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Zulieferprodukte: Marktlage
Die Geschäftsaussichten der Baustoffindustrie steigen 2024 im Zuge der guten Konjunktur. Verlässliche Werte liegen aber nur für Stahl und Zement vor.
27.05.2024
Von Ullrich Umann | Casablanca
Die steuerlich registrierte Baustoffindustrie umfasst 750 Betriebe mit 200.000 Mitarbeitern. Mit einem Jahresumsatz von 4,1 Milliarden Euro erwirtschaftete die Branche 2023 einen Gewinn vor Steuern von 1,3 Milliarden Euro. Zwar ist die Baustoffindustrie nach Produkten gut strukturiert. Doch liegen lediglich für Zement und Stahl amtliche Statistiken vor. Das hängt damit zusammen, dass viele Herstellerbetriebe für andere Baustoffe zum Teil oder vollständig im informellen Sektor tätig sind. Bei Stahl und Zement ist die Zahl der Akteure dagegen überschaubar, zumal die Firmen groß und die Produktion kapitalintensiv ausfällt. Anders sieht es teilweise bei Marmor, Kies, Sand, Schotter, Ziegelsteinen, Sandsteinen, Granit, Schiefer und Bauholz aus. Bei diesen Baustoffen befinden sich die informellen Kleinbetriebe in der Überzahl. Sie beliefern auch vorrangig informelle Märkte, sprich die tausenden kleinen Baustellen im Land.
Branchenverband sieht positives Geschäftsjahr 2024
Der Herstellerverband für Baumaterial, Fédération des Industries des Matériaux de Construction (FMC), geht 2024 für die Hersteller von Baustoffen und Baumaterial von einem positiven Geschäftsjahr aus. Wie es dazu hieß, sei die Schwächephase der zurückliegenden drei Jahre überwunden. Der Verband begründete seine Prognose mit der guten Auftragslage im Hochbau sowie im öffentlich finanzierten Infrastrukturbau. Wachstumsimpulse für die Baustoffindustrie erzeugt ebenfalls die Beseitigung der Erdbebenschäden im Gebiet Al Haouz.
Den wertmäßig mit Abstand wichtigsten Baustoff stellt Zement dar. Dieser hält 50 Prozent der Anteile am gesamten Baustoffausstoß. Davon entfällt wiederum mehr als die Hälfte auf den Hersteller LafargeHolcim, der über ein Netz aus sieben Zementwerken verfügt. Den Rest teilen sich Ciment du Maroc (Heidelberg Cement), Ciment de l’Atlas, Novarcim sowie Asment Temara (Cimpor Gruppe).
Die Hersteller sprechen von einer guten Konjunktur für Zement und Zementprodukte. Die Statistik gibt dieser Aussage bislang auch recht: So reicht der positive Schwung aus dem 2. Halbjahr 2023 weit in das 1. Quartal 2024 hinein - im Januar 2024 lag die Steigerung in der Zementproduktion im Vorjahresvergleich bei 5,4 und im Februar sogar bei 8,6 Prozent.
Zement dominiert die Baustoffbranche
Dabei gab es 2023 durchaus widersprüchliche Entwicklungen zu verzeichnen: Zwar stieg der Zementabsatz in der 2. Jahreshälfte 2023 um 5,4 Prozent an, wobei sich Zement speziell für Tiefbauvorhaben mit einem Plus von 64,7 Prozent als eindeutiger Spitzenreiter erwies. Fertigbeton brachte es auf Liefersteigerungen von 17,4 und Fertigteile aus Zement auf 5,1 Prozent. Doch stagnierte der Absatz im Zementeinzelhandel mit einem nur kleinen Plus von 0,1 Prozent. Die Lieferungen an Firmen des Hochbaus brachen 2023 sogar um 23,7 Prozent ein. Fachleute erklären diesen Rückgang damit, dass sich Hochbaufirmen in der 1. Jahreshälfte 2023 ausreichend mit Vorräten eingedeckt hätten, weshalb sie im 2. Halbjahr weniger orderten.
Angebot an Baustahl und Gipsplatten wächst
Ein wichtiges Exportprodukt stellt Baustahl dar. Die Kunden sitzen in der EU, in den USA und in Ländern Afrikas. Hergestellt wurden im Jahr 2023 insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Stahl, nach 1,2 Millionen Tonnen im Jahr zuvor. Für 2024 wird mit 1,7 Millionen Tonnen gerechnet. Die Voraussage stützt sich auf den Verlauf der Inlands- und Auslandsbestellungen.
Augenfällig sind 2024 die Kapazitätserweiterungen zur Produktion von Gipsplatten. So eröffnete der Hersteller Damane Gypsum Ende Februar 2024 ein nagelneues Werk im Wert von 35 Millionen Euro am Standort Sidi Tiji. Ausgelegt ist das Werk für 20 Millionen Quadratmeter Gipsplatten, 660.000 Tonnen Gips sowie 180.000 Tonnen Mörtel pro Jahr. Teile der Produktion werden in Richtung Afrika exportiert.
Am selben Standort investiert nun auch die Compagnie Marocaine de platre et d’Enduit (CMPE) in Kooperation mit der Knauf Engineering GmbH ebenfalls in ein Werk für Gipsplatten. Bei der Technologieauswahl wurde besonderer Wert auf energieeffiziente Verfahren gelegt. Auch dieser Betrieb wird unter anderem Länder Subsahara-Afrikas beliefern.
Baumaterial vorrangig vor Ort gefertigt
Für Fenster existiert eine Vielzahl an Herstellern und Vertriebsniederlassungen ausländischer Markenproduzenten. Aus Deutschland ist unter anderem der Hersteller Kömmerling aktiv, dessen marokkanischer Partner, PVC Maroc, PVC-Profilfenster und -Türen nach Kundenmaß anfertigt und installiert. Die Profile werden aus Deutschland geliefert.
Fenster, Jalousien, Glastüren, Garagentore und Treppengeländer aus Aluminium liefern unter anderem die Unternehmen Noximaroc sowie Sepalumic. Das Unternehmen ECO Fenetre vertreibt und installiert Fenster und Türen mit Doppelverglasung sowohl mit Profilen aus PVC als auch aus Aluminium. Alu Maroc stellt Fenster und Türen aus Aluminium-, PVC- und Holzprofilen her, kooperiert darüber hinaus aber auch mit ausländischen Produzenten (zum Beispiel Schüco), um über ein breites Sortiment zu verfügen.
Fenster und Türen aus Holz und Aluminium liefert ebenfalls die Firma Somacal aus, wobei enge Partnerschaften mit den bereits genannten Unternehmen Alu Maroc und Sapalumic bestehen. Ein weiterer Hersteller von Produkten aus Aluminium und Holz ist Zaouia. Beim Unternehmen BIBANCOM handelt es sich um einen Hersteller von Möbeln und Türen aus Holz. Ebenso Möbel und Türen aus Holz gehobener Qualität fertigt das Unternehmen Hismar Menuiserie. Die übergroße Mehrheit der Hersteller hat ihren Firmenhauptsitz in Casablanca.
Neben den großen und mittleren Herstellern existiert eine unbekannte Zahl an einfach ausgestatteten Werkstätten mit einem hohen Anteil an Handarbeit, in denen Türen und Fenster gefertigt werden und die ihren Absatz auf den informellen Markt ausgerichtet haben. Da die Zahl der informellen Produzenten unbekannt ist, liegen auch keine amtlichen Statistiken zu den Produktions- und Absatzzahlen der Baumaterialbranche vor.
Stand: April 2024