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Zuständige Gerichte

Germany Trade & Invest (Stand: 18.6.2018)

In Fällen, in denen der deutsche Dienstleistungsempfänger sich gezwungen sieht, seine gegenüber dem kroatischen Dienstleistungserbringer bestehenden Forderungen gerichtlich durchzusetzen, stellt sich die Frage nach dem zuständigen Gericht. Beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr kommt sowohl die Zuständigkeit eines deutschen wie auch eines kroatischen Gerichts in Betracht, so dass zunächst die internationale Zuständigkeit eines der Gerichte dieser Länder festgestellt werden muss. Wurde ermittelt in welchem Land zu klagen ist, so bestimmt die örtliche Zuständigkeit den Ort des Gerichts, das für das Verfahren zuständig ist.

Die sachliche Zuständigkeit schließlich bestimmt, welches Gericht an dem Ort über den Fall entscheiden wird (zum Beispiel Amtsgericht oder Landgericht). Hier können beispielsweise Art und Höhe der Forderung ausschlaggebend sein.

Internationale Zuständigkeit

Die internationale Zuständigkeit eines Gerichts im deutsch-kroatischen Dienstleistungsverkehr richtete sich zunächst nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-Verordnung oder EuGVVO). Die Brüssel-I-Verordnung wird zum 10.1.2015 durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ersetzt werden. Die neue Verordnung sieht unter anderem vor, dass die Vollstreckung eines Gerichtsurteils aus einem EU-Mitgliedstaat in einem anderen EU-Mitgliedstaat ohne besondere Vollstreckbarerklärung durchgeführt werden kann.

Zwischen den Parteien kann aber auch eine Gerichtsstandsvereinbarungen geschlossen werden. Darunter versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu bestimmen. Diese Gerichtsstandvereinbarungen sind gemäß Artikel 25 EuGVVO schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung zu schließen.

Fehlt eine Gerichtsstandvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 4 EuGVVO grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt.

Beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr ist allerdings die besondere Zuständigkeit nach Artikel 7 EuGVVO zu beachten. Danach kann trotz Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (beispielsweise Deutschland) der Dienstleistungsempfänger an dem Ort verklagt werden, an dem die Dienstleistung nach dem Vertrag erbracht worden ist oder hätte erbracht werden müssen (beispielsweise Kroatien).

Eine Rechtsdurchsetzung vor einem kroatischen Gericht wird somit in folgenden Konstellationen erforderlich sein:

  • es wurde eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung vereinbart;

  • beim Fehlen einer wirksamen Gerichtsstandvereinbarung: der Beklagte (Dienstleistungsempfänger oder auch Dienstleistungserbringer) hat seinen Wohnsitz beziehungsweise Geschäftssitz in Kroatien;

  • Besonderheit: wurde die Dienstleistung in Kroatien erbracht oder hätte sie nach dem Vertrag in Kroatien erbracht werden müssen, so kann auch vor einem kroatischen Gericht geklagt werden.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts bestimmt sich im Anschluss an die Feststellung der internationalen Zuständigkeit nach den jeweiligen nationalen Vorschriften.

Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Die Organisation der kroatischen Gerichte basiert auf der Grundlage des kroatischen Gesetzes über die Gerichte (Zakon o sudovima). Der Gerichtsaufbau der ordentlichen Gerichte (redovni sudovi) die für den deutschen Dienstleistungsempfänger als relevanteste Gerichte anzusehen sind, stellt sich wie folgt dar:

  • Gemeinde- /Amtsgerichte (Općinski sudovi);

  • Gespanschafts- /Bezirksgerichte (Županijski sudovi);

  • Oberster Gerichtshof Kroatiens (Vrhovni sud Republike Hrvatske)

Einen eigenen Gerichtszweig stellen die sieben kroatischen Handelsgerichte (Trgovački sudovi) dar, die ausschließlich für Handelssachen zuständig sind. Oberstes Handelsgericht ist das Hohe Handelsgericht der Republik Kroatien Visoki trgovački sud Republike Hrvatske in der Hauptstadt Zagreb. 

Die Ermittlung des für den Rechtsstreit örtlich zuständigen Gerichts kann dabei anhand des in dem kroatischen Zivilprozessgesetz (Zakon o parničnom postupku) geregelten:

  • allgemeinen Gerichtsstands (Općemjesna nadležnost, Artikel 46 – 49 des kroatischen Zivilprozessgesetzes);

  • besonderen Gerichtsstands (Posebna mjesna nadležnost, Artikel 50 – 66 des kroatischen Zivilprozessgesetzes) und der

  • Gerichtswahl (Sporazum o mjesnoj nadležnosti, Artikel 70 des kroatischen Zivilprozessgesetzes)

erfolgen.

Der allgemeine Gerichtstand bestimmt sich im kroatischen Recht gemäß Artikel 47 des kroatischen Zivilprozessgesetzes nach dem Wohnsitz des Beklagten (prebivalište tuženika). Bei juristischen Personen ist indes gemäß Artikel 48 des kroatischen Zivilprozessgesetzes der Ort entscheidend, an welchem der Geschäftsitz registriert ist.

Der besondere Gerichtsstand umfasst mehrere Fälle, die zur Begründung der Gerichtszuständigkeit führen können. Zur wichtigsten Fallgruppe dieses Gerichtsstandes gehören nach Artikel 52 des kroatischen Zivilprozessgesetzes die unerlaubten Handlungen (sporovima o izvanugovornoj odgovornosti za štetu). Zuständig kann danach das Gericht sein, in dessen Zuständigkeitsbereich die schädigende Handlung oder die schädlichen Folgen aufgetreten sind.

