Zahlungsverhalten und Kreditsicherung | Kasachstan
Bonität
In Kasachstan empfiehlt sich insbesondere bei Neugeschäften eine genaue Vorabprüfung des Partners. Auch sollte eine umfassende Zahlungsabsicherung abgeschlossen werden.
01.02.2023
Von Jan Triebel | Almaty
Zahlungsmoral und Bonitätsprüfung
Die kasachische Wirtschaft hat die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie weitestgehend überwunden. Bereits seit 2021 befindet sie sich auf Wachstumskurs. Dieser hat mittlerweile etwas an Dynamik eingebüßt, was hauptsächlich am Ukrainekrieg und dessen Folgen liegt.
Während der Coronakrise hatte die Regierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um nicht zuletzt auch die Liquidität von Unternehmen sicherzustellen. Unabhängig davon kommt es immer wieder zu Cash-Flow-Problemen, die mit einer nachlassenden Zahlungsdisziplin der betroffenen Unternehmen einhergehen.
Detaillierte Untersuchungen über die Zahlungsmoral in Kasachstan, etwa zur Überschreitung von Zahlungsfristen, gibt es nicht. Auch sind keine Angaben verfügbar zur durchschnittlichen Dauer, die in der Praxis zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang (DSO - Days Sales Outstanding) vergehen.
Recht gute Zahlungsmoral bei Großaufträgen und Geschäften mit staatlichen Partnern
Generell hält die AHK Zentralasien (Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien) die Zahlungsdisziplin für eher gut. Das trifft vor allem auf Großaufträge zu sowie auf Geschäfte mit Partnern aus dem staatlichen oder teilstaatlichen Sektor. Hier können Lieferanten zumeist mit einer termingerechten und reibungslosen Abwicklung des Bezahlvorgangs rechnen.
Die AHK rät jedoch, auch in diesen Fällen – wie im internationalen Geschäft allgemein üblich – Lieferungen über die gängigen Instrumente abzusichern. Dazu zählen bestätigte Akkreditive sowie Zahlungsavale und Garantien. Bei kleineren Bestellsummen (etwa bis zu 200.000 Euro) sowie bei Aufträgen mit Partnern im Privatsektor hält die AHK Vorkasse für die beste Wahl.
In den Verträgen sollte darauf geachtet werden, dass folgende Punkte unbedingt berücksichtigt sind:
- Sanktionen für den Fall einer nicht fristgerechten Erfüllung,
- ein vorzugsweise ausländischer Gerichtssitz bei Streitigkeiten,
- bei Mehrsprachigkeit eine Vorzugssprache,
- Ausschluss von Sanktionsumgehungen (vor allem hinsichtlich Russlands), indem entsprechende Pflichten des Importeurs aufgenommen werden - siehe auch Empfehlung der Europäischen Kommission.
Internationale Agenturen sehen "hohes" allgemeines Zahlungsausfallrisiko
Der Kreditversicherer Allianz Trade stuft Kasachstan in seinem Länderrisikobericht vom Dezember 2022 in der Risikogruppe C4 – hohes Risiko für Unternehmen - ein. Ähnlich bewertet der Kreditversicherer Coface die Kasachstan-Risiken: Auf der "Country Risk Assessment Map" von Ende 2022 liegt das Land im Bereich C, was ebenfalls einem "hohen Risiko" entspricht. Damit ist das Land zwar fünf Stufen (A1 bis A4 sowie B) von "risikoarm" entfernt. Es schneidet aber auch zwei Stufen besser als die schlechteste Bewertung E ("extremes Risiko") ab.
Einen Rückschluss auf die Entwicklung des Zahlungsausfallrisikos ermöglicht zudem die Klassifizierung für die Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland. Hier wird Kasachstan seit Anfang 2019 wieder etwas besser eingestuft. Bei insgesamt sieben Kategorien (1 bis 7) wurde das Land von sechs auf fünf hochgestuft.
Mehrere Optionen zur Überprüfung potenzieller Geschäftspartner
Die Offerten auf dem Markt für Bonitätsauskünfte in Kasachstan sind im Vergleich zu westlichen Ländern immer noch recht überschaubar. Die Zahl der Anbieter aber steigt.
Größere lokale und internationale Auskunfteien
- Gossudarstwennoje Kreditnoje Bjuro (Tochtergesellschaft der kasachischen Zentralbank)
- Pjerwoje Kreditnoje Bjuro
- The Strongest-Kazakhstan (Auskunftsportal, mit dem Firmenregister der Nationalen Kammer der Unternehmer Kasachstans Atameken verknüpft)
- Business Optima
Firmen können zudem Informationen über Partner auch aus frei zugänglichen Quellen einholen. Beim Komitee für staatliche Einnahmen lassen sich beispielsweise Informationen über mögliche Steuerschulden abrufen. Dafür benötigt werden die korrekte Firmenbezeichnung sowie die staatliche Registriernummer (BIN; bei Unternehmen) oder die individuelle Steuernummer (INN; bei selbständigen Unternehmern und Privatpersonen).
Auch das Oberste Gericht Kasachstans stellt Informationen zu potenziellen Geschäftspartnern kostenlos bereit. So etwa beispielsweise, ob gegen diesen prozessiert wird, und wenn ja, in welcher Instanz.
Vergleichbare Informationsangebote - in der Regel jedoch kostenpflichtig - gibt es auf den Portalen Utschot, Adata oder Kompra. Auch die AHK Zentralasien kann aus offiziellen Quellen Auskünfte über Firmen bereitstellen. Vor Ort aktive deutsche Firmen nutzen ihre lokalen Netzwerke zur Einschätzung der Bonität möglicher Partner.
Absicherung von Zahlungsausfällen
Um Zahlungsausfälle abzusichern, sieht das kasachische Zivilgesetzbuch mehrere international übliche, vertragliche Sicherungsmittel vor. Dazu zählen etwa Vertragsstrafen, Pfand, Bürgschaft oder Anzahlung.
Weiterführende Informationen zu vertraglichen Sicherungsmitteln finden Sie unter Recht kompakt - Kasachstan.
Droht ein Zahlungsausfall, kann die AHK Zentralasien bei vorgerichtlichen Maßnahmen helfen. Auch können Inkassobüros mit der Einholung beauftragt werden. Für Kasachstan stuft Euler Hermes die Komplexität eines Inkassoverfahrens jedoch als sehr hoch ein.
Gerichtliche Klärung nicht immer ratsam
Eine gerichtliche Klärung gilt grundsätzlich als machbar. Internationale Beobachter beschreiben die kasachische Gerichtsbarkeit als recht zuverlässig und bescheinigen ihr eine im internationalen Vergleich recht zügige Verfahrensabwicklung. So ist für die erste Instanz von einer Prozessdauer von etwa vier Monaten auszugehen. Für den Fall, dass das Urteil angefochten wird, sind weitere vier Monate zu veranschlagen.
Angesichts der recht kostspieligen Prozesse stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Weg wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger sehr wahrscheinlich die Kosten des Forderungseinzugs selbst tragen muss. Das kasachische Recht kennt keine Norm, die den Schuldner zur Erstattung dieser Kosten verpflichten würde.