Wirtschaftsausblick | Mongolei
Weiterhin gute Wachstumsaussichten für mongolische Wirtschaft
Der Erholungskurs setzt sich mit beachtlichem Tempo fort. Für Anbieter moderner Ausrüstungen werden neben dem Bergbau auch andere Branchen zunehmend interessanter.
14.02.2024
Von Jan Triebel | Ulan Bator
Top-Thema: Mongolisches Kupfer leistet Beitrag zur Energiewende
Die Rohstoffnation Mongolei erreichte 2023 einen wichtigen Meilenstein: Nach mehreren Jahren Bauzeit nahm die vom Bergbauriesen Rio Tinto betriebene Mine Oyu Tolgoi im März die Untertageförderung für Kupfererze auf. Im Zuge des weiteren Ausbaus der Förderstätte wird das Land in den kommenden Jahren in die Top 5 der weltweit wichtigsten Kupferproduzenten aufsteigen. Der Kupferausstoß von Oyu Tolgoi soll sich im Laufe der Jahre annähernd vervierfachen. Das Metall wird im Rahmen der globalen Energiewende immer wichtiger.
Die Lagerstätte in der Wüste Gobi, die auch Gold in nennenswerten Mengen enthält, wird bereits seit 2011 ausgebeutet. Die Erze wurden bislang im Tagebau gewonnen. Eine der größten Industrieanlagen der Mongolei verarbeitet diese Erze vor Ort zu Kupferkonzentrat, das hauptsächlich für Abnehmer in China bestimmt ist.
Im Jahr 2022 produzierte der Tagebau umgerechnet knapp 130.000 Tonnen reines Kupfer. Zusammen mit dem schrittweise hochfahrenden Untertagebetrieb rechnet Rio Tinto ab 2028 mit einem Ausstoß von etwa 500.000 Tonnen reinem Kupfer pro Jahr. Diese Menge, so Berechnungen des Konzerns, würden den jährlichen Kupferbedarf decken, der bei der Fertigung von annähernd 6 Millionen Elektroautos anfällt.
Wirtschaftsentwicklung: Konjunkturhoch hält an
Nach einem Rückschlag durch die Coronakrise floriert die mongolische Wirtschaft wieder. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das bereits 2022 mit einem Wachstum von real 5 Prozent ein starkes Ergebnis erzielt hatte, legte 2023 vorläufigen Berechnungen zufolge real um 7,0 Prozent zu. Entscheidend für die Rückkehr zu robustem Wachstum war das Ende der Coronabeschränkungen im Nachbarland China. Die für die Mongolei außerordentlich wichtigen Rohstoffexporte erweisen sich seitdem wieder als konjunkturelle Zugkraft.
Im Jahr 2024 ist ein Ende des Konjunkturhochs nicht in Sicht. Vor allem dank der ausgesprochen dynamischen Entwicklung im Bergbau, der auch maßgeblich die Nettoexporte nach oben treibt, ist ein Anstieg des BIP um real 5,5 Prozent zu erwarten.
Diesen Ausblick stützt auch der positive Trend sowohl bei den Investitionen als auch beim Konsum. Insbesondere die Nachfrage seitens der privaten Haushalte ist aktuell hoch. Sie profitiert von deutlichen Einkommenszuwächsen.
Neben dem Bergbau zielen Investitionen häufiger auch auf andere Sektoren ab
Die Bruttoanlageinvestitionen geben der Gesamtwirtschaft wichtige Wachstumsimpulse. Der Ausblick auf 2024 verspricht ein reales Investitionsplus von 5 Prozent. Das meiste Geld fließt weiterhin in den Bergbau. Aber auch die Bereiche Energie sowie Verkehr und Logistik gewinnen als Anlageobjekte zunehmend an Bedeutung.
Ein Impulsgeber ist die New Revival Policy, ein von der Regierung für die Zeit nach Corona angeschobenes Konjunkturprogramm. Es umfasst etwa 100 Vorhaben, in die rund 36 Milliarden US-Dollar von Seiten privater und staatlicher Investoren fließen sollen. Auch Aktivitäten ausländischer Investoren sind ausdrücklich erwünscht.
Noch gilt das Hauptinteresse ausländischer Geldgeber allerdings dem mongolischen Bergbau. Dort sind mittlerweile drei Viertel aller von Ausländern getätigten Investitionen konzentriert. Vorläufigen Daten zufolge zogen die ausländischen Direktinvestitionen 2023 um 12 Prozent an.
Deutlicher Einkommenszuwachs im öffentlichen Dienst kurbelt Verbrauch an
Auch die Konsumausgaben steigen kräftig. Nach einem realen Plus von fast 6 Prozent im Jahr 2023 ist beim privaten Verbrauch 2024 mit einer Zunahme um fast 8 Prozent zu rechnen. Darin schlagen sich vor allem sozialpolitische Maßnahmen der Regierung nieder. Nicht zuletzt mit Blick auf die für Mitte 2024 angesetzten Parlamentswahlen zielen sie auf eine Stärkung der Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung ab.
Zur robusten Einkommensentwicklung tragen die deutliche Anhebung des Mindestlohns sowie die hohen Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst bei. Dort ist rund ein Viertel aller Erwerbstätigen des Landes beschäftigt. Ihre Monatsverdienste stiegen in der Spitze um bis zu 40 Prozent.
Hohe In- und Auslandsnachfrage sorgt für intensiven Warenaustausch
Der Außenhandel der Mongolei wächst kräftig. Auf der Exportseite steigen die Erlöse vor allem aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage Chinas nach Rohstoffen. Auch die Importe nehmen zu, da die Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern steigt. Für 2024 wird ein Exportwachstum von 10 Prozent und ein Importwachstum von 4 Prozent erwartet. Nicht ganz ohne Risiko für den Fall einer Konjunkturflaute im Nachbarland: Der Anteil Chinas an den mongolischen Exporten nahm im Jahresverlauf 2023 von 84 auf 91 Prozent zu.
Deutsche Perspektive: Auch Chancen jenseits des Bergbaus
Deutschlands Ausfuhren in die Mongolei stagnieren seit Jahren auf einem überschaubaren Niveau. Pkw und Maschinen bestimmen die Lieferstruktur. Im Bereich Ausrüstungen besteht das größte Interesse an Technik für den Bergbau. Nicht selten greift der mongolische Staat seinen Firmen bei der Beschaffung finanziell unter die Arme. Die damit verbundenen Lieferchancen für moderne Technik nutzen deutsche Anbieter bislang aber nur selten.
Anfang Februar 2024 reiste Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Mongolei, um das 50. Jubiläum der bilateralen Beziehungen zur Bundesrepublik zu begehen. Gemeinsam mit dem mongolischen Staatschef Ukhnaa Khurelsukh unterzeichnete Steinmeier ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft. Es soll die Zusammenarbeit im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich, vor allem auch bei der Bekämpfung der Klimakrise stärken.
Dabei ist das Potenzial für die Wind- und Solarenergie riesig. Auf Expansionskurs befindet sich auch die Agrarwirtschaft. Der Staat fördert den Gemüseanbau sowie die Weiterverarbeitung von lokalen Erzeugnissen. Auch beim Aufbau moderner Systeme zur Abwasserbehandlung oder zur Müllentsorgung und -aufbereitung bieten Förderprogramme internationaler Geber gute Chancen.