Zu den Fallgruppen des besonderen Gerichtsstandes gehören nach kroatischem Verfahrensrecht auch die Fälle des ausschließlichen Gerichtsstandes. Dies sind Fälle, in welchen nur ein Gericht zuständig sein kann. Beispielsweise sei hier der Belegenheitsort einer Immobilie nach Artikel 56 des kroatischen Zivilprozessgesetzes aufgeführt. Streitigkeiten, welche die Immobilie betreffen, können nur vor dem Gericht ausgetragen werden, in dessen Zuständigkeitsbereich die Immobilie liegt.

Bei der Gerichtswahl steht dem Kläger ein Wahlrecht zu, bei welchem Gericht er seine Ansprüche geltend machen will. Diese Situation kann beispielsweise vorkommen, wenn das eine Gericht aufgrund des allgmeinen Gerichtsstandes und ein anderes aufgrund des besonderen Gerichtsstandes zuständig ist. In diesen Fällen können die Parteien nach Artikel 70 des kroatischen Zivilprozessgesetzes schriftlich vereinbaren, ob sie bei dem einen oder dem anderen Gericht ohren Prozess führen wollen.

Die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit liegt ungeachtet des Streitwerts stets bei den Gemeinde- /Amtsgerichten (Općinski sudovi). Für Handelssachen sind erstinstanzlich Handelsgerichte (Trgovački sudovi) zuständig.

Rechtsmittel in Kroatien

Der kroatische Instanzenzug unterscheidet sich nicht wesentlich von dem deutschen. Ebenso wie im deutschen Recht kann gegen erstinstanzliche Urteile Berufung (žalba protiv presude) eingelegt werden. Die Revision (revizija) ist dagegen nur gegen zweitinstanzliche Urteile möglich. Eine Sprungrevision, wie sie das deutsche Recht kennt, gibt es im kroatischen Verfahrensrecht nicht.

Da in zivilrechtlichen Streitigkeiten die erstinstanzlichen Gerichte die Gemeinde- /Amtsgerichte (Općinski sudovi) sind, werden Berufungen stets bei den Gespanschafts- / Bezirksgerichten (Županijski sudovi) eingelegt. Über Revisionen gegen die zweitinstanzlichen Urteile der Gespanschafts- /Bezirksgerichte entscheidet der Oberste Gerichtshof Kroatiens (Vrhovni sud Republike Hrvatske).

Die rechtlichen Voraussetzungen, um das Rechtsmittel der Berufung oder Revision einlegen zu können, stellen sich wie folgt dar:

  • Berufung (žalba protiv presude, Artikel 348-381 des kroatischen Zivilprozessgesetzes): Die Berufung kann eingelegt werden, wenn eine erhebliche Verletzung der Verfahrensregeln aufgetreten ist, dem Urteil unrichtige oder unvollständige Tatsachen zugrunde gelegt wurden oder das Urteil durch fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts zustande gekommen ist. Die Berufung ist grundsätzlich innerhalb von fünfzehn Tagen nach Erhalt der Ausfertigung des Urteils einzulegen.

  • Revision (revizija, Artikel 381-432 des kroatischen Zivilprozessgesetzes): Die Revision gegen Urteile der zweiten Instanz kann nur dann eingelegt werden, wenn der Streitwert mehr als 200.000 Kuna (ca. 26.870 Euro) beträgt. Sollte dieser Streitwert nicht erreicht werden oder liegt kein anderer der gesetzlich vorgesehenen Revisionsgründe vor, so ist eine Revision ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn sie grundlegende Bedeutung für materiell- oder verfahrensrechtliche Fragen hat. 

In handelsrechtlichen Streitigkeiten gestaltet sich der Instanzenzug ähnlich wie bei den zivilrechtlichen Streitigkeiten. Eine Berufung gegen die erstinstanzlichen Urteile der Handelsgerichte (Trgovački sudovi) sind zum Hohen Handelsgericht Kroatiens (Visoki trgovački sud Republike Hrvatske) möglich. Revisionen, die erst ab einem Streitwert von 500.000 Kuna (ca. 67.175 Euro) oder bei bedeutungsvollen grundlegenden Rechtsfragen möglich sind, sind zum Obersten Gerichtshof Kroatiens(Vrhovni sud Republike Hrvatske) zu erheben.

Eine Besonderheit des kroatischen Verfahrensrechts ist die Möglichkeit der Erhebung von sogenannten Sammelklagen (Tužba za zaštitu kolektinvnih interesa i prava). Diese Form der Klage steht nach Artikel 502a des kroatischen Zivilprozessgesetzes Verbänden, Organisationen und Institutionen zur Verfügung, die registriert sind und die mit der Wahrnehmung von gesetzlich festgelegten kollektiven Interessen und Rechten von Bürgern beschäftigt sind. Unter dem Begriff der kollektiven Interessen und Rechte werden beispielsweise die Belange verstanden, die sich auf die Umwelt, moralische und ethische Angelegenheiten sowie auf Verbraucher – und Antidiskriminierungsbelange beziehen. Die Sammelklage ist nicht auf finanzielle Rekompensation von verletzenden Handlungen ausgerichtet. Im Rahmen der Sammelklage kann die Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Klage oder die Feststellung, dass die vorgenommene oder unterlassene Handlung die gesetzlich geschützten kollektiven Rechte verletzt oder gar nur gefährdet hat, erstritten werden. 

In handels- und zivilrechtlichen Streitigkeiten besteht in Kroatien kein Anwaltszwang. Lediglich in Strafverfahren für Taten, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bedroht sind, besteht die Pflicht, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

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