem Austausch, weil wir unsere Wirtschaften so diversifizieren und widerstandsfähiger machen." Aktuelle Beispiele sind Rhenus Logistics mit einem Hafenterminal in Aktau sowie Siemens Energy, die sich stärker im Bereich erneuerbare Energien engagieren wollen.

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