Rechtsbericht | Marokko | Freihandelszonen
Investitionsrecht - Freihandelszonen in Marokko
Weitere Anreize für exportorientierte Unternehmen in Marokko hält das Regime der Exportfreihandelszonen (zones franches d’exportation) vor.
05.05.2022
Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Niko Sievert
Das Gesetz Nr. 19-94 (Loi relative aux zones franches d’exportation) regelt die Schaffung und unter anderem auch die verschiedenen Anreize in Freihandelszonen. Neben der Befreiung von Zöllen und Abgaben gibt es auch eine Reihe von Steuerbefreiungen.
Dividenden, die von Unternehmen in Freihandelszonen ausgeschüttet werden, sind von der 15-prozentigen Quellensteuer befreit, wenn sie an nicht ansässige natürliche oder juristische Personen gezahlt werden.
Unternehmen in Freihandelszonen sind bei ihrer Gründung, bei Kapitalerhöhungen und beim Erwerb von Grundstücken für die Zwecke des Projekts von den Registrierungs- und Stempelgebühren befreit. Seit dem 17. Mai 2012 müssen Unternehmen mit Sitz in Freihandelszonen die zu Geschäftszwecken erworbenen Grundstücke nicht mehr zehn Jahre lang in ihrem Vermögen halten. Dieses Erfordernis galt, um eine Befreiung von den Eintragungsgebühren für den Erwerb solcher Grundstücke zu ermöglichen. In Freihandelszonen eingeführte Waren sind von der Mehrwertsteuer befreit. Umsätze, die innerhalb und zwischen den Freihandelszonen getätigt werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer.
Seit dem 17. Mai 2012 waren Gewinne von Unternehmen aus Geschäften mit anderen Unternehmen, die in der gleichen oder in anderen Freihandelszone ansässig waren, während der ersten fünf Jahre ihrer Tätigkeit ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit und unterlagen danach für einen Zeitraum von 20 Jahren dem ermäßigten Satz von 8,75 Prozent der Körperschaftsteuer.
Zum 1. Januar 2022 wurde dieses progressive System der Körperschaftsteuer allerdings durch das Finanzgesetz 2022 durch ein proportionales System ersetzt. Nach dem proportionalen System unterliegt das gesamte steuerpflichtige Einkommen eines steuerpflichtigen Unternehmens, das in eine bestimmte Steuerklasse fällt, dem für diese Steuerklasse geltenden Steuersatz, z. B. wenn das steuerpflichtige Einkommen eines Steuerpflichtigen 500.000 marokkanische Dirham beträgt, unterliegt der gesamte Betrag einem Steuersatz von 20 Prozent.
Eine der wichtigsten Freihandelszonen ist die Exportfreihandelszone Tanger - zone franche d’exportation Tanger. Sie liegt im Norden Marokkos an der Mittelmeerküste zur Straße von Gibraltar und ist gegründet aufgrund Art. 1 Erlass Nr. 2-96-511 bezüglich der Gründung der Exportfreihandelszone Tanger i.V.m. Art. 2 Verordnung Nr. 19-94 bezüglich der Exportfreihandelszonen und Art. 1 Erlass Nr. 2-95-562 zur Durchführung des Gesetzes Nr. 19-94. Die Investitionsanreize in den Exportfreihandelszonen können nicht mit anderen Anreizregimen kombiniert werden, vielmehr schließen sie sie aus (Art. 43 Gesetz Nr. 19-94).
Neben den erwähnten steuerlichen Vorteilen ist für die in der Tanger Freihandelszone niedergelassenen Unternehmen der Containerhafen Tanger Med, der sich an einer für den Welthandel neuralgischen Position befindet, von entscheidender Bedeutung. Von dort aus können die produzierten Waren zunächst zwischengelagert und sodann per Schiff verschickt werden.
Der aufgrund von Art. 18 InvestitionsG geschaffene Fonds de promotion de l’investissement (FPI) dient der Förderung von größeren Projekten, wie sie in Art. 17 InvestitionsG beschrieben sind. Es handelt sich gemäß Art. 3 der Durchführungsverordnung Nr. 2-00-895 um Projekte, bei denen mehr als 200 Millionen MAD investiert und/oder dauerhaft mindestens 250 Arbeitsplätze geschaffen werden und/oder das Vorhaben in einer der bevorzugten Provinzen durchgeführt wird (Al Hoceima, Berkane, Boujdour, Chefchaouen, Es-Semara, Guelmim, Laâyoune, Larache, Nador, Oued-Ed-Dahab, Oujda-Angad, Tanger-Assilah, Fahs-Bni-Makada, Tan-Tan, Taounate, Taourirt, Tata, Taza et Tétouan, vergleiche Art. 1 Erlass Nr. 2-98-520) und/oder eine Technologieübertragung stattfindet und/oder das Investitionsvorhaben zum Schutz der Umwelt beiträgt. Investitionen, welche diese Voraussetzungen erfüllen kommen in den Genuss folgender Vorteile:
- bis zu 20 Prozent des Grundstückspreises können vom Staat erstattet werden;
- bis zu 5 Prozent der Investitionssumme können vom Staat übernommen werden (in ländlichen Gebieten sogar bis zu 10 Prozent);
- bis zu 20 Prozent der Ausbildungskosten für Personal können vom Staat übernommen werden (Art. 3 der Durchführungsverordnung Nr. 2-00-895).
Zudem sind Investitionsvorhaben mit einem Volumen gleich oder größer 100 Millionen MAD für die Dauer von 36 Monaten (verlängerbar um weitere 24 Monate) ab Beginn ihrer Aktivitäten von der Mehrwertsteuer auf Importe für Maschinen und Materialien, die sie zur Umsetzung der Investition benötigen, befreit (Art. 123 Nr. 22 b) CGI).
Der Fonds Hassan II (Fonds Hassan II pour le développement économique et social -F.H.II) unterstützt Investitionsprojekte im Bereich der Autozulieferindustrie, Elektroindustrie, Luftfahrzeugindustrie, Umweltschutztechnologie, Textilindustrie und Biotechnologie. Gefördert werden neue Investitionsvorhaben mit einem Volumen von mehr als 10 Mio. marokkanischen Dirham und unter der Bedingung, dass der Investitionsbetrag für technische Ausrüstungsgüter mehr als 5 Mio. marokkanische Dirham beträgt. Die Förderung durch den Fonds Hassan II beträgt bis zu 15 Prozent der Baukosten der Investition, jedoch nicht mehr als 540 MAD pro Quadratmeter, nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Investitionssumme und nicht mehr als insgesamt 30 Millionen MAD. Die Förderung durch den Fond Hassan II kann parallel zu den anderen Investitionsförderungen in Anspruch genommen werden.